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Evoli

Bewertungen

Insgesamt 64 Bewertungen
Bewertung vom 13.12.2022
Anatomy
Schwartz, Dana

Anatomy


ausgezeichnet

Sympathische Heldin, spannendes historisches Szenario

Anatomy versetzt uns ungefähr 200 Jahre in die Vergangenheit, ins ebenso schöne wie schmutzige Edinburgh. Protagonistin Hazel ist seit ihrer Kindheit vom Inneren des Körpers und medizinischen Zusammenhängen fasziniert. Ihr größter Traum ist es, als Chirurgin tätig zu werden – keine Karriereoption, die im Leben einer jungen Frau aus gutem Hause vorgesehen ist. Eines Tages nutzt Hazel die Abwesenheit ihrer Familie, um auf eigene Faust anatomische Kenntnisse zu erwerben. Unterstützung erhält sie dabei von Jack, der als so genannter Auferstehungsmann frisch Beerdigte ausbuddelt und zu Forschungszwecken verkauft.

Die Atmosphäre des historischen Szenarios wird hier dicht und spannend aufgebaut. Nicht nur Jack muss auf den Friedhöfen und in den finsteren Gassen der Stadt um seine Sicherheit fürchten. Das Leben und die gesundheitlichen Bedingungen sind für viele der vorgestellten Figuren alles andere als rosig, im krassen Gegensatz dazu stehen Hazels Standesgenossen, die dekadente Bälle feiern und sich nur um die besten Eheverbindungen sorgen.

Die junge Medizinerin ist eine sympathische Hauptfigur mit schlauem Kopf und starkem Magen, die in ihrem Wissensdurst auch vor manch ekliger und gefährlicher Situation nicht zurückschreckt.
Durch mysteriöse Vorkommnisse unter der armen Bevölkerung kommt ein gewisser Krimi-Einschlag ins Geschehen, die Auflösung besitzt dann noch eine übernatürliche Note.
Im Vordergrund steht aber deutlich Hazels Werdegang, den ich gern verfolgt habe.

Bewertung vom 29.11.2022
Die Bücher, der Junge und die Nacht
Meyer, Kai

Die Bücher, der Junge und die Nacht


sehr gut

Vielschichtiger Roman für Bibliophile und Geschichtsfans

Das neuste Werk von Bestseller-Autor Kai Meyer spielt sich auf drei Zeitebenen ab:
Im lichterloh brennenden Leipziger Bücherviertel des Bombenhagels 1943 wird ein zehnjähriger Junge in letzter Sekunde aus einem Versteck gerettet, in dem er aus unbekannten Gründen von klein auf gefangen gehalten wurde. Zusammen mit seinem Befreier, einem geheimnisvollen Bücherdieb, reist er durchs kriegsgebeutelte Deutschland.
Anfang der 70er Jahre ist Robert Steinfeld, so der Name des längst erwachsenen Jungen, als Händler von Bücher-Raritäten aktiv und wird durch seine Berufskollegin Marie, mit der ihn (nicht nur) eine freundschaftliche Rivalität verbindet, auf die Sammlung des verstorbenen Verleger-Patriarchen Pallandt aufmerksam. Genau dieser Mann hatte einst einen Rechtsstreit mit Roberts Vater und war allem Anschein nach für die Gefangenschaft verantwortlich.
1933 begleiten wir außerdem besagten Vater, Jakob Steinfeld, einen renommierten Buchbindermeister und Buchhändler. Eines Tages kommt ausgerechnet Palllandts jüngste Tochter auf ihn zu, um ein Manuskript binden zu lassen. Der Beginn gefahrvoller Verwicklungen...

Historischer Roman mit Krimi-Elementen

Die Zeitebenen sind geschickt miteinander verwoben und halten neben den nach und nach enthüllten Geheimnissen und Verwicklungen vor allem auch viele atmosphärische Details der jeweiligen Schauplätze und Zeiten bereit. So erlebt man 1933 den Beginn der Nazi-Herrschaft samt Erstarken der SA, verfolgt zehn Jahre später Zerstörung und Gräueltaten des Krieges und erkundet zusammen mit Robert (dort als Ich-Erzähler) und Marie die Siebziger in München und der DDR.
Darüber hinaus kann der Roman auch sprachlich überzeugen, lässt die Szenen vor dem inneren Auge des Lesers lebendig werden und liest sich einfach „schön“. Ein Beispielzitat: „Er saß inmitten einer Grotte aus Büchern, einem jener Ameisenbauten, in die sich de Wohnungen von Bibliophilen verwandeln, wenn die Bücher an die Stelle des Lebens treten und das Wissen um die Welt da draußen verbleicht wie die Erinnerung an eine weit zurückliegende Lektüre.“

Gute Geschichte mit kleinen Durchhängern

Ich habe das Buch gern gelesen und war gespannt auf die Auflösung, hatte allerdings zwischendurch immer mal das Gefühl, dass sich die Geschichte gerade etwas zieht – vielleicht hätte manche Passage ein wenig kürzer gefasst werden können, um die Spannung noch besser aufrecht zu erhalten. Der Wechsel der Zeitebenen/Protagonisten ist ja auch nicht jedermanns Sache, wobei ich diese Erzählweise gern mag.
Alles in allem wurde ich aber gut unterhalten und kann diesen Roman besonders Lesern mit einem Faible für die erwähnten Epochen sowie die Buchkultur empfehlen.

Bewertung vom 15.11.2022
Wendy & Peter. Verloren im Nimmerwald
Thomas, Aiden

Wendy & Peter. Verloren im Nimmerwald


sehr gut

Moderne Version eines Klassikers

Vor fünf Jahren verschwanden Wendy Darling und ihre beiden jüngeren Brüder im Wald und nur das Mädchen kehrte zurück – allerdings ein halbes Jahr später und ohne Erinnerungen daran, was in der Zwischenzeit passiert ist. Ihre Familie ist am Verlust fast zerbrochen, Wendy plagen immer noch Schuldgefühle. Darüber hinaus zeichnet die mittlerweile achtzehnjährige Schulabgängerin in letzter Zeit unbewusst immer wieder einen geheimnisvollen Jungen – der eines Tages plötzlich vor ihrem Auto liegt.
Woher kennt er Wendy? Kann es wirklich Peter Pan aus den Geschichten sein, die ihre Mutter früher erzählte? Warum wirkt er so vertraut? Was hat er mit dem Verschwinden weiterer Kinder in der Gegenwart zu tun? Und was ist damals mit John und Michael passiert?
All diese Fragen muss Wendy klären, gerät dabei in Gefahr und muss sich den verlorenen Erinnerungen stellen.

Mit der angehenden Krankenschwester Wendy und dem rätselhaften Peter stehen zwei sympathische Figuren im Mittelpunkt. Gerade den charmanten Jungen mit seiner kindlichen Freude und Unbeschwertheit hätte man gern zum Freund. Durch einen finsteren Gegenspieler kommt jedoch auch Spannung und Dramatik ins Geschehen.
Die Geschichte orientiert sich in vielen Bereichen am alten Original, angefangen bei den Namen, über magische Besonderheiten (etwa Feenstaub oder Peters übliche Alterslosigkeit) bis zur Wegbeschreibung nach Nimmerland. Alles wird aber in ein modernes Szenario übertragen, spielt sich hauptsächlich in unserer Welt ab (Nimmerland taucht lediglich in Flashbacks und Geschichten auf) und wird durch eigene Ideen ergänzt. Besonders die Auflösung am Ende gibt der Story einen interessanten neuen Touch.

Ich habe die Geschichte gern gelesen, aber irgendwie fehlt mir noch das gewisse Etwas für die volle Punktzahl. Im Mittelteil gestaltet sich die Handlung etwas schleppend, darüber hinaus wurde das Potenzial mancher Nebencharaktere, darunter Wendys beste Freundin, nicht voll ausgeschöpft.

Bewertung vom 15.11.2022
Nordlicht 01
Falch, Malin

Nordlicht 01


ausgezeichnet

Ein skandinavisches Nimmerland

Das norwegische Mädchen Sonja bekommt von seinem weitgereisten Onkel zur Konfirmation eine Brosche geschenkt. Schon kurze Zeit später stellt sich heraus, dass das Schmuckstück nicht von dieser Welt ist. Der geheimnisvolle Junge Espen nimmt Sonja mit in seine Heimat, wo sich vor wildromantischer Kulisse freche Trollkinder, sprechende Tiere, aber auch allerlei düstere Gestalten tummeln.

Die spannend und liebenswert präsentierte Comic-Geschichte im schicken Hardcover ist klar inspiriert von Peter Pan (mit Wikingern statt Piraten), hat aber einen ganz eigenen Charme zu bieten.
Das liegt unter anderem am im wahrsten Sinne des Wortes bildschönen Look. Während die Hintergründe mit ihren weichgezeichneten Wäldern, Wiesen und Fjorden an Landschaftsgemälde erinnern, kommen die Charaktere und ihre direkten Umgebungen im sympathischen Comic-/Zeichentrickstil daher. Die Bildfolgen sind teils actionreich, hübsche Farben bei Tag und stimmungsvolle Nachtszenen tragen viel zur Atmosphäre bei. Am Ende gibt es als kleines Extra ein paar Seiten mit Skizzen aus der Entstehungszeit des Comics.

Darüber hinaus kann auch die Handlung überzeugen. Sonja, Espen und ihre Gefährten sind mir bereits ans Herz gewachsen, besonders das kleine Trollmädchen.
Das Abenteuer hat aber gerade erst begonnen – bis zum Abschluss sind bestimmt noch mehrere Bände zu erwarten. Ich bin gern wieder dabei.

Bewertung vom 23.10.2022
Der kleine Mäuseprinz
Disney, Walt

Der kleine Mäuseprinz


sehr gut

Liebevolle Hommage an einen zeitlosen Klassiker

Der kleine Prinz gehört zu den bekanntesten Werken der Weltliteratur. Zitate und Illustrationen finden sich an den unterschiedlichsten Stellen, von Babyzimmer-Bildern, über Postkarten und Deko-Artikel oder Geschenkbücher bis hin zu Sprüchen bei Trauernachrichten. Auch mich begleitet diese Geschichte schon seit Kindertagen – in der Grundschule gewann ich bei einem kleinen Wettbewerb die deutsche Übersetzung, später behandelten wir im Französisch-Unterricht die Originalversion (ich frage mich bis heute, wie ich das geschafft habe...). Vor allem einzelne Episoden – ich liebe den Fuchs – sind mir unvergesslich geblieben.
Mit dem Disney-Universum kam hier dann eine andere klassische Weltmarke mit extrem hohem Sympathiefaktor dazu, deshalb habe ich nicht lange gezögert und direkt zugegriffen, ohne mir die Leseprobe anzuschauen.

So viel vorweg: Enttäuscht hat mich diese Entscheidung nicht, auch wenn sich der Aufbau dieses Comic-Buches doch deutlich anders gestaltet als erwartet. Der kleine Mäuseprinz ist wirklich „nur“ eine Hommage an das Original und keine Nacherzählung mit Mäusen und Enten. Die eigentliche Comic-Geschichte ist verpackt in eine Rahmenhandlung, die aus einem ausführlicheren Text mit einigen größeren illustrierenden Bildern besteht, und uns den Inhalt als eine Art Tagtraum eines kleinen Jungen präsentiert.

Zwar finden sich im Comic einige wichtige Motive des Originals – ein abgestürzter Pilot (Goofy) und ein geheimnisvoller kleiner Besucher (Micky) in der Wüste, das Bereisen mehrerer winziger Planeten, auch ein Fuchs ist dabei (leider jedoch nur sehr am Rande)... - doch der Aufbau und das Setting unterscheiden sich wirklich stark vom Gewohnten.
Alles ist wesentlich knapper gehalten - unter anderem gibt es keine Hintergrundinformationen zur Herkunft der beiden Hauptcharaktere und auch die berühmte Rose des Prinzen spielt hier keine Rolle.
Die Comic-Version versetzt das Geschehen außerdem mehr in die heutige Zeit. Man begegnet so z.B. einer Daisy Duck, die ziemlich unglücklich inmitten all ihrer „Gefälltmirs“ herumsitzt.

Erhalten blieben dagegen der Charme und die grundsätzliche Botschaft der Geschichte, das man eben nur mit dem Herzen gut sieht. Der Zeichenstil der Aquarell-Bilder passt gut zu diesem Inhalt, weiß z.B. durch schöne Farben und ausdrucksstarke Gesichter zu überzeugen. Disney-Fans können sich über allerlei bekannte Figuren freuen. Lobenswert sind auch die kleinen Extras am Anfang und Ende des Buches. Man erfährt darin z.B. ein wenig über Antoine de Saint Exupéry, aber auch über die Macher dieser Neu-Interpretation und deren Entstehung.

Fazit: Der kleine Mäuseprinz ist ein sympathisches und hübsches Comic-Buch, das dank der zeitlosen Botschaft und einer liebevollen Aufmachung nicht nur Fans der Vorlage bzw. der Entenhausener Charaktere gefallen kann. Wenn ich ehrlich bin, hätte mir eine umfangreichere und etwas werkgetreuere Version aber wahrscheinlich besser gefallen.

Bewertung vom 15.10.2022
Meine schönsten Weihnachtsmärchen
Sörensen, Imke;Andersen, Hans Christian;Grimm, Brüder

Meine schönsten Weihnachtsmärchen


ausgezeichnet

Ansprechend präsentierter Geschichten-Adventskalender

Hinter dem zauberhaften Cover-Motiv, einer tierischen Bescherung im Wald, verbirgt sich hier eine umfangreiche Sammlung von Weihnachts- und Wintergeschichten, eine für jeden Tag im Advent.
Darunter finden sich echte Klassiker wie mehrere Werke der Brüder Grimm (z.B. Frau Holle) und von Hans Christian Andersen, eine Nacherzählung der Geschichte von Jesu Geburt aus der Sicht des Eselchens sowie auch allerlei unbekanntere, aber nicht minder lesenswerte Beiträge. Dabei gibt es sogar etwas zu lernen, beispielsweise wie das wohl berühmteste Weihnachtslied „Stille Nacht“ entstanden ist oder wer den ersten Adventskalender erfand.

Einen wichtigen Beitrag zum ansprechenden Gesamteindruck liefern die enthaltenen Illustrationen – mit liebevollen Details und hübschen Farben laden die zahlreichen kleinen bis hin zu ganz- oder sogar mal doppelseitigen Bilder zum Entdecken ein. Dabei haben mir ganz besonders die abgebildeten Tiere gefallen, wie schon auf dem Titelmotiv. Aber auch verschneite Landschaften, geheimnisvolle Wichtelmänner, altmodische Spielzeuge und vieles mehr erfreuen den Betrachter. Noch dazu überzeugen der schicke Einband und das hochwertige Papier des Buches.

Insgesamt werden kleine und große Leser oder Zuhörer viel Freude an dieser Sammlung haben, schön stelle ich mir das Ganze als lesbaren Adventskalender von Gute-Nacht-Geschichten vor.
Etwas gedämpft wird der Gesamteindruck für mich nur durch die in meinen Augen zu traurigen Andersen-Märchen – Das Mädchen mit den Schwefelhölzern oder Der standhafte Zinnsoldat haben definitiv noch nie zu meinen persönlichen Lieblingsmärchen gehört. Sprachlich ohne Zweifel sehr schön, aber durch die Enden nicht nur für kleinere Kinder ziemlich deprimierend. Ich habe ja nichts gegen z.B. die realistische Darstellung von Armut, aber diese gelingt auch Charles Dickens in der enthaltenen Geschichte Die Apfelsine des Waisenknaben, ohne dass dabei gleich auf ein hoffnungsvolles Ende verzichtet wird. Die Botschaft „erst im Tod wird der Protagonist glücklich“ (wenn überhaupt) ist nicht mein Fall und passt für mich auch nicht so gut zur adventlichen Vorfreude. Zum Glück muntern einen die anderen Geschichten, wie etwa eine Bescherung in der Speisekammern für die verfressene Mäusefamilie, dann wieder auf.

Bewertung vom 25.09.2022
Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit
Pulley, Natasha

Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit


sehr gut

Die Suche nach der wahren Vergangenheit

Im alternativen England zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts befindet sich Britannien schon lange unter französischer Herrschaft, da Frankreich knapp hundert Jahre zuvor den Krieg gewonnen hat. An einem Londoner Bahnhof findet sich der ungefähr vierzigjährige Protagonist der Geschichte mit fast vollständigem Gedächtnisverlust wieder, was seine persönlichen Erinnerungen betrifft. Lediglich ein paar verschwommene Fetzen machen sich immer wieder bemerkbar, die aber so gar nicht zu dem passen wollen, was ihm seine bald ausfindig gemachten Angehörigen weiß machen wollen.
Wer ist der Unbekannte, der in einer der schemenhaften Erinnerungen, auf ihn zu warten scheint? Warum geistert ihm der Name Madeline im Kopf herum? Und was hat das alles mit einem abgelegenen Leuchtturm zu tun? Als ihn eines Tages eine Postkarte von genau diesem Ort erreicht, macht sich der Hauptcharakter auf die Suche nach der Wahrheit.

Viel mehr sollte man zur Story nicht verraten, denn die komplexe und wendungsreiche Handlung in mehreren Zeitebenen hält allerlei Überraschungen bereit. Gemeinsam mit Protagonist Joe lernt man die Besonderheiten und Tücken dieser Geschichte kennen und weiß bis zum Schluss nicht so recht, an was man glauben soll.
Fest steht, dass der Kampf zwischen England und Frankreich darin eine wichtige Rolle spielt, und damit auch allerlei Episoden auf hoher See, Versuche, den Verlauf der dortigen historischen Ereignisse zu beeinflussen, sowie auch manch skrupellose Tat im Zuge dessen.
Joe und die wichtigsten Nebencharaktere zeigen sich dabei nicht immer von ihrer sympathischsten Seite, was aber dem Mitfiebern bezüglich ihres weiteren Schicksals keinen großen Abbruch tut. Die Geschichte ist spannend und komplex, außerdem auch im Schreibstil überzeugend und, wie oben erwähnt, bis zum Ende nicht ganz zu durchschauen. Erst auf den letzten Seiten löst sich alles auf, das Buch ist ein Einzelband.

Ich kann mir vorstellen, dass die Handlung manchem Leser dann doch zu verwirrend werden kann, dieses Werk ist auf jeden Fall keine leichte Lektüre. Auch die Schattenseiten der Figuren und der insgesamt oft deprimierende Beigeschmack können abschreckend wirken und haben mir zwischendurch nicht ganz behagt. Nichtdestotrotz fand ich das Buch aber lesenswert und mir hat auch die Auflösung gefallen.

Bewertung vom 18.09.2022
Wie wir Menschen die Welt eroberten / Unstoppable Us Bd.1
Harari, Yuval Noah

Wie wir Menschen die Welt eroberten / Unstoppable Us Bd.1


ausgezeichnet

Eine inhaltlich wie optisch überzeugende Reise in die Steinzeit

Im ersten Band der „Unstoppable Us“-Reihe geht Bestseller-Autor Yuval Noah Harari spannenden Fragen nach: Warum sitzen wir so gern am knisternden Lagerfeuer? Warum gibt es heute die unterschiedlichsten Bären-Arten aber nur eine Menschen-Art? Was ist aus den Neanderthalern und anderen Frühmenschen geworden? Welche Superkraft ermöglichte unserer Art die Eroberung der ganzen Welt und machte uns zu den gefährlichsten Tieren aller Zeiten? Und was hat das Ganze mit McDonald´s zu tun?
Außerdem lernt man, dass sich manche Fragen wohl nie abschließend werden beantworten lassen – eine durchaus nützliche Erkenntnis für unsere doch sonst so überlegene Art.

Schon die optische und haptische Aufmachung des Buches lädt zum Lesen ein. Das Hardcover kommt mit hochwertigem Papier und vor allem vielen tollen, farbigen Illustrationen daher. Steinzeitmenschen, die sich in einem Feigenbaum die Bäuche vollschlagen, ausgestorbene oder (wie man im Laufe des Buches erfährt) besser gesagt: ausgerottete Tierarten wie Mammuts und gigantische Beuteltiere, Szenen aus der heutigen Zeit und Abbildungen steinzeitlicher Kunstwerke – die Illustrationen runden den Text wunderbar ab.

Auf neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen basierend, aber doch im unterhaltsamen Plauderton, führt Harari die jugendliche Zielgruppe durch eine Vielzahl interessanter Kapitel. Zeitlich geht die Reise ungefähr von der Entdeckung erster Werkzeuge und der Nutzung des Feuers bis zur ersten Eroberung Amerikas vor 15000 Jahren. Doch auch Blicke in die heutige Zeit fehlen nicht, um zu verdeutlichen, wie das genetische und kulturelle Erbe der Steinzeit noch immer unser Verhalten beeinflusst.
Auch erwachsene Leser werden ihre Freude an diesem Buch haben – ich freue mich jedenfalls schon auf die Fortsetzung.

Bewertung vom 12.09.2022
Der schwarzzüngige Dieb (Schwarzzunge, Bd. 1)
Buehlman, Christopher

Der schwarzzüngige Dieb (Schwarzzunge, Bd. 1)


sehr gut

Ein liebenswerter Tunichtgut erobert die Fantasy-Welt

Kinsch Na Shannack hat Schulden bei der Diebesgilde, wo er zuvor seine Ausbildung in den zwielichtigen Künsten absolviert hat. Der sympathische Tunichtgut kommt letztendlich nicht darum herum, sich zusammen mit der ehrenwerten Ritterin Galva und bald auch noch diversen anderen Gefährten auf eine gefahrvolle Mission zu begeben.

Die Welt des Ich-Erzählers präsentiert sich bisweilen düster, erinnert mit derben und teils brutalen Szenen, aber auch immer wieder aufblitzendem (Galgen)humor, etwas an die Abenteuer des „Witchers“ Geralt.
Durch Elemente wie Kobolde, Riesen und Hexen sind vermeintlich vertraute Elemente enthalten und auch Kinsch selbst ist als schwarzzüngiger Galter eine Art Elfen-Verschnitt, bei genauerer Betrachtung zeigt sich aber, wie viele eigene Ideen der Autor eingebracht hat. Sei es die biologische Kriegsführung der Kobolde, der Aufbau der Diebesgilde oder der Einsatz magischer Tätowierungen. Es macht großen Spaß, gemeinsam mit den Charakteren nach und nach verschiedene Teile dieser Welt zu bereisen.

Die Geschichte ist spannend und hält einige, oft unliebsame, Überraschungen bereit, scheut sich auch nicht, manche Figuren das Zeitliche segnen zu lassen. Manchmal verliert die Handlung den roten Faden etwas aus den Augen und es kann zwischendurch ein bisschen verwirrend werden, insgesamt findet man sich aber gut zurecht und bleibt gern am Ball.
Der Hauptdarsteller mit seiner oft zynischen Betrachtungsweise der Ereignisse und doch auch mancher Szene, in der er sich loyal und liebevoll zeigt, wächst dem Leser zunehmend ans Herz. Die Nebencharaktere weisen ebenfalls einige interessante Eigenarten auf, allerdings sind sie mir teilweise doch eher fremd geblieben, besonders Galva, mit ihrer Fixierung auf Ehre, Kampf und eine todesliebende Gottheit.

Der Schreibstil weiß zu gefallen, lediglich ein paar holprig wirkende Übersetzungen von Liedern (die sich im Original reimen, auf Deutsch aber nicht) haben mich ein wenig irritiert. Aber sowas ist natürlich auch sehr schwer zu übertragen.
Alles in allem hatte ich Freude an diesem Buch und möchte gern erfahren, wie es mit Kinsch und Co. weitergeht.

Bewertung vom 21.08.2022
Snowflake
Nealon, Louise

Snowflake


sehr gut

Gelungener Debütroman mit schwierigen Themen, aber auch Herz und Humor

Die junge Irin Debbie beginnt ein Anglistik-Studium in Dublin, was sie vor einige Herausforderungen stellt. Es fällt ihr als „Landei“ schwer, Anschluss unter den vermeintlich so weltgewandten Kommilitonen zu finden, anders als in der Schule sind ihre Noten plötzlich nur noch knapp durchschnittlich, und vor allem spitzt sich die Lage auf dem heimischen Milchbauernhof zu. Denn sowohl ihre alleinerziehende Mutter (wenn man sie denn überhaupt „erziehend“ nennen kann) als auch ihr Onkel haben erhebliche psychische Probleme. Auch Debbie selbst fürchtet sich davor, verrückt zu werden.

Trotz schwieriger Ausgangslage und teils deprimierender Themen legt die Ich-Erzählerin einen sympathischen Humor an den Tag. Ihre kluge, selbstironische bis zynische Betrachtungsweise der verschiedenen Ereignisse rund um die Uni und das Dorfleben lässt sie dem Leser ans Herz wachsen.
Zwar ist mir das teils selbstzerstörerische Verhalten der jungen Frau etwas fremd geblieben (Alkohol und exzessive Partys waren noch nie mein Ding), ich habe aber gern ihre Erlebnisse verfolgt und das Beste für sie und ihre teils verschrobenen Verwandten und Bekannten gehofft.
Onkel Billy würde ich z.B. gern weiter beim Erzählen antiker Legenden oder dem Erklären von Sternbildern zuhören und auch Debbies Mutter entpuppt sich als vielschichtige Persönlichkeit.

Aufgrund der enthaltenen Themen kann die Geschichte manchmal recht deprimierend sein, durch den erwähnten Humor und einen fast schon poetischen Schreibstil wird die Lesemotivation aber aufrechterhalten.