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Benutzername: 
Sabine
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Köln
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Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 404 Bewertungen
Bewertung vom 15.01.2017
Das Mädchen aus Apulien
Lorentz, Iny

Das Mädchen aus Apulien


gut

Ich habe schon viele Romane von Iny Lorentz gelesen und viele der Romane auch gemocht - man muss nur mit den richtigen Erwartungen an die Lektüre herangehen. Ich mag die Bücher gerne für zwischendurch, sie bieten schöne Unterhaltung ohne sehr anspruchsvoll zu sein - und so habe ich auch bei diesem Wälzer empfunden.

Diesmal entführt uns das Autorenpaar nach Italien, ins 13. Jahrhundert – hier begleitet man die junge Pandolfina auf ihrem Weg. Nachdem ihr Vater, ein apulischer Graf, gestorben ist, wird die eigentlich ihr zustehende Burg gewaltsam eingenommen, und Pandolfina soll gegen ihren Willen verheiratet werden. Doch sie kann fliehen und schwört auf Rache.

Man sollte keinen tiefschürfenden Historienroman erwarten, auch gibt es nur wenige historische Persönlichkeiten, die in dieser Geschichte auftauchen, dafür aber ist die Geschichte unterhaltsam und schenkt schöne Lesestunden. An vielen Stellen mag sie vorhersehbar sein und die Charaktere wirken etwas klischeehaft, trotzdem hat das Lesen Spaß gemacht, und ich fühlte mich gut unterhalten.

Pandolfina habe ich von Anfang an ins Herz geschlossen. Sie ist ein sehr gutmütiger Mensch, der sich für die Menschen, die sie liebt, auch einsetzt – nur wenn jemand sie sehr verletzt hat, dann kann sie das nicht vergessen und dann kann dann auch nachtragend sein - und so lässt sie zum Beispiel auch nicht von ihren Rachegedanken ab. Für eine junge Frau ihrer Zeit ist sie sehr gebildet und mischt sich auch schon mal gerne in politisches Geschehen ein – das vor allem aber im letzten Drittel der Geschichte, als sie schon herangewachsen ist und viele gute, aber auch schlechte Erfahrungen machen musste. Insgesamt wirkt ihre Figur etwas klischeehaft, trotzdem war sie mir sympathisch und ich habe sie gerne begleitet. Auch die anderen Figuren wirken leider etwas stereotyp – die Guten sind gut und die Bösen sind böse. Das finde ich ein bisschen schade und hier hätte ich mir auch ein wenig mehr und tiefgehendere Charakterzeichnung gewünscht. So waren die Handlungen der Figuren und damit auch die Geschichte doch sehr vorhersehbar.

Während es zunächst etwas behäbig vorangeht im Buch, ändert sich das ab der Hälfte – die Spannung steigt an und fällt dann auch erst mit dem alles auflösenden Finale ab. Gerade die zweite Hälfte hat mir viel besser gefallen, nachdem es in der ersten doch etwas ruhiger zuging. Dass vieles dann in der zweiten Hälfte vorhersehbar war – egal, ob es um Kämpfe, Burgen oder auch die Liebe geht, konnte ich gut verschmerzen, weil ich einfach Spaß beim Lesen hatte, wer aber lieber unerwartete Wendungen und Überraschungen mag, der könnte etwas enttäuscht werden.

Der Schreibstil ist sehr einfach und an manchen Stellen vielleicht auch etwas zu modern für einen historischen Roman, dafür aber ist er angenehm leicht zu lesen, weil er lebendig und sehr farbenfroh ist – Angst vor langatmigen Beschreibungen muss man auf jeden Fall nicht haben, die gibt es nicht, vielmehr ist alles so beschrieben, dass man es sich vorstellen kann, es aber nie ausschweifend wird.

Ich habe mich in der Geschichte gut gefühlt, hatte schöne Lesestunden und gebe daher 3,5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 15.01.2017
Der Junge der nicht hassen wollte
Graber, Shlomo

Der Junge der nicht hassen wollte


sehr gut

Ich habe schon einige Bücher über den Holocaust gelesen und gerade biographische Geschichten haben mich immer sehr beeindruckt - daher war ich sehr gespannt auf diese wahre Geschichte von Shlomo Graber.

Und wie der Titel schon verrät, ist Shlomo Graber ein außergewöhnlicher Mensch. Wächst er zunächst behütet und umsorgt im Kreise seiner liebevollen Familie auf und kann auf eine glückliche Kindheit zurückblicken, wird Shlomo mit 14 Jahren von den Nazis deportiert und seine glückliche Kindheit nimmt ein jähes Ende.

Was Shlomo Graber danach erlebt ist grauenhaft, und nur seinem unglaublichen Lebenswillen ist zu verdanken, dass er die folgenden Jahre in verschiedenen Konzentrationslagern überlebt. Man merkt beim Lesen, dass die Erinnerungen furchtbar sind – manches lässt er weg, weil es einfach zu schrecklich war, anderes erzählt er episodenhaft, wie Blitzlichter, die in seinem Kopf auftauchen. Überleben konnte er nur durch seinen unerschütterlichen Glauben an sich selbst und seine Nächstenliebe, die er auch in dieser schrecklichen Zeit niemals verloren hat.

In der ersten Hälfte des Buches erinnert sich Shlomo Graber an seine Kindheit, an seinen weisen Großvater und seine liebevolle Mutter und Geschwister – zu seinem Vater hatte er da noch gar nicht so eine enge Bindung. Man merkt beim erzählen, wie glücklich seine Kindheit war und wie stark sie ihn geprägt hat. Und daraus zieht er seine Kraft für die furchtbaren Jahre in Gefangenschaft, an die er sich in der zweiten Hälfte des Buches erinnert. Nach 4 qualvollen Jahren wird er befreit – und hier endet dann auch das Buch. Gerne hätte ich noch mehr erfahren, vor allem über die Zeit nach der Befreiung, denn auch diese stelle ich mir mit dem Durchgemachten im Gepäck nicht leicht vor.

Die Sprache ist sehr einfach und schlicht, wirkt oft ein wenig distanziert, die Eindringlichkeit des Erlebten geht dadurch aber natürlich nicht verloren. Ganz im Gegenteil – gerade am Ende wird noch mal deutlich, was für ein großes Herz Shlomo Graber in sich trägt, was für eine Kraft und Nächstenliebe er trotz dieser schlimmen Zeit für sich behalten konnte.

Sterne werde ich für dieses Buch nicht vergeben, denn es steht mir nicht zu, Erlebtes anderer zu bewerten. Wer sich aber für den Holocaust interessiert, dem kann ich einen Blick in diese wahre Geschichte empfehlen; vielleicht nur sollte man vorher eine Leseprobe lesen, um zu schauen, ob einem der Schreibstil liegt – ich kann mir vorstellen, dass er manchem zu distanziert und einfach ist; wenn er aber gefällt, dann empfehle ich dieses Buch uneingeschränkt.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.01.2017
Die Musik der verlorenen Kinder
Morris, Mary

Die Musik der verlorenen Kinder


sehr gut

Cover und Titel haben mich neugierig sehr neugierig gemacht auf das Buch, der Klappentext versprach mir dann eine interessante Geschichte angesiedelt in Chicago, in den 20er Jahren.

Und zu Anfang hat mich das Buch auch sehr fasziniert – die Autorin hat mich eingesogen in diese andere Zeit und sie mich beim Lesen spüren lassen. Sie schreibt voller Atmosphäre, lässt die Zeit aufleben, so dass ich beim Lesen viele Bilder im Kopf, vor allem aber auch Melodien im Ohr hatte. Voller Lebendigkeit und Begeisterung beschreibt sie historisch wahres und frei erdachtes, es gibt fiktive Figuren genauso wie gelebte Persönlichkeiten, und es war schön, immer wieder auf Bekannte oder Bekanntes zu stoßen – der Flair Chicagos ist einfach spürbar, die Geschichte voller Musik.

Vermisst habe ich in diesem Buch aber leider die Geschichte selber, einen roten Faden, wohin sie führen soll. Der Klappentext hat mich denken lassen, dass der junge Benny Lehrmann, dem die Musik weit mehr am Herzen liegt als die langweilige Tätigkeit in der Fabrik seines Vaters, und die junge von Schicksalsschlägen geplagte Pearl im Mittelpunkt stehen, doch sie scheinen nur am Rande zu laufen, während es tatsächlich die Musik ist, die den Mittelpunkt der Geschichte bildet.

Obwohl die Autorin sich viel Zeit gelassen hat, die verschiedenen Figuren einzuführen, sind sie mir leider immer fremd geblieben und keinen von ihnen habe ich wirklich ins Herz geschlossen – das ist erstaunlich, da alles, was in diesem Buch irgendwie mit Musik zu tun hat, sehr intensiv und eindringlich beschrieben ist und mich sehr berührt hat; die Figuren aber konnten mich leider nicht mitreißen, weil sie irgendwie immer am Rande zu stehen schienen. Da ich leider nicht mit ihnen gefiebert habe, hat sich dann auch der Lesesog bei mir verloren – zwar habe ich immer die wunderbare Atmosphäre gespürt, das Vibrieren der Musik, die nur wenig vorhandene Handlung aber konnte mich leider nicht fesseln oder mitreißen. Mich stört sonst nicht, wenn Geschichten ruhig sind, aber ich möchte einen roten Faden fühlen, wohin die Reise geht – und diesen habe ich hier leider nie packen können.

Als Filmvorlage ist dieses Buch bestens geeignet, weil es schon beim Lesen viele Bilder im Kopf entstehen lässt, die Geschichte selber konnte mich leider nicht fesseln. Wer sich also an dieser besonderen Stimmung der 20er Jahre in Amerika erfreuen kann, einen atmosphärisch dichten Schreibstil mag und sich darein fallen lassen kann, und wem die Handlung einer Geschichte nicht so wichtig ist, dem empfehle ich dieses Buch gerne – mich hat es nur in Teilen überzeugt, daher gebe ich 3,5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 26.12.2016
Das Geheimnis der Pianistin
Palka, Kurt

Das Geheimnis der Pianistin


sehr gut

Mich hat der Klappentext angesprochen, das Cover hat das übrige beigetrage, dass ich dieses Buch lesen wollte - und schon nach wenigen Seiten war mir klar, dass das Buch genau in meine Lesestimmung passt.

Erzählt wird die Geschichte auf zwei Zeitebenen, die aber gar nicht so weit auseinander liegen – einmal kommt Hélène in den 30er Jahren in das kleine Örtchen Saint Homais in Kanada, um sich dort ein neues Leben auszubauen, dann gibt es einen Erzählstrang ca. 20 Jahre zuvor, in dem man Einblicke in Hélènes früheres Leben erhält. Schade war ein wenig, dass diese Rückblenden nicht gekennzeichnet waren und man immer erst beim Lesen merkte, dass man sich in der Vergangenheit befand – das war an der einen oder anderen Stelle leider etwas verwirrend. Trotzdem haben mir beide Erzählstränge gut gefallen, weil sie nach und nach miteinander verwoben werden und die Fäden dann ganz am Schluss richtig zusammenlaufen, so dass keine Fragen offen bleiben. Der Titel sagt es ja schon, dass Hélène ein Geheimnis mit sich trägt, was es genau ist, erfährt man nach und nach – für mich hat dies die Spannung sehr erhöht: Man merkt, dass etwas im Verborgenen liegt, kann es aber nicht fassen und so konnte ich das Buch schlecht beiseitelegen, weil ich ja wissen wollte, was es mit diesem Geheimnis auf sich hat.

Schon den Einstieg fand ich toll – das war vor allem der dichten Atmosphäre zu verdanken, in die ich sofort eintauchen konnte und in der ich dann auch gefangen war. Dazu hat auch der Schreibstil beigetragen, der sehr eindringlich und packend ist, geheimnisvoll und mit viel Liebe zum Detail. Langweilig ist es trotz vieler Beschreibungen nie geworden – da gibt es Schilderungen verschiedener Landschaften, Alltagsszenerien und auch viele Einzelheiten rund um das Thema Klavier und Musik. Für mich war da einiges neu und daher sehr interessant.

Hélène als Protagonistin hat mir sehr gut gefallen, auch wenn es in ihrer Figur nur wenig Entwicklung gegeben hat. Dafür aber merkt man sehr genau, was das Geheimnis mit ihr gemacht hat – war sie in der Vergangenheit eine lebendige und aufgeweckte junge Frau, hat sie das Geheimnis zu einer stillen und zurückgezogenen Dame gemacht, die immer ein wenig geheimnisvoll wirkt und mit ihrer Klugheit besticht. Auch andere Figuren – und hier möchte ich vor allem die Bewohner des Örtchens Saint Homais erwähnen – sind gut gezeichnet, liebevoll ausgearbeitet, es sind Figuren mit Ecken und Kanten, die sehr authentisch gewirkt haben.

Zwar hat mich das Buch von Anfang bis Ende fesseln können, dennoch aber hat mir das erste Drittel am besten gefallen. Danach hat die Intensität irgendwie nachgelassen. Das schreibe ich den vielen Themen zu, die der Autor in die Geschichte gepackt hat und die mir bei der Dünne des Buches dann leider zu viele gewesen sind. Es geht nicht nur um das Geheimnis und um den Klavierbau, es wird auch viel über den Krieg geschrieben, über die Möglichkeiten, in der schwierigen Zeit zu Geld zu kommen, oft dann auch über nicht ganz legalen Wegen, es geht um Handel und Schmuggel, um Liebe und Betrug, um Wahrheit und Lüge. Einiges wird nur angerissen, anderes auch ausführlicher betrachtet – mir waren das zu viele Themen, deshalb ziehe ich einen Stern ab und gebe 4 von 5 Sternen.

Mein Fazit
Mich haben vor allem die dichte Atmosphäre und die geheimnisvolle Protagonistin überzeugt und das Buch zu einem Lesegenuss werden lassen. Von Anfang an war ich in der Geschichte gefangen und konnte das Buch kaum aus der Hand legen – weil es mich einfach gepackt hat und ich wissen wollte, was denn nun das Geheimnis eigentlich ist. Einen Stern ziehe ich lediglich ab, weil mir im letzten Drittel zu viele Themen angerissen wurden, trotzdem empfehle ich das Buch gerne weiter und gebe 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 02.12.2016
Die Tänzerin von Auschwitz
Glaser, Paul

Die Tänzerin von Auschwitz


ausgezeichnet

Mich hat dieser Erfahrungsbericht sehr aufgewühlt und das, obwohl ich schon vieles aus dieser Zeit gelesen habe. Er ist tragisch, sehr offen und ehrlich und gibt dem Leser auch noch Einblicke in die Zeit nach der Befreiung – und das hat mir – zumindest was die Niederlande angeht – nochmal ganz neue Aspekte und Informationen geliefert.

Das Buch wird aus zweierlei Sicht erzählt – einmal aus Sicht des Autors Paul Glaser, der mehr zufällig anfängt, in seiner Familiengeschichte zu stöbern und den man bei seinen Recherchen begleitet. Die andere Sicht ist die seiner Tante Roosje, die aus ihrem Leben erzählt, wie sie eine Tanzschule eröffnet, wie es zunehmend schwieriger wird als Jüdin in den Niederlanden, was sie dann in Auschwitz erlebt und wie sie schließlich befreit wird und dann ein neues Leben in Schweden beginnt.

Das Buch liest sich sehr flüssig, sicherlich auch der eingehenden und einfachen Sprache wegen, die aber authentisch klingt und den Leser mitten ins Geschehen entführt. Mich hat aber vor allem die Geschichte Roosjes sehr gefesselt. Sie beschreibt ihre verschiedenen Etappen sehr lebhaft und lebendig und bewahrt sich trotz aller schrecklicher Erlebnisse immer noch ihren Optimismus. Wahrscheinlich hat dieser ihr auch das Leben gerettet, denn ein „ich kann nicht mehr“ gab es für Roosje nicht, egal, was passierte, hat sie für sich immer nach Lösungen gesucht – und auch gefunden, egal wie widrig die Umstände auch waren. Mich hat diese Willenskraft und Stärke sehr beeindruckt, mir nochmal aufgezeigt, was Menschen aushalten können, aber auch, was sie am Leben hält.

Interessant waren aber auch die Erfahrungen, die Paul Glaser im Rahmen seiner Recherchen macht. Zunächst stößt er auf ein großes Schweigen, kaum einer weiß genaueres oder die, die etwas wissen, wollen nicht reden. Es ist schon interessant, wie unterschiedlich Menschen mit dem Thema Holocaust umgehen – die einen verschweigen und wollen gar nichts mehr davon hören, die anderen wollen genau das nicht – schweigen, sondern gegen das Vergessen reden. Bemerkenswert finde ich auch, was diese Erfahrung dann mit einer Familie machen kann – wie sie das Zusammenleben beeinflusst und auch den Umgang mit anderen schwierigen Themen – wird eher geredet oder doch eher geschwiegen.

Mich hat dieses Buch sehr beeindruckt – nicht der schrecklichen Erlebnisse wegen, die Roosje zur Zeit des Holocaust durchmachte (und auch später noch, als sie wirklich unangenehme Erfahrungen mit ihrem Geburtsland machte), sondern vor allem wegen ihrer Stärke und ihrem Optimismus, den sie ausgestrahlt und nie verloren hat. Ich finde es faszinierend, wie Menschen sich in Ausnahmesituationen verhalten und was sie am Leben erhält – Roosje ist da ein tolles Beispiel, eine starke Frau, die sich nicht hat unterkriegen lassen und so auch das schlimmste Kapitel deutscher Geschichte überlebte.

Mein Fazit
Ein beeindruckender Erfahrungsbericht einer jungen Holländerin, die sicher vor allem durch ihre Stärke und ihren Optimismus den Holocaust überlebte. Obwohl Schreckliches beschrieben wird, sprüht das Buch doch voller Optimismus, eine Einstellung, die der Protagonistin Roosje das Leben rettete und mich sehr fasziniert hat. Wer sich für diese Zeit interessiert, dem kann ich diese Biographie sehr ans Herz legen – sie rückt noch mal andere Gesichtspunkte in den Vordergrund, und ich bin sehr froh, sie gelesen zu haben.

Bewertung vom 01.12.2016
Die Akte Harlekin
Vaucher, Thomas

Die Akte Harlekin


gut

Den Einstieg in die Geschichte fand ich sehr gelungen, denn im Prolog wird man Zeuge eines Mordes - und man sollte nicht zu zart besaitet sein, denn der Serienkiller geht mit seinen Opfern nicht gerade zimperlich um.

Doch nach dem Prolog flacht die Spannung leider erst mal ab. Man lernt den Privatdetektiv Richard Winter kennen, den die Polizei als externen Ermittler für die Ermittlungen engagiert. Mittlerweile gibt es nicht nur ein Mordopfer, sondern schon drei und dazu noch einige Suizide der Angehörigen, die plötzlich von Geistern heimgesucht werden. Da Winter ein Experte für Okkultes ist, scheint er natürlich genau der richtige zu sein. Und mit seinen Ermittlungen wird es auch wieder spannend – zumal Winter bald selbst ins Visier des Mörders gerät. Diese Spannung wird dann auch bis zum Schluss gehalten – ich zumindest war wirklich gepackt von der Geschichte.

Wer denn nun eigentlich der Mörder ist, habe ich zu keinem Zeitpunkt wirklich geahnt – ich habe da in eine ganz andere Richtung gedacht und war am Ende auch wirklich erstaunt. Die Auflösung war in sich schlüssig, auch wenn rückblickend vieles konstruiert erschien und gerade das Motiv des Mörders wenig glaubhaft wirkte. Ebenfalls nicht gefallen hat mir der ausgeprägte mysteriöse Touch im Buch – wer das mag, der wird hier voll auf seine Kosten kommen, meins war es leider nicht. Mir hat am Ende da einfach eine plausible Lösung gefehlt. Trotzdem war ich gefesselt von dem Fall, weil es einfach spannend war, und ich habe das Buch nur schlecht aus der Hand legen können.

Mit dem Privatdetektiv Richard Winter hatte ich leider so meine Probleme – der dem Alkohol verfallene Ermittler, der am Hungertuch nagt und den keiner engagieren will, war mir einfach zu stereotyp gezeichnet, eigentlich war seine Figur sogar überzeichnet. So möchte ich ihn einfach nicht und das hart sich auch während seiner Ermittlungen nicht geändert, ich fand ihn leider einfach nur unsympathisch. Die anderen Figuren sind nicht so stereotyp geraten, dafür aber eher flach in ihrer Gestaltung. Neben der Richard zur Seite gestellten Polizistin Catherine Weiß, die eng mit ihm zusammenarbeitet und die man nach und nach kennenlernt, gibt es zwar noch andere Figuren, die aber eher Nebenrollen einzunehmen scheinen.

Sehr gelungen fand ich aber die vielen Wendungen und Überraschungen – so bin ich wirklich die ganze Zeit auf dem Holzweg gewesen. Am Ende überschlagen sich dann die Ereignisse und Catherine wird eine ganz besondere Rolle zuteil – das hat mich wirklich sehr erstaunt, weil ich mit einer anderen Lösung gerechnet hatte.

Der Schreibstil ist umgangssprachlich und sehr einfach, manchmal wirkte er auf mich ein wenig hölzern - trotzdem hat er sich gut lesen lassen und die Seiten sind rasch dahingeflogen. Es gibt wenig Beschreibungen, die ich aber auch nicht vermisst habe, dafür reichlich Dialoge, die manchmal etwas gestelzt wirkten, das ganze aber sehr lebendig gemacht haben.

Mich hat das Buch trotz meiner Kritikpunkte gut unterhalten, am meisten gestört haben mich der eher unsympathische Ermittler und der doch große mystischen Part – ich gebe 3,5 von 5 Sternen und behalte den Autor weiter im Auge.

Bewertung vom 01.12.2016
Tell

Tell


sehr gut

Ich war sehr neugierig auf diese Interpretation über die Legende Wilhelm Tells, weil mich die Leseprobe sofort gefesselt hat – und auch das Cover finde ich sehr ansprechend, vielleicht auch, weil es die klassische Art von Covern historischer Romane etwas verlässt.

Und ich wurde beim Lesen auch nicht enttäuscht – der Autor hat es geschafft, mich von der ersten Seite an zu fesseln. Die Geschichte Wilhelm Tells – von Kindheit an bis zum legendären Apfelschuss – ist eingebettet in eine kleine Rahmengeschichte, die das Ganze nochmal spannender gemacht hat. Zwar wird das Leben Wilhelm Tells langsam erzählt, das aber hat die Spannung überhaupt nicht gemindert. Sie ist die ganze Zeit vorhanden, steigt stetig an und entlädt sich dann am Schluss in einem tollen Finale. Ich war wirklich zu keinem Zeitpunkt gelangweilt, obwohl es auch ruhigere Passagen gab im Buch - einfach weil ich immerzu wissen wollte, wie es denn nun weitergeht.

Das hat sicherlich auch mit dem angenehmen und sehr eingängigen Schreibstil zu tun. Er lässt sich flüssig lesen und hat bei mir ein historisches Gefühl geschaffen, so dass ich mich beim Lesen tatsächlich in eine andere Zeit versetzt gefühlt habe. Durch die vielen Beschreibungen, die aber nie zu lang oder ausführlich waren, konnte ich mir alles genau vorstellen und die Geschichte spielte sich vor meinen Augen wie ein Film ab.

Mir hat die Erzählung um Wilhelm Tell noch mal ganz neue Einblicke in die Vergangenheit gestattet – nicht nur, weil ich bisher noch nichts historisches gelesen habe, das in der Schweiz spielt, sondern auch, weil mir die Einblicke in das Söldnerleben sehr gut gefallen haben. Ich hatte da keine konkreten Vorstellungen, umso interessanter war es für mich, nun Neues über das Leben, die Hintergründe und auch die Motivationen eines Söldners zu erfahren.

Die Charaktere sind alle sehr gut gestaltet – und tatsächlich hat nicht nur der Protagonist Wilhelm viel Tiefe, sondern auch die Nebencharaktere sind alles andere als flach gezeichnet. Dafür hat sich der Autor viel Zeit genommen, so dass mir viele der ganz unterschiedlichen Figuren sehr ans Herz gewachsen sind. Es gibt nicht einfach nur „gut“ oder „böse“, jeder hat ganz unterschiedliche Facetten und jeder hat auch eine eigene Geschichte, die erklärt, warum er so geworden ist, wie er nun mal ist. Interessant sind dabei auch die Namen, die die Söldner tragen – selten ist es einfach nur der richtige Name, vielmehr nennen sie sich nach Anekdoten ihres Lebens; und als Leser wundert man sich über Namen wie „Strubbler“, „Bluttrinker“, „Einohr“, „Schlitzer“, „Zwiebelarsch“ – doch im Laufe des Buches werden alle Namen erklärt und damit dann auch verständlich.

Gefallen hat mir auch der sehr ausführliche Anhang – hier kann man nicht nur nachschlagen, wo sich mancher Ort befindet und welche Figuren überhaupt mitspielen, es gibt zudem noch ein Glossar, in dem einige Worte erklärt werden, die heutzutage nicht mehr so geläufig sind. Auch die auf den Innenseiten abgedruckte Karte mochte ich sehr, denn so konnte ich manche Reise einfach besser einordnen.

Dass mich das blutrote Cover sehr angesprochen hat, habe ich ja schon erwähnt, genauso wie die gesamte Gestaltung des Buches mit seinem Anhang und den abgedruckten Karten. Ungewöhnlich fand ich dagegen das Format des Buches: es ist deutlich größer als herkömmliche Hardcover und zu meinem Leidwesen leider mit sehr kleiner Schrift gedruckt. Auch der Preis des Buches ist ungewöhnlich hoch – aber vielleicht wird sich der ja noch unserem Buchpreismarkt anpassen.