Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
BücherändernLeben
Wohnort: 
Alt Ruppin

Bewertungen

Insgesamt 60 Bewertungen
Bewertung vom 06.05.2024
Aus dem Nichts kommt die Flut
Katz, Uri Jitzchak

Aus dem Nichts kommt die Flut


sehr gut

Endlich mal wieder ein Roman aus Israel

Romane aus Israel sind eher eine Seltenheit und wenn ich mich auf sie einlasse, wurde ich bislang nicht enttäuscht. Mit diesem hier bin ich nicht so recht warm geworden.

Um was es geht, steht im Klappentext. Für mich war diese Story etwas schräg, aber angenehm schräg, auch lustig und obwohl sie mich in der Zeit zurück führt, auch topaktuell. Die knapp 600 Seiten verraten viel von der Weisheit des Autors.

Warum dennoch nur vier Sterne ?

Ein Wälzer von 600 Seiten muss schon auf jeder Seite seinen Leser beeindrucken und dies hat dieser Roman bei mir jedenfalls nicht geschafft. Für mich hatte die Story einige Längen und was ich überhaupt nicht leiden kann bei einem Roman, sind ständige Fußnoten, sie unterbrechen ständig meinen Lesefluss und ja natürlich, mein geliebtes Lesebändchen habe ich auch vergeblich gesucht. Dennoch habe ich diese Lektüre keinesfalls bereut.

Bewertung vom 06.05.2024
Die Schwester
Lee, Sung-Yoon

Die Schwester


ausgezeichnet

Titel und Klappentext versprechen sehr viel . . . . .

aber halten ihre Verheißungen nicht ganz. Um "Die Schwester" soll es gehen. Um "Die Geschichte der gefährlichsten Frau der Welt" soll es gehen, aber leider macht die Werbung schnell neugierig auf die Schwester des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Un und wer dann nur ihretwegen zu diesem Titel greift, wird unter Umständen ein wenig enttäuscht werden. Gerade mal die Hälfte des Buches nimmt die mächtige Schwester ins Visier.

Wer sich allerdings für die Dynastie der Kims interessiert und wer wissen will, wieso gerade sie mithilfe der Sowjetunion an die Macht kamen, der ist hier gerade richtig, seine Fragen werden alle perfekt beantwortet.

Der Autor geht weit zurück in die Geschichte, er schaut sehr gründlich hinter die Kulissen dieser menschenverachtenden Diktatur. Ich erhalte einen Überblick über die Taktik dieser Familie. Man gibt sich gern gesprächsbereit um schon einen Tag später alles wieder null und nichtig zu machen. Das sind allerdings keine politischen Patzer der nordkoreanischen Seite, dies ist Taktik und Kalkül seit Jahrzehnten. Sung - Yoon Lee beschreibt sehr genau was hinter den Kulissen abgeht.

Seit ein paar Jahren ist "Die Schwester" wohl die zweitmächtigste politische Kraft in Nordkorea. Der Autor beschreibt wie das Prinzesschen dazu wurde und wie gut einstudiert ihre politischen Auftritte sind. Wie gesagt, gerade mal knapp die Hälfte der 350 Buchseiten widmen sich der Schwester des Diktators. Wer dieses Buch gelesen hat, weiß um was es in Nordkorea geht.

Bewertung vom 03.05.2024
Eine afrikanische Geschichte Afrikas
Badawi, Zeinab

Eine afrikanische Geschichte Afrikas


ausgezeichnet

Mal ganz ehrlich: Was wissen wir von Afrika ???

Glühende afrikanische Sonne, Sklaverei und Kolonialismus sind die Themen die einem wohl sofort in den Sinn kommen, wenn man an Afrika denkt. Bei Zeinab Badawi lerne ich Afrika und vor allem mich selbst völlig neu kennen. Wie sie erzählt und beschreibt ist ansteckend, ich lese fasziniert und staunend. Die Autorin macht mich sprachlos, weil sie Themen miteinander verbindet, die bisher nicht miteinander verbunden wurden und letztlich hat sie damit recht und wird plötzlich ganz aktuell.

Als sie bspw. sieben Millionen Jahre zurückschaut in die menschliche Entwicklung und die ersten Menschen in Afrika verortet, beschreibt sie nicht nur die weitere Entwicklung des Menschen, sondern auch das Klima weltweit vor rund 90 000 Jahren und sie erklärt sehr genau warum es dann zum ersten Mal zur Migration kam. Der Mensch verließ Afrika und Zeinab Badawi schreibt: "Menschliche Migration ist damit alles andere als ein neues Phänomen."

Die großen Themen dieses wundervoll zu lesenden Buches sind Kunst, Religion, Geschichte und Könige in Afrika. Zeinab Badawi hat sehr viele afrikanische Länder besucht, mit vielen Leuten gesprochen und man merkt ihrem Buch dies an. Diese afrikanische Geschichte ist, bei allem Faktenwissen, auch ein sehr persönliches Buch der Autorin geworden und dies tut diesem Buch sehr gut.

Bis zum heutigen Tag wird Afrika unterschätzt, falsch gesehen und viele haben auch kein Interesse daran etwas zu ändern und wenn es darauf ankommt, sind wir sowieso wieder die Reichen und die Afrikaner die, die sich mal schön in die Warteschlange einreihen sollen. Wie war es damals als die Länder den Corona-Impfstoff kauften ??? Afrikanische Länder gingen oftmals leer aus. Gerade solche Geschichten zeigen das heutige Miteinander von Ländern und Kontinenten und der Leser wird, wenn er gerade diese kleine Geschichte in diesem großartigen Geschichtsbuch liest, auch das Ende dieser kleinen Geschichte lesen, es ist so typisch und wir sollten uns für unsere Politik schämen.

Eine sehr gewinnbringende Lektüre, die Augen öffnet !!!

Bewertung vom 03.05.2024
Hidden Potential - Die Wissenschaft des Erfolgs
Grant, Adam

Hidden Potential - Die Wissenschaft des Erfolgs


ausgezeichnet

Hab Mut deinen Träumen zu folgen

Ratgeberbücher mag ich nicht, aber dieses Buch in die Ratgeberecke zu stellen wäre ein fataler Fehler. Es ist auch viel mehr als ein Sachbuch, denn Adam Grant vermittelt nicht nur trockenes Fachwissen wie Potenzial wirklich herausgelockt werden kann, er gibt dazu sehr viele und sehr anschauliche Beispiele. Er spricht auch über sich selbst und seine ganz persönliche Entwicklung und dies liest sich spannend, ist unterhaltsam und beinah im vorbeigehen nehme ich Fachwissen mit. Genau diese Kombination ist das Geheimnis des Erfolges von "Hidden Potential".

Es geht hier nicht nur um Potential welches aus dem Menschen hervorgekitzelt werden soll. Es geht auch um das Leben von dem man träumt. Man soll nicht in den Tag hineinträumen, aber man soll auch nach seinen Fähigkeiten und vor allem nach seinen Wünschen Ausschau halten. Man soll seine Werte leben und Charakter zeigen. All dies sind große Worte, aber der Autor buchstabiert sie mit seinem Leser sehr gewissenhaft und vor allem glaubhaft durch.

Völlig egal ob wir bei der Lektüre uns selbst oder unsere Kinder vor Augen haben, diese knapp 300 Buchseiten können ein Leben umkrempeln, wenn man den Mut dazu hat. Für mich war dieses Buch eine Bereicherung. Auch Leute die an verantwortlicher Stelle mit Menschen arbeiten, werden Gewinn aus der Lektüre ziehen.

Bewertung vom 02.05.2024
Radikal emotional
Urner, Maren

Radikal emotional


sehr gut

Sehr gut, aber . . .


Was Frau Prof. Maren Urner hier in ihren Einlassungen zum Thema von sich gibt, mag einige verwundern, mir kommt es sehr entgegen. Die Autorin sagt: Gefühle gehören ganz einfach in die Politik hinein. Es kommt halt nur darauf an wie man sie einbringt und wie man sie mir Sachargumenten in Verbindung bringt.

Auf jeder einzelnen Seite ihres Büchleins kann ich der Autorin zustimmen, aber was wenn ich auf ein Gegenüber treffe, welches darauf beharrt, dass Gefühle/Emotionen nichts in der Diskussion zu suchen haben?

Egal ob politische Debatten, oder auch Debatten auf anderen Ebenen zeigen in der Gegenwart: immer mehr Sprachlosigkeit und Populismus herrschen vor. Das Konzept, welches Maren Urner hier vorlegt und welches sie mit Leidenschaft vertritt, ist sehr gut, kann aber ganz leicht gegen die Wand fahren, wenn das Gegenüber nicht mitmacht. Ich befürchte, dass dieses Büchlein von einem Idealzustand träumt, aber es kein Erwachen aus diesem Zustand in Sicht ist.

Bewertung vom 02.05.2024
African Samurai
Shreve, Craig

African Samurai


ausgezeichnet

Ein beeindruckendes Schicksal . . .

Ein 12jähriger afrikanischer Junge wird seiner Familie, seinem Land und seinem Kontinent geraubt. Später muss er Soldat werden und wird zum morden abgerichtet. Dann gerät er in den Besitz italienischer Priester und bekommt den Namen Isaak.

Der kanadische Autor versucht sehr dicht an den historischen Fakten, seinen Roman zu schreiben. Die Story lässt mich nicht mehr los. Sie spielt im 16. Jahrhundert.

Die katholischen Priester versuchen in Japan Fuß zu fassen. Sie wollen dort eine Mission eröffnen und Isaak fährt mit nach Japan. Aber plötzlich läuft alles ganz anders als geplant. Sein Priester verschenkt den von Statur aus sehr großen afrikanischen jungen Mann an einen japanischen Kriegsherren.

Als Leser erfahre ich zugleich auch etwas über die japanische Geschichte jener Zeit. Hier wird aus Isaak nun Yasuke und er lernt nicht nur immer besser japanisch zu reden, er wird zum Samurei ausgebildet und findet einen Herren der es gut mit ihm meint . . . Vielleicht lernt Yasuke hier auch zum ersten mal was es bedeutet einen Freund zu haben . . . .

Diese Story hat zum Teil blutige Gewaltszenen, aber ich habe die Lektüre nicht bereut. Spannend beschreibt Craig Shreve vom ersten und auch einzigen afrikanischen Samurei.

PS: Schade, dass die Korrekturleser gg. Ende ein wenig geschwächelt haben. Da mal ein vergessener Punkt und da mal ein falscher bzw. vergessener Buchstabe trübten das Lesevergnügen dann doch ein klein wenig.

Bewertung vom 25.04.2024
Die allerletzte Kaiserin
Diwiak, Irene

Die allerletzte Kaiserin


ausgezeichnet

"Wahrer Adel kommt aus dem Herzen"

Johanna Fialla ist alt, sehr alt, vielleicht auch ein wenig schrullig. Beinah täglich kommt sie ins Wirtshaus zum Mittagessen. Schon bald beginnt sie der Wirtshaustochter Claudia eine verrückte Geschichte zu erzählen. Claudia hört zu und ist fasziniert von der alten Dame und weiß nicht so recht was sie davon halten soll.

Irene Diwiak hat einen bezaubernden Roman geschrieben. Irgendwann ist es für mich als Leser gar nicht mehr wichtig ob Johanna nun wirklich die Enkeltochter von Kronprinz Rudolf ist oder nicht. Ab etwa der Hälfte des Romans wird mir deutlich wie wichtig die Besuche von Johanna Fialla im Wirtshaus für die dicke und stotternde Claudia sind.

Dieser Roman ist nichts für den Leser der harte Geschichtsfakten sucht, er ist etwas für die Seele, fürs Herz und für den Leser der letztlich auch bereit ist mal über sich selber nachzudenken.

Bewertung vom 24.04.2024
'Heuss weiß es und billigt es'
Schwan, Heribert

'Heuss weiß es und billigt es'


ausgezeichnet

Heribert Schwan hat gut recherchiert . . .

Der Autor ist mir seit Jahrzehnten gut bekannt. Vor vielen Jahrzehnten bereits habe ich jeden Morgen im tiefen Mecklenburg gesessen, den verbotenen Deutschlandfunk angemacht um der täglichen Rubrik mit Heribert Schwan "Aus Ostberliner Zeiungen" zu lauschen. Schwan versetzte mich öfter in den Aha-Modus, ganz sicher auch viele andere DDR-Bürger.

Nun hat der Autor sich also in die Stasiarchive begeben um zu schauen wie die Stasi die Bundespräsidenten ausspioniert hat, wie sie arbeitete, was sie herausfand um diese Spitzenpolitiker möglicherweise an ideologischen Pranger stellen zu können. Schwan wurde fündig und dann tut sich eine weitere spannende Frage auf: Warum war die Stasi an dem einen Bundespräsidenten mehr interessiert als an dem anderen ?

Dieser Spionagethriller zeigt sehr genau wie die Stasi gearbeitet hat und sie führt den Leser auf 350 Seiten einmal durch die Geschichte der alten Bundesrepubik und dies mit garantiert neuem Blickwinkel. Es ist ein wahrlich spannendes Buch mit einigen Neuigkeiten, die heute vielleicht niemanden mehr direkt vom Hocker reißt, damals aber für so manch einen handfesten politischen Skandal gesorgt hätte.

So gab es zwar Bundespräsidenten die reichlich NS-Dreck mit sich rumschleppten, aber die waren mitunter überhaupt nicht interessant für die Kollegen von Horch und Kuck. Ein Carl Carstens z.B. hatte immer behauptet nie in der NSDAP gewesen zu sein, jetzt haben wir es schwarz auf weiß. Carstens hatte Glück, dass die Stasi diese Schlagzeile nicht brachte, aber zu dem Zeitpunkt hatte man in Berlin entschieden die gerade besser werdenden Beziehungen zwischen der BRD und der DDR nicht zu gefährden.

Dem Autor danke ich sehr für seine fleißige Recherchearbeit. Es war eine spannende Lektüre durch die Geschichte der beiden deutschen Staaten.

Bewertung vom 24.04.2024
Der Himmel, unter dem wir Kinder waren
Lagoda, Marion

Der Himmel, unter dem wir Kinder waren


ausgezeichnet

Viel mehr als eine Hommage an das Bergische Land.

Nachworte in einem Roman sind nichts für mich. Dieses hier habe ich gelesen und anschl. war ich Feuer und Flamme für diesen Roman. Ich erfuhr, dass einer der Protagonisten Artur Becker ist und ich weiß, dass heute so gut wie niemand mehr Artur Becker kennt. Ich bin in der DDR aufgewachsen und ich habe bereits im Kindesalter gelernt was für ein grandioser Arbeiterheld Artur Becker war.

In diesem Roman nun ist Artur Becker nicht der große von der SED vereinnahmte spätere Held, er ist Patenonkel der Ich - Erzählerin Clara und Freund ihres Vaters. Marion Lagoda holt uns mit ihrer Geschichte zurück in die 30er Jahre und lässt sie im Bergischen Land spielen. Das die Autorin verliebt in das Bergische Land ist, spürt man in jeder Beschreibung, egal ob es die Hügel oder den Horizont betrifft.

Clara steht im Mittelpunkt des 400 - Seiten - Wälzers. Sie wächst in einem behüteten Haus auf. Sie erfährt Bildung und es geht ihr gut, aber dann wird aus einer Demokratie eine Diktatur und für Clara ist die behütete Kindheit zu Ende. Sie muss erkennen, dass sich selbst in ihrem so idyllischen Dorf Veränderungen vollziehen. Manch einer hält noch zu ihnen, aber viele meiden sie, ist ihr Vater doch Redakteur an einer kommunistischen Zeitung.

Dieser wundervolle Roman kommt etwas leise und vielleicht auch melancholisch daher, ich habe ihn sehr gern gelesen. Bei meiner Lektüre habe ich mich immer wieder dabei erwischt, wie mich meine Gedanken in die Gegenwart führen. Wir sind schon wieder so weit und müssen genau überlegen und entscheiden auf welcher Seite wir politisch stehen.

Bewertung vom 04.04.2024
Der erste Frühling danach
Hardy, Sarah

Der erste Frühling danach


ausgezeichnet

"Niemand überlebt den Krieg unversehrt."

Die Geschichte die Sarah Hardy hier erzählt, spielt im Jahr 1946 in England. Der II. Weltkrieg ist zwar
gewonnen, aber das Land und auch seine Einwohner liegen danieder und sind erschöpft. Hinter ihnen
liegen schwere Kriegsjahre. Richtige Siegerstimmung will hier nicht aufkommen.

Die Autorin schreibt aus einer Sicht, die nicht oft in der Literatur vorkommt. Sarah Hardy stellt die Männer
in den Mittelpunkt die mit oder ohne sichtbare Kriegswunden nach Hause kommen. Und selbst wenn sie
keine sichtbaren Wunden haben, sind sie oftmals vom Krieg traumatisiert, können selbst im Frühjahr
1946 noch nicht begreifen was sie im Krieg gesehen und mitgemacht haben. Wie die Verarbeitung all
dieser Ereignisse gelingen kann, ist längst noch nicht bedacht.

Wie sich dies alles nach dem Krieg im sogenannten beginnenden Alltag auswirkt, ist das große Thema
von Sarah Hardy. Eheleute können plötzlich nicht mehr miteinander reden . . . Wie ein Weiterleben nun
gelingen kann, ist oft nicht erkennbar . . .

Die Autorin findet den richtigen Ton, schnell gelingt es ihr mich in die Zeit und in ihre Geschichte
hineinzuholen. Ihre Protagonisten werden lebendig, dank der gelungenen Schreibe von Sarah Hardy.

Was es unbedingt noch zu erwähnen gilt: Sarah Hardy bezieht die Natur, Pflanzen und Tiere mit in ihre
Geschichte ein. Dies macht ihre Geschichte authentischer. Leider war ich viel zu schnell durch die 400
Buchseiten hindurchgeeilt. Wohl niemand hat sich bei der Entstehung dieses Romans vorstellen können,
das wir heute in Europa wieder einen Krieg haben und so wird dieser Roman schnell auch zu einem
aktuellen Roman.