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Benutzername: 
Uli
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86637 Wertingen

Bewertungen

Insgesamt 321 Bewertungen
Bewertung vom 04.05.2024
Die Zeit der Hoffnung
Pecha, Bettina

Die Zeit der Hoffnung


ausgezeichnet

Schon das eindrucksvolle Cover zeigt uns, dass es sich um eine Geschichte aus den 50igern/60igern Jahren des vergangenen Jahrhunderts handeln muß. Ein Buch, das uns über drei ganz besondere Frauen berichtet, wie sie ihr Leben in dieser Zeit meistern. Die geschiedene Katharina heiratet Moritz, der seine Frau und sein Kind im Krieg verloren hat. Leider wird sie von ihrer Schwiegermutter überhaupt nicht akzeptiert. Katharina macht in der Modebranche Karriere, als sie merkt, dass sie schwanger ist. Schweren Herzen gibt sie ihren Beruf auf. Die junge Lisa wird von einem jungen Mann aus der besseren Gesellschaft schwanger, der aber abstreitet, der Vater des Kindes zu sein und sich jeglichen Kontakt verbietet. Marion betreibt eine Buchhandlung in Berlin, ihr Freund Claus wohnt im Osten der Stadt. Als dann aber die Mauer gebaut wird, sieht sie ihre Liebe in Gefahr. Alle drei Frauen sind miteinander befreundet. Die Autorin erzählt uns hier, in welchem Zwiespalt Katharina ist, sie würde trotz Kind ihren Beruf gerne ausüben, was aber zur damaligen Zeit nicht üblich war, zumal ihr Mann ein Rechtsanwalt ist. Und auch Lisa muß sich üble Worte und mitleidige Blicke gefallen lassen, sie war doch ein Mädchen, dass sich mit einem Mann eingelassen hat, ohne verheiratet zu sein. Dies überstieg die damaligen Moralverhältnisse. Eine Frau hatte ein keusches Leben zu führen bis zu ihrer Verheiratung. Und dann werden wir mitten in den kalten Krieg hinein katapultiert. Katharina wohnt mit ihrer Familie für ein Jahr in Berlin und bekommt die politischen Verhältnisse dort hautnah mit und sie sieht auch, wie ein junger Soldat über die Grenze noch im letzten Augenblick fliehen kann und dann wird die Mauer gebaut, obgleich Ulbricht dies bis zuletzt bestritten hat. Einsteils sehen wir den Konsum in Westberlin, das KADEWE mit all seinen Herrlichkeiten, andernteils die kargen Verhältnisse im Osten. Dann dürfen wir auch noch eine Republikflucht erleben. Die junge Lisa läßt nicht locker und kämpft für ihr Recht und auf Unterhalt für ihr Kind, auch wenn es sein könnte, dass sie wegen Meineids verurteilt werden könnte. Ein Buch, das wirklich in allen Belangen vollauf überzeugt hat. Die Autorin hat sich voll in diese Zeit mit ihren Problemen eingearbeitet und sehr umfangreich recherchiert. Besonders interessant wird das Buch durch das vollständig unterschiedliche Lebensweise der drei Frauen und letztendlich findet jede ihren Weg, um zufrieden zu sein. Jedes der einzelnen Kapitel ist mit einem Datum versehen. Der Schreibstil ist modern, überschaubar mit guten Erklärungen, überhaupt nicht verkünstelt, ohne viel Fremdwörter und von jedem gut zu lesen. Eine Unterhaltung, die den Leser sehr nachdenklich macht und uns zeigt, wie anders das Leben damals vor 70 Jahren für uns Frauen gewesen ist und wieviel sich seitdem zum positiven gewandelt hat.

Bewertung vom 03.05.2024
Wiener Zuckerl
Loibelsberger, Gerhard

Wiener Zuckerl


ausgezeichnet

chon allein das Titelbild mit den Bonbonkissen und Seidenbonbons, die ich als Kind auf den Märkten bekam, haben mir es angetan. Ich habe von dem Autor schon einiges Bücher gelesen und war immer wieder begeistert, wie er versteht, den Wiener Schmäh hinüberzubringen. In diesem Buch sind wahre und fiktive Geschichten, sehr interessante Krimis aber auch andere Begebenheiten beschrieben. Ich persönlich bin ein sehr großer Fan von Nechyba, der seine Fälle immer wieder mit viel List und Schlitzäugigkeit löst. Wenn er immer über den Naschmarkt geht, sich gutes Essen einverleibt, ja, da ist einem das alten Wien sehr nahe. Im neuen Wien wird uns erzählt, wie der Autor auf das Schreiben von Romanen kam. Vor allem aber haben mir die Zeitungsberichte aus der Zeit um 1900 gefallen, die der Autor in seinem Krimi zu Hilfe nimmt und die der Wahrheit entsprechen. Ach, was war denn schon damals Francesconi für ein Verbrecher?. Der tränende Eisberg ist eine Geschichte von ganz anderer Art. Viele der österreichischen Ausdrücke kamen mir wieder in Erinnerung, da meine Mutter nach dem Krieg ein paar Jahre in Österreich gelebtund gearbeitet hat. Erdäpfel, Lavoir, Paradeiser, Ribiseln, plärren, Watschn sind für mich nichts Unbekanntes. Da die Geschichten sehr kurz sind, kann man das Buch immer wieder zur Hand nehmen und man verliert nicht den Anschluß. Am Ende im Glossar werden die Begriffe dann erklärt. Wie immer, hat uns Loibelsberger in eine andere Welt versetzt und uns wirklich sehr unterhaltsame und interessante Lesestunden beschert. Nicht nur heute ist die Welt schlecht, auch schon damals gab es Mord und Totschlag.

Bewertung vom 02.05.2024
Christian Dior
Hess, Megan

Christian Dior


ausgezeichnet

Und wieder ein Buch von der grandiosen Mode-Illustratorin Megan Hess. Diesmal stellt sie uns den Modeschöpfer Christian Dior vor, einen eher unscheinbaren Mann, der Blumen und Glücksbringer über alles liebte und ein sehr guter Chef war und immer bestrebt war, dass es seinen Angestellten gut ging. Seine Karriere begann er zunächst als Kunsthändler, jedoch bald widmete er sich der Mode. Eine Wahrsagerin sagte ihm damals seinen Erfolg voraus. Er schuf nach dem Krieg und dessen Einheitskleidung sehr stilvolle Mode, das elegante Kostüm, das Bar Jacket, das wundervolle Dior Parfüm. Unvergessen und immer noch in ist seine Lady-Dior-Tasche. Seine Kreationen trugen Frauen wie Grace Kelley, Elizabeth Taylor, Marlene Dietrich und bis hinein in die heutige Zeit ist seine Mode bei der High Society beliebt. Leider verstarb dieser so einfallsreiche Mann viel zu früh und seine Schwester übernahm sein Imperium. Aufgelockert wird das Buch durch die vielen Zitate und Anekdoten. Wie wir von Megan Hess gewohnt sind, sind ihre Zeichnungen sehr gekonnt und dem Anlaß entsprechend dargestellt. Wie bei diesen Bücher üblich, bestehen sie aus Hochglanzpapier wie es sich für eine edle Modezeitschrift im Stil von Bazaar oder Vogue gehört und der Buchschnitt ist wieder golden. Eine edle Lektüre, die man immer wieder gerne in die Hand nimmt und darin blättert und sich dem Gefühl hingibt, selbst in einer der Roben von Dior zu sein.

Bewertung vom 01.05.2024
Evas Rache / Paul Stainer Bd.4
Ziebula, Thomas

Evas Rache / Paul Stainer Bd.4


ausgezeichnet

Dies ist schon der vierte Band um Kriminalinspektor Stainer, aber wie ich erfahren mußte, auch der letzte. Gerne hätte ich diese historischen Krimis mit Stainer, seinen Kollegen in der Wächterburg und seine mir inzwischen vertrauten Bekannten weiter gelesen. Aber wie sagt man, wenn es am Schönsten ist, hört man auf. Stainer versucht gerade akribisch, seinen Alkoholkonsum herunterzuschrauben, aber seine privaten und auch beruflichen Probleme lassen ihn dazu momentan nicht zu Ruhe kommen. In Leipzig treibt gerade ein Serienmörder sein Unwesen. Er hat es auf junge blonde Frauen abgesehen, die er foltert und bestilalisch ermordet. Doch dieser Lustmörder ist einfach nicht zu greifen und doch kann der Freund einer Ermordeten, der lebensgefährlich bei dem Angriff verletzt wurde, einige Angaben machen und man hat wenigsten ein paar Anhaltspunkte. Zu gleichen Zeit findet in Leipzig auch die technische Messe statt und ein junge Ingenieur will dort seine neueste Erfindung vorstellen., auf die aber einige andere Leute scharf sind und ihn deshalb auch schon überfallen haben. Dorns Frau reist ihm mit seinem Sekretär nach und wird entführt. Da sie blond ist, vermutet man, dass der Lustmörder wieder zugeschlagen hat. In einem weiteren Handlungsstrang kehrt ein junger Mann aus der Kriegsgefangenschaft in Sibirien zurück, doch dann erfährt er, dass das Gut seiner Eltern verkauft wurde und kein Erbe mehr da ist. Thomas Ziebula führt uns sehr gekonnt in das Leipzig von 1922, es gibt schon einige Autos und man merkt, dass die NSDAP und Hitler langsam auftauchen und die Bevölkerung für sich gewinnen wollen. Zunächst meint man, verschiedene Handlungsstänge vor sich zu haben, aber bald merkt man, dass dies alles eine Einheit bietet und sich ineinander fügt. Das Buch ist mehr als interessant geschrieben, die Ausdrucksweise des Autors ist sehr gut zu lesen, er läßt den Spannungsbogen langsam aber sicher steigen, die Kapitel sind kurz und endet meist mit einem Pageturner, so dass man unwillkürlich weiter lesen muß. Gut finde ich, dass die Ermittler auch mit ihrem Privatleben mit einbezogen werden, denn so sind diese auch als normale Menschen anzusehen, deren Leben nicht immer leicht ist. Ein Buch, das mich in die Welt um 1922 versinken hat lassen, man könnte sie die Plätze und die Gebäude wirklich bildhaft vorstellen und man merkt, dass die Leute nach dem Krieg wieder leben wollen. Hier hat Ziebula sich wieder selbst übertroffen und das Ende läßt den Leser einigermaßen verwundert und staunend zurück und man ist wirklich traurig, von allen Protagonisten Abschied nehmen zu müssen.

Bewertung vom 28.04.2024
Das Verlangen der Lustsklavinnen   Erotische Geschichten
Seda, Vera

Das Verlangen der Lustsklavinnen Erotische Geschichten


ausgezeichnet

Ein dunkles Cover, das mehr erahnen als sehen läßt und schon dadurch die Fantasie des Lesers spielen läßt. Zwei wundervolle Geschichten aus längst vergangener Zeit, nicht nur Sklavinnen, sondern Lustsklavinnen.
Um die schöne Madara wird in einem Ringkampf gerungen. Und dann siegt der Mann, der auch ihr gefällt. Rose ist in einem Kloster, schüchtern und scheu und ein Mann muß sehr lange um sie kämpfen, bis sie ihn erhört. Beide Frauen sind den Männern zu Willen aber sie wissen, wie es es machen müssen. Die Autorin beschreibt die lustvollen Szenen weder obszön noch vulgar, jedoch darf man hier bei einer gewissen Gewalt nicht zurückschrecken. Alles in allem ein sinnvolles (sinnliches) Buch, das nicht nur die Herzen höher schlagen läßt und wir erfahren, wie die Menschen in vergangenen Zeiten ihrer Lust frönten.

Bewertung vom 28.04.2024
Wären wir Vögel am Himmel
Litteken, Erin

Wären wir Vögel am Himmel


ausgezeichnet

Ein Roman, der uns sagt, dass die Ukrainer nicht nur heute im Kriegszustand sind. Es ist das Jahr 1941. Das Land war bisher unter sowjetischer und polnischer Besatzung, die Leute wurden ausgeraubt viele von ihnen wurden getötet und doch nun kommen die Deutschen und die Ukrainer meinen aufatmen zu können. Aber das Gegenteil ist der Fall. Die SS brennt die Häuer nieder, plündert, raubt und tötet, genauso wie es die Rote Armee getan hat. Lilja, die nach dem gewaltsamen Tod ihrer Familie nun eine Bleibe bei ihrer Tante Vika, ihrem Onkel und deren Kindern gefunden hat, wird von den Deutschen abgeholt und mit ihrem Cousin Slvako in einem Viehwagon unter den schrecklichsten Verhältnissen in ein Arbeitslager nach Leipzig gebracht, wo sie in einer Waffenfabik schuften mußten. Im Zug lernen sie die 12jährige Halya kennen und nehmen sich ihrer an, die von ihrer Mutter von den Deutschen getrennt wurde. Im Lager herrschen menschenunwürdige Verhältnisse, wenig und schlechtes Essen und Schikanen allerorts. Aber auch Vika und ihre Familie mußten aus ihrer Heimat Wolhynien flüchten. Ihr Weg ist nach Westen gerichtet und sie sind lange Zeit unterwegs, Hungern, Frieren und das kleinste Kind leidet immer wieder unter Fieber, aber es gab unterwegs immer nette Menschen, die ihnen weiterhalfen. Auch Lilja, Slavko und Halya gelang die Flucht aus dem Arbeitslager. Lilja hatte zuhause immer die Vögel beobachtet und sie wunderbar nachgezeichnet. Ihr Wunsch war es immer zu studieren, aber der Krieg hat diesen Wunsch total verblassen lassen. Die Autorin hat für dieses Buch die Erlebnisse ihrer eigenen Familie zusammengefaßt, die aus Wolhynien fliehen muße und diese gekonnt mit Fiktion und fiktiven Personen vermischt. Hier wird uns das Grauen und die Unmenschlichkeit des Krieges geschildert, die desolaten Zustände in den Arbeitslagern, wo die Leute an Krankheit und Unterernährung wegstarben wie die Fliegen. Aber auch die Flucht in Kälte und Schnee mit kleinen Kindern war fast nicht zu bewältigen, am Straßenrand sah man tote Kleinkinder und tote Menschen, die vor Schwäche und Krankheit umsanken. Die Pferde verendeten, so dass die Fuhrwerke von den Menschen selbst gezogen werden mußten. Doch in den Flüchtlingen steckte eine unbandige Kraft, weiterzumachen und im Westen ein neues Leben zu beginnen. Die Familien wurden getrennt und man hatte die Hoffnung, sich irgendwie wieder zu finden. Haben Vika, Lilja, Slavo und Halya die Kraft, diese Tortour zu überstehen? Werden sie im Westen wieder zueinander finden? Das Buch hat mich sehr bewegt und auch sehr nachdenklich werden lassen. Waren doch meine Eltern auch Flüchtlnge, aber sie haben über ihre Erlebnisse niemals gesprochen. Das Buch wird jeweils aus der Sicht der einzelnen Personen geschildert: Vika, Lilja, Halya und so können wir deren Gedanken, Wünsche und Ängste sehr gut miterleben. Die Autorin hat eine sehr gute Sprache, die Kapitel sind kurz und man fragt sich immer, wie es nun mit den Protagonisten weitergeht. Aber trotz all dieses Schreckens findet auch eine zarte Liebe hier ihren Platz. Die Beschreibung der Natur, der alten Heimat erweckt beim Leser die Sehnsucht, diese Orte einmal kennen lernen zu dürfen. Das Cover zeigt einen Vogel, der sich in die Lüfte, in die Frteiheit schwingt, so wie es die Personen sich in diesem Buch gewünscht haben.

Bewertung vom 27.04.2024
Ein Traum aus Nuss und Schokolade / Café Alba Bd.1
Lombardi, Emilia

Ein Traum aus Nuss und Schokolade / Café Alba Bd.1


ausgezeichnet

Ein Buch süß wie Kuchen, stark wie Cafe und geschmeidig wie Sahne. Wir werden hier in das wunderschöne Piemont entführt und erfahren so nebenbei die Entstehung der wunderbaren Nußnougatrcreme. Es isr das Jahr 1946. Die 16jährige Winzertochter Francesca aus dem kleinen Dorf Monchiero kommt als Hausmädchen zur Familie Milani, die in Alba ein erfolgreiches Cafe betreibt. Schnell arbeitet sich Francesca in ihre neuen Tätigkeiten ein, wobei ihr die Köchin Antonella mütterlich zugetan ist. Signora Milani ist eine sehr strenge Frau, wogegen der Padrone ein zurückhaltender und sehr gutmütiger Mann ist. Francesca ist wegen ihren fleißigen Art sehr beliebt und auch der jüngere Sohn Matteo der Milanis hat auf Francesca ein Auge geworfen. Doch dann erteilt die Familie ein schwerer Schicksalsschlag und deren Existenz ist bedroht und nun muß auch Francesca in der Backkstube mithelfen. Als dann aber auch noch die Schokolade knapp wird, erfindet sie ein neues Rezept, für das man anstatt der vielen Schokolade nun Nüsse hinzufügt. Diese Idee wird zum Erfolgshit bis dann ein Unglückfall alles zu zerstören droht. Die Autorin beschreibt hier so eindrucksvoll das Leben und die Charaktere der Protagonisten. Trotz vieler Steine, die Francesca und Matteo in den Weg gelegt werden, gibt es einen Weg, um zueinander zu finden. Hier wird der Fleiß, die Geschäftsidee und das gute Haushalten der jungen Leute so treffend dargestellt, man kann mit ihnen den wirtschaftlichen Aufstieg spüren. Den älteren Herrschaften ist das aufstrebende Schaffen dieser beiden jungen Leute oftmals ein Dorn im Auge und sie glauben nicht an den Erfolg. Das Buch liest sich sehr gut durch die flüssige und bildhafte Ausdrucksweise der Autorin. Wir erleben hier Glück, Liebe, Treue, Neid, Korrpution, Leid, Unglück, Schicksal und Trauer, ein Bad der Emotionen. Jede diese Gefühlregungen wird so beschrieben, dass der Leser meint, unmittelbar selbst betroffen zu sein und erst wenn man das Buch zur Seite legt, merkt man, dass man in diese Literatur total versunken war. Die leckeren Kuchen, Torten und Pralinen lassen uns das Wasser im Mund zusammenlaufen. Uns so nebenbei haben wir erfahren, wie die beliebte Creme ihren Anfang gefunden hat. Dies ist der erste Teil der Geschichte um das Cafe Alba. Eine Fortsetzung dieses Buches wird demnächst erscheinen und wir dürfen die Familie Milani weiterbegleiten. Das Cover ist wunderschön gestaltet mit Schokolade und einer Tasse frischen Kaffees.

Bewertung vom 27.04.2024
Das Fenster zur Welt
Winman, Sarah

Das Fenster zur Welt


ausgezeichnet

Ein Buch wie ein Traum, voller Poesie, Liebe, Freundschaft und sehr viel Kunst. Man kann sich mit diesem Buch total verzaubern lassen und in eine andere Welt hineinversetzen. Schon das Cover zeigt uns, dass dies etwas Besonderes sein muß. 1944 und es ist Krieg. Der 24jährige englische Soldat Ulysses begegnet in Florenz der 60jähirgen Kunsthistorikerin Evelyn und sie führt ihn bei einem Glas Wein in die Kunst ein und sät bei ihm das Interesse für die Gemälde alter Meister. Ulysses kehrt nach dem Krieg nach England in Londons West End zurück, wo er seine Ehefrau und große Liebe Peg weiß. Doch Peg hat sich inzwischen in einen Amerikaner verliebt und eine kleine Tochter. Ulysses lebt in einem Pub bei seinem Freund Col und dessen behinderter Tochter. Da gib es aber noch den Klavierspieler Pete und Cressy, der jedes Jahr unter seinem Kirschbaum das Kirschblütenfest feiert. Die Freunde halten zusammen, unterstützen sich gegenseitig. Und dann erbt Ulysses eines Tages einen alten Palazzo in Florenz, dessen Besitzer er eines Tages beigestanden war. Mit Pegs Tochter geht er nach Italien, er nimmt auch Cressy mit und sie schließen alle sehr schnell Freundschaft mit der florentinischen Nachbarschaft. Obwohl sich Ulysess und Evelyn nicht mehr sehen, besteht zwischen ihnen ein unsichtbares Band, bis sie das Schicksal dann viele Jahre später wieder zusammenführt. Die Autorin hat eine blumige und romantische Sprache, sie schreibt derart authentisch, dass man meint, die hier vorkommenden Protagonisten selbst zu kennen. Dass Buch führt eine Zeitspanne von 1944 bis 1979 aus und die Kapitel sind nach den Jahren geordnet, so dass wir fast ein ganzes Leben der Freunde begleiten dürfen. Auf den 530 Seiten kommt kein einziges Mal Langeweile auf, zuerst sind wird mittendrin am Arbeiterviertel von London und dann in der Altstadt von Florenz. Nachdem man den Roman gelesen hat, wirkt er noch sehr lange in einem nach und ich bin vollauf begeistert und froh darüber, dass ich ihn lesen durfte. Ein Highlight das zeigt, was Freundschaft alles bewirkt.

Bewertung vom 22.04.2024
Die Aisbergh-Akte
Lehmann, Rüdiger und Sonja

Die Aisbergh-Akte


ausgezeichnet

Der zweite Teil ist fast noch interessanter und macht nachdenklicher als es schon das Hochzeitszimmer getan hat. Der Archäologe Matteo Mancini stößt durch Zufall in den unterirdischen Verzweigungen von Wien auf Unterlagen seines Urgroßvaters Daniel Aisbergh. Er war Bakteriologe und Jude und arbeitete für das Nazirs, indem er Bakterien und Viren züchtete, die die jüdische Bevölkerung ausrotten sollte. Das Buch führt uns in die 20iger Jahre von Berlin und Wien wo das Leben nur so tobte, freizügige Tänzerinnen lebten, ungehemmte Lust zwischen den Menschen ausgelebt wurde und auch die Malerin Heidemarie von Salven, die recht frivol durchs Leben ging und deren Muse Daniel Aisbergh war. Damit Aisberghs Frau und Tochter nach Amerika auswandern konnten, verschrieb er sich den Nazis. Nun versucht Sally Wheeler zusammen mit Aisberghs Nachkommen, Unterlagen zu finden, die der Bakteriologe in Sicherheit gebracht haben soll, bevor er nach Israel transportiert wurde. Die Spur führt die Nachkommen nach Bozen, nach Tel Aviv, nach Hollywood, in alte unterirdische Gänge. Und es gibt auch einen Zusammenhang zwischen Sallys Onkel Carlos van der Meer und Daniel Aisbergh. Aisbergh war ein Spielball zwischen den Mächtigen, denn Hitler sowohl auch die Amerikaner waren an seinen Forschungen interessiert. Welche Ränkespiel mußte er sich da stellen? Was hatten die beiden wichtigsten Frauen in seinem Leben für eine Aufgabe? Den Nachkommen stellen sich so manche Fragen. Das Buch ist sehr eindrucksvoll geschrieben, wir kommen in Zeitzonen um die 20iger Jahre, die 30iger und 40iger Jahre und dem Heute. Van der Meer hat schon wieder seine Finger im Spiel, doch ihm kann irgendwie nie jemand etwas nachweisen, so aalglatt, so verschlagen wie er ist. Dieses Buch liest sich spannender als jeder Thriller, zumal die historischen Hintergründe Realität sind, während die Familien fiktive Personen sind. Hier werden uns eindeutig die Gräueltaten an der jüdischen Bevölkerung aufgezeigt, was man fast nicht begreifen kann. Jedenfalls haben wir am Ende des Buches einige neue Erfahrungen gemacht und man darf schon gespannt auf den dritten Teil der Sally Wheelers Reihe warten.

Bewertung vom 20.04.2024
Allein unter Dünnen
Fuhljahn, Heide

Allein unter Dünnen


ausgezeichnet

Ich muß sagen, dieses Buch war für mich interessanter als jeder Thriller. Heide Fuhljahn erzählt uns hier ihr Leben und wie es sich anfühlt, als über 100 kg Frau durch die Welt zu gehen. Ich habe die Bilder am Anfang des Buches betrachtet, Heide war eine bildhübsche junge Frau. Aber anhand der Fotos und der Jahreszahlen sieht man auch, wie sie stetig immer mehr zugenommen hat. Zwar hat sie schon mehrmalige Abnahmen gemacht, diese Kilos aber gleich wieder draufgehabt. Aber als sie noch schlank war, wurde ihr gesagt, dass sie abnehmen soll. So etwas frißt sich in die Seele eines jungen Menschen hinein. Und doch bewundere ich diese "starke" Frau, wie sie sich sportlich betätigt, meistens zuckerfrei ißt und dennoch nicht an Gewicht verliert. Sie ist Bezieherin von Bürgergeld, arbeitet aber noch nebenzu als Journalistin und kann im Wege ihres Berufes auch fremde Länder bereisen. Schonungslos und offen erzählt uns Heide, wie sie ihr Leben als Dicke empfindet, Frust beim Kleiderkauf, die engen Sitze im Flugzeug, Pech bei der Partnersuche, die hämischen Blicke im Bikini. Sie hat derart mit ihrem Schicksal gehadert, dass sie sich jahrelang in psychiatrische Behandlung begeben mußte, teilweise auch stationär. Und im Zuge der vielen Tabletten wird auch ihr Gewicht nicht weniger. Eine Frau, die aber trotzdem nicht aufgibt, weitermacht, immer auf der Suche nach Glück und Zufriedenheit. Ich finde aber trotz allem hat Heide nach eine gute Portion Selbstbewußtsein. Leider wird heute immer mehr auf die Äußerlichkeiten geschaut, die inneren Werte eines Menschen zählen nicht mehr. Die vielen Influencerinnen, Pop-und Filmstars machen es uns vor, wie dünn und attraktiv wir sein müssen. Heide wird ihren Weg schaffen, auch wenn sie unter Übergewicht leidet. Jedenfalls war das Buch eine sehr aufschlußreiche Lektüre und hat uns gezeigt, mit welchen Widrigkeiten dicke Menschen leiden müssen. Schaut man nicht selbst um, wenn man eine besonders dicke Person sieht?