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Philo
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Frankfurt am Main
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Lesen ist mein liebstes Hobby

Bewertungen

Insgesamt 421 Bewertungen
Bewertung vom 08.11.2023
Aenne und ihre Brüder
Beckmann, Reinhold

Aenne und ihre Brüder


ausgezeichnet

Das Cover zeigt Aenne als hübsche und junge Frau, die auf ein hoffnungsvolles Leben blicken sollte, aber alle Schrecken des Zweiten Weltkrieges erleben mußte. Mit einem emotionalen und anrührenden Rückblick schreibt Reinhold Beckmann über das Leben seiner Mutter, die an den grausamen Erlebnissen nicht zerbrochen ist, sondern ein Leben in Demut und Güte, in Hilfsbereitschaft und Empathie geführt hat. Reinhold Beckmann muß seine Mutter sehr geliebt haben, und er setzt ihr mit diesem Buch ein Denkmal.

Aenne, deren Mutter an den Folgen einer kriegsbedingten Erkrankung aus dem Ersten Weltkrieg bei ihrer Geburt stirbt, wächst mit ihren drei älteren Brüdern bei dem nun alleinerziehenden Vater auf, der jedoch bald darauf wieder heiratet. Aber die Kinder leiden unter der Strenge der neuen Frau ihres Vaters. Als auch der Vater an den Folgen einer Kriegskrankheit stirbt und die Witwe sich wieder verheiratet, wachsen die Kinder bei Stiefeltern auf. Aenne bekommt noch einen Bruder und eine Schwester.

Als der Zweite Weltkrieg ausbricht, ist Franz, der älteste Bruder bereits im wehrpflichtigen Alter und wird eingezogen. In dem sechs Jahre dauernden Krieg trifft dieses Schicksal auch die anderen drei Brüder, alle werden eingezogen und keiner kommt mehr zurück.

Als Aenne im hohen Alter selbst im Sterben liegt, übergibt sie ihrem Sohn Reinhold die Briefe ihrer Brüder, mit denen sie in einem engen Briefwechsel stand und das Bindeglied zu den Stiefeltern und den Liebsten ihrer Brüder war.

Aufgrund dieser Briefe hat Reinhold Beckmann dieses Buch schreiben können. Bewundernswert finde ich seine ungeheuere Recherchearbeit, um das Leben in dem kleinen Ort Wellingholzhausen beschreiben zu können. Wie sich die Dorfgemeinschaft spaltete, in die Menschen, die auch weiterhin ihrem Glauben lebten und denen, die sich den neuen Machthabern anschlossen, weil sie sich Vorteile erhofften, sich stark und mächtig fühlten, anfingen ihre eben noch guten Nachbarn zu drangsalieren und anzuschwärzen.

Aus den Briefen und Erzählungen der Brüder bei den seltenen Heimaturlauben gehen die ganzen Schrecken des Krieges hervor und ich habe das ganze Buch mit einem Kloß im Hals gelesen. Auch wenn das Schicksal der vier Brüder bekannt war, habe ich immer gewünscht, dieser unselige und grausame Krieg möge zu Ende gehen, bevor die Brüder im Krieg fallen.

Auch wenn es dem Autor sicher nicht leicht gefallen ist, dieses Buch zu schreiben, weil die Erinnerungen zu schmerzlich sind, ist es ein ganz wichtiges Buch, das besonders jungen Lesern zu empfehlen ist.

Ich habe manche Träne geweint um meinen Onkel, der nach einem Notabitur eingezogen wurde und sechs Wochen später gefallen ist. Wie Aenne hat mein Großvater Paul uns nie spüren lassen, wie schwer es für ihn war, seinen einzigen Sohn zu verlieren. Meine Oma ist im Krieg an einer Lungenentzündung gestorben, weil es keine Medikamente gab. Mein Großvater ist für mich immer ein Vorbild gewesen und wird es auch bleiben.

Viele haben ein solches Schicksal erleiden müssen, deshalb finde ich es so wichtig, daß Reinhold Beckmann in seinem Buch die schrecklichen Kriegsereignisse noch einmal für alle in Erinnerung ruft. Dafür gebührt ihm Anerkennung und ein großes Dankeschön.

Bewertung vom 28.10.2023
Die Erfindung des Lächelns
Hillenbrand, Tom

Die Erfindung des Lächelns


sehr gut

Tom Hillebrand hat sich diesmal in seinem neuen Roman "Die Erfindung des Lächens" dem Diebstahl von Leonardo Da Vincis "Mona Lisa" aus dem Pariser Louvre am 22. August 1911 gewidmet. Ich habe bereits viele seiner Bücher gelesen und war deshalb auf sein neues Werk sehr gespannt. Zu Beginn der Geschichte verschwindet auf misteriöse Weise das Kunstwerk aus dem Louvre. Ganz Paris steht Kopf und Kommissar Juhel wird mit der Suche beauftragt, was für ihn eine Mammutaufgabe darstellt. Es wird gemunkelt und vedächtigt. Es tauchen viele Namen aus der Kunstszene auf, besonders Pablo Picasso und Appollinaire Guillaume spielen eine große Rolle, um die sich viele bekannte Größen aus der Künstlerszene scharen.

Es war eine wilde Zeit damals in Paris, und der Autor hat diese Zeit sehr genau recherchiert und in dem ihm eigenen Erzählstil seinen Lesern vermittelt. Leider fand ich das Buch sehr überfrachtet mit Personen und Geschehnissen, was zum einen von dem eigentlichen Thema sehr ablenkte, zum anderen ein flüssiges Lesen auch erschwerte. Das habe ich bei keinem anderen vorhergehenden Buch von Tom Hillebrand so empfunden.

Aber man lernt bei diesen historischen Romanen, wenn sie wie hier das Zeitgeschehen sehr gut widerspiegeln, eine Menge dazu, auch wenn der Autor seine fiktiven Figuren und Geschehnisse mit einfließen ließ.

Man muß sich Zeit nehmen für dieses Buch. Es liest sich nicht einfach so nebenbei. Und man möchte ja auch den Weg der Mona Lisa mit verfolgen, um zu erfahren, wie sie schließlich wieder im Louvre gelandet ist.

Bewertung vom 14.10.2023
Henriette lächelt
Heinisch, Andrea

Henriette lächelt


ausgezeichnet

Ein gelungenes Buch über Henriette - und alle Menschen in der gleichen Situation. Henriette leidet unter ihrer Fettleibigkeit. Sie wiegt 190 kg und ist 50 Jahre alt. Sie ist Buchhalterin und kann während der Corona-Krise im Homeoffice arbeiten. Sie hat dadurch alle sozialen Kontakte verloren, und kommuniziert nur noch mit ihrem Kollegen Martin während einer Konferenzschaltung.

In ihrem Zuhause hortet sie in allen möglichen Verstecken Kekse, Schokolade, Eis und nur eigentlich verbotene Lebensmittel. Alles bestellt sie beim Lieferservice, weil das Einkaufen zu beschwerlich ist.

Henriettes Mutter, die in der Wohnung über ihr wohnt, versorgt ihre Tochter mit warmen Mahlzeiten. Die Mutter lässt kein gutes Haar an Henriette. Sie ist mir im höchsten Maße unsympathisch. Statt der verständnislosen Mutter hätte Henriette eine professionelle Therapeutin benötigt.

Henriette hat viele Tagträume. Es gibt viele kleine Geschichten, bei denen man nicht immer weiß, sind sie real oder erdacht und erwünscht. Henriette ist mir sehr sympathisch. Man möchte ihr gerne helfen.

Als die Mutter stirbt, besinnt sich Henriette auf sich selbst. Sie nimmt Kontakte auf zu den anderen Mietern im Haus und wird gemeinsam mit Martin dessen neue Firma aufbauen.

Bewertung vom 16.09.2023
Hinter der Hecke die Welt
Molinari, Gianna

Hinter der Hecke die Welt


gut

Das Buch hat ein wichtiges Thema zum Inhalt, aber es wird ohne Spannung erzählt. Der Leser erfährt vom Zustand eines kleinen Dorfes in der Arktis, in der das Eis schmilzt, sich eine rasant wachsende Hecke ausbreitet, die irgendwann alles überwuchern wird. Die Bewohner des Dorfes leiden, die beiden verbliebenen Kinder Pina und Lobo wachsen nicht mehr, die Schule ist geschlossen, die Dorfkasse leer. Die Hecke wird zur Attraktion und zieht viele schaulustige Touristen an.

Mit einer Klimaforscherin untersucht Doras Mutter das durch die Klimaerwärmung verursachte Schmelzen des Gletschereises.

Das Buch erzählt in kurzen Kapiteln das Leben im Dorf und das Leben von Doras Mutter auf dem Forschungsschiff. Es läßt sich einfach lesen, aber es fehlt die Spannung. Es macht nachdenklich, weil es viele Wahrheiten enthält, ohne Konsequenzen zu nennen. Ich weiß, durch mehrere Reisen in die Arktis, wie erschreckend die Veränderungen dort sind, und nicht nur die Hecke wird wachsen, sondern auch die dort entstehenden Probleme, wenn nicht ganz schnell Abhilfe geschaffen wird an dem Raubau der Natur.

Es ist ein Buch, daß den Klimawandel aufzeigt, das zum Nachdenken anregt, aber keine Lösungen aufzeigt.

Bewertung vom 08.08.2023
Nachts erzähle ich dir alles
Landsteiner, Anika

Nachts erzähle ich dir alles


sehr gut

Das bunte, auffallende Cover nimmt den Leser sofort mit in die Urlaubsidylle an der Cote d'Azur. Dorthin entflieht Lea, nachdem sie eine schmerzhafte Trennung von ihrer Lebensgefährtin hinter sich hat und ihr die Arbeit in ihrem kleine Café über den Kopf wächst. Auf Anraten ihrer Mutter fährt sie in das Familienanwesen in Südfrankreich, in dem sie als Kind immer die Sommerferien verbracht hat. Spät am Abend begegnet ihr eine junge Frau im Garten, mit der Lea ein anregendes Gespräch führt. Die beiden verabreden sich für den nächsten Abend. Statt Alice aber kommt deren Bruder Emile. Alice wurde in der Badewanne tot aufgefunden, und Emile will von Lea alles wissen, weil sie die Letzte war, die Alice lebend gesehen hat. Hieraus egeben sich die Probleme des Buches. Alice war schwanger. War ihr Unfall ein Selbstmord, wollte sie abtreiben, Emile ist schockiert. Warum mußte seine Schwester sterben. In langen Gesprächen zwischen Lea und Emile kommen sich die beiden näher und es entwickelt sich eine enge Beziehung. Leas Mutter reist an und ihre beste Freundin Claire, die das Anwesen hütet, bemüht sich, die lange unterbrochene Freundschaft wieder zu beleben. In der Geschichte geht es um Schwangerschaftsabbrüche und um die Selbstbestimmung der Frauen, es geht um eine intensive Mutter-/Tochterbeziehung und um eine verlorengegangen geglaubte Freundschaft zwischen zwei Frauen, von denen Claire lesbisch ist und gerne mit Leas Mutter zusammengekommen wäre.

Das Buch behandelt mehrere Themen und ist sehr vielschichtig. Die einzelnen Protagonisten werden sehr gut beschrieben und charakterisiert. Besonders Lea hat mir sehr gut gefallen. Aber auch ihre Mutter, eine kluge und besonnene Frau, die in langen Gesprächen mit ihrer Tochter ein tolles Verhältnis zwischen den beiden hergestellt hat.

Die Nähe zur Cote d'Azur und zum Meer mit wunderbaren Beschreibungen machen das Buch zu einer empfehlenswerten Sommerlektüre.

Bewertung vom 08.08.2023
Perlenbach
Caspari, Anna-Maria

Perlenbach


ausgezeichnet

Das wunderbare Cover nimmt die Leser schon direkt mit ins Buch. Jacob und Luise leben schon immer in Montjoie, in der reichen Stadt der Tuchmacher. Wilhelm lebt in Montseifen, in einem ärmlichen Dorf auf einem Bauernhof, der wenig ertragreich ist und kaum die Familie mit vielen Kindern ernährt. So kann Wilhelm von Glück sagen, daß ihn Herr Becker von einer Tuchfabrik in Montjoie beim Wollekauf bei Wilhelms Vater mitnimmt, um seinem Sohn in Montjoie Gesellschaft zu leisten. Wilhelm wird gemeinsam mit Jacob und Luise von einem Privatlehrer unterrichtet, und die drei sind unzertrennlich. Sie unternehmen allerlei Strreifzüge durch die Gegend und Luise findet im nahegelegenen "Perlenbach" in Muscheln drei Perlen. Sie sollen Zeugen für ihre immerwährende Freundschaft sein. Aber die Zeiten ändern sich. Die drei werden älter und müssen an ihre Ausbildung denken. Luises Vater ist Arzt, und sie möchte Ärztin werden, was zu der Zeit fast unmöglich ist. Frauen sind an den Universitäten nicht zugelassen.

Auch Jacob verläßt sein Elternhaus, um bei einem Freund seines Vaters in dessen Tuchfabrik das Handwerk zu erlernen, um die väterliche Fabrik zu übernehmen.

Wilhelm wird als Lehrling in der Tuchfabrik von Jacobs Vater eingestellt, was mit dem Verlust seiner gehobenen Stellung im Hause Becker einhergeht. Er wird nun nicht mehr als Sohn behandelt, muß in eine kleine Kammer umziehen und in Zukunft in der Küche essen.

Durch ein Mißverständnis geraten Jacob und Wilhelm in einem Streit aneinander, was zur Folge hat, daß Herr Becker Wilhelm fristlos kündigt und zurück nach Wollseifen schickt.

Sehr ausführlich und sehr emotional schildert die Autorin die unterschiedlichen Werdegänge der drei. Ich habe schon mit Begeisterung "Ginsterhöhe" gelesen, dessen Geschichte zeitlich vor "Perlenbach" entstanden ist.

Es wird noch einen dritten Band geben, auf den ich mich freue und sehr gespannt bin. "Perlenbach" ist ein tolles Buch, dem ich ganz viele Leser wünsche.

Bewertung vom 23.07.2023
Elternhaus
Mank, Ute

Elternhaus


gut

Von philo
Ute Mank hat eine Familiengeschichte geschrieben, die vom ganz normalen Alltag handelt. Die Eltern von Sanne, Petra und Gitti sind alt geworden und leben noch immer in ihrem "schmalen Haus", in dem die drei Geschwister aufgewachsen sind. Sanne, die Älteste, fühlt sich verpflichtet, für die Eltern eine seniorengerechte Bleibe zu finden, was ihr auch gelingt, und sie organisiert den Umzug in die neue Wohnung. Obwohl die Geschwister sich im Laufe der Jahre fremd geworden sind und jede ihr eigenes Leben lebt, kommt es nun zu Auseinandersetzungen, weil Petra und Gitti mit Sannes Entscheidung nicht klarkommen. Als Sanne, die das Haus geerbt hat, einen Makler beauftragt, das Haus zu verkaufen, sind sich die Geschwister uneins. Plötzlich erhält das Elternhaus einen neuen Wert. Hier sind die drei aufgewachsen und erinnern sich. In Rückblicken erzählt die Autorin die Kindheitsgeschichten der Mädchen, die sich eigentlich nie sehr verbunden waren.

So geht es in dem Buch hauptsächlich um die drei Geschwister und nicht um die Eltern. Die ziehen sang- und klanglos und klaglos in die neue Wohnung um, was mir sehr unwirklich erscheint. Niemand gibt einfach so sein bisheriges Leben, sein Umfeld, Nachbarn und Freunde auf, ohne sich dagegen zu wehren. Und da es ja um das Elternhaus und die Eltern geht, hätte ich mir hier mehr Tiefgang erwartet.

Das Ende des Buches finde ich nicht sehr überzeugend, da auch hier die Geschwister wieder im Vordergrund stehen. Mich hätte mehr interessiert, wie der Alltag der Eltern aussieht, wie die beiden miteinander umgehen und ihre Zeit gestalten. Wie haben sie den Verlust ihres Hauses überwunden?

Ich habe das Buch trotzdem mit Interesse gelesen, obwohl ich mir etwas anderes erwartet hatte. Ich bin ein Fan von Familiengeschichten, und das ist dieses Buch alllemal.

Bewertung vom 22.07.2023
Die Spur der Aale / Ein Fall für Greta Vogelsang Bd.1
Wacker, Florian

Die Spur der Aale / Ein Fall für Greta Vogelsang Bd.1


ausgezeichnet

Mir gefällt es immer, wenn ein Buch in Frankfurt angesiedelt ist. Es ist meine Heimatstadt, hier kenne ich mich aus. Hier am Main hat der Zollfahnder Mathissen abends geangelt, und hier wird er überfallen und kommt zu Tode. Er war Schmugglern von Glasaalen auf der Spur und hätte man seinen Meldungen Glauben geschenkt, könnte er noch leben. So muß sich Staatsanwältin Greta Vogelsang, als man sie frühmorgens aus dem Bett klingelt und sie sich mit dem toten Mathissen konfrontiert sieht, fragen, ob sie den Tod hätte verhindern können. Mehrfach hat Mathissen um ein Gespräch mit der Staatsanwältin gebeten, aber dazu ist es nicht gekommen. Im Gegenteil, in seiner eigenen Abteilung war er nicht gut angesehen, und seine Vorgesetzte wies ihn immer wieder darauf hin, den Dienstweg einzuhalten.

Schließlich wird beschlossen, daß der Tod von Mathissen ein natürlicher Tod war. Er ist in den Main gefallen und ertrunken. Die Akte soll geschlossen werden.

Dies aber will die Staatsanwältin nicht gelten lassen. Mit Hilfe der Tochter von Mathissen entdeckt sie Unterlagen, die eineutig darauf hinweisen, daß der Zollfahnder einem Schmugglerring auf der Spur war.

Nun muß man der Staatsanwältin zugute halten, daß sie alles daran setzt, den Schmugglerring zu entlarven und zu zerschlagen. Die Staatsanwältin ist eine sehr engagierte Person, die sich nicht immer an die Vorschriften hält, und deshalb nicht bei allen beliebt ist. Mir hat sie gut gefallen. Sie ist ehrgeizig, pflichtbewußt und zielstrebig, aber daneben auch um ihre Familie besorgt.

Letztendlich muß die Staatsanwältin beweisen, ob der Schmugglerring, dem Mathissen angeblich auf der Spur war, existiert, auch wenn sie hierbei mit Kollegen und Vorgesetzten hintereinander gerät.

Dies ist ein spannender und gut geschriebener Krimi, den ich gerne weiterempfehle.

Bewertung vom 15.07.2023
Of thunder and rain / Färöer-Reihe Bd.1
Buckley, Emmy

Of thunder and rain / Färöer-Reihe Bd.1


gut

Die beiden Protagonisten Lea und Louay sind sehr sympathisch. Lea leitet nach dem Tod ihrer Mutter ein kleines B&B-Hotel, in welches sich Louay für einige Wochen einmietet. Es ist noch keine Saison, und so ist er der einzige Gast für Lea. Louay ist Schriftsteller, der unter einem Pseudonym scheibt, mit dem er viel Erfolg hat. Aber er möchte endlich selbst wahrgenommen werden.

Lea und Louay fühlen sich von Beginn ihres Kennenlernens an zueinander hingezogen, können ihre Gefühle aber zunächst nicht zeigen. Beide sind sich unsicher, ob sie ihrer Beziehung eine Chance geben können. Lea ist sehr bemüht, Louay in langen Spaziergängen ihre Heimatinsel näher zu bringen. Dadurch gewinnt auch der Leser einen unvergesslichen Eindruck in die Faröer-Inseln. Eine beeindruckende Landschaft, deren Schilderung der Autorin sehr gelungen ist.

Beide Protagonisten tragen Geheimnisse und Wünsche mit sich herum, die sie nur nach und nach offenbaren. Leider fehlt den Erzählungen die Spannung und der Beziehung auch der Tiefgang. Ein bißchen mehr Dramatik hätte man erwarten können.

Alles in allem habe ich das Buch gerne gelesen, und wer an die Liebesgeschichte keine allzu hohen Erwartungen hat, dem kann ich das Buch als unterhaltsame Sommerlektüre empfehlen.

Bewertung vom 01.07.2023
Bergleuchten
Seemayer, Karin

Bergleuchten


ausgezeichnet

Von philo
Das Cover ist gut gelungen und zeigt gewaltige Bergmassive. Unvorstellbar, daß der Durbruch durch den Gotthardtunnel in der damaligen Zeit gelungen ist. Die Autorin hat einen gut recherchierten Roman über den Bau des Gotthardtunnels, der zehn Jahre dauerte, geschrieben und dabei auch noch eine Liebesgeschichte und das Leben der Menschen in Göschenen eingebettet. Alles in allem ein wirklich wunderbar lehrreiches und gut geschriebenes Buch.

Die historischen Personen hat es so wirklich gegeben, allen voran der Bauunternehmen Louis Favre, der mit dem Bau unter Zeitdruck stand und deshalb ohne jede Rücksicht die Arbeiter zu immer schnellerem Arbeiten anhielt ohne Rücksicht auf Leib und Leben seiner Untergebenen. So kam es immer wieder zu Unfällen mit Schwerverletzten und Toten. Es ist erschreckend zu lesen, wie wenig Rücksicht auf die dort arbeitenden Menschen genommen wurde. Schlechte Bezahlung, menschenunwürdige Unterkünfte und Mangelernährung waren an der Tagesordnung.

Die kleine Gemeinde Göschenen auf der Schweizer Seite wuchs durch die heranströmenden Tunnelarbeiter auf das Dreifache. In großer Zahl kamen Italiener, um hier zu arbeiten. Sie waren bei den Göschenern nicht gerne gesehen und trotzdem entstandenen einige heimliche Liebesbeziehungen zwischen einheimischen Frauen und den ausländischen Arbeitern. Mit viel Emotionen und Empathie läßt uns die Autorin teilnehmen an der großen Liebe zwischen Helene, der Tochter des größten Fuhrunternehmers im Dorf, und Piero Casetti, einem italienischen Mineur. Dies ist eine wahrhaft zu Herzen gehende Geschichte, die das Buch wunderbar abrundet.

Die historische Aufarbeitung des Baus des Gotthardtunnels ist sehr gut gelungen und war für mich sehr lehrreich. Auch die Menschen, die hier lebten, sind alle wunderbar beschrieben und charakterisiert. Das Buch ist ein echtes Leseerlebnis, das ich gerne weiterempfehlen möchte.