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Island
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Nürnberg

Bewertungen

Insgesamt 64 Bewertungen
Bewertung vom 16.03.2013
Morgen wirst du sterben
Mayer, Gina

Morgen wirst du sterben


ausgezeichnet

Im Mittelpunkt von „Morgen wirst du sterben“ steht diese geheimnisvolle SMS: „Was vergangen ist, ist nicht vergessen. Es kommt wieder. Es holt dich ein. Am 2. Juli wirst du bezahlen.“ Vier verschiedene Menschen, die sich mit Ausnahme des Geschwisterpaares Sophia und Moritz, nicht kennen und sogar in verschiedenen Städten leben, erhalten diese Drohung. Moritz ist sehr sportlich, beliebt, ein guter Schüler und steht kurz vor dem Abitur, seine Schwester Sophia ist dagegen etwas mollig und eher eine Außenseiterin. Die Familie der beiden lebt in Düsseldorf, wo der Vater eine eigene Arztpraxis hat. Außerdem werden aber auch die Hamburger Schauspielschülerin Juli und Philipp, ein Jungunternehmer Mitte 20, der sich gerade eine Wohnung in München gekauft hat, und bald seine Freundin heiraten will, bedroht. Zunächst denkt jeder, nur er hätte eine solche SMS erhalten und so stellt jede der vier Personen Überlegungen an, wem er in letzter Zeit so weh getan haben könnte, dass es zu einer solchen Reaktion kommt. Es kommt schnell heraus, dass jeder von ihnen sich etwas zu Schulden kommen lassen hat, das seiner Meinung nach schlimm genug ist. Allein das ist schon sehr interessant zu erfahren. Weitere Nachforschungen ergeben aber immer wieder neue Überraschungen und es kommt auch bald zu schlimmeren Folgen als nur Droh-SMS oder E-Mails. Genaueres soll hier aber nun nicht mehr verraten werden.
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Bei dem Buch handelt es sich laut Verlag um einen Thriller für Jugendliche ab zwölf Jahren. Meiner Meinung nach ist das Buch aber auch noch für Erwachsene auf jeden Fall interessant und empfehlenswert, gerade weil die Hauptpersonen teilweise schon junge Erwachsene sind. Der Vorteil, der sich daraus ergibt, dass es ein Jugendthriller ist, ist aber, dass allzu blutige Szenen und gruselige Elemente fehlen, was der Spannung trotzdem keinen Abbruch tut. Das Buch bietet auf jeden Fall eine nicht ganz alltägliche Handlung, die immer wieder überraschende Wendungen aufweist und deren Ausgang sehr lange unvorhersehbar bleibt. Perspektivwechsel sorgen zudem für Abwechslung und zusätzliche Spannung. Der Schreibstil von Gina Mayer ist angenehm lesbar und anschaulich, die Charaktere der verschiedenen Personen wirken sehr realistisch gezeichnet und der Leser kann sich gut in diese jungen Menschen hineinversetzen, weil auch immer abwechselnd aus der Sicht einer der Hauptpersonen geschrieben wird, sodass man all deren Gedankengänge und Ängste miterleben kann. Ich möchte „Morgen wirst du sterben“ auf jeden Fall allen empfehlen, die auf der Suche nach einem fesselnden Jugendbuch sind.

Bewertung vom 16.03.2013
Liebe unter Fischen
Freund, René

Liebe unter Fischen


sehr gut

„Liebe unter Fischen“ erschien Ende Januar 2013 im zu den Hanser Verlagen gehörenden Wiener Deuticke Verlag. Der Autor, René Freund lebt in Österreich und schreibt nicht nur Bücher, sondern war auch schon als Dramaturg am Theater tätig. Beworben wird „Liebe unter Fischen“ mit einem Verweis auf die Ähnlichkeit mit Daniel Glattauers „Gut gegen Nordwind“ auf der Schutzhülle des Romans, was wohl für einen zusätzlichen Kaufanreiz sorgen soll. Ich bin unvoreingenommen an die Lektüre dieses Buches herangegangen und habe Glattauers Werk erst im Anschluss daran gelesen, sodass der Verweis bei mir eine umgekehrte Wirkung hatte.


„Liebe unter Fischen“ spielt teilweise in Berlin und zum anderen Teil in einer einsamen Holzhütte an einem Bergsee in Österreich. Hauptperson ist Fred Firneis, ein Lyriker österreichischer Herkunft, der aber in Berlin lebt. Mit seinen bisher zwei veröffentlichten Gedichtbänden ist ihm eine Sensation gelungen, da diese, für Lyrik sehr ungewöhnlich, zu Kassenschlagern wurden und seiner Verlegerin Susanne Beckmann sehr hohe Einnahmen bescherten. Da es deren kleinem Verlag aber mittlerweile wieder recht schlecht geht, muss schnellstmöglich ein weiteres Werk von Fred Firneis her. Nur leider leidet der Dichter unter einem Burnout und verbringt die Tage ohne großartigen Kontakt zur Außenwelt in seiner zugemüllten Berliner Wohnung. Nachdem er auch noch zusammengebrochen ist, erhält Susanne Schützenhilfe von seiner Ärztin und die beiden Frauen überreden den Künstler zu einer Auszeit in der Hütte des verstorbenen Vaters der Verlegerin, ohne Strom und Handyempfang. Dort wird Fred Firneis, so hoffen sie, zu neuen Kräften kommen und vor allem auch seine Schreibblockade überwinden. Vor Ort macht Fred schnell die Bekanntschaft des jungen Försters August mit eigener Cannabisplantage und der slowakischen Fisch-Forscherin Mara, die ihn bald auf andere Gedanken bringt, aber auch für neue Gefühlsverwirrungen sorgt.


Der Vergleich zu „Gut gegen Nordwind“ rührt sicher einerseits daher, dass Fred Firneis mit seiner Verlegerin teilweise per SMS, Anrufbeantworternachricht, Postkarte oder Brief kommuniziert und ihr darin seine Gedankengänge mitteilt und zudem daher, dass die Sprache, die dieser Roman verwendet, auch oft recht bildhaft und poetisch ist. Das war es dann aber schon mit den wirklichen Gemeinsamkeiten, da die Handlung doch eine ganz andere ist. Mir hat das Buch insgesamt gut gefallen. Der sprachliche Stil ist sehr ansprechend und anschaulich und auch die Geschichte fand ich interessant zu lesen und zunächst nicht voraussehbar, mit überraschender Wendung. Die Entwicklung einer Liebesgeschichte zwischen Mara und Fred, wie es der Klappentext vermuten ließ, stand mir aber etwas zu wenig im Mittelpunkt. Die Charaktere der Hauptpersonen sind meist gut gezeichnet und mal mehr, mal weniger sympathisch. Passagen mit feinsinnigem Humor, die auch einmal Klischees bedienen und beim Lesen zum Schmunzeln anregen, sind trotz der teilweise trübseligen Verfassung des Protagonisten vorhanden. Die Beschreibung mancher Tage in der Hütte weckt fast etwas Sehnsucht, selbst einmal etwas Zeit ohne Kontakt zur Außenwelt in einer einsamen Hütte mit eigenem See und natürlich August dem Förster als Freund zu verbringen. Natürlich bleibt aber auch der ernste Hintergrund, der zeigt, dass das Leben als Schriftsteller oder auch als Verlegerin nicht nur idyllisch und mit Ruhm verbunden ist, sondern auch mit einem großen wirtschaftlichen Druck. Dass dies in „Liebe unter Fischen“ thematisiert wurde, fand ich gut und es wurde meiner Meinung nach auch sehr realistisch dargestellt. Ich möchte das Buch auf jeden Fall als kurzweilige Unterhaltung mit sowohl humorvollen und poetischen Passagen, als auch ernsthafteren Anklängen empfehlen, aber ganz unabhängig davon, ob man „Gut gegen Nordwind“ mochte oder nicht.

Bewertung vom 16.02.2013
Wir hatten nix, nur Umlaute
Heinrich, Nils

Wir hatten nix, nur Umlaute


ausgezeichnet

„Wir hatten nix, nur Umlaute“ von Nils Heinrich trägt den passenden Untertitel „Meine Kreisstadtjugend mit Systemwechsel“. Der Autor wuchs in der ehemaligen DDR in der Kleinstadt Sangerhausen im Bezirk Halle auf und war 18, als es zur Wiedervereinigung kam. Noch vor der Wende begann er eine Ausbildung zum Konditor, auf die er im Buch auch genauer eingeht. Mittlerweile ist er aber Kabarettist und so kam es auch, dass dieses Buch nur entstand, weil einer Mitarbeiterin des Rowohlt-Verlages eine Live-CD eines seiner Auftritte gefiel.

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In dem Buch geht es nicht um die große Politik, Widerstand oder Fluchtversuche, sondern einfach um den Alltag in einer Kleinstadt in der DDR. Nils Heinrichs Familie ist unpolitisch, aber nimmt die Gegebenheiten wie sie sind, da man damals eh keine andere Wahl hatte. Und so geht es jedes Jahr zum Urlaub ins Ferienheim des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes in den Harz, Nils wird mit Schuleintritt zum Jungpionier, schaut an Feiertagen abends gemeinsam mit seinen Eltern die seltenen Erotiksendungen im DDR-Fernsehen und fährt in Ferienlager. Er nimmt an der Jugendweihe teil, aber, weil seine Familie evangelisch ist, auch an der Konfirmation und gelegentlich an Treffen der Jungen Gemeinde. Von all dem erzählt er in humorvollen Anekdoten. Gleichzeitig wird aber auch sehr wohl deutlich, dass es Jugendlichen in der DDR an vielen Dingen mangelte, ob das nun vernünftige Musikaufnahmen, wohlschmeckendes Bier oder etwas abwechslungsreichere Urlaubsziele waren. Als Nils sich nach dem Schulabschluss für eine Berufsausbildung entscheiden muss, wählt er die Ausbildung zum Konditor, ohne wirklich zu wissen, warum genau. Sehr anschaulich beschreibt er, wie man in seinem Betrieb mit dem Mangel an bestimmten Produkten und den Hygienevorschriften umging. Die Wende bringt neben dem Begrüßungsgeld und ersten CD’ s dann auch das Ende seines Ausbildungsbetriebs, sodass er anschließend erste Erfahrungen mit der Arbeitswelt in den alten Bundesländern und den Menschen dort sammelt und sehr selbstironisch über diese Zeit schreibt. Es wird aber auch deutlich, dass Nils Heinrich auch die negativen Folgen für die Menschen in seiner Heimat wahrnimmt, wie fehlende Arbeitsplätze, den damit verbundenen Wegzug und das regelrechte Sterben bestimmter Landstriche. Besonders nachdenklich machte mich eine Stelle am Ende des Buches, als er beschreibt, dass es in Sangerhausen immer mehr anonyme Feuerbestattungen gibt, weil es niemanden mehr gibt, der sich um die Gräber kümmern könnte, da alle Angehörigen weggegangen sind, wie es auch bei ihm selbst der Fall ist. Auf keinen Fall ist dieses Buch aber zu ostalgisch und insgesamt überwiegen auf jeden Fall amüsante Passagen, die aber nie plump ausfallen. Auch der Schreibstil ist gut lesbar.
So machte die Lektüre wirklich Spaß und es war interessant für mich, mehr über das alltägliche Leben in der ehemaligen DDR zu erfahren und die Wende und ihre Folgen aus dieser Perspektive mitzuerleben, während ich sie in einer Stadt im Westen, die auch nur zehn Kilometer von der ehemaligen Grenze entfernt ist, als Kind aus meiner Sicht mitbekam.

Bewertung vom 04.02.2013
Aller Anfang ist Apulien
Wulf, Kirsten

Aller Anfang ist Apulien


sehr gut

„Aller Anfang ist Apulien“ ist der erste Roman von Kirsten Wulf, die selbst in Süditalien lebt und bisher als Journalistin arbeitete. Wie der Buchtitel schon verrät, ist der Ort der Handlung Apulien im Süden Italiens, genauer Lecce, eine Stadt mit knapp 100000 Einwohnern. Dazu ist das Cover sehr passend gewählt. Es zeigt einen etwas baufälligen, aber typischen Palazzo mit wilder Blumenpracht.

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Ausgangssituation der Geschichte ist, dass die vierzigjährige Hamburger Journalistin Elena, eine Halbitalienerin, herausfindet, dass ihr Mann sie mit seiner Sekretärin betrügt, nachdem sie ihr früheres Leben als Fotojournalistin wegen des gemeinsamen kleinen Sohnes Ben aufgegeben hat. Sie beschließt, sich mit Ben ein Jahr Auszeit in Lecce, der Heimatstadt ihrer Mutter, zu nehmen. Dort kommt sie bei ihrem homosexuellen Onkel Gigi unter, einem Antiquitätenhändler, der in einem noch nicht ganz fertig renovierten alten Palazzo lebt.
Auch der etwa 30-jährige Michele aus Rom landet zufällig zeitgleich in Lecce, nachdem seine Mutter verstorben ist und er dort nach Verwandten und seinem Vater suchen will. Als einzigen Anhaltspunkt hat er eine alte Postkarte an seine Mutter bei sich.

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Nachdem ich den Beginn des Romans und die Kurzinfo gelesen hatte, bin ich davon ausgegangen, dass es sich bei dem Buch hauptsächlich um eine Liebesgeschichte vor der Kulisse Süditaliens mit sympathischen Hauptpersonen, die ein bisschen in der Vergangenheit ihrer Familien stöbern, handelt. Es zeigt sich aber bald, dass auch ein sehr aktuelles Thema recht viel Platz im Buch einnimmt, nämlich das Schicksal afrikanischer Frauen, die als Bootsflüchtlinge im Süden Italiens landen. Verbunden ist das Ganze mit einem Kriminalfall, was ich zunächst nicht erwartet hätte. Ich finde das eigentlich gut, da es sich so nicht nur um eine seichte Liebesgeschichte handelt, sondern ein wichtiges Problem thematisiert wird, wenn auch natürlich nicht so tiefgreifend, wie in einer Reportage oder einem Sachbuch, aber so, dass man mit den Frauen gut mitfühlen konnte. Und Kritik an den Umständen und der Korruption, sowie auch dem Verhalten der katholischen Kirche ist ebenfalls klar vorhanden. Was mir dadurch aber etwas zu kurz gekommen ist, ist die Liebesgeschichte, die ich eigentlich erwartet hatte. Und die Protagonisten verhalten sich natürlich bei ihren Recherchen auch nicht so professionell, wie es echte Kommissare tun würden, aber es handelt sich hier ja auch nicht um einen Kriminalroman. Auch die von mir zunächst angenommene leichte italienische Sommerstimmung ist weniger vorhanden, da das Buch um die Weihnachtszeit herum spielt. Aber da habe ich mich, unterstützt vom Cover und dem Handlungsort wohl etwas auf eine falsche Fährte locken lassen. Punkten kann der Roman bei mir auf jeden Fall auch durch seine sympathischen und meist etwas ungewöhnlichen Charaktere, wie den liebenswerten Onkel Gigi, den kleinen Ben oder die alternde Hure Cosima und den anschaulichen und gut verständlichen Schreibstil der Autorin, der es einem leicht macht, sich in diese Stadt in Süditalien mit ihren alten Palazzos und engen Gassen zu versetzen.

Bewertung vom 03.02.2013
Wir müssen reden! / Und Gott sprach Bd.1
Rath, Hans

Wir müssen reden! / Und Gott sprach Bd.1


ausgezeichnet

Der Autor Hans Rath war mir vor der Lektüre von „Und Gott sprach: Wir müssen reden!“ bereits durch seine Roman-Trilogie mit den Bänden „Man tut, was man kann“, „Da muss man durch“ und „Was will man mehr“ um den etwas unglücklichen Helden Paul bekannt. Deshalb war ich auch an seinem aktuellen Werk sehr interessiert. Diesmal hat Hans Rath anscheinend einiges Wissen und auch ihn beschäftigende Fragestellungen aus seinem Philosophie- und Psychologiestudium miteingebracht.

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Im Mittelpunkt der Handlung steht mit Jakob Jakobi nämlich ein relativ erfolgloser Psychotherapeut, dem es nicht so recht gelingen mag, in die großen Fußstapfen seines verstorbenen Vaters, einem sehr bekannten Psychologen zu treten, da er ja noch nicht einmal genügend Patienten hat, um seine Existenz auch nur notdürftig zu sichern. Hinzu kommen Probleme mit seiner Mutter, die seinen erfolgreichen Banker-Bruder bevorzugt und der Exfrau, von deren Lover er sich zunächst die Nase zertrümmern lassen muss, bevor sie ihn später noch aus seiner Wohnung wirft, die eigentlich ihr gehört. Da kommt die Begegnung mit Abel Baumann, einem Zirkusclown, der sich für Gott hält, und dringend therapeutische Hilfe braucht, alles andere als ungelegen. Die beiden bauen schnell ein recht enges Verhältnis zueinander auf, das über eine reine Therapeut-Patienten-Beziehung hinaus geht und es kommt zu einer Menge überraschender Erlebnisse, die Jakob immer mehr zweifeln lassen, ob es sich bei der Aussage Abels, dass er Gott sei, wirklich nur um reine Einbildung handelt oder ob Gott ihm doch in Gestalt dieses sympathischen Spinners entgegen getreten sein könnte.

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Hans Rath hat sich mit diesem Buch an ein doch eher schwieriges und gefährliches, aber zugleich auch interessantes Thema, das jeden Menschen irgendwie beschäftigt, herangewagt. Das hätte leicht schief gehen können, wenn es in dem Buch darum gegangen wäre, Gott und den Glauben irgendwie ins Lächerliche zu ziehen. Das ist meiner Meinung nach aber nicht der Fall, sondern der Roman überzeugt mit sehr sympathisch gezeichneten, charmanten Figuren und es bleibt ja zudem auch offen, was nun wirklich hinter Abel Baumanns waghalsiger Behauptung steckt. Gut gefallen hat mir, dass sich im Buch immer wieder Bezüge zur Bibel finden, wie das zum Beispiel bei Abels bayerischer Familie der Fall ist, und dass Jakob Jakobi und Abel Baumann wichtige theologische und philosophische Fragestellungen diskutieren. So geht es um Gottesbeweise oder darum, wie es sein kann, dass auf der Welt so viel Leid existiert, das Gott nicht verhindern kann. Hier zeigt sich, dass sich der Autor sehr viel mit diesen Themen beschäftigt hat und es kommt zu interessanten und recht tiefsinnigen Erklärungsversuchen. Gleichzeitig bleibt im Buch aber auch der Humor nicht auf der Strecke und ich musste bei vielen Szenen immer wieder schmunzeln. Auch der Schreibstil von Hans Rath ist angenehm lesbar, wie ich es bereits gewohnt war. Insgesamt handelt es sich auf jeden Fall um eine lohnenswerte Lektüre, mit einem etwas untypischen, aber sehr interessanten Thema, die ich gerne weiterempfehle.

6 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.01.2013
Biest
Saborowski, Jenk

Biest


ausgezeichnet

Der Thriller „Biest“ ist das zweite Werk von Jenk Saborowski nach seinem Debüt „Operation Blackmail“. Bei beiden Büchern ermittelt die geheime, grenzüberschreitend agierende europäische Eliteeinheit ECSB mit der Agentin Solveigh Lang und ihren Kollegen.
Ich habe „Operation Blackmail“ allerdings nicht gelesen, was kein Problem für das Verständnis dieses Buches darstellte, auch wenn zu Beginn der Handlung erst einmal Altlasten beglichen wurden.

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In „Biest“ werden einige brisante Themen angeschnitten. Es geht um einen sehr gefährlichen Computervirus, genannt „Stuxnet“, der sich unauffällig in Netzwerken verbreiten und dadurch unschätzbaren Schaden anrichten kann. Entwickelt wurde dieser ursprünglich scheinbar von Geheimdiensten, bis er in die Hände brutaler, reicher Russen kommt, die ein ganz bestimmtes Ziel damit verfolgen und Europa so von sich abhängig machen wollen. Deshalb schaltet sich zusätzlich zum ECSB auch der israelische Geheimdienst in den Fall ein und auch ein ehemaliger Stasi-Offizier ist beteiligt. Es kommt so zu häufigen Orts- und Perspektivwechseln. Die Handlungsorte sind mit Deutschland, der Amsterdamer Zentrale der ECSB, Prag, Russland, Tel Aviv und einigen Nebenschauplätzen sehr vielfältig. Von Passagen aus Sicht der verschiedenen Ermittler wechselt der Autor auch immer wieder zu den Terroristen und deren neuesten Plänen. Dies trägt zusätzlich zur Steigerung der Spannung bei. Am Ende kamen die einzelnen Handlungsstränge aber dennoch zu einem überzeugenden Abschluss.

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Es fiel mir immer wieder sehr schwer, das Buch bei Seite zu legen, da ich wissen wollte, wie es weiter geht. Solveigh Lang, die Agentin, die im Mittelpunkt steht, zeigt trotz aller Professionalität auch immer wieder menschliche Seiten, gerade auch durch ihre Liebesbeziehung mit dem französischen Journalisten Marcel und im Umgang mit Kollegen. Dadurch ist zusätzlich zum spannenden Fall auch noch eine sympathische Protagonistin vorhanden. Die Einblicke in die Arbeit dieses europäischen Geheimdienstes und auch die Informationen über den Computervirus Stuxnet fand ich sehr interessant, über derartige Dinge hatte ich mir bis jetzt nie Gedanken gemacht, obwohl dies in der Realität durchaus möglich zu sein schein, wenn auch hoffentlich nie mit derartigen Konsequenzen. Auch die nicht unbedingt alltäglichen Schauplätze trugen dazu bei, dass ich das Buch gerne gelesen habe. Ebenfalls gut gefallen hat mir der aktuelle Bezug zur Energiepolitik und der politischen Situation in Russland. Der Schreibstil war angenehm lesbar und nicht zu hochgestochen und voller Fachbegriffe, die nur noch Computerexperten oder Mathematiker verstehen und dennoch wirkte alles gut recherchiert, soweit ich das einschätzen kann. Für eine auflockernde Prise Humor trotz all der Spannung sorgten Anspielungen des Autors, wie zum Beispiel auf die schlechten Englischkenntnisse des deutschen EU-Kommissars für Energiepolitik oder den neuen Berliner Flughafen. Mein einziger kleiner Kritikpunkt ist, dass an einigen Stellen noch kleinere Tippfehler übersehen oder Personennamen vertauscht wurden, aber ich denke, dass kann bei einem Buch dieser Seitenstärke vorkommen. Insgesamt kann ich es allen, die dieses Genre lieben nur empfehlen und gleichzeitig aber auch denen, die sich nicht so an Thriller herantrauen, da sich besonders blutig beschriebene Szenen meiner Meinung nach dennoch in Grenzen halten.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.01.2013
Wie Blüten im Wind
Hannah, Kristin

Wie Blüten im Wind


sehr gut

Bei „Wie Blüten im Wind“ handelt es sich um das neueste auf dem deutschen Markt erhältliche Buch der amerikanischen Bestsellerautorin Kristin Hannah. Sie lebt in einer kleinen Stadt in der Nähe von Seattle und auch dieses Buch spielt in dieser Gegend.

Jude Farraday lebt mit ihrer Familie auf Pine Island in der Nähe von Seattle. Dort wohnen hauptsächlich wohlhabende Menschen in großzügigen Einfamilienhäusern. Ihr Mann Miles ist Arzt, sie selbst Hausfrau, da sie sich voll und ganz der Erziehung ihrer Zwillinge Mia und Zach widmet und diese sehr behütet und ständig besorgt um sie ist. Beide kommen zu Beginn des Buches gerade an die High School und haben, obwohl sie Zwillinge sind, sehr verschiedene Charaktere. Zach ist sehr beliebt und extrovertiert, ein Mädchenschwarm mit einem großen Freundeskreis, seine Schwester Mia dagegen ist zurückgezogen und schüchtern und hat große Probleme Freunde zu finden. Von ihrer letzten besten Freundin wurde sie sehr enttäuscht. Dann kommt aber Lexi neu an die High School der Geschwister, nachdem ihre Tante, die in einem Trailerpark in einer schlechteren Gegen lebt, sie zu sich geholt hat. Lexis Mutter war drogenabhängig, häufig im Gefängnis und starb schließlich, als Lexi noch ein Kind war. Die beiden Mädchen freunden sich trotz ihrer Unterschiede an und Mia blüht durch ihre neue Freundin auf. Jude und ihr Mann werden für Lexi zu einer Art Ersatzfamilie, bei der sie ein Familienleben mitbekommt, dass sie selbst nie hatte. Lexi ist allerdings schon die ganze Zeit heimlich in Mias Bruder Zach verliebt, hält sich aber zurück, um die Freundschaft zu Mia nicht zu gefährden. Kurz vor dem Abschluss stellt sich allerdings heraus, dass auch Zach schon länger viel für Lexi empfindet und die beiden kommen zusammen. Dies stellt das Verhältnis der Freundinnen zunächst auf eine Probe. Es kommt einige Zeit später aber dann noch zu einem Schicksalsschlag, der alles verändert.

Mehr möchte ich hier noch nicht verraten und gleichzeitig alle davor warnen, den Klappentext vor der Lektüre des Buches zu lesen, da ich finde, dass dieser viel zu viel vorwegnimmt und so der ersten Hälfte des Romans die ganze Spannung nimmt. Die Gestaltung des Covers finde ich dagegen sehr ansprechend, da die Farbgestaltung angenehm ist und das Bild zum Titel passt. Der deutsche Titel „Wie Blüten im Wind“ gefällt mir auch wesentlich besser wie „Night Road“, wie dieses Buch in der amerikanischen Originalfassung heißt. Covergestaltung und Titel würden im Laden meine Neugier wecken und sprechen auch für einen Frauenroman.

Ich habe das Buch gerne gelesen und es hat mich auch stellenweise so gefesselt, dass ich unbedingt noch weiterlesen und erfahren wollte, was danach passiert. Alles ließ sich sehr angenehm lesen und durch die Perspektivwechsel konnte man sehr gut mit den Beteiligten mitfühlen. Mia, Lexi und Zach waren mir sympathisch und wirkten wie ganz normale Heranwachsende, die alle gewisse Probleme mit sich herumtragen, aber auch ihr Leben genießen. Auch Lexis Tante Eva mochte ich sehr und Vater Miles, der aber mehr im Hintergrund blieb. Nur mit Jude bin ich nicht so recht warm geworden, sie war mir irgendwie zu perfekt und zu amerikanisch, total am Wohl ihrer Kinder, gerade was die Collegeauswahl angeht, interessiert, aber nicht an deren eigenem Willen. Sie wirkte auch sehr auf die Außenwirkung bedacht, die sie auf die anderen Eltern und Bewohner des Nobelviertels hat. Zudem hat Jude für ihre Kinder auch komplett auf eine eigene Karriere verzichtet und widmet sich, auch als diese schon lange in die Schule gehen, dennoch nur ihnen und irgendwelchen örtlichen Wohltätigkeitsorganisationen. Das ist für mich einfach eine zu fremde Welt und nicht mehr ganz zeitgemäß.
Insgesamt bietet der Roman aber sehr viele emotionale, manchmal auch sehr traurige Szenen und wirft Fragen nach Recht und Gerechtigkeit auf. Der Preis von 8,99 Euro ist für knapp 500 Seiten sicher auch gerechtfertigt.

Bewertung vom 22.01.2013
Die halbe Stadt, die es nicht mehr gibt
Sterblich, Ulrike

Die halbe Stadt, die es nicht mehr gibt


ausgezeichnet

In die „Halbe Stadt, die es nicht mehr gibt“, kann man mit Ulrike Sterblich auf Zeitreise in das West-Berlin ihrer Jugend gehen. Bereits das Cover ist sehr passend gewählt, indem West-Berlin als weißer Fleck dargestellt wird, der wie eine Insel inmitten einer Karte der ehemaligen DDR liegt. Diese Aufmachung zieht sich dann sehr passend durch das ganze Buch, indem sich jedes Kapitel auf einen Teil West-Berlins bezieht, mit dem die Autorin ein bestimmtes Erlebnis verbindet. Zum jeweiligen Stadtteil ist ein Kartenausschnitt neben der Kapitelüberschrift abgebildet, der zudem auch etwas zur Orientierung beiträgt.

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Das Buch ist weitgehend chronologisch aufgebaut, beginnend mit der Kindheit der Protagonistin, nur der Einstieg ist eine Szene, wie sie sich kurz nach der Wiedervereinigung zugetragen hat. Die beschriebenen Personen, neben Ulrike sterblich selbst, sind fiktiv, aber orientieren sich hinsichtlich bestimmter Eigenschaften an echten Freunden und Bekannten. Es handelt sich also um eine Mischung aus autobiographischen und rein fiktiven Elementen.
Im Verlauf des Buches geht es dann um die Schulzeit an einer, für Berlin eher untypischen, katholischen Schule, Freundschaften und die erste Liebe, verschiedene typische Institutionen, das West-Berliner Nachtleben und Freizeitangebot, einen Schüleraustausch mit Amerika und auch immer wieder um die Erfahrung, wie es ist, von einer Grenze komplett umgeben zu sein. Alles aber immer verbunden mit liebevoll und manchmal auch humorvoll geschilderten persönlichen Erlebnissen der Autorin, sodass es sich um alles andere als trockenen Geschichtsstoff oder die Aneinanderreihung von Fakten handelt. Dennoch merkt man, dass Ulrike Sterblich auch viel Recherchearbeit betrieben hat, indem sich am Ende jedes Kapitels immer durch eine andere Schriftart optisch leicht abgehoben, Informationen dazu finden, was mittlerweile aus den erwähnten Orten und Einrichtungen geworden ist. Und erschreckenderweise existiert vieles seit kurz nach der Wende nicht mehr, sodass der Buchtitel „Die halbe Stadt, die es nicht mehr gibt“, umso mehr zutrifft.

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Mir hat die Lektüre des Buches Spaß gemacht, weil ich einerseits viele Dinge über West-Berlin und das damalige Lebensgefühl erfahren habe, die mir bisher nicht bewusst waren und ich es zudem interessant fand, dass der Fokus hier einmal auf den Westteil gerichtet war, während ich meine Berlin-Urlaube in letzter Zeit eigentlich bevorzugt im Ostteil verbrachte. Wenn ich wieder einmal in der Stadt sein sollte, werde ich versuchen, auch einmal Dinge wahrzunehmen, die ich in diesem Buch kennenlernen konnte. Dass die Wiedervereinigung und der Wandel zur gesamtdeutschen Hauptstadt auch in diesem Teil der Stadt so große Spuren hinterlassen hat und viele liebgewonnene Dinge weichen mussten, war mir bisher auch noch nicht bewusst, da man als Außenstehender meist nur auf die Großbaustellen am Potsdamer Platz, die umstrittenen Bauprojekte an der Spree und die Luxussanierung in bestimmten Stadtteilen wie dem Prenzlauer Berg schaut.
Andererseits bot das Buch aber trotz allem Neuen viele Möglichkeiten zur Identifikation, weil sich viele Erlebnisse, die die Verfasserin in ihrer Jugendzeit hatte, doch sehr mit Erfahrungen, die ich in meiner Kleinstadt in einem anderen Teil Deutschlands machte, glichen, was bei mir immer wieder Erinnerungen wachrief. Auch der Schreibstil von Ulrike sterblich war angenehm lesbar und anschaulich. Deshalb empfehle ich das Buch gerne an alle weiter. Egal ob selbst in Berlin aufgewachsen oder einfach nur ein bisschen an dieser Zeit vor der Wende oder der Stadt interessiert.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.01.2013
George Clooney, Tante Renate und ich
Wagner, Fanny

George Clooney, Tante Renate und ich


ausgezeichnet

„George Clooney, Tante Renate und ich“ ist der erste Frauenroman von Fanny Wagner, die zuvor schon unter dem Namen Hermien Stellmacher einige Kinder- und Jugendbücher geschrieben und illustriert hat.

Im Mittelpunkt ihres Romandebüts stehen die freiberufliche Übersetzerin Eva und die weiteren Bewohnerinnen ihrer Münchener WG: Die Lehrerin Antonia und die neue Mitbewohnerin Bettina, die einen Cateringservice betreibt und sich vor ihrem unmöglichen eigenen Mitbewohner in die WG flüchtet, nachdem der bisherige Bewohner ihres neuen Zimmers, Finanzbeamter Oliver, seine Hochzeit mit der sehr nervigen Kirsti plant und daher ausgezogen ist. Bald gibt es aber noch eine weitere (vorübergehende) Mitbewohnerin, Evas Tante Renate, die um die 60, recht wohlhabend, aber aufgrund eines Wasserrohrbruchs erst einmal wohnungslos ist. Sie scheint das neue Umfeld zu genießen und widmet sich, nach einer kurzen Einführung in die Möglichkeiten des Internets, erst einmal ausgiebig dem Online-Dating mit allen damit verbundenen Erfolgserlebnissen und Enttäuschungen. Eva serviert dagegen erst einmal ihre letzte Affäre Tobias ab, weil der sich als große Enttäuschung und nur an beruflichen Kontakten interessiert, entpuppt hat. Doch bereits kurze Zeit später stößt sie im Treppenhaus ihres Wohnhauses mit einer jüngeren Ausgabe von George Clooney zusammen und schon ist es wieder um sie geschehen und sie muss diesen Mann unbedingt näher kennenlernen, auch wenn sie dazu einen recht seltsamen Atemkurs besuchen muss.

Im Verlauf des Buches kommt es immer wieder zu amüsanten, oft auch überspitzt dargestellten, aber meist dennoch nicht unrealistischen Situationen und auch ein Kriminalfall wird nebenbei noch aufgeklärt. Es handelt sich ganz klar um einen Frauenroman, da die Frauen hier dominieren und sich auch mal auf kreative Art an Männern rächen, wenn dies nötig ist. Die Protagonistinnen sind trotz unterschiedlichen Alters und verschiedener Eigenheiten alle sehr sympathisch dargestellt, während bei mancher Nebenfigur bewusst etwas übertrieben wurde, um für witzige Szenen zu sorgen. Das Buch ist sehr humorvoll und zugleich leicht lesbar geschrieben, in sich rund und bietet so eine kurzweilige Unterhaltung für Wintertage auf dem Sofa, einen Sommertag im Liegestuhl oder wie bei mir, eine Bahnfahrt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.