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Benutzername: 
EmiliAna
Wohnort: 
Fulda

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Insgesamt 54 Bewertungen
Bewertung vom 30.04.2017
Göttersommer (eBook, ePUB)
Kersken, Sascha

Göttersommer (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

"Die Götter geben sich die Ehre"

Was wäre, wenn der liebe Gott oder, wie in unserem Falle, die Götter des Olymp plötzlich beschließen würden, die armen, unwissenden, umherirrenden Menschen nicht weiter ihrem Schicksal zu überlassen sondern zu ihnen herabzusteigen und lenkend in das Weltgeschehen eingreifen würden?

Sascha Kersken lässt genau das in seinem Roman geschehen, als in Athen auf der Höhe der Verhandlungen anlässlich der Wirtschaftskrise die Situation so verfahren ist, dass von göttlicher Seite eine Einmischung erforderlich erscheint, um den sich streitenden Verhandlungspartnern mit sanfter oder auch nicht so sanfter Gewalt einen Weg aus der Misere zu weisen.

Und damit beginnt eine höchst amüsante Erzählung, die mich bis zum Ende aufs Beste unterhalten hat!
Eine Handvoll Götter erscheint und bemächtigt sich einiger Schlüsselfiguren der Verhandlungen, denen sie zu einer neuen, ihnen genehmeren Sichtweise nicht nur in ihrer Haltung gegenüber dem bankrotten Griechenland, sondern auch auf das Leben im allgemeinen und ihr eigenes im besonderen verhilft.

Doch Uneinigkeit herrscht nicht nur unter den Sterblichen!
Auch die Götter untereinander sind sich nicht grün; und der Leser erfährt, dass sie sich keineswegs einmütig für eine Intervention in den Lauf der Dinge entschieden haben!
Insbesondere sind es Artemis, Poseidon und Pan, die die gegnerische Fraktion anführen und bald ebenfalls in Athen auftauchen, um die hilfreichen Absichten von Hades, Athene, Aphrodite, Ares, Eris und Hermes zu vereiteln. Und das versuchen sie mit allen Mitteln, die ihnen in imponierendem Ausmaß zur Verfügung stehen, wobei ihnen weder an Fairness gelegen ist noch sie sich an irgendwelche getroffenen Abmachungen gebunden fühlen.

Beide Fraktionen versichern sich der Unterstützung einer stetig wachsenden Anzahl von Menschen; Radio, Fernsehen, Internet, Zeitungen sind voll von ihrem sensationellen Erscheinen und ihren spektakulären Aktionen auf der Erde. Keiner zweifelt bald mehr an ihrer göttlichen Identität.
Ganz Athen spricht kaum mehr von etwas anderem, als es gebannt mitverfolgt, was sich da an Unglaublichem, Skurrilen, Niedagewesenen abspielt, das schließlich in einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen beiden Göttergruppen und ihren menschlichen Gefolgsleuten auf einer rasch dafür hergerichteten Insel gipfelt....

Was für eine - göttliche - Komödie, die Sascha Kersken da vor den Augen des Lesers inszeniert!
Er kennt seine Götter gut! Und gemäß den Eigenschaften, die ihnen in der Mythologie zugeschrieben werden, lässt er sie agieren, - zur hellen Freude des diesbezüglich ein wenig bewanderten Lesers!
Man mag versucht sein, die Methoden zu kritisieren, mit denen die Götter ihre erwählten Sterblichen gefügig machen und auf ihre Zwecke konditionieren, denn nicht immer haben die Menschen eine Wahl, oft tun sie etwas gegen ihren Willen, können dem aber keinen Widerstand entgegen setzen.
Dann gilt es, sich bewusst zu machen, dass wir es hier mit nichts anderem als einem Märchen zu tun haben, mit "Fantasy", um es modern und zeitgemäß auszudrücken, das den Leser mit urkomischen Szenen, die gelegentlich an Slapstick erinnern vor allem unterhalten, das aber - wie es in den meisten Märchen der Fall ist - durchaus auch nachdenklich machen möchte.
Und das gelingt, so meine ich, dem Autor in seiner speziellen Art des Erzählens vorzüglich!
Denn - am Ende erkennen die Menschen, und der Leser mit ihnen, dass auch der vermeintlichen Allmacht der Götter Grenzen gesetzt sind, und dass Probleme nicht einfach über Nacht - und mit nur einem Buch - aus der Welt geschafft werden können.
Auf eine Fortsetzung darf gehofft werden...

Bewertung vom 29.04.2017
Auf sanften Schwingen kommt der Tod
Avanzini, Lena

Auf sanften Schwingen kommt der Tod


ausgezeichnet

"Das Glück ist ein Vogerl"

Nach "Nie wieder sollst du lügen" tritt die Wiener Kommissarin Carla Bukowski erneut auf den Plan!
Gerade als in ihrem Privatleben alles gut zu laufen scheint, sieht sie sich erneut mit tragischen Vorfällen konfrontiert, die auf schwarzen Schwingen auf sie zu flattern und ihr buchstäblich den Boden unter den Füßen wegziehen.
"Das Glück ist ein Vogerl" heißt es im Klappentext - und genauso ist es! Carlas Lebensgefährte und zukünftiger Ehemann Leon fällt während seines Aufenthalts in einer Reha-Klinik einem Verbrechen zum Opfer!
Carla, obwohl am Boden zerstört, macht sich auf, seinen Mörder zu finden und gerät dabei in höchste Lebensgefahr. Denn rasch wird ihr klar, dass ihr Freund nicht das einzige Opfer ist.
Unerklärliches ereignet sich in der Klinik, Menschen sterben durch vermeintliche Unfälle oder Selbstmorde. Die Wahrheit aber bleibt zunächst verborgen.
Von Anfang an weiß der Leser jedoch mehr als Carla und ihre Kollegen, denn in die Handlung eingestreut sind immer wieder Tagebuchaufzeichnungen des Mörders, in denen er seine Verbrechen beschreibt. Und rasch wird dem Leser klar, dass er es hier mit einem sehr kranken Geist zu tun hat, der besessen ist von dem Gedanken, sich an seinen Opfern für vermeintliche oder tatsächliche Kränkungen rächen zu müssen. Erschreckende Abgründe tun sich auf!
Wird es Carla gelingen, den Mörder ausfindig zu machen und zu überführen? Wird sie den Wettlauf mit der Zeit und - gegen ihren eigenen Tod gewinnen?

Lena Avanzini beschreibt diese Mörderjagd in ihrem - recht umfangreichen - Kriminalroman sehr spannend und eindringlich.
Dabei gibt sie aber auch immer aufs Neue Einblicke in den oft banalen Alltag der Polizei und deren häufig erfolglose Ermittlungen.
Ihre glaubwürdigen Figuren sind allesamt keine Helden sondern ganz normale Menschen mit ebenso normalen Problemen und Zweifeln, und zum Glück gelegentlich auch mal erfrischend schrullig oder extravagant
,
Die Autorin versteht es meisterhaft, Charaktere zu zeichnen, sich in deren oft komplexe Gedankenwelt einzufühlen.
Dabei ist ihr Schreibstil klar, schnörkellos, direkt, gelegentlich mit spezifisch österreichischen Ausdrücken garniert, die dem Krimi zusätzliche Autentizität verleihen.
Und obwohl sie nicht mit leichter, eingängiger Kost aufwartet, dem Leser einiges zumutet und gewiss kein LeseVergnügen im eigentlichen Wortsinn beschert, so fesselt sie ihn doch bis zum Ende, bis zur Auflösung, die schließlich, dank klug gelegter Fährten kaum mehr überrascht, aber dennoch schockiert und betreten macht.
Genauso eben, wie es bei einem guten, hier sogar einem hervorragenden Kriminalroman sein sollte!

Bewertung vom 13.04.2017
Monsieur Jean und sein Gespür für Glück
Montasser, Thomas

Monsieur Jean und sein Gespür für Glück


ausgezeichnet

"Dem Glück auf die Sprünge helfen..."



Um es vorwegzuschicken - "Monsieur Jean und sein Gespür für Glück" ist einer der schönsten Romane, die ich in den letzten Jahren gelesen habe!
Es geht ein Zauber von ihm aus, der schwer zu beschreiben ist und dem ich mich zu keiner Zeit entziehen konnte noch wollte.
Die Charaktere, allen voran Monsieur Jean, werden so zart und einfühlsam gezeichnet, sind so voller Charme und Liebenswürdigkeit, dass man sie sofort ins Herz schließen muss und den sehnsüchtigen Wunsch verspürt, ihnen in der Wirklichkeit zu begegnen, denn sie machen die Welt nicht nur ein kleines Stückchen besser, fröhlicher, lebenswerter!
Ein Märchen? Vielleicht! Der Autor lässt es jedenfalls in seinem Buch Wirklichkeit werden....

Wir begegnen Monsieur Jean, einem älteren Herrn, der beschlossen hat, dem Glück auf die Sprünge zu helfen. Seinem eigenen? Weit gefehlt! Er ist ein bescheidener Mensch, verlangt nicht nach mehr, auch wenn ihm in seinem doch recht einsamen Leben nach der Pensionierung vielleicht etwas fehlt. Aber das weiß er nicht einmal selbst, ahnt es höchstens vage.
Unser Monsieur Jean liebt die Menschen und versteht sie wie kein anderer! Als Concierge in einem großen Züricher Hotel hatte er viele Jahre lang die Möglichkeit, sie beobachten, zu studieren. Er kennt sie und weiß um ihre heimlichen Wünsche und Sehnsüchte, ihre Traurigkeiten und ihre Verzagtheit, ihre Sorgen und Nöte.
Nach seiner Pensionierung aus heiterem Himmel macht er sich auf, einer Handvoll von ihnen zu einem schöneren, freundlicheren, erfüllten Leben zu verhelfen, - freilich ohne dass sie davon wissen.
Er braucht keinen Dank, möchte im Hintergrund bleiben.
Und das gelingt ihm auch beinahe, - aber eben nur beinahe!
Denn auch seine Schützlinge haben ein großes Herz, und einige von ihnen merken recht bald, wer hinter den wunderbaren Veränderungen in ihrem Leben steckt.
Ja und dann - lacht endlich auch unserem so überaus liebenswerten und großherzigen Monsieur Jean das Glück. Zur großen Freude des Lesers!

Mehr soll an dieser Stelle nicht verraten werden über den Roman, der leicht wie eine laue Sommerbrise das Herz des Lesers berührt und erwärmt und ein Lächeln auf sein Gesicht zaubert. Noch lange nachdem er das bezaubernde kleine Meisterwerk aus der Hand gelegt hat...

Bewertung vom 11.04.2017
Tod à la Provence
Heineke, Andreas

Tod à la Provence


ausgezeichnet

Teurer Trüffel



Als der Pariser Polizist, Feinschmecker und Hobbykoch Pascal in ein kleines Dorf in der Provence zieht, um in der Landschaft seiner Sehnsucht ein neues Leben zu beginnen, ahnt er noch nicht, dass er hier keineswegs das Paradies findet, das ihm vorschwebte!

Dass man ihn nicht direkt willkommen heißt, wundert ihn zunächst nicht, ist ihm doch bekannt, dass man hier auf die Bewohner der Hauptstadt, die man als arrogant einstuft, nicht gerade wartet.
Doch es dauert gar nicht lange, da merkt der frischgebackene Dorfpolizist, dass es unter der scheinbar so gleichmütigen Oberfläche im winterlich verschlafenen Örtchen gehörig brodelt!
Er braucht aber ein wenig Zeit, bevor er sich ein Bild von der Situation machen kann - und von einigen seiner neuen Mitbürger, wie dem verschlagenen Bürgermeister, der wiedergewählt werden möchte oder von der gastfreundlichen, begüterten Familie, auf deren Weingut er sich vorläufig eingemietet hat.

Und da ist dann noch der reiche Amerikaner Jack, der sich durch seine Pläne, ein Golf-Resort ausgerechnet dort zu bauen, wo sich "der Wald" befindet, bei den Ortsansässigen äußerst unbeliebt macht. So unbeliebt, dass man ihn ermorden möchte?
Buchstäblich im Zentrum des Krimis mit dem Flair der feinen Lebensart und den Gerüchen der Provence steht eben jener geheimnisvolle Wald, dessen Besitzverhältnisse nicht recht klar sind, was aber niemanden zu kümmern scheint! Jeder geht hier ein und aus, um sich an dem wahren Schatz der Region, den Trüffeln zu bedienen, die hier reichlich vorkommen und als die besten in Frankreich gelten.
Unversehens stellt Pascal - und mit ihm der Leser - fest, dass die Trüffeln, die zu exorbitanten Preisen gehandelt und verkauft werden, womöglich der Schlüssel sind zu den Vorgängen, die der Dorfpolizist zu ergründen versucht, wodurch er sogar in Lebensgefahr gerät!
Außerdem ist da auch noch eine geheimnisvolle Schöne, Elaine, die dem sehr willigen Pascal schöne Augen macht und in deren Netzen er sich verfängt...
Meint sie es ehrlich? Oder benutzt sie den hingerissenen Pascal zu ihren eigenen Zwecken, wie immer geartet die auch sein mögen?

Darauf und auf noch mehr erhält der Leser im Laufe der lebendigen, flott erzählten Handlung Antworten, und er wird zudem immer wieder durch unerwartete Wendungen und die Begegnung mit der einen oder anderen skurrilen Figur überrascht.
Im besten Sinne des Wortes hat Andreas Heineke hier einen spannenden und gleichzeitig charmanten Kriminalroman mit viel Lokalkolorit geschrieben, den man bis zum Ende kaum aus der Hand legen mag und der für Liebhaber der Provence, ihrer Lebensart und ihrer Genüsse, und solche, die es werden wollen, wahrlich ein Muss ist.

Bewertung vom 09.04.2017
Altenstein
Kessel, Julie von

Altenstein


gut

Alte Heimat



Julie von Kessel skizziert in ihrem Roman die Geschichte einer adligen Familie, die ihre Heimat Ostpreußen in den letzten Kriegswochen verlassen muss und über einen weiteren Familienbesitz, Altenstein in Brandenburg, schließlich in den Westen gelangt und im Rheinland ansässig wird.

Der Erzählbogen spannt sich vom Jahr 1943 bis 2005, doch geschieht dies nicht chronologisch, sondern findet auf mehreren unterschiedlichen Zeitebenen in ungeordneter Reihenfolge statt.
So ungewöhnlich der Aufbau des Romans ist, was den Lesefluss behindert und dem Leser ein gewisses Maß an geistiger Flexibilität abverlangt und durchaus zu manchen Verwirrungen und Unklarheiten führt, so klar und gewählt ist jedoch die Sprache der Autorin, die sich auf hohem Niveau bewegt.
Nie verliert sie sich im Dramatischen, nie in dessen Gegenteil. Dadurch wird es dem Leser nicht leicht gemacht, sich den Charakteren des Buches zu nähern. Diese bleiben seltsam blass....

Und sie sind überdies von komplizierter, sperriger Natur, allen voran Agnes, das Oberhaupt der Familie von Kolberg, die die Flucht tatkräftig und effizient organisiert wie auch den Neubeginn im Westen. Sie nötigt dem Leser Respekt ab, gewinnt aber kaum seine Zuneigung, da sie von rigoroser Natur ist und trotz aller Bemühungen für ihre Kinder sich selbst immer am nächsten ist.
Die Kinder selbst sind natürlich durch diese dominante Mutter und all die Erlebnisse auf der Flucht geprägt und ihr Leben als Erwachsene nimmt Verläufe, die von Zerrissenheit sprechen.
Julie von Kessel konzentriert sich hauptsächlich auf die beiden jüngsten Sprösslinge der Kolbergs, längst nicht auf alle, was auch in Ordnung ist, denn deren Lebensläufe bewegen sich in weniger dramatischen Bahnen...

Viel Schweres und Trauriges kommt zur Sprache, das manchmal beinahe unerträglich wird.
So geschieht es, dass Konrad, das jüngste Kind der Familie, der eigentlich nie richtig ins Leben gefunden hat, der Vieles ausprobiert, aber im Grunde untüchtig ist, beschließt, nach der Wende den Besitz in Brandenburg, Altenstein, zurückzuerhalten.
Dabei schätzt er nicht nur die Gesetzeslage zur Rückgabe konfiszierter Ländereien und Besitze falsch ein, sondern auch die Bereitschaft seiner Geschwister, seine Bemühungen mitzutragen oder zu unterstützen...
Und so kommt es, wie es kommen muss - und der Leser muss mitansehen, wie eine Familie, die so viel Schweres miteinander durchgestanden hat, langsam auseinanderfällt....

Nein, ein leichtes Buch ist "Altenstein" gewiss nicht! Und auch keines, das man nach dem Lesen befriedigt beiseite legt. Der Roman beunruhigt und macht betroffen - ob man ihn mag oder nicht.
Er wird den Leser weiterbeschäftigen.
Und, so frage ich mich, ist das nicht genau der Effekt, den ein Buch von Qualität beim Leser hinterlassen sollte?

Bewertung vom 07.04.2017
Tod im Nichts
Ballmann, Allan; Pütter, Axel

Tod im Nichts


gut

Ein rätselhafter Fall



Allan Ballmann lässt den Leser in seinem Roman zunächst einmal eintauchen in die Traumwelt seines Protagonisten, eines Kriminalkommissars, der aus tiefer Bewusstlosigkeit langsam wieder ins Leben zurückfindet.
Danach muss er feststellen, dass er sein Gedächtnis verloren hat. Er gewinnt es zwar ganz allmählich wieder zurück, aber die letzten beiden Monate seines Lebens sind wie ausgelöscht.
Damit nicht genug, muss er feststellen, dass er allem Anschein nach in ein Verbrechen verwickelt ist, das für zwei Menschen tödlich endete...
In seinem verzweifelten Versuch, der Sache auf den Grund zu gehen, verstrickt er sich immer tiefer in einen gefährlichen Sumpf, in dem er Bekanntschaft macht mit dem wirklich Bösen, dem organisierten Verbrechen, bei dem sehr viel Geld eine Rolle spielt.
Obwohl sich der Kommissar nicht vorstellen kann, zum Mörder geworden zu sein, erfährt er doch Stück für Stück Dinge über sich und die Kreise, in denen er sich bewegte, die ihn an sich zweifeln lassen - und den Leser mit ihm.
Wer ist er wirklich?
Was hat er in den beiden Monaten, an die er sich nicht erinnern kann, getan? Und warum?
Er begibt sich auf eine einsame, lebensgefährliche Suche nach der Wahrheit, der er, begünstigt durch den Zufall, allmählich auf die Spur kommt...
Diese Suche beschreibt der Autor durchaus spannend, aber auch mit einigen Längen und manchmal, was der Thematik geschuldet sein mag, schwer durchschaubar.
Dabei gibt er Einblick in die Maschinerie der Polizeiarbeit, die er als Mann vom Fach natürlich sehr gut kennt, die aber für Außenstehende ein fremdes Gebiet ist, und deren Mechanismen eigenen Gesetzen unterliegen.
Zudem wagt er sich in die Welt der Finanzen und diesbezüglichen Machenschaften und betrügerischen Transaktionen, an denen die organisierte Kriminalität munter beteiligt ist. Auch dies ist ein Gebiet, auf dem der unbedarfte, nicht informierte Leser schnell ins Straucheln kommt.
Alles in allem ist "Tod im Nichts" ein zwar aufschlussreicher, jedoch durchweg düsterer Krimi, dessen deprimierendes, illusionsloses Ende - oder ist es gar kein Ende? - keineswegs befriedigen kann.

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Bewertung vom 01.04.2017
White Zone - Letzte Chance
Brandis, Katja

White Zone - Letzte Chance


ausgezeichnet

Letzte Chance in der Antarktis

In ihrem neuen Roman nicht nur für jugendliche Leser nimmt sich Katja Brandis eines ungewöhnlichen Themas an.
Sie schickt sechs straffällig gewordene junge Leute im Jahr 2030 im Rahmen eines Resozialisierungsprogramms auf eine verlassene Forschungsstation in der Antarktis. Dort sollen sie unter extremen Bedingungen und der Aufsicht von zwei Betreuern die Möglichkeit erhalten, ihrem Leben eine andere Wendung zu geben und in ein normales Leben zurückzufinden.
Für die meisten der Jugendlichen, beinahe noch Kinder, ist die Antarktis die buchstäblich letzte Chance, - und es scheint so, als wären sie, nach den zu erwartenden anfänglichen Schwierigkeiten, sehr bereit, diese zu ergreifen.
Im Laufe der Handlung gelingt es ihnen, zu einer Art Gemeinschaft zusammen zu wachsen, sie fassen Vertrauen zueinander; und der Leser erfährt nach und nach immer mehr über ihre jeweiligen Vorgeschichten und die Vergehen, die sie auf die Antarktisstation gebracht haben.

Doch "White Zone" erschöpft sich beileibe nicht in der Beschreibung von Wiedereingliederungs- und sonstiger pädagogisch-psychologischer Maßnahmen!
Er ist viel mehr, dieser Roman! Er ist ein spannender Krimi, eine berührend zarte Studie von Kinderseelen, die so stark verwundet wurden, dass ihre Hilfeschreie in gesetzeswidrigen Aktionen mündeten, - und nicht zuletzt ist er auch eine Vision einer nicht allzu fernen Zukunft mit technischen Möglichkeiten, die man bereits heute erahnen kann, genauso wie unguten Entwicklungen, die gleichzeitig zu befürchten sind.

Und unversehens stellt der Leser fest, dass auf der heruntergekommenen Forschungsstation nicht alles so ist, wie es scheint!
Plötzlich beschleicht ihn das Gefühl drohender Gefahr, denn unerklärliche Dinge ereignen sich, die darauf hindeuten, dass sich versteckt in den Tiefen des weitläufigen Gebäudes ein Unbekannter aufhält.
Möchte er den jungen Leuten Schaden zufügen? Oder lauert gar Gefahr innerhalb der Gruppe? Und wenn dem so ist - welche Absichten verfolgt er?
Und so wird der Leser sehr bald hineingezogen in einen Strudel sich überschlagender Ereignisse, die ihn bis zum Ende in Atem halten...

Die Handlung des Romans wird weitgehend aus der Perspektive des Mädchens Crash erzählt, die bald die Sympathien des Lesers gewinnen wird. Wir folgen ihren Gedanken, ihren Beobachtungen und erleben mit, wie sie selbst sich verändert, langsam, während die Geschichte voranschreitet. Ob es ihr, die sich von Anfang an stark zu der eisigen weißen Weite der Antarktis hingezogen fühlt, ganz so, als warte hier etwas - oder jemand? - auf sie, gelingt, einen Neuanfang zu machen? Werden sich ihre Vorahnungen bestätigen?

Katja Brandis gelingt es hervorragend, ein nicht einfaches Thema umzusetzen! Ihre Sprache ist klar und eindringlich, doch gleichzeitig auch anrührend. Sie versteht es, Stimmungen einzufangen und sie dem Leser zu übermitteln. Und sie schreibt logisch und zur gleichen Zeit mitreißend.
Dass sie darüberhinaus eine Autorin ist, die Wert auf Genauigkeit legt, merkt man deutlich, wann immer sie, was häufig geschieht, Hintergrundinformationen einstreut:
zur modernen Technik, zur Geschichte der Antarktisstationen, zu den Forschungen, die dort durchgeführt werden, etc.
Ein wichtiges Thema im Roman ist auch der Schutz unserer Erde, unseres Lebensraums und der Tierwelt, der der Autorin, so darf man mutmaßen, ein Herzensanliegen ist - und den sie schließlich auch zur Herzensangelegenheit ihrer Protagonisten macht.
All dies macht "White Zone" zu einem herausragenden ( Jugend- ) Roman, dem ich eine große Leserschaft wünsche!

Bewertung vom 31.03.2017
Madame Cléo und das große kleine Glück
Wekwerth, Tanja

Madame Cléo und das große kleine Glück


ausgezeichnet

Bezauberndes Alltagsmärchen

Tanja Wekwerth ist mit ihrem neuen Roman ein anrührendes kleines Meisterwerk der Fröhlichkeit, der Lebenslust und der guten Laune gelungen, das den, nicht nur romantischen, Leser von der ersten Seite an in seinen Bann zieht und bis zum Ende, und ich darf sagen sogar darüber hinaus, nicht mehr loslässt.

In diesem zauberhaften Buch lässt sie uns die Bekanntschaft der nicht mehr jungen Französin Madame Cleo machen, die in Berlin gestrandet ist und mit vielerlei Sorgen, mit Geldnöten, Einsamkeit und den Erinnerungen an ihre große Zeit in Paris zu kämpfen hat.
So, wie es nun einmal ihre Art ist, stellt sie sich ihrem recht freudlosen Leben stets mit Haltung, Würde und Disziplin. Damit ist sie ganz Produkt einer Zeit in der genau diese Eigenschaften gepflegt wurden.
Als Cleo aus einer Notsituation heraus beschließt, ein Zimmer in ihrer kleinen Wohnung unterzuvermieten, ahnt sie nicht, dass ihr Leben damit eine Wendung erfahren wird, durch die sie ihre schon beinahe verloren geglaubte Lebensfreude mit einem Schlag zurückgewinnt.
Der traurige Italiener Adamo zieht mit seiner Tochter Mimi bei der einsamen Cleo ein und mit ihnen kommen Liebe, Glück und Hoffnung zurück und verändern das Leben der drei Protagonisten nachhaltig.
Doch bis es soweit ist, sind noch allerlei Hürden zu nehmen und alle drei müssen lernen, ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen, nur die schönen Momente daraus zu bewahren und mit Vertrauen und Mut einen unkonventionellen Weg in die Zukunft zu wagen.
Dabei steht ihnen eine Reihe liebenswerter, alltäglicher, bisweilen auch schrulliger Nebenfiguren hilfreich zur Seite....

Eine dieser Nebenfiguren, lange tot, für Cleo, die in jungen Jahren bei ihr als Mannequin gearbeitet hat, aber so lebendig wie damals, ist die Modeschöpferin Coco Chanel, aus deren Leben wir immer wieder neue Szenen durch Cleos Augen sehen.
Ja, es ist Mademoiselle Coco, die in dem Roman ein und aus geht, deren Geist ( und Duft ) über allem schwebt - und die ganz und gar nicht unbeteiligt ist an der überraschenden Lösung, die unseren drei längst liebgewonnen Protagonisten den Weg ins Leben, in eine lachende Zukunft weist!
Denn wäre Madame Cleo nicht eines Tages mit Adamo und Mimi nach Paris gereist, dann....

Tatsächlich schreibt Tanja Wekwerth hier ein modernes Märchen! Sie tut dies mit soviel Leichtigkeit und Charme, dass man sich erinnert fühlt an laue Sommertage, sanfte Winde, die die Haut streicheln und die einem unmittelbar ein beschwingtes Gefühl verleihen. Sie lässt uns in Berlin spazieren gehen und nimmt uns schließlich mit in Madame Cleos Paris, wir sehen die Stadt mit ihren Augen - und müssen uns sofort in sie verlieben.
Darüberhinaus ist die Autorin eine Meisterin des Details, - denn es sind vor allem die kleinen Dinge, die maßgeblich sind für den unwiderstehlichen Charme des Romans. Kleine Vignetten gleichsam...
Mögen diesem liebenswürdigen , den Leser verzaubernden Roman recht viele Leser beschieden sein!

Bewertung vom 31.03.2017
Als das Meer uns gehörte
Zitwer, Barbara J.

Als das Meer uns gehörte


schlecht

Der Klappentext ist vielversprechend:
Eine Frau, die ihren Mann auf tragische Weise verloren hat, flüchtet mit ihrem gehörlosen Sohn an den Ort, an dem sie aufgewachsen ist, auf der nördlichsten Spitze von Long Island. Dort versucht sie, das Geschehene zu verarbeiten und ihrem Sohn, der ihr die Schuld am Tod des Vaters gibt, wieder näher zu kommen und ihm bei der Verarbeitung seines Kummers zu helfen. Behilflich dabei ist ihr ein Meeresforscher, der einen ganz besonderen Wal erforscht....

Ein Stoff, der wie geschaffen ist für einen packenden Roman, dachte ich, - und wurde doch bald eines Besseren belehrt!
Nicht nur ist das Buch voller Ungenauigkeiten und Unstimmigkeiten, die Zeugnis davon ablegen, wie wenig sich die Autorin um tatsächliche Fakten bemüht hat, sondern es ist auf eine Weise geschrieben, die es schwer macht, einen echten Zugang zu bekommen.
Dem Roman fehlt es vor allem an Tiefe. Beinahe alles bleibt an der Oberfläche, unterschiedliche Klischees werden bedient, Figuren werden angerissen, - sie bleiben mir als Leser bis zum Ende fremd, bringen keine Saite in mir zum Klingen.
Die Handlung besteht nicht aus einem Strang, nirgendwo ist ein roter Faden erkennbar, Szenen reihen sich beinahe willkürlich aneinander, abrupte Zeitsprünge ohne Versatzstücke erschweren einen Lesefluss erheblich.
Leider gibt die Autorin keine Hintergründe, die es ermöglicht hätten, ihre Hauptfiguren zu verstehen und ihnen nahezukommen.
Sie lässt sie durch eine holprige Handlung mehr stolpern als gehen.
Irgendwann habe ich es aufgegeben, die Intentionen der Autorin verstehen zu wollen und auf etwas mehr Logik zu warten. Und ich habe mich nur noch gelangweilt und das Ende des doch recht umfangreichen Buches herbeigesehnt, das ich schließlich nur solchen Lesern empfehlen kann, die Freude an Romanen in schwerfälligem Telegrammstil haben.

Die Autorin ist von Haus aus Drehbuchautorin! Das sollte sie künftighin besser auch bleiben.

Bewertung vom 19.03.2017
Das Erbe von Carreg Cottage
Wilken, Constanze

Das Erbe von Carreg Cottage


ausgezeichnet

Das Vermächtnis der Druidin

Mit "Das Erbe von Carreg Cottage" hat Constanze Wilken einen mitreißenden Roman erschaffen, dessen Handlung auf zwei Zeitebenen in Abardaron auf der Halbinsel Llyn im mythenreichen Wales angesiedelt ist.
Wir begegnen zwei außergewöhnlichen und bewegenden Frauengestalten, deren Schicksal den Leser auch noch lange nach Beendigung des Buches beschäftigen wird.

Da ist zum einen die Druidentochter Lileas/Meara, die um das Jahr 614 nach dem Verlust ihrer Familie in einer feindlichen Welt ihr Dasein fristen muss. Sie, jung an Jahren und mit besonderen Kräften gesegnet, verzagt nicht und ist als Heilerin und würdiger Nachfahrin ihres Vaters in der Druidentradition immer bereit, denen zu helfen, die ihrer Hilfe bedürfen oder diese anzunehmen wagen.
Denn die Bewohner ihres Landes leben in Angst, - vor dem Herrschaftsstreben der sächsischen Könige und ihren brutalen Vollstreckern und vor den römisch-katholischen Priestern, deren Bestreben es ist, die alte Religion der Kelten, die heidnische Religion, auszumerzen mitsamt ihren Druiden, den weisen Männern und Frauen.
Aber auch die aus Irland gekommenen Missionare, von denen viele den alten Götterglauben neben dem neuen christlichen Glauben bestehen lassen, sind in Gefahr!
Vor diesem düsteren Hintergrund bleibt die aufrechte Meara stets sich selbst treu - aller Unbillen und Gefahren zum Trotz. Und zum Glück hat sie wahre Freunde, die sie schützen und Strecken ihres Weges mit ihr teilen.

Auf der Zeitebene der Gegenwart lernen wir die Schottin Lilian kennen, die plötzlich, nach einem rechten wurzellosen Wanderleben und beruflichem Pech, ein altes Haus in Abardaron vererbt bekommt, eben jenes "Carreg Cottage", mit der Auflage, es binnen Jahresfrist instand zu setzen und es seiner ursprünglichen Bestimmung zurück zu geben, der einer Pilgerherberge für all diejenigen Wanderer, die vor der nicht ungefährlichen Überfahrt zur heute wie damals berühmten Pilgerinsel Ynys Enlli, dem heutigen Bardsey Island, Halt machen wollen.
Doch - wer ist der Erblasser? Was hat ihn bewogen, ausgerechnet Lilian das Cottage zu vermachen?
Sie soll es erst nach Ablauf des Jahres erfahren...

Bis dahin geschieht allerlei! Lilian beginnt, sich in ihrem Haus und der bezaubernden Umgebung einzuleben. Doch unerklärliche Vorfälle um das Cottage, erschreckende Enthüllungen ihre eigene Familie betreffend, beängstigende Bilder in ihrem Kopf, die sehr real sind, verunsichern sie.
Doch glücklicherweise gibt es ihr wohlgesonnene Menschen in ihrer neuen, vielleicht ihrer ersten Heimat, die sich als echte Freunde erweisen, die ihr zur Seite stehen und mit deren Hilfe sie verstehen lernt und zu sich selbst findet.
Und die dazu beitragen, dass Lilian Verbindungen herstellen kann zwischen sich, ihrem Haus und längst vergangenen Zeiten.

Constanze Wilken gelingt es, mit klug geführter Feder und auf einfühlsame Weise, die Vergangenheit zum Leben zu erwecken und kunstvoll mit der Gegenwart zu verquicken.
Sie versorgt den Leser nicht nur mit fundiertem Hintergrundwissen zur Geschichte des Landes Wales, sondern malt gleichzeitig ein so magisches Bild der Küstengegend um Abardaron, dass der Leser gar nicht umhin kann, den Wunsch zu verspüren, sofort nach Wales zu reisen, um, seinem Zauber verfallen, auf Mearas und Lilians Spuren zu wandeln.

Ein großartiges Buch, auf dessen Fortsetzung man gespannt sein kann.....

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