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Benutzername: 
Nancy Frohberg
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Drage

Bewertungen

Insgesamt 81 Bewertungen
Bewertung vom 09.12.2019
Grausame Spiele / Die Arena Bd.1
Barker, Hayley

Grausame Spiele / Die Arena Bd.1


ausgezeichnet

„Die Arena“ spielt im London der Zukunft. Hier ist die Gesellschaft in zwei Klassen unterteilt: Auf der einen Seite die Pures – die „reinen“ Menschen, die über allem stehen, und die Dregs – unterdrückter Abschaum, der beseitigt werden muss. Für die „Dreg-Kontrolle“ gibt es sogar einen eigenen Ministerposten. Vivian Banes hat dieses Amt inne. Sie ist die Mutter der männlichen Hauptfigur Ben. Ben wuchs in dieser Zwei-Klassen-Gesellschaft auf und hat vieles nie hinterfragt. Als Sohn einer Politikerin wurde er weitestgehend abgeschirmt und hat einen eigenen Bodyguard, der ihn überall begleitet, u.a. weil in seiner Kindheit entführt und ein Anschlag auf ihn nur knapp verhindert werden konnte. Ben ist vollkommen aufgeregt als der Zirkus nach London kommt und möchte ihn unbedingt besuchen. Er ahnt nicht, welche Zustände dort herrschen. Hoshiko, die Hochseilartistin, ist eine der Hauptattraktionen und fasziniert Ben von Anfang an. Hoshiko ist in Bens Alter und das ist im Zirkus eine wahre Seltenheit. Normalerweise überlebt keine der Attraktionen sehr lange. Der Zirkusdirektor denkt sich zur Unterhaltung der Pures nämlich immer neue Grausamkeiten aus, quält und foltert die Dregs auch außerhalb der Vorstellungen. Hoshiko erleidet bei jeder Aufführung Todesangst und hasst die Pures, die schaulustig in den Zirkus strömen, um Dregs möglichst sensationsträchtig sterben zu sehen, abgrundtief. Wie kann man es ihr verübeln, wurde sie doch mit fünf Jahren ihrer Familie entrissen, um Teil des Zirkus zu werden.
Der Roman wird abwechselnd aus Hoshikos und aus Bens Sicht erzählt. Hayley Barker schreibt die Geschichte in sehr knappen Kapiteln, oft umfassen diese nur zwei Seiten. Ich mochte diese schnellen Perspektivwechsel unheimlich gern. Das Tempo war dadurch sehr hoch und die Spannung zog von Kapitel zu Kapitel immens an. Der Schreibstil gefiel mir dabei außerdem sehr gut, weil er bildhaft und lebendig war: „Ich bin immer noch wach, als der Morgen seine eisigen Finger durch die Vorhänge streckt und ein langweiliger Tag anbricht.“ Viele Dialoge gab es nicht, was ich normalerweise bemängeln würde. Aber hier passte es einfach zum Inhalt und zum Stil. Die Geschichte um Ben und Hoshiko zog mich unaufhörlich weiter in seinen Bann. Ich ertappte mich dabei, wie ich selbst den grausamen Zirkusaufführungen entgegenfieberte und ekelte mich dabei beschämt vor mir selbst. Auch Ben erkennt plötzlich wie falsch die Welt ist, in der er lebt. Er schämt sich dafür, dass er nicht viel früher hinterfragt hat, was um ihn herum geschieht und kann dies nicht weiter ertragen. Auch Hoshiko merkt durch Bens Bemühen nach und nach, dass nicht alle Pures, die Monster sind, für die sie sie hält und so nimmt die Geschichte ihren Lauf.
Ein wenig schade finde ich jedoch, dass die Autorin nicht darauf eingeht, wie es zu der politischen Lage im Buch gekommen ist. Es wird lediglich erwähnt, dass die Dregs Zuwanderer und ethnische Minderheiten darstellen. Hier wäre durchaus an der einen oder anderen Stelle Potential gewesen, ein paar Hintergründe einzustreuen, um beispielsweise den Hass der Pures besser zu verstehen.
Hayley Barker hat hier einen dystopischen Roman geschaffen über ein London, das man so nicht kennenlernen möchte; über eine erste Liebe, die allen Widrigkeiten und Regeln zum Trotz entsteht; über Werte, die für unsere Gesellschaft wichtig sind und immer sein sollten; über Menschen, die ihre Grausamkeiten nicht als solche sehen; über das Leben und den Tod und wie sinnlos beides sein kann. Für mich ist „Die Arena – Grausame Spiele“ ein sehr beeindruckender Auftakt der Dilogie, auf deren Fortsetzung ich unendlich gespannt bin. Man findet hier eine besondere Erzählweise, eine bedrückende Atmosphäre und eine Geschichte, die zum Nachdenken anregt. Ich empfehle dieses Buch unbedingt weiter und vergebe volle Punktzahl.

Bewertung vom 06.11.2019
Die schöne Tote / Polizeireporterin Harper McClain Bd.2
Daugherty, Christi

Die schöne Tote / Polizeireporterin Harper McClain Bd.2


ausgezeichnet

Rezension „Die schöne Tote“ von Christi Daugherty
Im ersten Teil um Harper McClain „Echo Killer“ ermittelte sie an einem Fall, der dem Tod ihrer Mutter fast aufs Haar glich. „Die schöne Tote“ beinhaltet den Mord an der jungen, bildhübschen Jurastudentin Naomi Scott. Hauptverdächtiger, wie sollte es anders sein, ist zunächst der Freund des Opfers. Nur Naomis Vater glaubt nicht daran und bringt einen anderen Verdächtigen ins Spiel. Peyton Anderson – Sohn des ehemaligen Bezirksstaatsanwalts. In diesem Buch bringt Christi Daugherty ihre Protagonistin damit erneut an ihre Grenzen. Nicht nur, dass Harper gegen Peyton Anderson ermittelt, nein – ein Fremder, der bereits im ersten Teil eine Rolle spielte, verschafft sich aus unklaren Gründen Zutritt zu ihrer Wohnung und ihrem Auto. Und als ob dies nicht schon genug wäre, meiden die Polizisten Savannahs Harper nach ihrem letzten großen Fall immer noch. Es gäbe also durchaus bessere Bedingungen um eine Titelstory zu schreiben.
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„Die schöne Tote“ beinhaltet einen durchaus clever gestrickten Kriminalfall und obwohl die Autorin Hinweise auf einen dritten Fall streut, nimmt die Spannung dadurch keinen Abbruch. Durch einen leichten und lebendigen Schreibstil fliegt man nur so durch die Seiten. Obwohl ich den ersten Teil bereits vor einem Jahr gelesen habe, waren mir die Figuren und das Setting sofort wieder vertraut. Man merkt beim Lesen durchaus, dass Christi Daugherty selbst als Gerichtsreporterin gearbeitet hat und Savannah wie ihre Westentasche kennt. All ihr Wissen fließt wunderbar in die Geschichte ein. Es haucht den Figuren sowie der Umgebung Leben ein und lässt alle Figuren und Beschreibungen sehr authentisch wirken. Auch die Angst, die Naomi verspürt hat, bevor sie ermordet wurde, kann man aufgrund der Zeugenaussagen nachempfinden. Der Mordfall könnte genauso überall auf der Welt passiert sein und rief dadurch jede Menge Emotionen bei mir hervor. Viel zu oft kommen die Täter leider ungestraft davon. Christi Daugherty sieht dies wohl ähnlich und beginnt ihr Buch mit einer Widmung: „Für alle Frauen, über deren Ermordung erst auf Seite 6 berichtet wird.“
Das Finale des Buchs war an Spannung kaum zu überbieten, ereignis- und actionreich. Eine Wendung kurz vor Schluss überraschte und erschrak mich mindestens genauso wie Harper. Man kam – wie im Finale des ersten Teils – kaum zum Durchatmen. Und das alles, obwohl die Autorin einen neutralen Erzähler ohne Zeit- und Perspektivwechsel oder anderen stilistischen Schnickschnack für ihr Buch gewählt hat.
Mit der Auflösung des Mordfalls an Naomi und auch mit der Aussicht auf den dritten Teil bin ich mehr als zufrieden, aber (ich muss es zugeben) auch zum Sterben neugierig! Im Ernst, ich habe so viele Fragezeichen im Kopf, das glaubt ihr gar nicht! Das Buch sollte doch nicht einfach schon aufhören. Ich versinke jetzt also weiter in Lesekummer und fiebere auf den nächsten Teil hin.
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„Die schöne Tote“ ist wie ihr Vorgänger äußerst spannend geschrieben und rasant erzählt, ohne dabei den Figuren die nötige Tiefe und Authenzität zu nehmen. Ein sehr gelungene Fortsetzung, die mich erneut gespannt auf den nächsten Teil zurücklässt! Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung – auch wenn ihr den ersten Teil nicht lesen wollt, könnt ihr perfekt hier einsteigen. Volle Punktzahl für diesen großartigen Südstaaten-Thriller!

Bewertung vom 24.10.2019
Der Fund
Aichner, Bernhard

Der Fund


ausgezeichnet

Rezension zu „Der Fund“ von Bernhard Aichner
Bernhard Aichner ist vielen deutschen Lesern leider noch gar nicht bekannt. Eine absolute Tragödie in meinen Augen. Ein absoluter begnadeter Schriftsteller mit unverwechselbarem Stil. „Der Fund“ ist sein neuestes – und in meinen Augen – auch sein bestes Werk! Zeigt mir jemanden, der seine Hauptfigur schon auf der ersten Seite sterben lässt und trotzdem eine dermaßen fesselnde Story liefern kann. Ganz großes Kino!

Die Geschichte um Rita Dalek wird vom Autor von vorn erzählt, aber gleichzeitig auch von hinten aufgerollt. Der Polizist, der in Ritas Fall ermittelt, befragt etliche Zeugen. Diese Befragungen sind im schlichten Frage-Antwort-Stil gehalten. Ohne schriftstellerische Ausschmückungen – das ist eh nicht Aichners Art. Trotz dieser knappen Erzählform kam unheimlich viel Emotion bei mir an. Die Kapitel, die Ritas Fund und ihre Handlung von vorn erzählen, sind jedoch genauso besonders. Das liegt an Aichners unglaublich einzigartigem Schreibstil, den ich bereits erwähnt habe. Er schreibt kurz und knapp, einfach und redundant in der Wortwahl aber keinesfalls niveaulos, nüchtern aber nicht ohne Emotionen. Es ist schwer in Worte zu fassen, aber ich liebe es! Die Wechsel zwischen Befragungen und Erzählungen machten das Buch unheimlich spannend. Zum einen besaß man bereits Informationen, die man ohne die Befragungen nicht gehabt hätte, zum anderen war man aber trotzdem noch total ahnungslos. Dieses Spiel mit den Informationen machte das Buch zu einem richtigen Pageturner. Es wirkte alles einfach perfekt zusammen.
Der Autor hat es außerdem auf wenigen Seiten geschafft, eine dermaßen große Sympathie für Rita bei mir zu erzeugen, dass ich alles guthieß, was sie getan hat – auch, wenn es eigentlich falscher nicht hätte sein können. Sie ist eine sehr tragische, aber auch starke, Figur:
„Sie hat es hingenommen, dass das Glück in ihrem Leben immer ein Ablaufdatum hatte.“
Ich verstand Rita, ich mochte Rita, ich hatte Mitleid mir Rita. Kurz: Ich gönnte ihr diesen Fund und die damit verbundene Chance.
„Wie eine Blume fühlt sie sich, die plötzlich aufblüht. Etwas Verwelktes, das wieder zu leben beginnt. Es fühlt sich wunderbar an. Jede Minute, jede Sekunde.“
Die heimliche Heldin des Buchs war für mich jedoch ganz klar Ritas Nachbarin Gerda. Ich möchte nicht zu viel über Gerda und ihre Ideen verraten, aber Aichner hat nicht ohne Grund entschieden, dass David Bowies Song „Heroes“ in einem ganz bestimmten Moment im Buch im Radio läuft.
Ich tappte im Dunkeln. Wusste nicht, was Rita zugestoßen sein könnte. Erst nach ungefähr 300 Seiten hatte ich eine Idee, die sich sogar bewahrheitete. Aber trotzdem habe ich damit nicht ins Schwarze getroffen, denn der Autor hat sich ein grandioses Finale und Ende überlegt.
Bernhard Aichner hat sich mit diesem Buch in meinen Augen ganz klar in die Riege der ganz Großen geschrieben. Spannung, Emotion, Wendungen, toll gezeichnete Charaktere. Ich habe alles gefunden, was sich mein Leserherz erhofft. Ich kann ganz klar sagen: Ich habe einen neuen Lieblingsschriftsteller und kann das nächste Buch kaum erwarten. Seitdem ich weiß, dass Bernhard Aichner seine Erstfassungen sogar handschriftlich schreibt, habe ich noch größeren Respekt.
Von mir gibt es einen Lesebefehl für dieses Thriller-Meisterwerk!

Bewertung vom 17.10.2019
»Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten« und »Einladung zum Klassentreffen« (eBook, ePUB)
Schörle, Martin

»Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten« und »Einladung zum Klassentreffen« (eBook, ePUB)


sehr gut

Dieses kleine Büchlein fällt in die Kategorie „total anders“ und wie ihr wisst, mag ich das mittlerweile ziemlich gern. Das Cover der beiden Theaterstücke ist eher unscheinbar und hätte mich nicht unbedingt zum Kauf animiert. Ein Glück hat Martin Schörle mich angeschrieben und um eine Rezension gebeten. Man sollte sich vom Äußeren eben nicht täuschen lassen. Diese beide Theaterstücke haben ziemlich viel zu bieten – ganz besonders natürlich die Hauptfigur des ersten Stücks Hans Fredenbeckm, Vollblut-Beamter.

In diesem melodramatischen Monolog begegnet man der Frage nach dem Sinn des Lebens. Man wird jedoch außerdem in ein großes Wirrwarr aus Aktenzeichnen und Dienstvorschriften verstrickt. Ich selber arbeite im öffentlichen Dienst und kann den Wahnsinn, den Martin Schörle beschreibt, nur allzu gut nachempfinden. Ungelogen – die Beschreibung von Fredenbek passt zu 90 Prozent mindestens auf einen meiner Kollegen, ob ihr es glaubt oder nicht. Während sich Fredenbek über Sinnhaftigkeit diverser Büromaterialien und seines Büroalltags im Allgemeinen ergießt, streut Martin Schörle lauter witzige Formulierungen ein, die mir beim Lesen großen Spaß bereitet haben. Zum Beispiel „entziehen sich Radiergummi einfach ihrer zweckentsprechenden Verwendung. Fehlte ja nur noch, dass sie sich gewerkschaftlich organisieren“. Spontanität will bei dem Beamten außerdem gut überlegt sein. Mein absoluter Favorit jedoch war eine Bezeichnung für Kollegen oder auch Vorgesetzte, die über ein Studium verfügen und sich nie auf etwas festlegen wollen, wenn sie um einen Einschätzung gebeten werden. Diese Personen nennt Fredenbek (bzw. Martin Schörle) „Jenachdemiker“. Da habe ich echt herzlich gelacht – auch davon kenne ich eine Menge.

Das zweite Stück würde ich als Kammerspiel werten. Hier ruft der ehemalige Klassenkamerad Carsten bei Marina an, um diese zum Klassentreffen einzuladen. Nach und nach erfährt man zu beiden etwas mehr, u.a. waren sie wohl zu Schulzeiten ein Liebespaar. Marina ist eine sehr traurige Figur und denkt ihre „Liebe sei zerstörerisch“. Nach und nach schüttet sie Carsten jedoch ihr Herz aus, obwohl sie sich gerade im Zug befindet. Die anderen Zuggäste haben aber reges Interesse an diesem Gespräch und sind in meinen Augen die heimlichen Stars dieses Stücks. Das Stück regt aus meiner Sicht noch mehr zum Nachdenken an, als Fredenbek es tut. Thematisiert werden hier in kürzester Zeit sehr ernste Themen: gescheiterte Beziehungen, ein versagter Kinderwunsch, ein Todesfall in der Familie. Trotz allem gibt es auch hier witzige Momente. Mein Lieblingsausdruck war diesmal „menstruell überreizte Krawallnudel“. Sehr interessant.

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Man muss beachten, dass es sich trotz allem Witz und der Kürze nicht um leichte Kost handelt. Fredenbeks verschachtelte Sätze liest man nicht „mal nebenbei“. Mich hat es nicht gestört, da es sich „nur“ um Theaterstücke handelte und die Handlung nicht mehrere hundert Seiten umfasste. Im Gegenteil – in meinen Augen hat der Autor durch den ungewöhnlichen Stil bewiesen was er kann. Martin Schörle spielt in seinen Theaterstücken mit der deutschen Sprache und zeigt sich äußerst wortgewandt. Trotz der Verschiedenartigkeit überzeugten mich beide Stücke gleichermaßen. Fredenbek war mir zwischenzeitlich ZU durchgeknallt und Carsten und Marina gingen mir zwischenzeitlich etwas zu sehr Richtung Kitsch. Trotzdem ist dieses Büchlein ein kurzweiliger Lesespaß für Theater-Begeisterte mit einer guten Prise Humor. Ich empfehle das Buch sehr gern weiter.

Bewertung vom 11.10.2019
Disappeared
Tailor, Kathy

Disappeared


sehr gut

Ich schreibe den Anfang dieser Rezension nun bereits das fünfte Mal und werde einfach nicht glücklich damit. Also gehe ich es jetzt anders an. Einfach drauf los ohne großes Nachdenken über tolle Formulierungen.

"Disappeared" hat mir gut gefallen!

Es war ein klassisches Jugenbuch - wir haben junge Charaktere, die nicht immer nachvollziehbar handeln (aber welcher Teenager tut das schon?). Trotzdem gibt es sympathische und weniger sympathische Figuren. Alle wurden in meinen Augen nachvollziehbar und authentisch dargestellt. Nicht jede Nebenfigur ist bis in die Tiefe gezeichnet. Das erwarte ich bei einem Buch dieser Länge aber auch überhaupt nicht, da die Nebenhandlung dann einen viel zu großen Anteil hätte.

Bis zur Hälfte war ich mir nicht sicher, ob man von einem Thriller sprechen sollte. Es gab einfach viel zu wenig Action, Spannung und Bedrohung dafür - zumindest empfand ich es so beim Lesen. Ab der zweiten Hälfte nahm das Geschehen jedoch Fahrt auf und all das, was ich vermisste, war plötzlich da. Auch die Kapitel wurden immer kürzer. Es ging auf einmal Schlag auf Schlag. Die gelieferte Auflösung und das Finale gefielen mir ausgesprochen gut. Ich habe sehr zufrieden das Buch zugeklappt und dachte nur noch: "Uiii, das hätteste aber nicht erwartet! Da war ja doch noch richtig was los. Passte doch alles gut zusammen."

"Disappeared" ist ein Thriller, der Zeit braucht, um sein ganzes Potential zu offenbaren . Leser/innen, die dazu neigen, Bücher schnell zur Seite zu legen, wenn es nicht direkt zur "Sache geht", könnten hier einen leichten Unmut beim Lesen verspüren. Ich jedoch empfehle dieses Buch trotzdem uneingeschränkt weiter. Für das Finale und die Auflösung lohnt sich das Buch auf jeden Fall! Beim nächsten Buch von Kathy Tailor hoffe ich trotzdem drauf, dass sie es eher spannend macht. Dass sie es kann, weiß ich ja jetzt!

Von mir gibt es vier von fünf Leseratten für dieses Debüt!

Bewertung vom 08.10.2019
Miroloi
Köhler, Karen

Miroloi


ausgezeichnet

Auf meinem liebsten Instagram-Book-Channel wurde dieses Buch empfohlen und machte mich sofort neugierig, weil es sehr kontrovers diskutiert wurde. Ich liebe ja Bücher, die polarisieren und habe dann das dringende Bedürfnis mir eine eigene Meinung zu bilden.

Ich habe meine Entscheidung nicht bereut! Der Schreibstil dieses Buchs ist einfach komplett anders als alles, was ich bisher gelesen habe (und das ist einiges!). Zugegeben, ich fand den Stil anfangs echt richtig fürchterlich. Die Sätze sind sehr einfach, oft monoton und einige Kapitel bestanden in der Tat nur in Aufzählungen von Dingen! Ich war wirklich irritiert und dachte nur "Wie kann das denn für den Deutsche Buchpreis nominiert werden?!". Zum Glück gebe ich nicht so schnell auf. Ich gebe jedem Buch eine angemesene Zeit und Chance mich zu überzeugen. "Miroloi" hat es dann geschafft.

Aus der Ich-Perspektive schildert ein Mädchen, bzw. eine junge Frau ihr Leben auf der "schönen Insel", genauer gesagt: ihr Leben im "schönen Dorf". Dieses Dörfchen ist die ganze Welt für dessen Einwohner. Keiner, der dort geboren ist, darf es verlassen. Dafür Sorge trägt der Wächter, der jeden zurückholt, der versucht zu fliehen. Auf Fluchtversuche stehen harte Strafen. Das Mädchen ohne Namen, was wir beim Lesen begleiten, hat es erfahren. Ihr wurde das rechte Bein zur Strafe zertrümmert.

Im schönen Dorf haben die Männer das Sagen, allem Voran die Ältesten. Das ist eine Art Stadtrat bestehend aus den 13 ältesten Männern des Dorfes, die alle Entscheidungen für die Einwohner treffen. Zum Beispiel welche Waren, die der Händler per Schiff zur Insel bringt, bleiben dürfen. Schnaps und Tabak? Ja. Tampons? Nein, brauchen wir nicht. Es gibt noch weitere Besonderheiten, u.a.ist es Frauen nicht gestattet, lesen und schreiben zu lernen. Wozu sollten sie das auch brauchen? Verrichten sie doch die meiste Arbeit auf dem Feld und im Haus. Männer wiederum dürfen nicht singen. Warum sollten sie auch singen wollen? Singen ist weibisch.

Die dort herrschenden absurden Gesetze faszinierten mich, sodass ich gern mehr erfahren wollte. Ich versuchte herauszufinden, in welcher Zeit der Roman spielt. Wo könnte diese Insel sein? Je tiefer man in die Geschichte eindringt, umso mehr versteht man, dass die Insel überall auf der Welt sein könnte und dass auch die Zeit irrelevant ist. Denn Unterdrückung, Diskriminierung, Gewalt an Frauen, Gewalt im Namen der Relegion und Ungerechtigkeit gibt es auch heute immer noch überall auf der Welt. "Miroloii" ist viel mehr als ein Roman. "Miroloi" ist pure Gesellschaftskritik ziwschen zwei Buchdeckeln! "Miroloi" ist fantastisch erzählt.

Je mehr das Mädchen von ihrem Alltag in dieser abgeschotteten Gesellschaft berichtete, umso mehr empfand ich Mitgefühl mit ihr, mochte sie, bewunderte sie für ihre Stärke. Dann schritt auch die Handlung etwas voran. Sie schloss Freundschaften, hütete Geheimnisse und verliebte sich. Alles Dinge, die ihr untersagt waren, aber sie rebellierte - erst still und heimlich und dann immer offener. Auch die eigenwillige Sprache, die mich am Anfang so störte, ergab für mich auf einmal Sinn und passte perfekt ins Bild und wandelte sich nach und nach, wie sich auch dieses mutige Mädchen wandelte.

Der Roman lädt zum Nachdenken ein, entfacht Diskussionen, ist außergewöhnlich! Ein einfach tolles Buch über die Emanzipation einer jungen Frau. Ein Kampf gegen patriarchalische Strukturen. Ein Kampf für die Freiheit. Mich hat das Hörbuch total begeistert und ich kann es jedem empfehlen, der vor tiefsinniger Literatur nicht zurückschreckt und sich gern einmal auf ein absolut anderen Roman einlassen möchte.

Bewertung vom 08.10.2019
Dark Way
Metzeler, Pam;Castronovo, Anna

Dark Way


ausgezeichnet

In "Dark Way" wird der Selbstmord eines jungen Mannes beschrieben. Ein junger Mensch, der eigentlich sein ganzes Leben noch vor sich haben sollte.

Das Buch wurde in Zusammenarbeit von Pam Metzeler, der Mutter, und Anna Castronovo, einer Schriftstellerin, geschrieben. Die Zeilen könnten authentischer und echter nicht sein. Beim Lesen ist die Trauer, um den Verlust ihres Sohnes eindeutig zu spüren. Auch der Schock, die Wut und Hilflosigkeit, die Pam Metzeler aus heiterem Himmel getroffen haben, werden sehr emotional beschrieben.

Im Vordergrund des Buchs stand für mich jedoch ganz klar der Gedanke, dass Pam Metzeler mit ihrem Buch andere Familien vor einem solchen Schicksal schützen möchte und jeden dafür sensibilsiert psychische Erkrankungen zu erkennen.

Ein sehr trauriges Buch, das es verdient gelesen zu werden. Allein schon wegen der Kraft, die es gekostet haben muss, geschrieben zu werden. Ich wünsche der Familie alles Gute!

Bewertung vom 08.10.2019
Sterbekammer / Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn Bd.3
Fölck, Romy

Sterbekammer / Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn Bd.3


ausgezeichnet

„Sterbekammer“ ist der dritte Teil der Elbmarsch-Krimis von Romy Fölck mit dem ungleichen Ermittler-Duo Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn.

Die Cover von Romy Fölcks Krimi-Reihe haben einen tollen Wiedererkennungswert und zeigen immer die idyllische Seite der Marsch. Die Inhalte der Bücher hingegen sind jedoch weniger idyllisch, dafür jedoch umso spannender - ganz besonders „Sterbekammer“!

Ich empfehle allen interessierten Lesern, die Bücher um Frida und Bjarne in der richtigen Reihenfolge zu lesen, da sonst einiges an Spannung verloren geht und der Figurenentwicklung vorweg gegriffen würde. Es ist jedoch auch ohne große Probleme möglich, erst bei diesem Teil einzusteigen, falls ihr es nicht erwarten könnt, dieses Buch zu lesen.

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Das Buch hat zwei Handlungsstränge, die nach und nach immer mehr ineinander greifen. Einer der beiden befasst sich in gewohnter Manier mit dem Fall und den beiden Ermittlern, der andere Strang wird aus Sicht einer entführten Frau geschildert und gibt Einblicke in das von ihr erlittene Martyrium. Es sind Sätze wie „Seit heute weiß ich, dass ich hier sterben werde.“, die mir ans Herz gingen und die Verzweiflung der jungen Frau verdeutlichten. Diese Kapitel waren besonders emotional und ergreifend.

Romy Fölck baut die Spannung ihres Romans langsam auf, konfrontiert die Ermittler mit einem weiteren Fall und stellt sie vor Sackgassen. Erst, wenn die Spannung förmlich knistert, gibt sie nach und nach weitere Informationen. Jede Menge Ungereimtheiten, persönliche Veränderungen und wenig auskunftsfreudige Zeugen erschweren die Ermittlungen jedoch immer wieder aufs Neue.

Besonders gut gefiel mir dabei auch in diesem Teil wieder die Balance zwischen Ermittlungsarbeit, Kriminalfall und Privatleben der Figuren. Oft stört es mich recht schnell, wenn das Private überhandnimmt. Das ist hier jedoch nie der Fall. Allein schon, weil die Figuren mir so sehr ans Herz gewachsen sind, dass ich ihre Entwicklung mindestens genauso spannend finde wie die restliche Geschichte.

Außerdem muss ich den Schreibstil der Autorin unbedingt lobend erwähnen. Sie schreibt so angenehm, dass man nur so durch die Seiten fliegt und jegliches Zeitgefühl beim Lesen ablegt. Durch die eingestreuten Beschreibungen der Marschlandschaft wird ebenfalls eine tolle Atmosphäre erzeugt, man fühlt sich direkt einige hundert Kilometer in den Norden versetzt. Auch die bildhafte Sprache – teils sogar auf Norddeutschland gemünzt – gefiel mir wieder besonders und brachte mich zum Schmunzeln: „Der Wirt hatte die Statur eines Türstehers auf Sankt Pauli, war am ganzen Körper tätowiert, aber sein Gemüt war so friedvoll wie das einer Robbe beim Mittagsschlaf.“

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Die Story ist durch und durch spannend und auch wenn ich zwischendurch daran gezweifelt habe, dass Romy Fölck diesen Fall lückenlos aufklären kann, so ist es ihr doch gelungen. Jede falsche Fährte, jede kleine Spur und Andeutung hat am Ende als Puzzleteil ins Bild gefunden. Ein Twist zum Ende hat dem Ganzen noch das Krönchen aufgesetzt. Ganz großes (Schreib-)Kino vor einer fantastischen Kulisse! Ich wurde auch dieses Mal hervorragend unterhalten und habe das letzte Drittel bis in die Nacht hinein gelesen, weil ich es einfach nicht aus der Hand legen konnte. Von mir gibt es eine glasklare Leseempfehlung (übrigens auch für die beiden ersten Teile der Reihe)!

Bewertung vom 19.09.2019
Mein Herz so schwarz
Blackhurst, Jenny

Mein Herz so schwarz


sehr gut

Mein erstes Buch von Jenny Blackhurst hat aufgrund des wunderschönen Covers den Weg zu mir gefunden. Diejenigen von Euch, die meine Rezensionen verfolgen, wissen, dass ich ein kleines (oder auch großes) Cover-Opfer bin. Dieses hier hat auf jeden Fall direkt meinen Blick auf sich gezogen. In Verbindung mit dem äußerst interessanten Klappentext konnte ich nicht widerstehen.
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Gleich zu Beginn des Buchs lernt man Evies beste Freundin Rebecca näher kennen und weiß, dass es da ein dunkles Geheimnis geben muss (oder gar mehrere), das die beiden Frauen verbindet. Rebecca weiß etwas, was sie vor der Polizei und Evies Ehemann Richard verbirgt. Die Last dieses Wissens setzt Rebecca schwer zu und trotzdem kam sie mir irgendwie „schuldig“ vor. Diese Mischung aus Trauer und Schuld hat eine unheimlich große Spannung für mich erzeugt. Dass Rebecca aus der Ich-Perspektive berichtet, hat ihre Gedanken und Gefühle noch greifbarer gemacht. Außerdem liebe ich einfach Geheimnisse.
Der zweite Handlungsstrang berichtet über Evies Vergangenheit, beginnend bei ihrer Kindheit. Ich war am Anfang etwas irritiert und - ja, sagen wir es einfach so, wie es ist - genervt von diesem großen Zeitsprung, wollte ich doch wissen, was es mit Evies Suizid an ihrem Hochzeitstag auf sich hat. Zurückblickend kann ich berichten, dass dieser Handlungsstrang absolut wichtig und essentiell für das Buch ist. Jenny Blackhurst hat Vergangenheit und Gegenwart perfekt miteinander verknüpft und präsentiert einen clever konstruierten Plot.
Die beiden Handlungsstränge laufen immer mehr aufeinander zu und lassen (später) das Buch vor Spannung förmlich knistern! Es gibt immer wieder seltsame Begebenheiten, die nicht so recht erklärbar sind oder auch neue Informationen über Evie, die einen anderen Blick auf die Geschehnisse bedürfen. Evie ist überhaupt eine sehr interessante Figur - sie wird von Rebecca regelrecht angebetet. Auch Richard ist ihr verfallen. Man könnte fast meinen, sie wären „Evie-süchtig“ und doch schwingt in den Kapitel aus Rebeccas Sicht etwas anderes mit, was ich nicht so recht greifen konnte.
Ab ungefähr der Hälfte des Buches zog die Spannung extrem an und es kamen einige überraschende Wendungen, die mich staunen ließen.
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Fazit:
„Mein Herz so schwarz“ ist anfangs eher ein Drama über eine Freundschaft zweier Frauen, die Abhängigkeiten beider voneinander offenbarte, aber noch nicht wirklich viel Psychothriller-Feeling zu bieten hatte. Ab der Hälfte änderte sich dies für mich jedoch schlagartig und es entstand beim Lesen eine regelrechte Sogwirkung auf mich!
Die Figuren verbergen lauter finstere Geheimnisse, schmieden Intrigen, sind geplagt von Schuldgefühlen und Missgunst.
Die Auflösung hat mich vollkommen zufrieden das Buch zuklappen lassen. Ein toller Thriller, der sich Zeit lässt, aber dann zu überzeugen weiß.

Bewertung vom 18.09.2019
In Gestalt eines Anderen
Eskens, Allen

In Gestalt eines Anderen


sehr gut

Das Cover und der Klappentext haben mich direkt gefangen genommen! So treffend zum Buch, geheimnisvoll und düster: Absolut perfekt! „In Gestalt eines Anderen“ ist nach „Das Leben, das wir begraben“ mein zweites Buch von Allen Eskens. Direkt zu Anfang sei gesagt, dass ich wieder sehr gut unterhalten wurde, obwohl die Bücher in meinen Augen keinesfalls miteinander vergleichbar sind.
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Zum Inhalt mag ich gar nicht viel mehr verraten. Der Hauptakteur, Detective Alexander Rupert hat auch schon einmal bessere Tage erlebt. Seine Karriere und seine Ehe scheinen gerade synchron den Bach herunterzugehen und so kommt ihm dieser mysteriöse Fall von Identitätsdiebstahl gerade recht, hat er doch die Hoffnung sein ramponiertes Image so wieder aufzupolieren und dadurch eventuell auch seine Ehe zu retten.
Alexander ist ein schwieriger Protagonist. Ich tat mich unheimlich schwer damit ihn einzuschätzen. Als ich mich festgelegt hatte, präsentierte er dann doch eine unerwartete Seite und dann noch eine. Im Gegenteil zu Alexander mochte ich dessen Bruder Max Rupert auf Anhieb, obwohl man nicht sehr viel über ihn erfuhr. Allerdings hat auch Max Handeln mich im Verlauf der Geschichte überrascht. Ich find es grandios, wie facettenreich Allen Eskens Alexander und seinen Bruder Max gezeichnet hat. Es gibt eben nicht nur schwarz und weiß im Leben: Es gibt auch jede Menge Grauschattierungen.
Die Ambivalenz der Figuren gibt dem Buch einen Großteil der unterschwelligen Spannung und Dramatik. Eskens schreibt bildlich, flüssig, knapp, kalt - jeweils zur Situation passend. Die Atmosphäre im Buch glich einem Agenten- oder Spionagethriller und hat mich vollkommen abgeholt. Der Autor setzte immer wieder gekonnt Cliffhanger am Ende der Kapitel. Mir gefiel, dass Eskens nicht mehr Privatleben als nötig in den Roman eingebaut hat und den Fokus eher auf die Ermittlungen und Drago Basta legte.
Basta war ein unheimlich guter Bösewicht – eiskalt, effizient, clever. Durch Einblicke in seine Vergangenheit wurde er authentisch als der skrupellose, perfekte Killer dargestellt, der er über Jahre hinweg geworden ist. Eigentlich müsste man eher sagen, dass das Leben aus ihm diesen Attentäter gemacht hat. Allein die Darstellung von Basta ist dem Autor hervorragend gelungen. Dieser Antagonist und dessen Werdegang rief so viel unterschiedliche Emotionen in mir auf, dass ich immer wieder über das Buch nachdachte.
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Fazit:
„In Gestalt eines Anderen“ war nicht vergleichbar mit „Das Leben, das wir begraben“ – der Stil war düsterer, die Polizeiarbeit nahm den Großteil der Geschichte ein, es gab wesentlich mehr Action.
Das Buch war unterhaltsam, es gab kleinere Wendungen, die jedoch nicht immer total überraschend kamen. Mir fehlte hier noch eine kleine Prise Wow-Effekt, ein größerer Twist. Aber das ist meckern auf hohem Niveau. Die Geschichte war nämlich auf einer anderen Ebene trotzdem einnehmend und überraschend. Der Identitätsdiebstahl war nur ein kleines Puzzleteil in einem großen Ganzen. Es dreht sich viel mehr um die menschliche Psyche, um Dunkelheit, Einsamkeit, Intrigen, Skrupellosigkeit - im Mittelpunkt eine tragische Hauptfigur, zu der man im Zwiespalt steht und für die man doch hofft.
Das Ende gefiel mir unheimlich gut! Action, Tote, überraschende Handlungen… und ein Happy End (oder doch nicht?).
Ein toller Thriller, der nicht nur mit den Figuren, sondern auch mit der Psyche der Leser/innen spielt!