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Benutzername: 
adel69
Wohnort: 
Baden-Württemberg

Bewertungen

Insgesamt 111 Bewertungen
Bewertung vom 11.08.2022
Freundin bleibst du immer
Obaro, Tomi

Freundin bleibst du immer


ausgezeichnet

Ein Lesehighlight 2022

Worum geht es in dem Buch?
Zainab, Funmi und Enitan sind nigerianische Frauen, die sich schon seit ihrem Studium kennen und befreundet sind. Als Ehefrauen und Mütter halten sie ihre Freundschaft weiter aufrecht – telefonieren und chatten -, auch wenn Enitan in die USA ausgewandert ist und sich dort ein anderes Leben aufgebaut hat.
Gelegenheit, dass sie sich alle wieder sehen, bietet die Hochzeit von Destiny, Funmis Tochter, zu der Zainab und Enitan eingeladen sind. Enitan reist mit ihrer Tochter Remi aus den USA an, Zainab kommt mit dem Bus aus einer anderen Gegend in Nigeria. Sie konnte sich von zu Hause losreißen – von einem pflegebedürftigen Mann, vier Söhnen und Enkeln. Die Ehe von Enitan und Charles ist am Ende. Nur bei Funmi scheint im Moment alles in Ordnung zu sein – Funmi, die in einem luxuriösen Haus wohnt und sich hingebungsvoll mit den Vorbereitungen der Hochzeit ihrer Tochter kümmert.
Nachdem Enitan, Remi und Zainab eine chaotische Anreise hatten, nehmen sie im Dezember 2015 mit den anderen Gästen an vor-hochzeitlichen nigerianischen Riten teil und erinnern sich an ihre Zeit an der Universität.

Meine Meinung zu diesem Buch:
Dieses Buch ist flüssig geschrieben, und ich habe es sehr gerne gelesen. Geschildert ist alles im Präteritum (Vergangenheit) aus der auktorialen Erzählperspektive (also kein Ich-Erzähler). Beim Lesen bekomme ich einen Eindruck von Nigeria und drei sympathischen Frauen, die wohlhabend sind.
Was neben dem Leben von Studenten sehr interessant für mich war, waren einige Rituale und Sitten in Nigeria. Ich habe zum Beispiel nicht gewusst, dass nigerianische Eltern ziemlich heftig reagieren können, wenn ihre Töchter heiraten wollen. Für mich ist das Buch wie eine Reise nach Nigeria mit Hauptcharakteren, die ich mochte – und ihren Zielen und Wünschen.
Das Buch bleibt mitreißend bis zum Schluss – sogar noch mit einem unerwarteten Ereignis .
Für mich ist „Freundin bleibst du immer“ ein Lesehighlight des Jahres 2022. Ich vergebe fünf Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 22.07.2022
Freunde. Für immer.
McCreight, Kimberly

Freunde. Für immer.


gut

Verworrener Krimi

Worum geht es in dem Buch?
Freunde aus Collegezeiten treffen sich für ein Wochenende in den Catskill Mountains. Jonathan will seinen Freund Peter heiraten und will deswegen seine Freunde sehen. Zusammen wälzen sie Erinnerungen und genießen einen gewissen Luxus. Bis zwei der Freunde – Derrick und Keith – auf einmal verschwunden sind.

Später wird das Auto gefunden, in dem die beiden unterwegs waren. Nur einer von ihnen ist darin – tot, unkenntlich. Detective Julia Scutt nimmt die Ermittlungen auf. Sie recherchiert und befragt die Anwesenden. Dabei kommt ihr in den Sinn, dass sie vor Jahren ihre Schwester verloren hat. Die Schwester wurde ermordet. Vielleicht gibt es zwischen der Schwester und dem Freundeskreis in den Catskill Mountains einen Zusammenhang…


Meine Meinung zu diesem Buch:
„Eine perfekte Ehe“, das erste Buch von Kimberly McCreight, ist mir noch in guter Erinnerung. Deswegen freute ich mich auf ihr neues Buch und wollte es unbedingt lesen.

Der Anfang lässt Spannung vermuten, jedoch lässt diese schnell nach. Die Freunde in den Catskill Mountains kommen immer wieder zu Wort – genauso wie die Polizistin Julia Scutt. Diese war für mich am sympathischsten, zu den anderen Mitwirkenden kann ich als Leserin keine Beziehung aufbauen. Alle erzählen aus der Ich-Perspektive, mal im Präsens, mal im Imperfekt. Das stört mich nicht, jedoch stiftet die Anzahl der Ich-Erzähler und der Konflikte, die sie zu lösen haben, immer wieder für Verwirrung beim Lesen. Das macht keinen Spaß. Ich freute mich immer, wenn ich wieder ein Kapitel über Julia Scutt lesen konnte. Hier ging die Handlung voran.

Einige der Konflikte sind, dass Jonathan und Peter einem Bauunternehmen 11.000 Dollar schulden und dass Keith, dessen Job es ist, Künstler zu vermitteln, seinen besten Künstler Finch verlieren wird. Auch innerhalb der Freunde gibt es Konflikte. Dann werden Drogen genommen, es wird Pizza bestellt – es passiert einiges in der Gegenwart, es gibt Ereignisse aus der Vergangenheit, auf die Bezug genommen wird. So ist Alice, die die Freunde aus Collegetagen kannten, ums Leben gekommen. Lange ist nicht klar, wieso und warum.

Ich habe das Buch gelesen, weil ich wissen wollte, wie sich alles auflöst. Den Schluss finde ich gut, aber bis dahin liest sich der Roman ziemlich zäh und oft verworren. Ein Thriller ist das nicht.

„Freunde. Für immer“ von Kimberley McCreight konnte mich also nicht überzeugen. Ich vergebe drei Sterne und bin bei einer Empfehlung unentschlossen.

Bewertung vom 15.06.2022
Der Koch, der zu Möhren und Sternen sprach
Mattera, Julia

Der Koch, der zu Möhren und Sternen sprach


sehr gut

Ein Wohlfühl-Sommerroman aus dem Elsass

Worum geht es in dem Buch?

Robert Walch ist 52 Jahre alt und Junggeselle. Er arbeitet im Gasthof seiner jüngeren Schwester Elsa im Elsass. Dort pflegt er eine völlige Hingabe zu seinem Gemüsegarten, zum Kochen und zum Backen. Da vergisst er alles um sich herum. Seine Kochkünste haben den Gasthof zu einem guten Ruf verholfen – ein Lokal, das bekannt ist für die beste Küche weit und breit, die auch Bio-Qualität bietet.

Hobbys hat er kaum – nur Kreuzworträtsel und eine bestimmte Quizsendung im Fernsehen.

Damit gibt er sich zufrieden – aber seine Schwester Elsa macht sich Sorgen um ihn. Sie wirft ihm vor, er sei zu wenig anpassungsfähig. Und – wie kann er durchs Leben kommen, falls sie einmal heiraten und wegziehen sollte? Würde er sie und ihre Zwillinge Charlotte und David vermissen?

Sie zwingt ihn, sich mit Hassan, einem Praktikanten, zu befassen. Er bewundert Robert und will von ihm das Gärtnern lernen. Außerdem taucht auf einmal eine Freundin von Hassans Mutter auf. Maggie heißt sie, kommt aus Großbritannien und weckt Roberts Interesse.


Meine Meinung zu diesem Buch:

Der aus der auktorialen Erzählperspektive (also kein Ich-Erzähler) im Präsens geschriebene Roman macht gute Laune. Manchmal wirkt er etwas überdreht durch die Handlung und den ziemlich eigenbrötlerischen Robert – aber das verleiht dem Ganzen auch einen gewissen Charme.

Dialoge bringen viel Action in das Buch. Außerdem finde ich die Beschreibungen darüber, wie Robert mit seinem Gemüse spricht und mit welcher Hingabe er Teig zubereitet, sehr reizvoll. Da kann man sich alles sehr gut vorstellen.

Ich habe das Buch gelesen, um zu erfahren, ob sich Robert ändert. Kann ein lernbegieriger Praktikant mit algerischem Migrationshintergrund wie Hassan aus Robert einen geselligeren und freundlicheren Menschen machen? Kann Maggie, die Britin, sein Herz rühren, so dass er mehr aus sich herausgeht?

Das ist alles sehr kurzweilig geschrieben – bietet entspannende und gute Unterhaltung. Mir hat das -Buch gut gefallen. Ich vergebe vier Sterne und empfehle diesen Roman weiter.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.03.2022
Unser kostbares Leben
Fuchs, Katharina

Unser kostbares Leben


sehr gut

Lesenswerter Familienroman

Worum geht es in dem Buch?

Der Roman „Unser kostbares Leben“ von Katharina Fuchs gibt Einblicke in das Leben von Carola Stern, genannt Caro, ihrer besten Freundin Minka Schönwetter und Caros Stiefschwester Claire.

Die Handlung beginnt in der Kindheit der drei Frauen und beleuchtet auch das Leben ihrer Familien in den 1970er- und 1980er-Jahren. Sie wohnen in Mainheim, einer Stadt in Hessen. Caros Vater ist Direktor einer Schokoladenfabrik, der Familie geht es finanziell gut. Caro hat vier Geschwister, und irgendwann beschließen ihre Eltern Claire zu adoptieren. Claire stammt aus Vietnam, ist Waise, wohnt in einem Kinderheim in Mainheim. Ihre dortige Bezugsperson ist Frau Doktor Lavalette, die sich ei-nerseits liebevoll darum kümmert, dass Claire die deutsche Sprache erlernt. Andererseits verabreicht sie Claire und anderen Kindern im Heim Medikamente, deren Nutzen zweifelhaft ist.

Minkas Vater ist Bürgermeister von Mainheim, ein glühender Anhänger der Sozialdemokraten. Minka ist tierlieb und zieht als Studentin in ein Hüttendorf. Das ist eine Art „Protest-WG“ mit jungen Leuten, die sich selbst versorgen und Tiere halten. Sie protestieren gegen den Bau einer Bundesstraße und wollen das Umweltbewusstsein der Mitbürger schärfen. So ist es kein Wunder, dass Minka schließlich Mitglied der neugegründeten Partei „Die Grünen“ wird.


Meine Meinung zu dem Buch:

Der über 600 Seiten lange Roman ist aus der auktorialen Erzählperspektive (also kein Ich-Erzähler) geschrieben. Man liest Ereignisse abwechselnd aus der Sicht von Caro, Minka und Claire. Ab und an auch von Nebenpersonen, beispielsweise Doktor Lavalette und Harald Schönwetter.

Gut geschrieben ist das Buch schon und auch interessant. Allerdings fehlte mir oft die Spannung - ich wusste lange nicht, worauf das Buch hinaus will. Die Hauptpersonen Caro, Minka und Claire sind sympathisch. Was Claire anbelangt, wollte ich wissen, welche Folgen der Medikamentenkonsum, dem sie schon als Kind ausgesetzt ist, langfristig haben wird. Wird sie die Medikamente auch benöti-gen, wenn sie mit der Familie Stern zusammenlebt?

Gleich zu Anfang wird etwas vertuscht. Guy, ein Junge, der aus Vietnam stammt, stürzt unglücklich vom Sprungbrett in einem Freibad und wird schwer verletzt. Kann es sein, dass das Sprungbrett nicht in Ordnung war? Es gibt Menschen, die ein Interesse daran haben, dass das nicht näher untersucht wird - und Guys Mutter Schweigegeld bezahlen...

Die Fragen, was mit Guy passiert, und, was es mit den Medikamentengaben im Waisenhaus auf sich hat, halten mich an der Lektüre. Den Schluss des Buches fand ich etwas zu konstruiert. Andererseits gefiel mir an dem Buch, dass es ebenfalls ein geschichtlicher Rückblick ist, der die Stimmung der Menschen in der Bundesrepublik Deutschland in den 1970er- und 1980er-Jahren gut wiedergibt.

Ich vergebe dem Roman „Unser kostbares Leben“ vier Sterne und empfehle das Buch weiter.

Bewertung vom 31.01.2022
Perfect Day
Hausmann, Romy

Perfect Day


gut

Nicht spannend

Worum geht es in dem Buch?
Der Schleifenmörder geht um. Und das schon seit Jahren. Er bringt kleine Mädchen um und markiert seine Leichen mit roten Bändern.
Lange weiß die Polizei nicht, wer der Mörder ist. Dann wird ein Verdächtiger festgenommen, der Professor Walter Lesniak.
Seine Tochter Ann ist sich sicher: Ihr Vater ist nicht der Mörder. Sie versucht, seine Unschuld zu beweisen und will den wahren Mörder finden. Einen Verdacht hat sie schon – und so verfolgt sie einen Mann zusammen mit ihrer Freundin Eva. Beide begeben sich in Lebensgefahr.

Meine Meinung zu dem Buch:
Der Plot klingt spannend – und so erwartete ich einen raffinierten Krimi mit Pageturner-Qualitäten. Der Schreibstil der Autorin gefällt mir, die Handlung lahmt allerdings ziemlich. Ich hatte oft Mühe, mich zu motivieren, das Buch weiterzulesen.
Die Ich-Erzählerin Ann ist sympathisch, die Nebenfiguren Eva, Jakob, Ludwig und andere werden nur kurz angerissen. Alle sind auf der Suche nach dem Mörder. Das zieht sich oft in die Länge. Ann und ihre Freundin Eva verfolgen jemanden, Eva wird verletzt und verschwindet von der Bildfläche, es gibt merkwürdige Ereignisse in einem Haus und so weiter.
Es dauert immer ziemlich lange, bis in der Handlung etwas Neues passiert. Und das, was passiert, ist nicht spannend.
Ich lese Anns Überlegungen, zwischendrin unterbrochen von Interviews, Tagebucheinträgen der jungen Ann und Gedanken ihres Vaters. Manchmal gefielen mir diese Unterbrechungen, weil sie gut geschrieben sind. Manchmal fand ich aber, dass sie die Handlung unnötig in die Länge ziehen.
Was die Interviews anbelangt, wusste ich lange nicht, warum sie in dem Buch stehen. Erst zum Schluss erschloss sich mir der Sinn.
Ich habe das Buch gelesen, um zu wissen, wer der wahre Mörder ist. Der Schluss hat mich, wie das ganze Buch, wenig überrascht.
Fazit: Ich bin enttäuscht von dem Buch. Ein Thriller ist es nicht und auch kein raffinierter Kriminalroman. Ich erfahre viel über eine Person, nämlich die Hauptfigur Ann. Aber das reicht mir nicht aus, um das Buch weiterempfehlen zu können. Ob ich noch weitere Bücher von Romy Hausmann lesen werde, weiß ich noch nicht.
2,5 Sterne und keine Weiterempfehlung.

Bewertung vom 26.12.2021
Berauscht vom Leben
Libaire, Jardine;Ward, Amanda Eyre

Berauscht vom Leben


sehr gut

Nachdenken über ein Leben ohne Alkohol

Die Autorinnen dieses Buches, Jardine Libaire und Amanda Eyre Ward, waren bereits Alkoholikerinnen. Amanda griff zur Flasche, weil sie mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert war. Aber auch zu anderen Gelegenheiten wurde viel Alkohol konsumiert. Beispielsweise, wenn die Autorinnen bei Feiern mit Familie oder Freunden eingeladen waren. Oder wenn sie sich mit Leuten aus einem Sportverein trafen.
Das Buch ist in mehrere „Überthemen“ eingeteilt, beispielsweise „Partys“ und „Essen“. Zu jedem dieser Überthemen schreiben die Autorinnen ihre Erlebnisse, Gedanken und zukünftige Planungen in kurzen Kapiteln auf. Mal aus der Wir-Perspektive (die Autorinnen sind Schwestern), mal aus der auktorialen Erzählperspektive.
Jardine und Amanda haben sich entschieden, stark zu bleiben und dem Verlangen nach Alkohol nicht nachzugeben. Dazu gehört auch der Mut, bei einem Essen oder bei einer Feier zu sagen, dass man keinen Alkohol trinken will. Und auch, solch ein Event zu verlassen, bevor es zu Ende ist.
Sie geben Tipps und Anregungen, wie man sein Leben ohne Alkohol bereichern kann. Beispielsweise, indem man sich in gewissen Zeitabständen kleine Geschenke macht. Oder, indem man versucht, wieder mit allen Sinnen zu genießen, wenn man zum Beispiel Honig riecht.
Wenn wir wütend sind, sollten wir Briefe schreiben, aber nicht zum Alkohol greifen. Wir sollen versuchen, Dinge neu zu erleben – beispielsweise den Wochenmarkt. Oder indem wir uns für wohltätige Organisationen engagieren. Dankbarkeit ist auch ein Mittel, um das Leben zu genießen.
Es gibt viele Ideen, die dieses Buch bietet. Nicht nur die Rezepte ohne Alkohol zum Schluss. Ich habe dieses Buch gern gelesen, auch wenn ich manche Kapitel zu ausführlich oder für mich unnötig fand. Gestört haben mich Ansichten, wie „nur, wenn man auf Partys Alkohol trinkt, kann man sich richtig amüsieren“. Ist das tatsächlich so? Ich finde nicht. Oder, dass auf Treffen und Events alle Menschen alkoholische Getränke zu sich nehmen und man schon als Außenseiter gilt, wenn man das nicht macht. Ich habe Treffen und Events erlebt, auf denen viele Leute sich ohne alkoholische Getränke wohlfühlten.
Dieses Buch ist für Frauen geschrieben, und es wird keine Alkoholikerin von der Alkoholsucht befreien. Aber es bietet Ideen und Gedanken, wie man mit Alkohol achtsam umgehen kann – und dass man für die meisten Lebenssituationen keine alkoholischen Getränke benötigt.
Ich vergebe vier Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 24.11.2021
Wellenflug
Neumann, Constanze

Wellenflug


ausgezeichnet

Lesenswerter Familienroman

„Wellenflug“ – so nennt sich ein Fahrgeschäft auf einem Dresdner Rummelplatz. Ein Karussell, mit dem Marie, eine der beiden Frauen, über die Constanze Neumann erzählt, gefahren ist.
„Wellenflug“ erzählt die Geschichte zweier Frauen. Anna wird im 19. Jahrhundert geboren, sie heiratet in die reiche Familie der Reichenheims ein. Die Reichenheims sind Fabrikanten, und Anna kümmert sich nach ihrer Heirat um ein großes Haus in Berlin, sie gibt Dinnerpartys und Empfänge.
Als ihr ältester Sohn Heinrich der Spielsucht verfällt, verstößt sie ihn. Das ändert sich auch nicht, als er Marie kennenlernt, die als Garderobiere arbeitet. Seinetwegen verliert sie Ihren Job. Sie ist aber die Frau, die er heiraten will – und nachdem er in die USA ausgewandert ist, holt er Marie nach. Er bezahlt ihr die Schiffspassage und alles, was sie für ein Leben in den USA braucht.
Heinrich wechselt oft die Arbeitgeber, denn er hält es nicht lange im selben Job aus. Marie versucht, aus ihrem Leben in den USA das Beste zu machen und gewinnt Freunde.
In der Familie der Reichenheims bleiben Marie und Heinrich lange Zeit die Verstoßenen. Marie ist nicht standesgemäß als Frau eines Fabrikantensohns. Heinrich und auch Anna versuchen, bei den Reichenheims wieder anerkannt zu werden – auch, nachdem sie wieder nach Deutschland zurückgekehrt sind. Doch das ist nicht einfach.
Als Marie einen Zettel in der Tasche ihres Mannes findet, sieht sie ihre Chance, sich einen langgehegten Wunsch zu erfüllen – und auch Anne dazu zu bewegen, sie und Heinrich wieder in die Familie aufzunehmen.
Anna und Marie waren mir sympathisch – wobei ich Annas harte Haltung gegenüber Marie nicht verstanden habe.
„Wellenflug“ ist ein lesenswerter, spannender Familienroman über zwei Frauen, die sich über zwei Jahrhunderte spannt. Geschrieben ist er aus der auktorialen Erzählperspektive (kein Ich-Erzähler) in der Vergangenheit.
Ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt und auch einiges über die damalige Zeit gelernt. Beispielsweise, wie Anna und ihre Schwester Mathilde in die Berliner Gesellschaft eingeführt wurden. Auch, wie das Leben in den USA Anfang der 1920er-Jahre war. Ebenfalls die Zeit des Dritten Reichs wird beleuchtet. Es gibt Passagen im Leben von Anna und Marie, die ausführlich beleuchtet werden. Anderes wird nur gestreift – oder übersprungen. Das hat mich nicht gestört, denn so habe ich kein opulentes, dickes Werk zu lesen bekommen, sondern einen Familienroman in angenehmer Länge.
Das Cover des Romans gefällt mir gut - das Foto einer Frau aus damaliger Zeit, ein bisschen auf "alt" getrimmt. Allerdings muss ich zugeben: In einer Buchhandlung wäre ich an diesem Buch vorbeigegangen, da mich andere - buntere - Cover eher ansprechen. Ich bin eher durch Zufall auf dieses Buch gekommen und bin froh, dass ich es gelesen habe.
Ich vergebe 5 Sterne und empfehle das Buch „Wellenflug“ weiter.

Bewertung vom 29.10.2021
Shuggie Bain
Stuart, Douglas

Shuggie Bain


sehr gut

Ein fast hoffnungsloses Dasein

Worum geht es in dem Buch?
Shuggie heißt eigentllich Hugh. Er ist der jüngste der drei Kinder von Agnes. Er ist der einzige Sohn, den sie mit ihrem Mann Shug, einem Taxifahrer, zusammen bekommen hat.
Die Familie lebt im Glasgow der 1980er-Jahre. Eine Zeche hat dort geschlossen, viele Leute leben in Armut. Der Alkohol lenkt viele ab von ihrem Elend – so auch Agnes. Sie vertrinkt das Kindergeld, sie versetzt alles beim Pfandleiher, was sie versetzen kann – nur um hochprozentige alkoholische Getränke kaufen zu können.
Irgendwann hält Shug es nicht mehr mit Agnes aus und entscheidet sich, mit einer anderen Frau zusammenzuleben. Diese ist zwar unordentlich, aber das findet er viel besser als Agnes‘ Alkoholabhängigkeit.
Shuggies ältere Geschwister Catherine und Leek haben das Familiendrama schon lange erkannt und arbeiten darauf hin, Agnes endlich verlassen zu können. Eines Tages heiratet Catherine und zieht nach Südafrika, und auch Leek zieht aus.
Da bleibt nur noch Shuggie, der da ist, wenn sich seine Mutter nach ihren Trinkeskapaden nicht gut fühlt und sich übergeben muss. Rührend kümmert er sich dann um sie.
Shuggie kämpft sich durchs Leben. In der Schule ist er nicht beliebt, er wird gemobbt. Agnes schiebt ihre Alkoholabhängigkeit auf ihr strenges Elternhaus und die Wohngegend. Als sie und Shuggie umziehen, hofft sie, von ihrer Alkoholsucht geheilt zu werden.

Meine Meinung zu diesem Buch:
Das Buch ist aus der auktorialen Erzählperspektive (also kein Ich-Erzähler) in der Vergangenheit verfasst. Gut und anschaulich ist es geschrieben, der Schreibstil gefällt mir.
Als Leserin bin ich berührt von Shuggie. Ein tapferer kleiner Kerl, der mir leid tut. Er versucht, seiner Mutter beizustehen – auch wenn ihre Alkoholsucht für ihn nicht leicht ist. Ebenso für mich als Leserin waren manche Szenen kaum zu ertragen. Der Autor hat das hoffnungslose Dasein mancher Arbeiter im Glasgow der 1980er-Jahre lebendig beschrieben. Da gibt es Frauen, die morgens schon anfangen, Bier zu trinken. Manche von ihnen kommen zu Agnes. Agnes kauft vom Kindergeld Whisky und ihre Kinder müssen deswegen oft hungern. Immer wieder durchsucht Agnes die Wohnung nach Dingen, die sie zu Geld machen kann, um Whisky kaufen zu können. Auch vor den wenigen Besitztümern ihrer Kinder macht sie nicht halt.
Kein Wunder, dass Shug, Catherine und Leek Agnes verlassen wollen. Nur Shuggie bleibt bei ihr, denn er ist noch nicht alt genug, um sich ein eigenes Leben aufzubauen.
Nach dem Besuch eines Gesprächskreises, dessen Teilnehmer versuchen, vom Alkohol loszukommen, gibt es einen Lichtblick. Agnes verzichtet endlich auf Alkohol und als Leser hofft man, dass dieser Zustand auch anhält. Dass das Buch einfach positiver wird.
Die Tatsache, dass das Buch autobiographisch ist, macht es noch eindringlicher. Der Leser bekommt den Kampf gegen die Alkoholsucht gut mit – und wie Angehörige deswegen oft Einschränkungen hinnehmen müssen.
Ich habe das Buch gelesen, um zu erfahren, ob Agnes von ihrer Alkoholsucht geheilt wird. Und ob ihr Willen stark genug bleibt, um auf lange Sicht dem Alkohol zu entsagen. Und natürlich wollte ich wissen, wie es mit Shuggie weitergeht.
Das Buch hat mich sehr berührt, manche Szenen waren trostlos. Ich vergebe vier Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 29.10.2021
Wo das Licht herkommt
Skorpil, Clementine

Wo das Licht herkommt


weniger gut

Sehr speziell und nicht mein Fall

Der Roman „Wo das Licht herkommt“ von Clementine Skorpil besticht durch seine Aufmachung. Hochwertig sieht das Buch aus. Ein schöner ansprechender Einband.
Doch kann auch der Inhalt überzeugen? Interessant klingt der Plot. Philippine lebt im 18. Jahrhundert, sie flüchtet von ihrem Zuhause, um das Gymnasium zu besuchen und anschließend Medizin und Kartografie zu studieren.
Um genau das machen zu können, verkleidet sie sich als Mann und gibt sich den Namen Philipp.
Der Roman wird aus der Ich-Perspektive von Philippine erzählt. Sie erzählt in der Vergangenheit, wechselweise im Imperfekt und im Perfekt.
Die Autorin hat einen besonderen Schreibstil, oft kurze und abgehackte Sätze, die Handlung erzählen, aber auch die Gedanken von Philippine.
Daran kann ich mich als Leserin gewöhnen, jedoch habe mich beim Lesen oft gefragt, in welchem Lebensabschnitt der Hauptprotagonistin ich mich gerade befinde. Denn die Handlung wird ziemlich durcheinander erzählt. Mal ist Philippine auf dem Gymnasium in Wien, mal ist sie irgendwo anders und lernt chinesische Schriftzeichen, mal behandelt sie Patienten – hilft beispielsweise, Kinder auf die Welt zu bringen. Und so weiter. Solch ein Durcheinander trübt das Lesevergnügen erheblich.
Weiterhin gibt es viele Wörter, die ich noch nie gehört habe – beispielsweise „Hübschlerinnen“, „Congestion“ und auch „Knotzen“. Hier wäre ein Glossar hinten im Buch nützlich gewesen, aber das gibt es nicht. Ich muss die Bedeutung der Wörter im Internet suchen, was natürlich auch Lesezeit kostet.
Durch die kurzen, oft abgehackten Sätze und das Durcheinander in der Handlung kann ich als Leserin keine Beziehung zu Philippine aufbauen. Sie bleibt mir oft fremd, ihr Schicksal berührt mich kaum. Sie muss immer wieder damit rechnen, dass entdeckt wird, dass sie eine Frau ist und kein Mann. Jedoch wird das in dem Buch selten thematisiert. Oft vergisst man das beim Lesen auch.
Ich vergebe dem Buch zwei Sterne. Man kann es lesen, aber ich hatte etwas anderes erwartet.

Bewertung vom 26.09.2021
Harlem Shuffle
Whitehead, Colson

Harlem Shuffle


gut

Langatmiger Gangsterroman

Ich hatte große Erwartungen in dieses Buch gesetzt, denn „Die Nickel-Boys“ von Whitehead hatte mir sehr gut gefallen.
Der Roman „Harlem Shuffle“ bietet mir eine Sicht in das Leben einiger Afro-Amerikaner, die Ende der 1950er- und in den 1960er-Jahren im New Yorker Stadtteil Harlem leben. Ray Carney ist der Hauptprotagonist. Er handelt mit Einrichtungsgegenständen, kauft aber auch andere Sachen – wie zum Beispiel Uhren und Schmuck – an, um sie weiterzuverkaufen.
Eigentlich möchte er ein ehrlicher Mensch sein, aber die Gegenstände, die ihm Cousin Freddie zum Verkauf anbietet, machen das unmöglich. Einiges davon stammt aus Diebstählen. Dennoch nimmt er solche Gegenstände an, denn er muss seine Familie ernähren.
Ray Carney möchte sich als Verkäufer weiterentwickeln, nach außen hin als integrer, ehrlicher Mensch gelten. Er hat Familie – Frau Elizabeth und Tochter May. Elizabeth ist wieder schwanger. Er liebt seine Familie – aber seine Schwiegereltern mögen ihn nicht. Ihnen wäre es am liebsten, wenn Elizabeth und die Kinder eine Weile bei ihnen wohnen würden.
Präsentiert werden mir viele Personen, die nur „angerissen“ werden, also nur kurz auftauchen. Beispielsweise Miss Laura, eine Nachbarin Carneys und seiner Familie. Oder auch Duke, ein Typ, der Carney in einen einflussreichen Club bringen soll und dafür Geld verlangt. Die Afro-Amerikaner in Harlem können sich meistens nicht leiden, sie reden und denken schlecht voneinander. Manchmal beschimpfen sie sich – und es kommt auch vor, dass sie aufeinander schießen.
Ich lese Momentaufnahmen eines New Yorker Stadtteils. Carney ist die Hauptperson, er ist sympathisch. Immer wieder kommt sein Cousin Freddie in der Handlung vor. Ihn mag ich nicht.
Die Vielzahl der Personen in dem Buch, von dem die meisten nur Randfiguren sind, führen dazu, dass mich ihr Schicksal oft nicht berührt.
Der Autor punktet mit einem sehr guten Schreibstil und er kann die Atmosphäre im Harlem der 1950er- und 1960er-Jahre sehr gut beschreiben.
Allerdings ist die Handlung oft langatmig, es fehlt eine gewisse Spannung, die ein Buch interessant macht.
Ich vergebe drei Sterne für „Harlem Shuffle“ und bin bei einer Weiterempfehlung unentschlossen.