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Benutzername: 
Angela.Bücherwurm
Wohnort: 
Wülfrath
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 245 Bewertungen
Bewertung vom 15.07.2016
Wie der Atem in uns
Poliner, Elizabeth

Wie der Atem in uns


gut

Interessante Geschichte mit Stärken und Schwächen

" Wie der Atem in uns " erzählt die Geschichte der Familie Leibritzky. Sie sind dereinst ausgewandert und leben nun als Großfamilie in einer kleinen jüdischen Gemeinschaft in Connecticut. Jüdische Regeln und Traditionen werden gewissenhaft eingehalten und gepflegt und an die nachfolgenden Generationen weiter gegeben. Ihr Leben spielt sich daher in engen Grenzen ab.

Ausgangspunkt der Geschichte sind die Ereignisse des Sommers im Jahre 1948. Wie jedes Jahr treffen sich alle Familienmitglieder in ihrem Sommerhaus am Meer . Alles beginnt mit gewohnten Ritualen . Bis ein Unglück geschieht. Der achtjährige David kommt bei einem Unfall ums Leben.

Aber erst 5 Jahrzehnte später versucht seine 4 Jahre ältere Schwester Molly die eigentlichen Geschehnisse zu ergründen. Molly erinnert sich an diese Zeit. In vielen Rückblicken, die bis in die 1920er Jahre zurückreichen, entwickelt Molly ihre Familiengeschichte und arbeitet sie auf. Sie erzählt detailliert und anschaulich. Man kann sich die Familie und deren Lebensweise lebhaft vorstellen.

Neben diesen zahlreichen , nicht chronologisch verlaufenden Zeitsprüngen gibt es aber auch noch einige Wechsel in der Erzählperspektive und zwar immer dann wenn " Molly " von Zeiten und Ereignissen berichtet , die sie nicht selbst erlebt hat bzw. erleben konnte, da sie zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht geboren war.

Diese beiden Stilmittel erfordern ein sehr aufmerksames und konzentriertes Lesen, damit man den Überblick nicht verliert. Zeitweise war das schon recht anstrengend.

Der Sprachstil an sich ist sonst gut lesbar, allerdings gibt es leider auch ein paar etwas langatmigere Passagen, die die Geschichte nicht wirklich voran bringen und die mich das Buch für eine Weile aus der Hand legen ließen.

Den Einblick in jüdische Gepflogenheiten fand ich recht interessant. Die wichtigsten Begriffe hierzu werden im Glossar erläutert und sorgen so für ein besseres Verständnis.

Die einzelnen Charaktere und die herrschende Atmosphäre sind nachvollziehbar dargestellt, so dass man sich als LeserIn gut in die Situation hinein versetzen kann.

Insgesamt ist das Buch trotz der erwähnten Schwächen durchaus lesenswert. Man muss sich jedoch darauf einlassen und auch ein wenig Geduld aufbringen. Ich vergebe daher 3 Sterne mit leichter Tendenz nach oben.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.06.2016
Liebe in Sommergrün
Wanner, Heike

Liebe in Sommergrün


gut

Leichte Sommerlektüre

Cover und Titel dieses Buches lassen auf einen leichten, unterhaltsamen Frauen- / Liebesroman schließen. Und genau das steckt auch zwischen den Buchdeckeln.

Die in zwei Teile gegliederte Geschichte spielt überwiegend im Spreewald. Die Handlung des ersten Teils findet im Jahr 1990, also kurz nach dem Mauerfall, statt. Der aus dem Westen stammende 25jährige Julian Albrecht ist Bankberater und soll mit seiner Tätigkeit ostdeutschen Unternehmen beim sogenannten " Aufbau Ost " hilfreich zur Seite stehen. Sein erster Auftrag führt ihn zu Familie Bahrenbeck, Besitzer einer Gurkenfabrik. Hier lernt er die 22 Jahre alte Kathrin Bahrenbeck kennen. Nach kleineren Startschwierigkeiten verlieben sich die beiden ineinander. Doch ihr Glück ist zunächst nur von kurzer Dauer und ihre Wege müssen sich wieder trennen.

Erst 25 Jahre später treffen sie zufällig wieder aufeinander. Und hier setzt nun der zweite Teil des Buches ein.
Beide haben inzwischen ihr jeweils eigenes Leben und Familie. Doch die sorgsam verdrängten Erinnerungen und Gefühle kommen mit Wucht wieder an die Oberfläche. Während Kathrin weiterhin versucht ihre Empfindungen zu unterdrücken, beschließt Julian, um seine einstige Liebe zu kämpfen.

Die Geschichte ist leicht und locker erzählt und bietet kaum Überraschungen. Vieles ist vorhersehbar.
Die einzelnen Charaktere sind im großen und ganzen recht sympathisch, bieten aber auch kaum etwas Besonderes. Lediglich Julians Sohn Felix mit seiner Gehörlosigkeit bietet einen interessanten Themenansatz.
Ich hätte mir auch einen zumindest kleinen Einblick in den Betrieb einer Gurkenfabrik bzw. in den Anbau von Gurken gewünscht. Doch hierüber erfährt man leider so gut wie nichts.
Die Liebesgeschichte als solches ist zwar ganz nett, hat mich aber nicht tiefer berührt und ist mir nicht besonders nahe gegangen.
Gut gefallen haben mir die passend ausgesuchten Zitate zu Beginn eines jeden Kapitels.
Auch wenn mir das Cover grundsätzlich gut gefällt, frage ich mich, warum Kirschen darauf abgebildet sind? Sie spielen in der gesamten Geschichte überhaupt keine Rolle.

Das Buch eignet sich für mich insgesamt gut für ein paar gemütliche, entspannende, unaufgeregte Lesestunden, wenn man nichts allzu Anspruchsvolles erwartet. Es liest sich angenehm leicht und flott, hinterlässt aber - zumindest bei mir - keine bleibenden Spuren.

Bewertung vom 18.05.2016
Unterleuten
Zeh, Juli

Unterleuten


ausgezeichnet

Ein Spiegelbild unserer Gesellschaft

Vorweg möchte ich sagen, dass ich mich bisher mit Büchern von Juli Zeh nicht recht anfreunden konnte. Doch diesen neuen Roman der Autorin habe ich zu meinem eigenen Erstaunen sehr gerne gelesen. Ich war angenehm überrascht.

Unterleuten ist ein kleines ( fiktives ) Dorf in Brandenburg, nicht allzu weit von Berlin entfernt. Auch zwanzig Jahre nach der Wende tun sich die meisten Dofbewohner schwer mit Änderungen oder gar Neuerungen.... selbst eine richtige Kanalisation gibt es hier noch nicht. Allerdings gibt es hier inzwischen auch noch die " neu " Hinzugezogenen, die Städter, die Wessis, die von den alt eingesessenen Bürgern mit äußerster Skepsis und großem Misstrauen beäugt werden. Aber auch zwischen den ursprünglichen Bewohnern herrscht nicht nur Eingkeit. Im Gegenteil, jeder beobachtet jeden, bildet sich rasch ein ( Vor- ) Urteil. Es könnte ja sein, dass man irgendeinen Nutzen aus seinen Beobachtungen bzw. aus seinem Wissen ziehen kann oder , was noch viel schlimmer wäre, dass man selbst ausgenutzt wird. Man ist hier in diesem kleinen Dorf eben immer unter Leuten.
Die Situation spitzt sich zu, als auch in dieser vermeintlich idyllischen und ruhigen Gegend die neueste Errungenschaft der Technik hinsichtlich erneuerbarer Energien in Form eines Windparks Einzug halten soll.
Jeder kämpft nur noch um seine eigenen Interessen, sucht Verbündete und scheut nicht davor zurück, dies auf Kosten anderer zu tun.

Diese scheinbare Dorfidylle mit zum Teil ziemlich bisssigem Dorftratsch spiegelt auf wunderbare, sehr unterhaltsame Weise unsere Gesellschaft mit all ihren Ecken und Kanten, mit all ihren Höhen und Tiefen wieder. Das Dorfleben hat durchaus komödiantische Züge, aber genauso wähnt man sich als Leser/in mitten in einem Drama oder auch in einem Krimi.

Zu jeder Facette des menschlichen Wesens gibt es hier eine passende Figur, deren Charakter symbolhaft eine bestimmte Spezies darstellt : sei es der überbesorgte Naturschützer, der nur nach Profit strebende Unternehmer, die leidenschaftliche Pferdezüchterin, der berechnende Bürgermeister, der ewige Grantler und noch so einige exzentrische Persönlichkeiten mehr.

Jedes der meist eher kurzen Kapitel schildert das Geschehen aus der Perspektive eines Protagonisten und ist entsprechend mit seinem Namen betitelt. So behält man leicht den Überblick und bekommt einen detailreichen Einblick in das Leben dieser Dorfgemeinschaft.. Alle Charaktere sind sehr authentisch, wenn auch nicht immer liebenswert und sympathisch.

Es werden viele gesellschaftliche Probleme unserer Zeit ins Visier genommen und anhand von zum Teil skurrilen Situationen und einer großen Portion Ironie beleuchtet.

Der Sprachstil ist großartig, angenehm zu lesen, sehr bildhaft und lebendig, aber genauso auch sehr pointiert, kritisch und zielgerichtet.

Das Dorf Unterleuten mag fiktiv sein, aber es steht ganz sicher stellvertretend für zahlreiche ähnlicher, tatsächlich existierender Ortschaften, Dörfer oder gar Städte.

Ich habe diesen grandiosen, wirklich meisterhaft erzählten Gesellschaftsroman Seite für Seite genossen und empfehle ihn sehr, sehr gerne weiter.

Vielen Dank , dass ich ihn lesen durfte. Er ist wahrlich eine Bereicherung meiner Leseerfahrungen.

8 von 9 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.04.2016
Für einen Sommer und immer
Leuze, Julie

Für einen Sommer und immer


sehr gut

Harte Schale - Weicher Kern

Die 32jährige Annika Winter ist eine typische Karrierefrau. Sie ist diszipliniert, erfolgsgewohnt, nicht bereit, irgendeine Schwäche erkennen zu lassen und sehr selbstbewusst. So wirkt sie auf ihre Mitmenschen arrogant, überheblich, zickig und gefühllos. Und es nicht weiter verwunderlich, dass ihre bisherigen Beziehungen nicht von langer Dauer sind.

Als sie erfährt, dass ihre Mutter unheilbar an Krebs erkrankt ist und bald sterben muss, ist sie jedoch mit der Situation vollkommen überfordert. Ziemlich kopflos beschließt sie, eine Auszeit zu nehmen, um Kraft zu tanken für das , was auf sie zukommen wird. Dazu fährt sie in die Dolomiten, obwohl sie die Berge eigentlich nicht wirklch mag. Aber zur Ruhe zu kommen ist für diese Powerfrau nicht ganz einfach. Sie muss erst lernen , wieder zu sich selbst zu finden. Dabei behilflich ist ihr letztendlich der Bergführer Samuel, den sie für zwei Wochen engagiert. Der attraktive Mann entdeckt schon bald, dass unter der vermeintlich harten Schale dieser unnahbar wirkenden Frau doch eher ein weicher, verletzlicher Kern steckt. Aber seine Liebe gilt den Bergen.

Dieser Lieberoman hat mich für einige Stunden recht gut unterhalten. Es war interessant, die Entwicklung von Annika zu verfolgen und zu beobachten, wie ihr wahres Selbst an die Oberfläche kommt. Aber auch wenn ich ihre Wandlung gut nachvollziehen konnte, ist sie mir am Ende doch immer noch ein wenig fremd geblieben. Es haben mich keine tieferen Emotionen erreicht und ein Rest an Distanziertheit ist für mich bestehen geblieben. Aber irgendwie passt dies auch wiederum gut zu Annikas Charakter, denn eine in jeder Beziehung 100%ige Wandlung wäre wohl zu unglaubwürdig gewesen.

Das Buch lässt sich Dank eines leichten, unkomplizierten Sprachstils schnell lesen und eignet sich damit bestens zum Entspannen und Abschalten.

Wer also Liebesgeschichten, die nicht allzu banal sind, sondern auch ein wenig Raum zum Nachdenken bieten, mag, dürfte mit diesem Roman gut bedient sein.

Ich vergebe knappe 4 Sterne.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.03.2016
In der ersten Reihe sieht man Meer
Kobr, Michael;Klüpfel, Volker

In der ersten Reihe sieht man Meer


sehr gut

Amüsant, unterhaltsam und ein wenig nostalgisch

Familienvater Alexander Klein erlebt kurz vor der Abreise in den lang ersehnten Italienurlaub eine Reise oder genauer gesagt eine Zeitreise der ganz besonderen Art. Er wähnt sich in einem seltsamen, sehr realistisch wirkenden Traum, in dem er einen früheren Italienurlaub mit Eltern, Schwester und Oma erneut durchlebt und zwar wie damals im Körper eines 15 jährigen, pubertierenden Teenagers, aber mit dem Hintergrundwissen und Erfahrungen eines Mittvierzigers der heutigen Zeit. Mit viel Humor und einem Augenzwinkern berichtet er von seinen Erlebnissen dieser 14tägigen Reise voller Klischees und Vorurteile in die Vergangenheit.

Bei so manchem Leser werden dabei wohl eigene, vergangene Erinnerungen an zurückliegende Urlaube geweckt und man erkennt sicher die ein oder andere, heute komisch anmutende Situation wieder. Ich habe mich einige Stunden gut unterhalten gefühlt, viel geschmunzelt und so manches Mal laut gelacht.

Inhaltlich gibt es zwar keine wirklichen Überraschungen, aber der witzige Schreibstil mit leicht ironischem Unterton und die nostalgische Zeitreise lassen die Seiten nur so dahin fliegen.

Gut gefallen haben mir auch die den einzelnen Kapiteln vorangestellten Fotos des Autorenduos aus dem eigenen Archiv und die jeweiligen Song-Titel aus dieser Zeit.

Die einzelnen Charaktere sind mit all ihren Eigenarten und kleinen Ticks liebenswert sympathisch und ich konnte sie mir sehr bildhaft vorstellen. Zum Teil hatte ich regelrecht das Gefühl, ich wäre mit ihnen gemeinsam im Uraub.

Dem mir als Krimi-Autoren bekannten Duo ist mit diesem Roman in meinen Augen ein amüsanter, lesenswerter Roman zum Entspannen gelungen. Gerne mehr ( Meer ) davon !

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.03.2016
Die Morde von Sherringford / Holmes & ich Bd.1
Cavallaro, Brittany

Die Morde von Sherringford / Holmes & ich Bd.1


sehr gut

Jugendlich frische Adaption

Jamie Watson, 16 Jahre alt, darf - so wie er glaubt - aufgrund eines Stipendiums ein Elite-Internat in Sherringford an der Ostküste der USA besuchen. Er ist ein Nachfahre des berühmten Dr. Watson. Und so ist er schon ganz gespannt auf die 17jährige Charlotte Holmes, die ebenfalls in diesem Internat lebt und unterrichtet wird. Denn Charlotte ist, wie der Name schon ahnen lässt, eine Nachfahrin des nicht minder berühmten Detektivs Sherlock Holmes. Ihre erste Begegnung verläuft aber nicht gerade vielversprechend.
Dennoch müssen die zwei sich zusammenraufen und gemeinsam agieren, denn kaum ist Jamie im Internat angekommen, geschieht ein Mord. Hauptverdächtige sind zunächst ausgerechnet Charlotte und Jamie. Doch schnell wird klar, dass genau das jemand beabsichtigt. Weitere Unglücke geschehen. Und immer scheint als Vorlage zu den Taten ein früherer Fall des legendären Detektivduos zu dienen. Wer steckt dahinter? Auf wen genau hat er oder sie es abgesehen? Und warum? Es bedarf einiges an detektivischen Spürsinn, um den Fall zu lösen.

Als ich dieses Buch zum ersten Mal gesehen habe, fand ich die Idee eines Romans, in dem Holmes und Watsons jugendliche Nachfahren in die Fußstapfen ihrer berühmten Ahnen treten, einfach toll und war sehr gespannt auf die Umsetzung. Und nach der Lektüre muss ich nun sagen, dass ich sie voll und ganz gelungen finde. Es gibt viele Paralellen, wie z.B. Holmes Scharfsinnigkeit oder Überheblichkeit oder eben dagegen auch Watsons scheinbare Praktikanten-Funktion. Es gibt aber genauso viele eigenständige, neue Aspekte, die diesem Krimi einen frischen, jugendlichen Touch geben. Mir hat diese Mischung aus eher altmodichen, angestaubten Anleihen und neuen, modernen Zügen gut gefallen.

Die Figur des Jamie war mir auf Anhieb recht sympathisch, wohingegen ich Charlotte zunächst sehr sperrig und unzugänglich fand. Aber genau das macht letztendlich ja auch ihren Charakter aus. Und wenn man Charlotte dann im Laufe der Zeit durch Jamies Augen immer besser kennenlernt, versteht man sie immer mehr und kann sich immer besser in sie hineinversetzen.

Der Krimi ist zwar als Jugendbuch konzipiert, aber durchaus auch für Erwachsene lesenswert, insbesondere natürlich, wenn man schon einen Bezug zu dem "alten" Detektivpaar hat.
Der Sprachstil ist sehr ansprechend, flott und mit seiner überwiegend jugendlichen Ausdrucksweise angenehm zu lesen. Es gibt viele Rätsel und unvorhersehbare Wendungen, die der Leser mitentschlüsseln kann.
Das Buch ist fast durchweg spannend. Es gibt meines Erachtens nur einige wenige, kleinere "Längen" oder eher ruhigere Momente, in denen vielleicht noch mehr Platz für den gewissen, typischen britischen Humor gewesen wäre.

Der Fall an sich ist am Ende abgeschlossen, aber es bleibt viel Potential für Folgebände. Ich würde auch diese dann ggf. gerne wieder lesen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.03.2016
Die Rose der Welt  (Restauflage)
Prange, Peter

Die Rose der Welt (Restauflage)


ausgezeichnet

Gut recherchierter, historischer Schmöker

" Rose der Welt " , so wird die berühmte Pariser Universität, die erste Universität der Welt genannt. Studenten aus aller Herren Länder streben Anfang des 13. Jahrhunderts dorthin, um hier einen Platz zu ergattern. Auch die aus den Ardennen stammenden Freunde Robert und Paul träumen davon, hier zu studieren.
Während Paul zuerst die Chance erhält, nach Paris zu gehen, muss Robert in der Heimat ausharren und darauf vertrauen, dass sein Freund ihn auslöst und er nachkommen kann. Doch Jahre vergehen, ohne dass Paul irgendetwas von sich hören lässt. Robert ist zutiefst enttäuscht. Schließlich eröffnet sich jedoch auch für ihn im Jahre 1229 endlich die Möglichkeit, seinen Traum zu verwirklichen.Voller Enthusiasmus stürzt er sich erfolgreich in seine Studien.
Über Pauls Verbleib und Werdegang stellt er keine Nachforschungen an, da er sich von ihm in Stich gelassen fühlt. Es ist jedoch gerade eine unruhige Zeit. Die Studenten und Professoren sind in Aufruhr, es folgt ein Streik. Ein Machtkampf zwischen Universitätsmitgliedern , Krone und Kirche beginnt. Und ehe Robert sich versieht, steht er mitten im Fokus dieser Konflikte und gerät in Gefahr. Ausgerechnet Paul , der als Kopist zu einigem Wohlstand gekommen ist, kann ihm in dieser Situation helfen. Die Freundschaft der beiden lebt erneut auf, bis Robert Pauls Frau Marie kennenlernt .... Das Schicksal nimmt seinen Lauf.

Dieser gut recherchierte historische Roman ist recht komplex und gibt einen interessanten Einblick in diese Epoche der Geschichte der Pariser Universität und den Machtspielen zwischen Krone und Kirche. In anschaulichen, lebendigen Bildern lässt uns der Autor daran teilhaben.
Die Geschichte wird dabei aus unterschiedlichen Blickwinkeln der beteiligten Hauptprotagonisten erzählt, so dass der Leser diese gut kennen lernt und deren Handlungen und Gefühle nachvollziehen kann. Besonders ansprechend dabei war für mich, dass die einzelnen Charaktere nicht nur " gut " oder nur " böse " sind, sondern sich sehr vielschichtig gestalten.. Sie wirkten für mich dadurch sehr glaubwürdig.
Das Buch selbst ist in sieben Teile mit jeweils mehreren, zum Teil sehr kurzen Kapiteln gegliedert. Dadurch sind die vielen Perspektivwechsel kein großes Problem.
Toll fand ich außerdem das Interview mit dem Autor am Anfang des Romans und die Erläuterungen zur Geschichte bzw. zum geschichtlichen Hintergrund am Ende. Das verdeutlicht nochmal, wie gewissenhaft der Autor recherchiert hat.

Mich hat die Lektüre sehr bereichert und ich empfehle es allen historisch interessierten Lesern gerne weiter. Peter Prange versteht es meisterhaft, historische Fakten in einen unterhaltsamen Roman zu verpacken.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.02.2016
Das Mädchen mit dem Fingerhut
Köhlmeier, Michael

Das Mädchen mit dem Fingerhut


sehr gut

Das Mädchen ohne Namen und ohne Herkunft

In dieser mit 140 Seiten sehr kurzen Geschichte begleitet der Leser ein sechsjähriges Mädchen eine kurze, sehr traurige Wegstrecke seines noch jungen Lebens.

Eines Tages wird dieses Mädchen in irgendeiner, nicht näher bezeichneten Stadt mitten im Winter einfach abgeladen. Es versteht die Sprache der dort lebenden Menschen nicht, es hat keinerlei Ahnung davon, wo es sich befindet. So,wie es nicht weiß, wo es ist, so erfährt der Leser nicht, wo es herkommt. Noch nicht einmal seinen Namen erfährt man. Mutterseelenallein muss sie sich zurechtfinden und sich durchs Leben schlagen. Ihr zartes Alter und ihre großen Kulleraugen sorgen dafür, dass die Menschen zumindest ab und zu Mitleid mit ihr haben. Sie geben ihr zu Essen , zu trinken, sogar ein wenig warme Kleidung. Eine Zeit lang " kümmern " sich auch zwei ältere Jungen in ähnlicher Lage mehr oder weniger um die Kleine. Doch sie ist und bleibt eine Fremde unter Fremden, allein ohne Familie.
Der Leser erlebt wie das Kind friert, hungert und auch krank wird. Als stiller Beobachter ist man entsetzt über ihr Schicksal und möchte so gerne helfen, ist jedoch völlig machtlos.

Der Autor bedient sich einer sehr schlichten Sprache ohne Schnörkel. Die einzelnen Sätze sind größtenteils sehr kurz und knapp, auf das Nötigste reduziert gehalten, passend zu einem kindlichen Gemüt. Sie muten dabei sehr nüchtern, beinahe sogar emotionslos an. Sie drücken für mich extrem starke Resignation aus, so wie sich das Kind vermutlich resigniert in sein Schicksal ergibt. Aber gerade diese sehr klaren, einfachen Worte treffen mitten ins Herz des Lesers. Man hofft und bangt dabei immer, dass sich das Schicksal des Mädchens irgendwie doch noch zum Guten wendet.
Aber in dieser Beziehung gibt es für den Leser keine Erlösung. Man wird vom Autor allein gelassen, allein mit seinen Gedanken und Gefühlen, genauso allein wie das Mädchen, ohne realistische Hoffnung und Aussicht auf eine positive Änderung der Situation.

Dieses kleine Büchlein liest sich aufgrund seines geringen Umfangs und seines Sprachstils sehr schnell. Dennoch wird es mir sicher noch sehr lange nachhaltig in Erinnerung bleiben. Es bietet viel Potential zum Nachdenken und sicher auch reichlich Diskussionsstoff.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.01.2016
Die Schneelöwin / Erica Falck & Patrik Hedström Bd.9
Läckberg, Camilla

Die Schneelöwin / Erica Falck & Patrik Hedström Bd.9


sehr gut

Grauenvolle Vorgänge im Haus des Schreckens

" Die Schneelöwin " ist der neunte Fall des Ermittlerpaares Kommissar Patrick Hedström und seiner Ehefrau, der Schriftstellerin Erica Falck.

Erica ist gerade mal wieder mit Recherchen zu ihrem neuen Buch beschäftigt. Hierzu besucht sie Laila im Gefängnis. Diese Frau wurde vor einigen Jahren wegen der Ermodung ihres Mannes verurteilt. Lange Zeit schweigt Laila zu ihrer Tat, doch plötzlich und unerwartet fängt sie zögerlich an zu reden. Erica vermutet schon bald, dass mehr hinter dieser Geschichte steckt als alle vermuten.
Gleichzeitig hat Ericas Mann Patrick es mit einer Serie von Entführungen junger Mädchen zu tun. So richtig kommt die Polizei mit den Ermittlungen hierzu aber nicht voran. Bis eines Tages das zuletzt verschwundene Mädchen Victoria wieder auftaucht. Aber das Mädchen erliegt wenig später den Verletzungen eines Unfalls. Außerdem wurde sie bestialisch misshandelt. Wer ist zu solch einer brutalen Tat fähig? Und was ist mit den anderen Mädchen? Besteht noch eine Chance für sie?
Erica findet bald heraus, dass zwischen Lailas zurückliegender Geschichte und den aktuellen Vorkommnissen ein direkter Zusammenhang bestehen muss. Nur welcher?

Die Geschichte wird, wie bei dieser Autorin üblich, wieder in mehreren Erzählsträngen aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Auch Rückblenden in die Vergangenheit gehören dazu. Dies führt leicht zu Verwirrungen und erfordert daher einige Aufmerksamkeit beim Lesen, um den Überblick nicht zu verlieren. Ansonsten lässt sich das Buch dank eines ansprechenden Schreibstils leicht und flott lesen.
Es gibt wie gewohnt viele Fährten und immer, wenn man meint, der Lösung des Falles nahe zu sein, ergeben sich neue Wendungen. Das hält die Spannung bis zum Schluss aufrecht und man fiebert bis zum Ende dem Showdown entgegen.
Diesmal wird der Fall jedoch nicht wie sonst komplett aufgelöst und es bleiben viele Fragen offen, die quasi nach einer Fortsetzung der Geschichte rufen. Wobei natürlich auch in der Realität bei weitem nicht alle Verbrechen restlos aufgeklärt werden. Allerdings gibt es in diesem Buch auch während der Ermittlungen immer mal wieder Hinweise und Aspekte, die angesprochen werden, aber letztendlich für den Leser offen und nicht geklärt bleiben. Das fand ich schade und zuweilen auch störend, da man sich so einiges nur selber zusammenreimen konnte. Ich möchte hierzu jedoch nicht ins Detail gehen, um nichts vorwegzunehmen.

Der Kriminalfall als solches steht für sich, sodass man das Buch aus dieser Sicht getrennt von den Vorgängern lesen könnte. Um jedoch die Entwicklung und das Leben der Hauptprotagonisten - was in dieser Reihe eine große Rolle spielt - verfolgen und verstehen zu können, ist es denke ich dennoch von Vorteil, wenn man die anderen Fälle bereits gelesen hat. Es gibt schon einige Anspielungen auf vorherige Geschichten, die man anderenfalls nicht wirklich nachvollziehen kann.

Insgesamt ist in diesem Krimi, passend zum Thema, die Stimmung recht düster und zuweilen bedrückend. Das Cover des Buches spiegelt für mich diese Atmosphäre gut wieder.
Der Titel " Die Schneelöwin " erschließt sich mir dagegen nicht. Ich habe keinerlei Assoziationen dazu entdecken können. " Das Haus des Schreckens " oder etwas Ähnliches hätte es meines Erachtens besser getroffen.

Insgesamt bietet dieser Krimi wieder spannende Unterhaltung in bewährter Manier mit kleineren Schwächen. Für mich bleibt einfach zuviel offen und ungeklärt. Daher ist er für mich nicht das beste Buch dieser Reihe. Ich hoffe aber, es gibt noch eine Fortsetzung, die diesen " Mangel" behebt. Ich vergebe daher knappe 4 Sterne.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.