Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Lara89
Wohnort: 
Münster
Über mich: 
Geschichten sind das Größte

Bewertungen

Insgesamt 94 Bewertungen
Bewertung vom 27.09.2023
Die Regeln des Spiels
Whitehead, Colson

Die Regeln des Spiels


sehr gut

Schwarzer Bilderbogen
Der Autor hat mehrere Preise für seine Literatur erhalten. „Die Regeln des Spiels“ ist eine Fortsetzung von „Harlem Shuffle“, kann aber ohne Kenntnis dessen gelesen werden.
Ray Carney betreibt einen Möbelladen und ist nebenberuflich als Hehler aktiv. Seine Frau Elisabeth arbeitet in einem Reisebüro. Sie haben zwei Kinder und einen Neffen. Das Leben ist gefährlich im Harlem der siebziger Jahre. Ständig werden Häuser angezündet, Menschen ermordet, kriminelle Deals abgewickelt und Schmiergelder bezahlt.
„Die Regeln des Spiels“ ist in drei Teile gegliedert, die nur lose miteinander verbunden sind. Das ist beim Lesen verwirrend, weil der Protagonist aus dem ersten Teil im zweiten kaum mehr auftritt. Deshalb ist dies kein Roman, der ja eine Entwicklung der Hauptperson nachzeichnen würde. Es ist eher ein Bilderbogen, ein Kaleidoskop jener Zeit und der Menschen, die in dieser Situation lebten.
Der Stil des Autors ist äußerst bemerkenswert. Er verbindet Brutalität, feine Beobachtung und Poesie teilweise innerhalb eines Satzes, als liege das alles dicht beeinander. Sein trockener Humor ist unterhaltsam, seine Analyse wissenschaftlich abgesichert.
Besonders gut gefallen hat mir die Art und Weise, wie Whitehead seine Figuren schildert. Jeder will überleben und es ein bisschen gut haben, und so arrangiert man sich mit Korruption und kriminellen Machtstrukturen. Die weißen Machthaber von New York sind daran nicht unschuldig. Aber niemand ist nur böse oder nur gut. Die Menschen sind eben, wie sie sind. Und Whitehead kennt sie offenbar sehr gut.
Ein interessanter Einblick in eine fremde Welt. Aber kein Roman, wie wir es gewohnt sind.

Bewertung vom 14.09.2023
Hinter der Hecke die Welt
Molinari, Gianna

Hinter der Hecke die Welt


gut

Wandel - Wachstum - Wünsche
Dies ist der zweite Roman von Gianna Molinari, die für ihren Erstling mehrere Preise gewonnen hat.
Hier geht es um eine Arktisforscherin, die ihre Arbeit beschreibt, und um deren Tochter, die in einem kleinen Dorf bei ihrem Vater lebt. Dieses Dorf hat nur noch sehr wenige Einwohner. Die einzigen beiden Kinder dort haben aufgehört, zu wachsen. Wissenschaftler machen regelmäßig Aufzeichnungen darüber.
Viel passiert nicht in dieser Geschichte. Es wird beobachtet und aufgezeichnet, so wie die Wissenschaft das mit sonderbaren Phänomenen immer macht. Das Dorf scheint zu „verschwinden“, und die wenigen Dorfbewohner sträuben sich mit allen Mitteln dagegen. Es gibt ein Museum, eine Pension, und als Attraktion gibt es diese Hecke. Ein Bus bringt regelmäßig Touristen. Währenddessen schildert die Arktisforscherin, wie in Eisbohrkernen Geschehnisse aus vielen hunderttausend Jahren zu finden sind.
Bildreich meditiert das Buch über Zeit und Vergänglichkeit. Am Rande entstehen einige überraschende Erkenntnisse.

Bewertung vom 12.09.2023
Ein ko(s)mischer Auftrag
von Wantoch, Patrick

Ein ko(s)mischer Auftrag


ausgezeichnet

Thomas rettet die Welt
Privatdetektiv Thomas Lohbeck hat vom Leben genug. Er will sich umbringen, aber seine Versuche schlagen fehl. Stunden später erhält er einen Auftrag.
Was wie eine Detektivgeschichte beginnt, führt bis ins fernste Weltall und an den Ursprung allen Lebens. Ein böses Alien-Volk, die Düsteren, hat sich auf der Erde festgesetzt und muss vertrieben werden. Jede Menge schwere Waffen sind dafür notwendig. Immer wieder gibt es Überraschungen und Deja-Vu-Erlebnisse. Elvis Presley und Michael Jackson treten auf, der Babelfisch aus dem Anhalter erlebt eine Wiedergeburt und das sind nicht die einzigen Verweise auf die Popkultur der 80er und 90er Jahre.
Das Buch ist witzig geschrieben und nimmt sich selbst nicht allzu ernst. Es hat großen Spaß gemacht.

Bewertung vom 08.09.2023
Die Schwarze Königin
Heitz, Markus

Die Schwarze Königin


sehr gut

Mit Alchemie gegen Vampire
Len ist ein Nachfahre des Grafen Dracula. Geglaubt hat er das seiner Großmutter nie, aber als er nach Prag reist, ändert er seine Meinung.
Parallel erzählt wird eine Geschichte, die sich vor über 600 Jahren in der Gegend zutrug. Die Königin Maria von Ungarn, hochschwanger, wird auf einer Jagd ermordet. Ihre Nachfolgerin Barbara von Cilli experimentiert mit Alchemie und Zauberei. Vampire, hier „Strigoi“ genannt, sind eine düstere Bedrohung.
In beiden Geschichten ist eine mutige Alchemistin handelnde Hauptperson. Das machte es manchmal etwas schwierig, nichts durcheinander zu bringen. Lange ist unklar, was die Vampire genau können und wie man sich überhaupt gegen sie wehren kann. Es gibt mehrere Arten von Vampiren und außer ihnen auch noch andere fantastische Wesen, die alle zueinander in komplexen Verhältnissen stehen. Ein ganzer Kosmos wird hier erschlossen. Das wird manchmal etwas unübersichtlich. Früher bewohnten die „Strigoi“ riesige unterirdische Städte mit mehreren zehntausend Einwohnern. In der heutigen Gegenwart ist vieles anders und einfacher, für die Vampire. Und so bekommt auch Len mit ihnen zu tun.
Markus Heitz erzählt den Mythos ganz neu, entlang historischer Tatsachen. Das ist fesselnd und fantastisch. Aber manchmal etwas zuviel.

Bewertung vom 28.08.2023
Das Versprechen der Oktoberfrauen
Santana, Lea

Das Versprechen der Oktoberfrauen


gut

Katastrophen und Bärenarme
Das Cover wirkt sehr harmonisch. Die Leseprobe ist interessant. Ein kühner Einstieg.
Hanna ist auf der Flucht vor ihrem Leben. Ein Fischer rettet sie aus der Ostsee, und bringt sie in einem kleinen Dorf unter. Für eine Weile findet sie hier eine Art Zuhause.
Hanna hat eine Krankheit, die viele ihrer Macken erklärt. Dennoch wird ihr Handeln nicht so recht begreiflich. Anders die zweite Hauptperson Frida: Sie schreibt Lieder und will als Musikerin Erfolg haben. Die Personen im Dorf führen ein sehr harmonisches Leben. Viele erscheinen klischeehaft und oberflächlich.
Die Geschichte hat Lücken. So wird nicht klar, warum Hanna schließlich professionelle Hilfe sucht. Auch die Schlussszene ist nicht weiter begründet. Dass Hanna und Frida überhaupt etwas Besonderes verbindet, wird erst ganz am Ende genannt. Immerhin verzichtet die Autorin auf eine allzu naheliegende Liebesgeschichte.
Das Buch ist schnell gelesen und schnell vergessen. Leider nichts Besonderes.

Bewertung vom 20.08.2023
Weil da war etwas im Wasser
Kieser, Luca

Weil da war etwas im Wasser


gut

Ansichten eines Kopffüßers
Ein Riesenkalmar (Architeuthis dux) wird von einem Fischereiboot gefangen. An Bord ist Sanja, die ihn mit der Hand berührt und eine Verbindung mit dem Tier spürt. Sie begleitet ihn auf das Forschungsschiff, auf dem er wissenschaftlich untersucht werden soll.
So ein Kalmar kann über zehn Meter lang werden. Er hat acht Arme, und jeder dieser Arme besitzt ein eigenes Gehirn. Durch einen Zusammenstoß mit einem Tiefseekabel erlebte der Kalmar dieser Geschichte eine Belebung und Bewusstwerdung seiner Arme. Dieses Tier besteht aus acht verschiedenen Einzelwesen, die durch Berührung Informationen aufnehmen und miteinander reden.
Sie erzählen die Geschichte von Sanjas Familie und schildern, dass schon einer von Sanjas Vorfahren Kontakt mit einem solchen Meeresungeheuer hatte. Erst nach fünf Generationen ist dieses angsteinflößende Erlebnis in der Familiengeschichte einigermaßen bewältigt. Doch Kalmare leben nur wenige Jahre. All diese Geschichten, auch wenn sie schon Jahrhunderte alt sind, entnehmen die Krakenarme den Berührungen mit anderen Wesen und geben sie hier wieder. Und sie erzählen noch viel mehr. So kommen Jules Verne vor, Peter Benchley und Steven Spielberg. Aber auch Geschichten vom Leben im tiefen, nachtschwarzen Ozean und von Begegnungen mit Walen und einem anderen Kalmar berichten die Arme.
Das ist eine sehr seltsame, eigenartige Angelegenheit. Das Erleben und Empfinden eines so fremdartigen Wesens nachzubilden, ist eine Aufgabe für einen gut recherchierenden Schriftsteller. Es zu genießen ist nicht jedermanns Sache. Das Wiedererkennen einiger Berühmtheiten hilft, sich zurecht zu finden, aber vielleicht wäre weniger Länge leichter zu verdauen gewesen. So sind es zu viele Einzelgeschichten, die zu wenig zusammenhängen. Das Ganze erscheint oft etwas wirr. Die menschlichen Nebenfiguren sind sehr unterschiedlich und alle etwas oberflächlich. Doch der Kalmar wird dem Leser durchaus vertrauter. Was für ein faszinierendes Tier!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.08.2023
Die Akte Madrid / Lennard Lomberg Bd.2
Storm, Andreas

Die Akte Madrid / Lennard Lomberg Bd.2


ausgezeichnet

Nach dem Faschismus
Das Bild, das schon in „Das neunte Gemälde‟ gesucht wurde, ist nun aufgetaucht aber sofort wieder verschwunden. Kunstexperte Lomberg wird von einem deutschen Minister beauftragt, es wiederzufinden. Dieses Buch lässt sich auch ohne Kenntnis des ersten Bandes lesen. Aber es geht hier nur vordergründig um ein Kunstwerk. Denn es handelt sich um Beutekunst. Damit führen die Ermittlungen tief in die Geschichte und in den Faschismus in Deutschland und Spanien hinein.
Es ist ein echter Thriller. Es geht Schlag auf Schlag: Jede Szene treibt die Handlung voran. Dabei ist sehr hilfreich, dass sie alle mit Ort und Zeit überschrieben sind. Es gibt außerdem ein Personenverzeichnis im Anhang. Hier erfährt man auch genau, wen es wirklich gegeben hat und wer fiktiv ist.
Man muss sehr aufmerksam lesen, damit einem nichts entgeht. Dies ist kein Buch zum gemütlichen Drinversinken, sondern zum Mitdenken, aber es lohnt sich wirklich. Es ist in einem fort spannend. Man wird hineinversetzt in die deutsche Nachkriegszeit und kommt den Menschen nah, die damals politsche Verantwortung trugen und missbrauchten. Ähnlich in Spanien, das ohne das nach(?)faschistische Deutschland vielleicht keine Francodiktatur gehabt hätte.
Die Geschichte ist toll erzählt. Spannend weil man die Menschen zunächst nicht durchschaut. Wer hat welches Interesse, welchen Bezug? Und immer wieder ist jemand ein anderer als erwartet. Es gibt überraschende Wendungen, und so klar wie das ganze Buch sich liest, so klar endet die Geschichte selber nicht – sondern anders als erwartet. Großartig.

Bewertung vom 06.08.2023
Die Erfindung des Lächelns
Hillenbrand, Tom

Die Erfindung des Lächelns


ausgezeichnet

Atmosphörisches Gemälde
1911 wurde die Mona Lisa aus dem Louvre gestohlen. Zwei Jahre später tauchte sie wieder auf. Was dazwischen passierte, wurde nie endgültig geklärt.
Hillenbrand erzählt die Einzelheiten. Er startet wie ein Thriller, dann steigt er tief in die Künstlerszene in Paris ein. Wir treffen Maler wie Picasso, Tänzerin Isadora Duncan, anarchistische Attentäter, Poeten, Magier, Kriminelle und viele andere in den Cafes und Gaststätten der Stadt. Es gibt zwei offizielle Stellen, die den Kunstraub aufklären sollen und dabei miteinander konkurrieren.
Es sind im Ganzen fünf verschiedene Hauptpersonen, deren Geschichten parallel erzählt werden und die alle mit der Mona Lisa verknüpft sind. Untereinander kennen sich diese Personen teilweise gar nicht, teilweise gut. So wird der Roman vielschichtig. Insgesamt ist es eher ein Kaleidoskop als eine Erzählung oder gar ein Kriminalroman. Spannung kommt stets nur kurz auf und ist, wenn die jeweilige Episode zu Ende ist, auch schon wieder vorbei. Doch der Autor ist Profi: Der rote Faden geht nie verloren. Die Menschen sind authentisch und glaubhaft dargestellt. Man taucht ein in die Atmosphäre der Belle Epoque in Paris, dem Zentrum der damaligen Welt. Das lässt sich gemütlich schmökern. Viele bekannte Namen tauchen auf, und wer etwas von Malerei versteht, hat ein zusätzliches Vergnügen.
Lange ehe das gestohlene Gemälde offiziell wieder auftaucht, wissen wir als Lesende, wo es ist und was ihm passiert. Das berühmte Lächeln der Mona Lisa hat einen eigenen Auftritt und wird sogar erklärt. Zum Schluss kehrt sie in den Louvre zurück - das ist Geschichte.
Fazit: Unaufgeregt, gut recherchiert und leicht zu lesen. Eine runde Sache!

Bewertung vom 31.07.2023
Drachenblut - der Fantasy Bestseller (eBook, ePUB)
Buroker, Lindsay

Drachenblut - der Fantasy Bestseller (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Fantastisch und fesselnd
Dies ist eine spannende Fantasy-Geschichte um einen Soldaten und eine Magierin in einem Land, in dem Magie als Hexenwerk gilt. Da ich dieses E-Book bei einer Gratisaktion bekam, hatte ich nicht viel erwartet und wurde angenehm überrascht. Die Autorin hat bereits mehrere Folgebände geschrieben. Diese Auftaktstory lässt sich auch ohne Fortsetzung genießen.
Der Pilot Grat Zirkander wurde versetzt und soll ein Bergwerk leiten, in dem Sträflinge arbeiten. In der Tiefe des Berges erwacht Ardelle, sie wird von den Arbeitern buchstäblich ausgegraben.
Mir hat die Idee gefallen, die die Geschichte in Gang bringt. In dieser Welt gibt es Drachenflieger, doch es sind Flugmaschinen, die mit Kristallen angetrieben werden. Nach diesen Kristallen wird im Bergwerk geschürft. Was es damit wirklich auf sich hat, ist unbekannt. Magie ist schon lange verboten und gilt als strafbares Hexenwerk.
In die Welt und die Geschichte konnte ich mich gut einfinden. Die Charaktere sind sympathisch – interessante Persönlichkeiten, die sich den Herausforderungen stellen und sich entwickeln.
Das hat Spaß gemacht! Leseempfehlung für Fans guter Fantasy.

Bewertung vom 13.07.2023
Die Einladung
Cline, Emma

Die Einladung


sehr gut

Heldin ohne Profil
Alex ist eine Prostituierte, aber niemand würde das so nennen. Sie lebt davon, dass reiche Männer sie jung und hübsch finden und sie deshalb einladen - zu einer Nacht, einem Wochenende, einem Urlaub oder noch mehr. Im Gegenzug tut sie alles, damit der Mann, der sie gerade eingeladen hat, sich mit ihr wohlfühlt. Sex steht dabei nicht im Zentrum. Doch im Augenblick ist sie auf der Flucht und froh darüber, sich bei Simon verstecken zu können, einem wohlhabenden Kunsthändler mittleren Alters, der ein Sommerhaus am Meer hat. Aber der will sie plötzlich auch nicht mehr haben, und sie steht vor dem Nichts.

Die Geschichte ist ganz aus der Sicht von Alex geschrieben. Wir begleiten sie durch Pools und Partys reicher Leute und beim geschickten Einschleichen in Gruppen von Jugendlichen, die einander noch nicht so genau kennen. Sie lernt eine Menge Leute kennen, die wie sie in den Häusern der Reichen arbeiten. Sie fühlt sich ihnen verbunden, denn auch sie verkauft eine Dienstleistung.

Was treibt diese Frau an? So richtig nah kommt man ihr nicht. Liebe ist es nicht, Macht ist es auch nicht. Selbst der Reichtum scheint ihr egal zu sein. Sie will keine Verantwortung für ihr Leben übernehmen. Sie braucht jemanden, der sie versorgt und ihr sagt, wer sie sein soll.

Der Stil ist gut zu lesen und macht Freude. Die zwischenmenschlichen Situationen und die Personen sind sehr genau beobachtet. Die Oberflächlichkeit der Reichen und die Anpassung derjenigen, die für sie arbeiten werden anschaulich dargestellt, man ist fast dabei. Manchmal liest es sich wie eine Dystopie, in der man am besten reich auf die Welt kommt. Aber auch die Kinder der Reichen sind nicht glücklich. Sie sind ebenso unselbständig und hilflos wie Alex. Warum sollten sie auch Verantwortung übernehmen, wenn sie doch reich sind? Was könnte sie antreiben?

Die „Einladung” ist ein Angebot, auf ein eigenes Leben und eine eigene Identität zu verzichten. Weil es das ist, was Alex tut, wird auch nicht klar, wer sie wirklich ist und was sie will. Das ist ungewohnt zu lesen: eine Hauptperson ohne Profil. Wer das aushält, findet einen unterhaltsamen Sommerroman, der zum Nachdenken anregt.