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a.n.
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dd

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Insgesamt 129 Bewertungen
Bewertung vom 17.10.2018
Das Vogelhaus
Meijer, Eva

Das Vogelhaus


sehr gut

Neben dem Strom – manchmal der richtige Weg

Die berührende Geschichte der Vogelforscherin Len Howard hat das Potential, die Leser dahingehend zu sensibilisieren, dass sie ihre Augen und Herzen öffnen und endlich damit beginnen, über sich nachzudenken und Achtsamkeit auch bei allem, was um sie herum kreucht und fleucht, walten zu lassen; auch wenn es „nur“ Tiere sind. Die Autorin hält in ihrem biographisch anmutenden Roman all jenen, die sich hauptsächlich nur um sich drehen oder sich vom Wohl und Wehe anderer allzu abhängig machen, den Spiegel vor. Nicht romantisierend, doch liebevoll erzählt, präsentiert sie uns das Porträt einer Frau, die ohne sie vielleicht in Vergessenheit geraten wäre.
Vögel waren der Mittelpunkt dieser einzigartigen und engagierten Frau. Auf diese Sichtweise zielt die Lektüre nicht in erster Linie ab. Vielmehr kann sie auch unter philosophischen und charakterlichen Aspekten hin betrachtet werden. Eine große Portion Mut, unermüdlicher Einsatz, eine tiefe innere Überzeugung. Das Richtige tun, auch wenn man gegen Windmühlen kämpft. Sie konnte ihr Glück und ihre Sorgen mit niemandem teilen. Allein, belächelt, unverstanden; kein leichtes und ruhiges Leben. Und dennoch wollte sie nicht anders sein, nicht anders leben wollen. Die Zuneigung ihrer Schützlinge konnte sie sich jedoch immer sicher sein.
Gleichzeitig erfahren wir bislang unentdeckte Geheimnisse aus dem Mikrokosmos der Vögel, ihre Individualität, Eigenheiten und Bedürfnisse. Manch einer wird daraufhin mehr in ihnen sehen, als zwitschernde und ziellos umher flatternde Winzlinge. Der Grad des Sich-Hinein-Begebens in die Handlung ist wie ein Barometer unserer eigenen Menschlichkeit und Empathie für andere Individuen – einer tierischen Gretchen-Frage gleich: Wie hältst du es mit den Tieren und der Natur? Wille zur Opferbereitschaft statt purer Nutzen und Genuss?
Wer Tiere nicht so gern mag, wird Len Howards Ausführungen übertrieben finden. Für sie wird sie eine einsame Frau sein, die dies alles nur auf sich nimmt, weil sie nichts anderes hat. Für diejenigen aber, die für etwas brennen, die sich voll und ganz einer Sache widmen und dafür Privates in den Hintergrund stellen, wird sie eine von ihnen sein. Für mich ist sie eine bemerkenswerte Frau, klug, wissbegierig und mit einem riesengroßen Herzen.

Bewertung vom 03.10.2018
Mr Vernons Zauberladen / Die Magischen Sechs Bd.1
Harris, Neil P.

Mr Vernons Zauberladen / Die Magischen Sechs Bd.1


ausgezeichnet

Da möchte man der Siebte im Bunde sein
Hier werden Kinderaugen groß und fangen an zu leuchten. Schon von der ersten Seite an wird der junge Leser mit einbezogen, ja, wird sogar persönlich angesprochen. Temporeich, beschwingt und lustig geht es zu, wenn Carter in Aktion tritt. Die jungen Leser werden mitgerissen in einen Strudel voll von Ereignissen und Begegnungen, in denen Freundschaft, Gerechtigkeit und natürlich Magie die Hauptrolle spielen. Dabei wird ein jeder sehr schnell herausfinden, dass Magie weit mehr als pures Zaubern ist und nicht nur gelungene Tricks vonnöten, um Menschen und Dinge zu verändern. Hier lernt jeder seine Lebens-Lektionen und sogar, auch ein wenig selbst zu zaubern.
Das Zeichentrick ähnliche Cover fällt auf. Die große Schrift und die übersichtlichen Kapitel im Innern des Buches laden zusätzlich zum Lesen ein, sind die Seiten dadurch nicht überfrachtet. Auch anfängliche Lesemuffel werden textlich nicht erschlagen. Alles geschieht Schritt für Schritt, ein stetes Mitkommen ist somit garantiert. Liebevoll und detailreich gestaltete Zeichnungen begleiten zahlreich die spannende und kindgerecht aufbereiteten Abenteuer von Carter und seinen Freunden. Nicht nur dahingehend ist das Buch in Kinderhänden sehr gut aufgehoben. Die Handlung besticht durch Einfallsreichtum, Heiterkeit und einer gesunden Portion versteckter Weisheiten und sonstigen „pädagogisch wertvollen“ Inhalten. Mit diesem Buch werden Hobbies geboren, Träume geträumt, das Lachen und Mitfiebern erlebt. Das Buch bezaubert selbst Erwachsene. Ihre Kinder wird es verzaubern. Das ist wahre Magie.

Bewertung vom 30.09.2018
Alligatoren
Spera, Deb

Alligatoren


ausgezeichnet

Vergangenheit ist nie vorbei
Gertrude, Retta, Annie - drei Frauen, drei Leben, drei Schicksale, drei völlig unterschiedliche Ausgangspunkte, der Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Gesellschaftsschichten geschuldet; jedoch mit demselben Ziel: ein selbstbestimmtes Leben. Ein eindrucksvoller Reigen breitet sich vor dem Leser aus. Nicht allen wird dieses Freischwimmen auch in vollem Umfang gelingen. Eng und starr ist das Korsett des damaligen Zeitgeistes. Die Südstaaten in den 20er Jahren; puritanisch, rassistisch, ohne den heute beliebten Flair. Kurz, prägnant, hart; und doch voller Sensibilität erzählen uns Frauen von ihrem Schicksal. Und gerade und vielleicht nur hier in diesem Buch kommen alle gleichermaßen zu Wort. Ungehörtes Leid, Not im Verborgenen, brennende Sehnsüchte.
Jede kämpft für sich, steht aber auch den anderen bei, wenn auch meist unbewusst. Es beginnt mit Kleinigkeiten, die sich immer tiefer gehend verweben. Hauptsache, nie verzweifeln. Mitunter schwer verdauliches tritt zu Tage. So lange ist der Handlungszeitraum nicht entfernt und doch scheint es Jahrhunderte her zu sein. Von der heutigen Zeit aus gesehen, kann man sich vieles kaum noch vorstellen. Um so erschütternder ist es zu lesen, dass dies tatsächlich Alltag und Normalität war. Lebensumstände und Lebenskonzepte, in denen ich mich nicht zurecht finden würde. Leise Paukenschläge, die fesseln und nachklingen.
Durchweg bedrückend, ein Frauenroman für Nicht-Weibchen. Der Erzählstil und die Persönlichkeit der Frauen treffen genau meinen Nerv. Wohl gemerkt, dieses Auf sich gestellt sein, dieses sich unterordnen, in seiner Rolle bleiben müssen, ist vielleicht in den Köpfen noch sehr präsent und der Roman damit aktueller denn je.

Bewertung vom 15.09.2018
Scharfstellung
Melzer, Heike

Scharfstellung


sehr gut

Scharf beobachtet
Wenn die Lust zu Last und zum einzigen Lebensinhalt wird. Medien, Methoden, Mechanismen, Mainstream; all das verändert uns – bis ins Mark. Sexualität, Psyche, alles ist so miteinander verwoben, dass ein Entwirren für einen allein kaum möglich ist. Die Dimension allerdings nehmen wir kaum noch wahr. Tabulosigkeit des Tabu-Themas Nummer 1. Abgründe tun sich auf.
Diese Lektüre ist nichts für Mauerblümchen oder Leser, die neue Stellungstipps erwarten. Die fachliche und sachliche Analyse soll weniger unterhalten als vielmehr zum Nachdenken anregen. Die Autorin möchte aufklären und sensibilisieren ohne dabei zu moralisieren. Man sollte schon einige Kerben auf seinem intimen Kerbholz haben, damit man der Autorin auch ernsthaft folgen kann.
Brutalität, Perversion, Machtspiele, Süchte, „notwendige“ Accessoires - teilweise erschreckende Fakten. Was möglich ist, wird auch gemacht. Da vergeht einem mitunter regelrecht die Lust.
Wo steht man selbst? Wo bleibt die Liebe? Sind wie dabei, den Bogen zu überspannen? Wie sehr werden wir von unserer Sexualität beherrscht? Jeder kann seine Wünsche befriedigen, wann immer er dazu Lust hat, ohne Verantwortung, ohne Gefühl, Kinder klären sich via Internet selbst auf. Doch zum Glück lassen sich nicht alle gleichermaßen vom Zeitgeist anstecken und unreflektiert mitreißen.
Keine überfrachteten Kapitel und eine unterhaltsame Erzählweise führen den Leser mit einem Augenzwinkern durch die ernstzunehmende Handlung, in der Psychologie, Sexualtrieb, Intellekt und Gesellschaftskritik miteinander verschmelzen. Ein Sachbuch für Jedermann; leicht verständlich und daher vielleicht auch nicht so tiefschürfend, wie es mancher erwarten würde. Zwar wurde hier scharf beobachtet, recherchiert und analysiert, jedoch fehlt die wirkliche rhetorische Schärfe. Auf jeden Fall ist dieses Buch eine sehr hilfreiche Zusammenstellung menschlicher Spielarten und Triebfedern für Neugierige, Erfahrene und Betroffene

Bewertung vom 31.07.2018
Die Kunst, einfache Lösungen zu finden
Ankowitsch, Christian

Die Kunst, einfache Lösungen zu finden


sehr gut

Ist es tatsächlich so einfach?
Die Lektüre ist ausdrücklich an Otto Normal gerichtet und nicht an „Härtefälle“. Es werden also keine Wunden aufgerissen oder thematisiert. Vielmehr möchte der Autor als Anstubser fungieren. Dies gelingt ihm nahezu mühelos bei Willigen und Einsichtigen. Nicht alles muss 1:1 ausprobiert werden, da man beim Lesen sowieso auf ganz eigene individuelle Ideen kommt.
„Einfach“ mal auf Abwege begeben erfordert allerdings Mut und vor allem Überzeugung. Mut zum Umdenken und die Überzeugung, dass anderes Handeln auch andere Reaktionen auslöst. Sich neu zu positionieren, ändert bekanntlich auch die Position und somit all das, was darauf folgt. Die gesamte Tragweite ist aber nur zu ergründen, wenn man etwas TUT. Schritt für Schritt, nicht gleich alles auf einmal. Wichtig ist das eigene Mitkommen, Verinnerlichen und Festigen.
In der vorliegenden Art und Weise wurde der Leser sicher noch nicht dazu animiert und darin bestärkt. Leichtfüßig und humorvoll geht es zu, ohne dabei den ernsten Hintergrund des Buches zu vernachlässigen. Der Leser wird nie überfordert. Klare, eindeutige Aussagen, die leicht zu verstehen und sehr einprägsam sind. Praxisbeispiele und Eselsbrücken tragen ebenso zum Gesamtanliegen bei wie Gesellschaftsanalysen und psychologisch fundierte Gedankenspiele, die es anlassspezifisch in die Tat umzusetzen gilt.
Wer etwas verändern möchte, muss bei sich beginnen. Er muss nach innen und außen wirkend in Aktion treten. Aber diesmal eben nicht so wie sonst. Und vielleicht ist es am Ende eben doch so einfach. Die Grundlagen hierfür bietet dieses Buch. Danach kommt es auch jeden selbst an. Bevorzugt bei all denen die sich schon länger mit dem Gedanken tragen „so kann es nicht weiter gehen“, egal auf welcher zwischenmenschlichen oder ganz persönlichen Ebene.

Bewertung vom 29.07.2018
Die Wahrheit über Dinge, die einfach passieren
Benjamin, Ali

Die Wahrheit über Dinge, die einfach passieren


ausgezeichnet

Das Leben – Wunder und Wehe
Was für ein seltsames Mädchen diese Suzy. Gerade einmal 12 Jahre alt und dabei eine beeindruckende weil tiefgründige Gedankenwelt, die jedem Leser die Augen und das Herz öffnet. Unbedarft, dem Ernst des Lebens noch nicht preis gegeben blickt sie auf ihre Umgebung. Eine intelligente Naivität und Reinheit umgibt Suzy. Doch das Leben mit seinen Lehren wird auch sie herausfordern. Suzy ist bereit, auch wenn sie einen nicht unwesentlichen Teil ihrer Naivität und natürlichen Unbedarftheit dafür hergeben wird.
Mit ihrer sehr liebevoll und äußerst unterhaltsam erzählten Geschichte erhalten auch wir eine vielleicht nie genutzte Chance, sich eigenen heiklen Problemen, Sorgen und Ängsten mit Energie und festem Willen zu nähern; wie ein Kind eben, mit einem anderen Blick, einer reinen Neugier, unzerdacht und unzerredet. Obwohl es vor allem um das Erwachsenwerden der Protagonistin geht, könnten ihre Stationen durchaus auch auf viele andere zutreffen. Sich, andere und alles, was uns umgibt besser verstehen sollte eines jeden Wunsch sein. Wie viel Suzy steckt dabei noch in einem selbst?
Tod, Verlust, Trauer und Unverständnis spielen zwar eine gewisse thematische Hauptrolle in der Lektüre, dennoch wird einem beim Lesen nie Schwer ums Herz. Ganz im Gegenteil: man begreift, dass alles zum Leben gehört. Wunder und Weinen, Lernen und Verstehen, Akzeptieren und Annehmen. All das wird hierbei aber nie mit Hinnehmen oder Desinteresse verwechselt. Durch Suzys Augen bekommen wir Erwachsenen die einmalige Gelegenheit, tief in die Seelen nicht nur unserer eigenen heranwachsenden Kinder zu blicken, sich an das eigene Damals zu erinnern und zu erfassen, was wir selber schon fast vergessen haben: wie schwer es eigentlich ist, erwachsen zu werden; mit allem, was dazu gehört. Ein besseres Verstehen macht uns auch zu verständnisvolleren und hilfreichen Wegbegleitern.

Bewertung vom 22.07.2018
Der englische Liebhaber
de Cesco, Federica

Der englische Liebhaber


gut

Das kurze Glück in dunklen Tagen
Die Stunde Null. Der zweite Weltkrieg ist gerade zu Ende. Ein kurzes Aufatmen. Das Leben geht weiter. Irgendwie. Mitten unter ihnen die junge Anna. Sie arbeitet als Dolmetscherin für die britische Besatzungsmacht. Sie begegnet Jeremy, einem Offizier, einem eigentlichen Feind. Doch die Liebe kennt keine Grenzen, kein Richtig, kein Falsch. Das verbotene Glück scheint nur von kurzer Dauer. Romantik ist nur in eng abgesteckten Grenzen möglich.
Umso mehr gibt dieses Buch der leisen Töne der Lebensgeschichte einer mutigen Frau den Raum, den sie verdient. Durch Annas Augen und mit Annas Herz blicken wir auf die Vergangenheit. Stille Stärke im Verborgenen. Nicht minder interessant ist der sich im Laufe der Lektüre wandelnde Blick ihrer Tochter Charlotte auf die Geschehnisse. Sie, das Kind einer starken Liebe, musste ebenso für diese Tatsache büßen, wie ihre Mutter. Zwei Erzählebenen verlaufen nebeneinander und verbinden sich. Die Vergangenheit wird zur Gegenwart. Was verursacht Krieg in den Herzen der Menschen? Mechanismen, die bei Kriegsende nicht abstellbar sind. Eine neue Ära mit den „alten“ Menschen?
Einfühlsam und detailliert erzählt „Der englische Liebhaber“ nicht nur eine einzigartige Liebesgeschichte sondern thematisiert auch eine, wenn auch sehr späte, Annäherung der Tochter an ihre Mutter. Eine späte Versöhnung mit ihrem eigenen Schicksal, ein historisch unterlegtes Zeitzeugnis mit biographischen Zügen für den Leser. Ein Stück Deutscher Geschichte. Lesenswert für uns, die diese Zeit glücklicherweise nicht miterleben mussten, die aber doch immer mit ihr verbunden sind.

Bewertung vom 08.07.2018
Naturnahes Kochen - einfach, gut, gesund
Seitz, Erwin

Naturnahes Kochen - einfach, gut, gesund


ausgezeichnet

Was der Mensch braucht
Gutes aus der Natur schonend zubereitet; das ist es, was wir nicht nur hin und wieder wirklich brauchen. Und wenn das Ergebnis auch noch ausgesprochen schmackhaft ist, hat so mancher Hobby-Koch gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen.
Mit „Naturnahes Kochen“, einem Ernährungskaleidoskop zwischen Roh- und Hausmannskost, ist dem Autor ein wichtiger Beitrag dazu gelungen. Er führt enthusiastisch in die Materie ein, überzeugt nicht nur mit Argumenten sondern vor allem auch mit dem Ergebnis – schmackhafte, gesunde Speisen und Kreationen, die es wert sind, dauerhaften Eingang in die häusliche Küche zu finden. Sich gesund ernähren bedeutet unter anderem auch, Naturprodukte weitestgehend unverarbeitet zuzubereiten. Doch das ist keinesfalls ein Rückschritt. Auch eine Geschmacksumstellung ist nicht zu befürchten. An sich nur Umdenken und sich einige Dinge klar vor Augen halten, sind hierbei die wichtigsten Triebfedern. Mal mit etwas mehr Aufwand verbunden, dann wieder mit nicht alltäglichen Zutaten-Kombinationen, behält er doch immer die Natur, die Herkunft der Produkte im Blick und schärft dabei den des neugierigen Lesers und alsbald begeisterten Nachkochs.
Eine ausführliche Warenkunde eröffnet den Reigen. Für den einen zu langatmig, für den anderen genau die richtige Einführung zum wirklichem Verinnerlichen, worauf es wirklich ankommt und warum gerade diese Produkte eine größere Rolle auf unserem täglichen Speiseplan spielen sollten. Alles ist im Fluss, ein Kreislauf, zu dem auch wir gehören. Alles beginnt schon weit vor dem Kaufen, vor dem Kochen, vor dem Genießen. „Naturnahes Kochen“ ist daher viel mehr als nur ein Kochbuch mit Rezepten. Es klärt auf, es erklärt wichtige Zusammenhänge, sensibilisiert uns für Natur und Tier, praktisch dem Umgang mit unseren lebenswichtigen „Nahrungsmitteln“ und vor allem für uns selbst. Der Autor blickt mit uns weit über den Tellerrand. Und danach, so kann ich garantieren, blickt jeder etwas anders wieder zurück auf seinen Teller, auf dem das eben naturnah zubereitete Lieblingsgericht duftend auf den genussvollen Verzehr wartet.

Bewertung vom 01.07.2018
Die Magnolienfrau
De Stefani, Sabrina

Die Magnolienfrau


sehr gut

Eine Frau – ein Leben – ein Schicksal
Packend, emotional, spannend, einfühlsam sind nur einige Attribute um dieses facettenreiche Schicksal kurz zu beschreiben. Sie hat wirklich alles erlebt – Gefahr, Liebe. Leid, Verlust, Flucht, Mutterglück. Und sie ist daran gewachsen. Spiritualität spielt hierbei eine fast zentrale Rolle in ihrem Leben. Doch wie hoch war der Preis. Sabrina verzaubert und macht Mut. Wie sie lächelt! Einem unbändigem Freiheitsdrang zu folgen bedeutet Mut, Optimismus und einen festen Glauben an sich selbst.
Autobiographisch erzählt, besticht das Buch vor allem aber durch literarische Freiheiten und Abschweifungen. Das Porträt einer sehr eigenen Frau, die ihren Weg geht, der einer Odyssee gleicht. Sie steht im Fokus. Leider bleibt aber so der Blick des Lesers auf ihre Umgebung trüb, obwohl eben auch dies stellenweise von sehr großem Interesse gewesen wäre. Das Auf und b in ihrem Leben spiegelt sich ungewollt auch im Schreibstil der Autorin wider. Ihre Erlebnisse schildert sie in wechselnder Intensität. So manche Station ihres Lebens wird regelrecht stiefmütterlich behandelt. Einzig die Magnolien ziehen sich wie ein rotes Band durch Leben und Werk.
Freiheit muss nicht Glück bedeuten, kann aber trotzdem eine Erfüllung sein, wenn auch ohne wirkliches Happy End. Es ist, als hätte sie immer schon gewusst, dass sie kein alltägliches Leben führen wird. Interessant und lesenswert doch nicht beneidenswert; so vom Lesesessel aus betrachtet. Nicht alles wird ganz bis zum Ende erzählt. Der Leser bleibt mit einigen Fragen zurück. Wie also nicht in einigen Jahren noch einen Teil zwei.

Bewertung vom 10.06.2018
Alles was glänzt
Gamillscheg, Marie

Alles was glänzt


sehr gut

Ein Berg und seine Menschen
Die bergige Natur spiegelt sich gleichermaßen im Auf und Ab der Menschen, die darin leben, lieben, hassen, zweifeln, wider. Zwar sanft doch zügig wird der Leser in die Handlung eingeführt. Gespannt und aufmerksam erklimmt er die Höhen, sieht in tiefe Schluchten. Wenn die Natur kollabiert, was geschieht dann mit den Menschen? Reue? Wie sensibel ist man als Leser? Wie tangiert einen das Leben anderer wirklich?
Viele Nebenschauplätze, dramatische, heitere und nachdenklich stimmende Begebenheiten. Ein Wechselbad der Eindrücke. Mal fesselnd, mal interessant aber auch mitunter banal und langatmig. Man nimmt es gern in Kauf, will man selbst doch wissen, was eigentlich geschah und vor allem, was mit den Dorfbewohnern in Zukunft geschehen wird.
Die gute alte Zeit. Vorbei. Doch wie mit der einschneidenden Veränderung umgehen? Gehen? Wohin? Bleiben? Wofür? Jeder Bewohner des kleinen Bergdorfes reflektiert sein Leben und das Miteinander. Charaktere und der Begriff Gemeinschaft werden so indirekt mit unter die Lupe genommen.
Nach außen hin ist der Roman daher eher handlungsarm. Der Hauptteil spielt sich in den Köpfen der Menschen ab. Ebenso ergeht es dem Leser, der sich auf einiges ganz allein seinen Reim machen muss. Die Autorin überlässt ihn ebenso seinen Gedanken, wie sie es bei den Protagonisten tut. Dieser Umstand wird zu manch Enttäuschtem führen, da nicht immer eine eindeutige Handlungsrichtung vorgegeben wird, macht den Roman aber zugleich wiederum speziell, wenn auch gewöhnungsbedürftig.
Ein Roman, bei dem man nicht alles vorgebetet bekommt sondern der dazu anregt, mit- und vor allem weiter zu denken.