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clematis

Bewertungen

Insgesamt 176 Bewertungen
Bewertung vom 30.12.2024
Weihnachtswunder im Hotel Mistelzweig (eBook, ePUB)
Wolkenstein, Julia

Weihnachtswunder im Hotel Mistelzweig (eBook, ePUB)


sehr gut

Mistel und Zweig

Ruth Mistel führt ein kleines familiäres Hotel in Rothenburg, ihre Enkelin Amelie Zweig arbeitet als Angestellte in einem Münchner Nobelhaus. Nach einer unangenehmen Überraschung kehrt sie in ihr Heimatstädtchen zurück und muss feststellen, dass die Oma hoch verschuldet ist. Wenn nicht rasch neue Gäste kommen, muss das Familienhotel schließen. Als Ruth eine Buchung auf den Namen Georg Scott entdeckt, wird sie stutzig – ist das etwa der Georg aus ihrer Jugendzeit?

Romantische Szenen und liebevoll charakterisierte Figuren begegnen dem Leser in dieser zauberhaften Weihnachtsgeschichte, die uns ins Hotelgewerbe und auf allerlei Christkindlmärkte entführt. Auch wenn sich ein paar kleine Unstimmigkeiten ins Geschehen geschlichen haben, darf man sich erfreuen an der schneeglitzernden Winterzeit und an herzerwärmenden Bildern, die Vorfreude auf die Festtage aufkommen lassen. Wolkensteins Schreibstil fließt angenehm dahin und kreiert genau den richtigen Mix aus alten Erinnerungen, aktuellen Schwierigkeiten und einer gelungenen Auflösung bis hin zum Weihnachtsfest. So kann man sich ruhig zurücklehnen und genießen.

Ein Roman, der größtenteils hält, was er verspricht und für unterhaltsame Stunden sorgt. Leseempfehlung, wenn man unkomplizierte Zeit zum Abschalten sucht.

Bewertung vom 29.12.2024
Das zweite Kind (eBook, ePUB)
de Franchi, Marco

Das zweite Kind (eBook, ePUB)


gut

Unbeirrt

Ein nackter Zehnjähriger wird verstört am Straßenrand aufgegriffen, nur knapp konnte er seinem Entführer entkommen. Ein weiterer Bub, der ihm zum Verwechseln ähnlich sieht, wird noch vermisst. Valentina Medici vom SCO (Zentraler Operationsdienst der Staatspolizei) soll den Fall rasch klären und zu einem Abschluss bringen, aber das ist gar nicht so einfach, denn sie findet irgendwann Spuren zu Cold Cases, denen sie trotz gegenteiliger Anweisungen unbeirrt folgt.

Spannend beginnt dieser Thriller, der seine Leser mit den zwillingsgleichen verschwundenen Buben rasch in seinen Bann zieht. Dann schließen sich jedoch langwierige Ermittlungen an, die zwar überaus authentisch dargestellt werden – schließlich kann der Autor auf jahrzehntelange eigene Erfahrung zurückgreifen – den Sog hingegen immer wieder schwinden lassen. In der Mitte des Buches scheint alles geklärt zu sein, die Sachlage wird von Valentina jedoch neu eingeschätzt, um den Fall abermals aufzurollen. Auch diese Richtung ist grundsätzlich interessant und bietet einen brisanten Hintergrund, der Weg zur Aufklärung gestaltet sich allerdings steinig und langwierig. Viele Figuren sorgen für Überraschungen und zeigen, wie anspruchsvoll die Tätigkeit der Kommissare ist, für den Leser ist das mitunter verwirrend und langatmig. Auch die Hauptpersonen selbst sind zwar mit Ecken und Kanten ausgestattet, ein lebendiges Profil, das einem dauerhaft im Gedächtnis bleibt, zeigen sie aber eher nicht. Dennoch kreiert De Franchi einen ganz speziellen Fall, der logisch aufgebaut ist und schlussendlich ein passendes Ergebnis präsentiert.

Das zweite Kind entwickelt sich in eine ganz andere Richtung als von mir ursprünglich erwartet, aufwendige Ermittlungen verlangen auch vom Leser Ausdauer und Geduld, wobei die geschilderten Motive und Handlungen durchaus spannend sind. Somit eine Empfehlung für Krimi/Thriller-Freunde, die sich auch von knapp 700 Seiten nicht abschrecken lassen.

Bewertung vom 26.12.2024
Die Sehnsucht, die bleibt
Lange, Kerstin

Die Sehnsucht, die bleibt


sehr gut

Neue Heimat

Auch im Jahre 1953 sind in Wien noch viele Kinder unterernährt und kränklich, weshalb die Caritas die schwächsten unter ihnen für einige Monate in die Schweiz oder nach Portugal zur Erholung verschickt. Reni stammt aus einer ärmlichen Familie, in der es kaum Platz gibt für Geborgenheit, aber in Lissabon findet sie Liebe und Vertrauen bei den reichen Figueiros. Hier scheint es an nichts zu mangeln, Kleidung, Essen, Bildung und Herzenswärme erfährt die kleine blonde Reni hier und sieht in der fremden Stadt bald eine neue Heimat. Durch Schwierigkeiten in der eigenen Familie wird Reni hin- und hergerissen zwischen Wien und Lissabon, das eigene Glück rückt immer weiter in die Ferne.

Verena, von allen nur liebevoll Reni genannt, muss früh erwachsen werden und blüht erst in der Fremde so richtig auf. Durch ihre rasche Auffassungsgabe lernt sie schnell die Landessprache und fügt sich ins gewohnte Leben der Portugiesen ein, nur die politischen Hintergründe des Salazar-Regimes und die deutlichen Standesunterschiede übersteigen noch das Fassungsvermögen des Schulkindes. Mit dieser sympathischen Romanfigur darf der Leser nun eintauchen in die beiden ganz unterschiedlichen Welten Wiens und Lissabons und die Zeit ab 1953 ganz nah miterleben. Viele Schicksalsschläge sind zu ertragen, ein wenig politischer Hintergrund erörtert die damalige Lage und fördert beim Leser das Verständnis für die handelnden Personen. Reni selbst wirkt manchmal etwas überzeichnet oder es werden ihr Worte in den Mund gelegt, die für mich nicht ganz passend waren, dennoch hat mich ihr Weg sehr berührt und ihre Art, gleich einem Stehaufmännchen, nicht unterzugehen, findet am Ende doch noch einen würdigen und schönen Abschluss.

Ohne jeglichen Kitsch oder Gefühlsduselei erleben wir in dieser Geschichte ein kleines Mädchen, das sich im Laufe der Zeit zu einer willensstarken Frau entwickelt und erst in der Fremde auch wirklich zu sich selbst findet. Leseempfehlung!

Bewertung vom 23.12.2024
Für immer
Lunde, Maja

Für immer


sehr gut

6. Juni

Der 6. Juni ist ein Tag wie jeder andere, Menschen gehen in die Arbeit, Menschen trinken Kaffee, Menschen sterben, Menschen werden geboren. Das Leben nimmt seinen regelmäßigen Lauf, bis plötzlich kein Mensch sich mehr verändert, niemand entwickelt sich, niemand altert, niemand stirbt, selbst Ungeborene wachsen nicht mehr heran im Mutterleib. Während das Auf und Ab in der Natur voranschreitet, scheint für den Menschen das ewige Leben angebrochen zu sein.

Lose aneinandergereihte Episoden unterschiedlichster Charaktere präsentiert Maja Lunde in ihrem neuen Roman über die Zeit und die Endlichkeit des menschlichen Individuums. In ihrer sachlichen Erzählweise zeigt sie dem Leser Bilder, die sie mit der Kamera geknipst haben könnte, Bilder des Stillstands, Bilder der Freude über geschenkte Zeit, Bilder über das Staunen um das Unerklärliche. Obwohl die Personen dem Leser nicht allzu nahe kommen, lösen sie dennoch Gefühle und Reaktionen aus, denn das Geschehen ist absolut außergewöhnlich und dadurch natürlich nachdenklich stimmend. Wie würde man selbst mit dieser oder einer ähnlichen Situation umgehen, wie darauf reagieren, dass auch vonseiten der Wissenschaft keine schlüssige Erklärung bekanntgegeben wird, keine Einschätzung erfolgt, wodurch dieser Stillstand am menschlichen Lebewesen ausgelöst worden ist oder wieder beendet werden könnte. Leider bleibt auch die Autorin selbst eine Information dazu schuldig, lediglich das Gedankenexperiment, „was wäre, wenn“ bekommt Raum auf diesen 230 Seiten.

Ein interessantes Spiel mit Überlegungen zu unserem irdischen Dasein, das mir gut gefallen hat und welches ich daher gerne weiterempfehle, wenngleich der Leser selbst einige Leerstellen füllen muss.

Bewertung vom 22.12.2024
Kohle, Stahl und Mord: Das 13. Opfer
Conrath, Martin

Kohle, Stahl und Mord: Das 13. Opfer


ausgezeichnet

Himmelfahrtskommando

In einer Essener Bergbauzeche werden zwölf Skelette gefunden, welche mit einem Unglück 34 Jahre zuvor in Zusammenhang stehen. Aber halt, da ist ja noch ein dreizehnter Schädel - mit einem Einschussloch an der Stirn. Ein Unfall auf Sohle sieben und ein Mord? Kommissarin Elin Akay und forensische Psychiaterin Jana Fäller stehen vor einem komplexen Fall und vor scheinbar kaum überwindbaren Hürden.

Martin Conrath erschafft in diesem Kriminalroman eine perfekte Atmosphäre aus der Welt des Bergbaus und bringt mit Elin und Jana zwei sympathische und überaus tatkräftige Frauen ins Spiel der Ermittlungen. Interessante Details zu Kohle und Stahl und einem Berg, der stets das sprichwörtliche letzte Wort hat, fließen gekonnt in die gut durchdachte Handlung mit ein, abwechselnde Schauplätze und Rückblenden in die Vergangenheit sorgen für Kurzweil und Neugierde auf das Voranschreiten der Polizeiarbeit. Neben den sorgfältig gezeichneten Charakteren und einer Kulisse mit etlichen weiteren realistischen Themen (Leben einer Bergarbeiterfamilie, Finanzbetrug, politische Intrigen) trägt auch Conraths lebendiger Schreibstil dazu bei, dass der Leser vom Sog der Geschichte gefangen genommen wird und gefesselt dranbleibt bis zum logisch aufgeklärten Ende.

Das dreizehnte Opfer ist der Beginn der Serie „Kohle, Stahl und Mord“, welche noch viel Spannung, gepaart mit guter Unterhaltung verspricht. Ich jedenfalls hatte großen Spaß beim Lesen und empfehle dieses Buch daher sehr gern weiter.

Bewertung vom 16.12.2024
Gefährliche Betrachtungen (eBook, ePUB)
Eckardt, Tilo

Gefährliche Betrachtungen (eBook, ePUB)


sehr gut

Thomas Mann in Nidden

Nach der Verleihung des Literaturnobelpreises lässt sich Thomas Mann ein Sommerhäuschen in Nidden auf der Kurischen Nehrung errichten. Aufgrund politischer Ereignisse – der Nationalsozialismus erstarkt – bereitet Mann eine Rede vor und muss alsbald feststellen, dass nach der Begegnung mit dem Übersetzer Zydrunas Miuleris (Müller) drei Seiten in Form eines Faksimiles verloren gegangen sind. Entschlossen und mutig begeben sich Mann und Müller auf die Suche nach den wichtigen Blättern mit brisantem Inhalt.

Beschaulich liegen die Dünen da, schaukeln die Fischerkähne auf den Wellen der Ostsee, schmiegen sich die Strandkörbe in den warmen Sand. Idyllisch scheint dieses Fleckchen Erde zu sein, aber das Ende der Weimarer Republik wirft seine Schatten voraus und vor diesem Hintergrund gerät Thomas Mann in die Rolle von Sherlock Holmes mit Müller als Watson. Gewiefte Überlegungen werden angestellt, raffinierte Methoden ersonnen, um den Dieb der Niederschrift ausfindig zu machen. Aber ganz so einfach, wie erhofft, läuft die Suche nach dem Täter natürlich nicht ab.

Der Text ist eher nüchtern gehalten, erzählt wird diese spezielle Kriminalgeschichte aus der Sicht des über achtzigjährigen Müller, der sich knapp sechzig Jahre später an den Sommer 1930 erinnert. Details aus Thomas Manns Leben und Zitate aus verschiedenen seiner Werke fließen in die Handlung ebenso ein wie die historische Entwicklung der Gegend rund um das Haff. Ostpreußische Begriffe wie der „beschworkene“ (bewölkte) Himmel lassen das Ganze richtig authentisch werden und das Detektivgespann auf unterhaltsame Weise ans Werk gehen. Im Nachwort gibt es dann noch andere wissenswerte Erklärungen zur Verquickung von Historie und Fiktion, sodass das Buch dadurch schön abgerundet wird.

Bewertung vom 15.12.2024
Nachtflut (eBook, ePUB)
Westerkamp, Stina

Nachtflut (eBook, ePUB)


sehr gut

Der Deich bricht

An der Ostseeküste spitzt sich die Unwetterlage zu, ein Sturm fegt übers Land, die Wellen tosen, der Deich droht zu brechen. Hilfsmannschaften vom THW eilen von einem Ort zum nächsten und versuchen, die Dörfer zu evakuieren, sofern die Bewohner nicht ohnehin schon längst geflohen sind. Allein in der Nähe der JVA Seeberg sind noch Elisa und ein älteres Paar in ihren Häusern, bei der Verlegung der Strafgefangenen droht ein Aufstand. Ob die drei Menschen in Gefahr schweben? Wer ist gefährlicher? Die Flut oder die Entkommenen?

Mit einer fröhlichen Geburtstagsfeier an Bord eines Segelschiffes fängt die ganze Geschichte an, mit spannenden Momenten während der Flutkatastrophe geht es fesselnd weiter. Durch die unterschiedlichen Perspektiven bleibt das Tempo stets hoch, der flotte Schreibstil passt zum Geschehen, lediglich mehrere „eh schon“ im Mittelteil fallen etwas störend auf. Die Figuren in Stina Westerkamps Thriller sind gut charakterisiert, dennoch schwer zu durchschauen, hütet doch jede von ihnen irgendein Geheimnis. Dazu kommen Tagebucheinträge einer Unbekannten, welche wiederum neue, anfangs nicht einzuordnende Fragen aufwerfen. Abwechslungsreiche Kapitel und unvorhersehbare Ereignisse fügen sich zu einem lesenswerten Ganzen, dessen Ende dann aber doch noch etwas offen lässt.

Ein spannendes Szenario, das für packende Lesestunden sorgt und jedenfalls gut unterhält.

Bewertung vom 14.12.2024
Kiss the Right Bride
Hartig, Daniela

Kiss the Right Bride


ausgezeichnet

Weihnachtsbraut

June hat mit drei Freundinnen eine Hochzeitsagentur gegründet und arbeitet gerade an dem sehr heiklen Auftrag der Ms. Balliagie, Tochter des künftigen Bürgermeisters. Diese wünscht nur die exquisitesten Arrangements, June tüftelt an einer kreativen, köstlichen und winterglitzernden Torte für das Brautpaar, das genau am 24. Dezember vor den Altar treten möchte. Als sie, mit ihrer Probetorte unterwegs, angerempelt wird, blickt sie nicht nur auf den traurigen Rest der süßen Pracht am Boden, sondern auch in wunderschöne bernsteinfarbene Augen. Die kennt sie doch? Warum ist Ryder wieder in Manhattan?

Spritzig und voller Elan präsentiert sich diese Liebensgeschichte im Winter, der die Kälte und der Schnee aber nichts anhaben können, ganz im Gegenteil, funkeln die Eiskristalle und spiegeln das unschuldige Weiß der Braut schön wider. Durch einige eingestreute Rückblenden erfahren wir als Leser, warum June enttäuscht ist von Ryder und warum sie dennoch Sehnsucht verspürt nach diesem attraktiven Mann, umgekehrt sieht es nicht viel anders aus. Aber für Ryders Zukunft sind schon die Weichen gestellt und das Spiel um Missgeschicke und Missverständnisse nimmt seinen Lauf.

Mit wunderbaren winterlichen Szenen fesselt Hartig die Leser an ihre Zeilen, schildert erfrischende Episoden und heiße Momente. Ihr Schreibstil fließt angenehm dahin und lädt dazu ein, sich von der Geschichte ganz einnehmen zu lassen.

Ein wunderbarer Roman für die Vorweihnachtszeit, der kurzweilig ins winterliche Manhattan entführt und glitzernde und glühende Lesestunden garantiert. Von mir gibt es eine Leseempfehlung!

Bewertung vom 12.12.2024
The Downstairs Neighbor
Cooper, Helen

The Downstairs Neighbor


sehr gut

Bewertet wird die deutschsprachige Ausgabe "Die Nachbarn von unten":

Freya vermisst

In übereinander liegenden Stockwerken wohnen drei Familien in diesem Haus am Londoner Stadtrand, in das die siebzehnjährige Freya am 15. März nicht mehr zurückkehrt. Wer von den Nachbarn weiß etwas? Wer hat etwas gesehen oder gehört? Jeder scheint ein Geheimnis zu wahren.

Verschiedene Sichtweisen und einen Erzählstrang in der Vergangenheit verflicht Helen Cooper zu einer Geschichte, bei welcher man anfangs kaum mehr weiß, als dass ein Teenager verschwunden ist. Nach und nach lernen wir die Menschen im Haus kennen und erfahren, dass nichts dem Eindruck entspricht, der offenbar erweckt werden soll. Der Zusammenhang zwischen den beiden Zeitebenen bleibt über weite Strecken im Dunklen, auch wenn sich natürlich Verdachtsmomente einschleichen. Ohne eine konkrete Entwicklung vor Augen zu haben, folgt man der Handlung und setzt sich die Bausteine Stück für Stück zusammen, Überraschungen bleiben nicht aus, Wendungen verblüffen den Leser mehr als nur einmal. Figuren, die einen kaum an sich heranlassen, Episoden aus der Vergangenheit, die Platz lassen für Gedankenspiele, häufige Szenenwechsel – die Spannung wird bis zuletzt aufrechterhalten.

Ein Buch, dessen Ziel man nicht von vorne herein erkennt, ein Roman, der allen Figuren eine Maske aufsetzt. Warum wird Freya vermisst? Wird sie rechtzeitig gefunden?

Bewertung vom 12.12.2024
Die Spur der Sehnsucht
Janssen, Jaane

Die Spur der Sehnsucht


ausgezeichnet

Walfängerfamilie

Wir schreiben das Jahr 1775, als Sventje auf der Insel Borkum wieder einmal allein auf die Geburt eines Kindes wartet, während ihr Ehemann Lian monatelang auf Walfang vor Grönland unterwegs ist. Nicht zum ersten Mal eilt ihr Gutsherr Valentin von Halversberg zu Hilfe, aber für persönliche Gefühle darf kein Platz sein, liegen doch tiefe Gräben zwischen Sventjes und Valentins gesellschaftlichem Stand, zudem ist Sventje auch verheiratet.

Von der ersten Seite weg zieht Jaane Janssen ihre Leser in den Bann der Ostfriesischen Inselwelt und einer Geschichte, die zwar fiktiv, aber ganz und gar nicht unrealistisch ist. Die Angst der Frauen um ihre Männer auf rauer See, das stete Alleinsein mit den Kindern, die Armut, der Mangel an Nahrungsmitteln, all das und noch viel mehr findet Eingang in diese Welt des 18. Jahrhunderts und lässt Sventjes Alltag zwischen den Zeilen so lebendig werden, als wäre man selbst bei ihr. Ganz anders geht es da im Gutshof zu, allem Anschein nach herrschen hier Überfluss und Wohlstand, aber auch Eiseskälte und Strenge, sodass es niemanden wundert, wenn die einfachen Leute untertänigst ihren Zehnt abliefern. Bildreich und gefühlvoll schildert die Autorin die unterschiedlichen Lebenswelten, auch das Dasein auf der Fleute der Walfänger wird eindrucksvoll und bestens recherchiert zu Papier gebracht. So nimmt es nicht wunder, dass man als Leser mit allen Figuren mitfiebert und auf Dinge hofft, die ohnehin aussichtslos scheinen. Auch das Ende des spannenden Buches lässt etliche Möglichkeiten offen, sodass man nur voller Neugierde auf die Fortsetzung warten kann.

Die Spur der Sehnsucht – ein wunderbarer historischer Roman, der durch sorgfältige Recherche ebenso punktet wie durch bestens vorstellbare Figuren und eine bewegende Handlung, die so lebendig dargestellt wird, dass man sich deren Sog kaum entziehen kann. Ich empfehle dieses Buch sehr gerne weiter und freue mich auf Band 2!