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Benutzername: 
Glüxklaus
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Franken

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Insgesamt 612 Bewertungen
Bewertung vom 09.10.2020
Eine Hühnerschaukel für Rosa
Ackermann, Anja

Eine Hühnerschaukel für Rosa


ausgezeichnet

Wohlfühlbilderbuch mit drolligen Figuren und großer Überraschung

Hermine wohnt mit ihren Hühnern in einer alten Villa. Da gibt es immer etwas zu reparieren. Dummerweise verschwinden manchmal auch wie von Geisterhand Schrauben, die Hermine dringend braucht. Als der Postbote ein großes Paket bringt, sind alle gefiederten Bewohner ganz schön gespannt, was da wohl drin sein mag. Ein Spiegel? Eine Lampe? Ein Bett für die Hühner? Huhn Rosa wünscht sich unbedingt eine Hühnerschaukel. Ob sie die wohl bekommen wird?

Anja Ackermann schreibt lebendig, abwechslungsreich und gut verständlich. Die Geschichte ist zum Vorlesen für junge Zuhörer ab drei Jahren geeignet. Nadine Reitz hübsche, bunte, detaillierte Bilder geben die wesentliche Handlung sehr prägnant und anschaulich wieder und machen großen Spaß.

Drollig sind sie, diese Hühner und Mitbewohner von Hermine. Jedes Huhn hat sein eigene Vorstellung, was man braucht, um das Leben noch angenehmer zu machen. Alle Hühner sind durchaus verschieden: Amelie tanzt gerne, Finchen ist ängstlich, Frida mags kuschelig. Nur Rosa ist noch ein bisschen anders und huhnuntypischer, hat sie doch tatsächlich Panik vor Regenwürmern.
Mit „Frauchen“ Hermine habe die Hühner eine sehr nette, engagierte und verständnisvolle Hühnerhalterin. Es wirkt fast so, als wären die Hühner Hermines Familie.

In dieser idyllischen Villa möchten wir auch gerne leben. Hier ist die Welt noch in Ordnung. Und aufregend gehts da auch zu: Was ist denn nun in dem Paket? Diese Frage hat meine Mitleser brennend interessiert. Ein nettes, lustiges, sehr gemütliches Wohlfühlbilderbuch zum immer wieder Anschauen, das zeigt, dass Pläne dazu da sind, sie zu ändern. Manchmal findet man dabei viel bessere Lösungen. Man muss nur flexibel und kreativ sein...

Bewertung vom 07.10.2020
Tage mit Ida
Baier, Hiltrud

Tage mit Ida


ausgezeichnet

Ruhiger, melancholischer Roman mitten aus dem Leben, der mit authentischen Figuren überzeugt

Susanne steckt gerade in einer Krise. Ehemann Udo hat eine neue Stellung, arbeitet nun unter der Woche in München und wenn er die Wochenenden zu Hause in Kirchheim an der Teck verbringt, zeigt er sich desinteressiert und es kommt häufig zu Streit. Außerdem leidet Susannes Mutter an Demenz und erkennt ihre eigene Tochter nicht mehr. Susanne flüchtet sich immer öfter in den Alkohol, um die Realität zu verdrängen. Ausgerechnet jetzt taucht eine fremde, merkwürdig anmutende Frau, Ida, im Café von Susannes Bruder Martin auf, in dem Susanne als Bedienung aushilft. Sie behauptet, die Halbschwester von Susannes Mutter zu sein.

Hiltrud Baier schreibt flüssig, klar und angenehm lesbar aus Susannes Perspektive und in Rückblicken aus der von Ida. So werden langsam immer mehr Umstände aus der Vergangenheit enthüllt, die zur aktuellen Entwicklung geführt haben. Diese Erzählweise sorgt für Abwechslung und Spannung.

Die Figuren in „Tage mit Ida“ überzeugen durch ihre Authentizität. Sie wirken sehr glaubwürdig und einfach „menschlich“. Susanne z.B. reagiert oft nicht rational und vernünftig, sondern aus dem Bauch heraus und kann dabei auch ziemlich ungerecht und verletzend werden. Während sie für Ida Verständnis hat, zeigt sie z.B. Udo gegenüber weniger Geduld und Nachsicht. Sie selbst ist durchaus verletzlich und manchmal schwach, das wird von Hiltrud Baier sehr eindrücklich ausgeführt.
Auch Ida hat ihre Ecken und Kanten und ist nicht unfehlbar. Sie wirkt sehr sympathisch und zurückhaltend. Ihr Werdegang, ihr Leben in Lappland, ihre Prägung durch die samische Kultur
-Exotik der anderen Art- machen sie zu einem sehr interessanten Charakter. Susannes Mutter Christel wird ebenso differenziert betrachtet. Während manche Figuren Probleme im Umgang mit ihr haben, hat sie sich für andere Personen wiederum sehr engagiert und mit Herzblut eingesetzt. Die Darstellung der mehrdimensionalen, ambivalente Figuren, die nicht eindeutig in „schwarz“ und „weiß“ einzuordnen sind, sondern auch „Graustufen“ haben, imponiert mir.

Im Laufe des Romans ergibt sich ein zunehmend komplettes Bild von der Handlung, aber auch von den einzelnen Charaktere, dadurch wird der Spannungsbogen hochgehalten. Die Geschichte endet schlussendlich stimmig und rund.
Hiltrud Baier beweist, dass es sich lohnt, Personen und Situationen intensiver zu betrachten, einen zweiten Blick auf sie zu riskieren und nicht vorschnell zu urteilen. Menschen machen Fehler, aber es ist nie zu spät, ihnen zu verzeihen. Wer sich selbst eigene Fehler ein- und zugesteht, wird es leichter haben, die Schwächen der anderen zu vergeben. Außerdem ist es wichtig und bereichernd, auch andere Sichtweisen anzunehmen. Denn oftmals machen verschiedene Perspektiven auf und individuelle Betrachtungsweisen eines Menschen diesen erst richtig aus.

Tage mit Ida“ ist ein leiser Roman mit ganz viel Menschlichkeit. Melancholisch, aber an keiner Stelle kitschig, eher „skandinavisch klar“. Ich habe Idas und Susannes Geschichte sehr genossen. Für mich ein authentischer, glaubwürdiger, ruhiger Roman, nicht auf Hochglanz poliert, sondern realistisch und einfach nah dran am und trief drin im Leben.

Bewertung vom 07.10.2020
Hilfe, mein Handy ist ein Superschurke! / Das Superschurken-Handy Bd.1
Bertram, Rüdiger

Hilfe, mein Handy ist ein Superschurke! / Das Superschurken-Handy Bd.1


ausgezeichnet

Abgedreht-witzige Ganovenstory der etwas anderen Art

Franzi braucht ganz unbedingt ein Handy, davon ist sie überzeugt. Alle in der Klasse haben nämlich eins und chatten ständig miteinander in der WhatsApp-Gruppe. Nur Franzi bleibt außen vor, ist deshalb in der Klasse recht unbeliebt und hat keine Freunde. Als Franzi aufs Gymnasium wechselt, bekommt sie von ihren Eltern endlich das langersehnte Smartphone geschenkt. Allerdings findet Franzi schnell heraus, dass das neue Handy kein normales Handy ist. Es nennt sich Dandy Smart, kurz Dan, kann mit Franzi sprechen und hat allerhand verrückte Einfälle und jede Menge kriminelle Energie. Doof nur, dass Dans Arbeitsspeicher so klein ist und er in seinen kreativen Entfaltungsmöglichkeiten daher stark eingeschränkt ist. Natürlich hat Dan aber schon einen Plan: Franzi soll ihm einen speziellen, sehr teuren Superchip beschaffen und somit seine Speicherkapazität erhöhen. Dan ist aber nicht der einzige, der es auf den Superchip abgesehen hat. Auch die völlig überdrehte Lady Ballerina möchte den Chip unbedingt besitzen und schreckt vor nichts zurück, um ihn zu bekommen....

Autor Rüdiger Bertram ist nicht ohne Grund so bekannt und erfolgreich. Er schreibt flüssig, klar und ohne Zweifel sehr witzig. Jungen und Mädchen ab 8 Jahre können die Geschichte um Dan und Franzi schon selber lesen, jüngere haben beim Vorlesen Spaß. Besonders gelungen sind Ka Schmitz perfekt passende Illustrationen: kleine humorvolle Comics, die für Abwechslung, Motivation und gute Laune sorgen.

Ein Handy als Hauptfigur? Das gab es noch nie. Dan ist ein sehr origineller, phantasievoller Charakter, der es faustdick hinter den nicht vorhandenen Ohren hat. Dank seines permanenten Internetzugangs und ausgiebiger Hackingaktivitäten verfügt er über ziemlich viel sinnvolles, aber auch nutzloses Wissen. Klar dass er da ständig auf neue, abstruse Ideen kommt. Eine Freundschaft mit ihm entpuppt sich als nicht ganz ungefährlich. Franzi ist zum Glück recht bodenständig, vernünftig, bescheiden, gutmütig und sehr nett. Eigentlich wünscht sie sich nur eine echte Freundin. Mit ihr werden sich die Leser leicht identifizieren können. Franzis Eltern mit ihren herrlichen Bügel- und Transportspleens sind ebenfalls sehr angenehme und erfrischende Charaktere, denen das Wohl ihrer Tochter am Herzen liegt und die trotz der eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten alles tun, damit es ihr gut geht.
Die „Zicken“ Caprice und Konstanze wirken recht unsympathisch, aber vielleicht auch nur auf den ersten Blick.... Ein ziemlicher Knaller ist die völlig außer Rand und Band geratene, abgehobene und größenwahnsinnige Lady Ballerina. Merkwürdig und bizarr, aber irre komisch ihre absonderlichen Auftritte.

Wird Franzi den Superchip erbeuten oder kommt ihr Lady Ballerina zuvor? Völlig übertrieben, verrückt, extrem witzig, aber trotzdem superspannend, was Franzi erlebt.
Und bei all dem Witz und Humor ist in der ganzen Geschichte auch ein wenig Ernst enthalten. Muss denn wirklich jedes Kind ein Handy besitzen? Hat die virtuelle, digitale Realität im Internet viel mit der echten zu tun? Braucht jedes Kind Freundschaften in sozialen Netzwerken? Und was sind das eigentlich für Zeiten, in denen Kinder ohne Handy nichts gelten?
Ein total lustiges, skurriles Abenteuer mit unfreiwilliger Superheldin äh -schurkin und ihrer sehr speziellen androiden Unterstützung mit Ladekabel! Für alle, die auf Smartphones stehen oder sie ablehnen ;-). Auf Franzi und Dans nächstes Abenteuer freuen wir uns jedenfalls schon jetzt.

Bewertung vom 30.09.2020
Das Gift deiner Lügen
Blackhurst, Jenny

Das Gift deiner Lügen


gut

Wenn die Vorstadtidylle zur Lügenhölle wird: unterhaltsam, aber nicht vollkommen überzeugend

Skandal in Severn Oaks: Vor einem Jahr stürzte Erica Spencer während ihrer Halloweenparty im Garten vom Baumhaus und starb. Ein tragischer Unfall, wie die Ermittlungen dazu ergaben. Nun taucht ein mysteriöser Podcast auf, der behauptet, Ericas Tod sei kein Unfall gewesen, vielmehr seien Nachbarn und Freunde allesamt in den Mord an Erica verwickelt. Nach und nach wird in den einzelnen Folgen des Podcast von einem Mann namens Andy Noon aufgedeckt, welche Rolle die sechs von Severn Oaks Miranda, Felicity, Peter, Mary-Beth, Marcus und Karla bei Ericas Tod spielten. Ist wirklich etwas Wahres dran an den Behauptungen?

Autorin Jenny Blackhurst schreibt zwar schlicht und flüssig, aber nicht immer ganz klar und deutlich, im Gegenteil manchmal sind die Sätze ganz schön gewollt missverständlich formuliert. Beim Lesen muss man sich ziemlich konzentrieren, damit einem kein wichtiges Detail entgeht und man die vielen Personen richtig ein- und zuordnen kann. Meist schildert die Autorin die aktuelle Situation in der Nachbarschaft, zwischendurch wird der Podcast im Wortlaut eingeschoben. Das macht das Ganze interessant und sorgt für Abwechslung.

Fassade, nichts als Fassade, wohin man blickt. Alle beteiligten Personen sind sehr auf ihre makellose Außenwirkung bedacht. Hintenrum wird gelogen, betrogen, gelästert und gnadenlos verletzt. Da ist z.B. das Vorzeigepärchen Karla und Marcus Kaplan, er erfolgreicher Buchautor mit schwieriger Kindheit, sie allseits beliebte, unterstützende Ehefrau, die insgeheim sehnlichst auf ein TV-Engagement wartet. Nachbarin Miranda hingegen engagiert sich ehrenamtlich in der Elternarbeit, die Alleinerziehende Felicity ist perfekt organisiert und hat stets alles im Griff und unter Kontrolle, Privatleben wie Job. Ihre „Leichen im Keller“ machen keine der Figuren richtig sympathisch und auch das „Opfer“ Erica Spencer entpuppt sich als eine ziemliche „Giftspritze“. Dass der Leser zu den unangenehmen, unechten, unehrlichen und eindimensionalen Figuren keinen gefühlsmäßigen Zugang findet, mag so beabsichtigt sein, erschwert es aber dennoch, richtig mitzufiebern. Dadurch berührte das Schicksal der Charaktere mich kaum.

Wie starb Erica wirklich? Und wer steckt hinter dem ominösen Podcast?
Diese Rätsel machen „Das Gift deiner Lügen“ zu einer durchaus spannenden Lektüre. Allerdings wirkt der ganze Fall insgesamt doch ein wenig zu konstruiert, das Ende überrascht nur bedingt, einige Entwicklungen sind recht vorhersehbar, andere erscheinen nicht vollends ausgereift und durchdacht. Dass ich die meisten Figuren als unsympathisch empfand, machte es für mich unmöglich, emotional „mitzugehen“. Insgesamt ein überwiegend unterhaltsamer Krimi, aber kein hintergründiger Psychothriller mit Gänsehauteffekt.

Bewertung vom 29.09.2020
Was uns verbindet
Gowda, Shilpi Somaya

Was uns verbindet


sehr gut

Trauer trennt und verbindet: die bewegende Geschichte einer multikulturellen Familie

„Es gibt so viele Arten zu sterben, ohne die Welt tatsächlich zu verlassen: Du kannst ein Stück von dir selbst oder deinen Gefühlen abschneiden. Du kannst aufhören, die Sachen zu machen, die du liebst, oder deine Träume und Ziele aus den Augen verlieren. Du kannst dich von den Menschen lossagen, die dich lieben, oder niemals bereit sein, überhaupt Liebe zu finden. Du kannst dich von der Welt zurückziehen, oder du kannst durchs Leben gehen, ohne irgendetwas zu suchen, das größer ist als du selbst. Manche halten das vielleicht für unterschiedliche Lebensweisen, aber das sind sie nicht. Es sind nur Arten zu sterben.“

Karina Olander ist dreizehn Jahre alt, als eine schreckliche Tragödie, ihre Familie in den Grundfesten erschüttert. Karina, ihr Vater, der amerikanische Banker Keith, ihre Mutter, die aus Indien stammende Diplomatentochter Jaya, versuchen alle, auf ihre eigene Art mit dem Verlust umzugehen und zurück ins Leben zu finden. Doch keiner von ihnen kann alleine wirklich richtig verarbeiten, was geschah.

Die kanadische Autorin Shilpi Somaya Gowda schreibt flüssig, angenehm, klar und präzise. Sie nimmt im Wechsel die Sicht der verschiedenen Familienmitglieder ein, befasst sich allerdings am intensiven und ausführlichsten mit Karinas Situation.

Die Olanders, die Hauptfiguren in „Was uns verbindet“ sind von dem schrecklichen Ereignis schockiert, tief verletzt und zerissen. Sie alle suchen einen Ausweg aus einer zunächst ausweglosen Situation. Die Vergangenheit hat sich tief eingebrannt, ist das, was Karina, Keith und Jaya ausmacht. Während Karina mit niemandem darüber spricht, was sie bewegt und sich nach außen in Schularbeiten und später ihr Studium flüchtet, sucht Mutter Jaya Hilfe in der Spiritualität, in ihrem traditionellen Glauben, und verliert dabei ihre Tochter aus dem Blick. Vater Keith lehnt Jayas Trauerbewältigung ab, kehrt der Familie immer mehr den Rücken zu. Alle Figuren, ihre unterschiedlichen Gefühle und ihr Verhalten wurden für mich sehr nachvollziehbar, plausibel und verständlich dargestellt. Vor allem Karinas Schicksal hat mich emotional sehr berührt, mit ihr habe ich gelitten. Auch wenn es ein Unglück ist, was die drei Charaktere verbindet, schaffen sie es doch zunächst nicht, gemeinsam damit zu leben.

Nichts schmerzt so sehr, wie der Verlust eines geliebten Menschen. Shilpi Somaya Gowda schildert eindringlich, was Trauer für eine Familie bedeuten kann. „Was uns verbindet“ ist die sehr bewegende Geschichte einer Familie, die zunächst getrennt wird, aber für die es am Ende noch eine Chance gibt. Vom Prolog bis hin zum Ende eine runde, stimmige Handlung. Der Schluss hätte allerdings noch ein wenig ausführlicher, etwas differenzierter ausfallen können, wirkte etwas überhastet. Trotz der traurigen Umstände vermittelt der Roman letztendlich doch Optimismus. Auch wenn mancher Schmerz für immer bleibt, die Vergangenheit nicht zurückgelassen werden kann, kommt schließlich doch irgendwann die Zeit, in der es möglich wird, sich dem Erlebten und seinen Schuldgefühlen, zu stellen, wieder ins Leben, in die Gegenwart zurückzukehren und mit neuem Mut in die Zukunft zu blicken. Trauern ist ein langer Prozess, mit dem niemand alleingelassen werden sein sollte, dies wird hier sehr greifbar dargestellt. Authentisch, realistisch, emotional, tieftraurig und deprimierend, aber trotzdem gleichzeitig hoffnungsvoll. Echt lesenswert!

Bewertung vom 29.09.2020
Hilfe, mein Kater kann sprechen! / Mirella Manusch Bd.1 (eBook, ePUB)
Barns, Anne; Below, Christin-Marie

Hilfe, mein Kater kann sprechen! / Mirella Manusch Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Die vermutlich friedfertigste Vampirin der Welt

Die fast zehnjährige Mirella Manusch kann es nicht fassen. Sie bekommt über Nacht einen neuen Eckzahn, der verdächtig nach einem Vampirzahn aussieht und glaubt zudem plötzlich, ihren Kater Langstrumpf verstehen zu können. Tante Elly und ihrer Mutter weihen sie daraufhin in ein streng gehütetes Familiengeheimnis ein: In der Familie gab es schon öfter Vampire und Mirella scheint wie Tante Elly ebenso eine Vampirin zu sein. Tante Elly zeigt ihr, wie sie sich nachts in eine Fledermaus verwandeln und umherfliegen kann. Mirellas erster nächtlicher Ausflug führt sie in den Zoo und dabei stellt sich heraus, dass sie tatsächlich die Sprache der Tiere beherrscht. Doof nur, dass das Mädchen nicht weitersagen darf, was es von den Tieren erfährt, denn Mirellas Vater, der Tierarzt des Zoos soll unter keinen Umständen wissen, dass Mirella kein normales Mädchen ist.

Christin-Marie Below und Anne Barns schreiben aus der Sicht von Mirella flüssig, gut verständlich und altersgemäß in der ersten Person Singular. Manche Formulierungen waren meinen Kindern und mir allerdings zu „gewollt“ modern. Ausdrücke wie „mega“ mögen vielleicht im Gespräch von Kindern üblich sein, vorgelesen wirken sie allerdings mitunter etwas deplatziert und ein wenig penetrant.

Mirella ist eigentlich ein ängstliches Mädchen, dem Dunkelheit nicht geheuer ist und das sich auch nicht traut, mit seiner besten Freundin Klara im Baumhaus zu übernachten. Ausgerechnet sie wird zur Vampirin. Das ist natürlich eine besonders große Herausforderung. Aber nach und nach fasst Mirella immer mehr Mut. Da sie nur nachts die Tiere verstehen kann und Mirella sehr hilfsbereit und tierlieb ist, bleiben nächtliche Ausflüge natürlich nicht aus. Immer mit von der Partie ist dabei ihr Kater Langstrumpf, ihr tierischer Beschützer. Der kann ganz schön bissig und direkt sein und sorgt für einige amüsante Situationen, vor allem im Streit mit Iggy, Tante Ellys Frettchen. Tante Elly ist für Mirella eine echter Glücksfall: Sie ist ziemlich locker, hat eigene Erfahrungen mit dem Vampirsein und zeigt sich viel gelassener, traut Mirella mehr zu, als ihre Mutter.
Besonders phantasievoll und interessant natürlich die Auftritt der unterschiedlichen Zootiere. Ganz schön viele spezielle Figuren, auf die Mirella trifft. Und dann ist da ja noch ihre beste Freundin Klara, die von den neuesten Entwicklungen keine Ahnung hat..

Vampire sind bösartige, gefährliche Blutsauger? Nicht Mirella, Mirella ist einfach nur nett, erinnert eher an eine unfreiwillige, sehr menschliche Superheldin mit Herz als an eine Gruselgestalt. Natürlich möchte man da wissen, wie sich eine unerfahrene, frischgebackene Vampirin so schlägt, was sie nachts alles erlebt. Ihre Abenteuer sind jedenfalls ziemlich aufregend, die Kabbeleien rund um Langstrumpf und Frettchen Iggy echt komisch. Langweilig wird es mit Mirella definitiv nicht. Das Ende kam für uns leider sehr abrupt, wirkte nicht ganz rund, vermutlich soll hier gleich neugierig auf die Fortsetzung gemacht werden. Trotz kleiner Schwächen ein recht unterhaltsames, lohnendes Kinderbuch mit herzensguter Hauptfigur für Leserinnen ab acht Jahren, zum Vorlesen für Kinder ab sechs geeignet.

Bewertung vom 29.09.2020
Guinness World Records 2021

Guinness World Records 2021


sehr gut

Geballtes unterhaltsames Angeberwissen

Wer kennt es nicht das Guinness Buch der Rekorde? Ich habe als Kind Stunden damit verbracht, darin zu schmökern und über verschiedenste Bestleistungen zu staunen.
Das Guiness Buch gibt es jetzt auch zum Hören. Auf vier CDs erfährt man von unzähligen Rekorden aus dem Bereichen Sonnensystem, Natur, Tiere, Menschen, Kultur und Gesellschaft, Abenteuer, Technologie, Gaming, Popkultur, Sport und und und. Musik, diverse Soundeffekte und Interviews sorgen dabei für Abwechslung. Außerdem werden die Hörer dazu aufgefordert, selbst aktiv zu werden, sich selbst an konkreten Rekorden wie der Bau einer Dosenpyramide zu versuchen.
Sehr skurril, welche Rekorde alles in diesem einzigartigen Buch verewigt sind: Die „größte Klappe“ eines Menschen, der kleinste Busfahrer, der Vogel, der die meisten Tanzschritte beherrscht, der schwerste Rotkohl oder der längst Tag, den ein Mensch je erlebt hat. Viele Themen sind wirklich sehr unterhaltsam und witzig umgesetzt. Eine Auflistung vieler beeindruckender und gedanklich meist gut nachvollziehbarer Höchstleistungen.

Einige Fakten, wie die über Planeten und das Sonnensystem oder aus dem Bereich Sport werden allerdings recht „trocken“ vermittelt, da blieb bei mir und meinen Kinder recht wenig „hängen“, manche Themen waren uns zu abstrakt und recht schwer vorstellbar.
Bestimmte Kapitel, wie das über medizinische Wunder, sind für Kinder ab sieben Jahre definitiv nicht geeignet, Hauttransplantation z.B. ist ein Thema, das jüngeren Kindern Angst machen könnte. Vielleicht hätte man die „prekäreren“ Themen auf einer extra gekennzeichneten CD zusammenfassen können. Die Altersangabe ab sieben halte ich für das Hörbuch in dieser Form nicht für passend, ich würde eine Altersempfehlung ab 12 Jahren bevorzugen.

Insgesamt trotzdem eine überwiegend unterhaltsame Sammlung voller bedeutender, spannender und vor allem unglaublicher Rekorde. Massenhaft geballtes interessantes Angeberwissen, das sich in Gesprächen gut einsetzen lässt, falls mal Langeweile aufkommen mag.

Bewertung vom 29.09.2020
Das Buch mit der Lupe: Mein Körper
Dickmann, Nancy

Das Buch mit der Lupe: Mein Körper


sehr gut

Wunderwerk Körper mit einer besonderen Lupe betrachtet

Der Körper ist ein erstaunliches Wunderwerk. Das stellt „Das Buch mit der Lupe- Mein Körper“ auf beeindruckende Weise dar.
Hier erfahren Kinder ab fünf Jahren auf 23 Seiten Wichtiges über Zellen, das Skelett, Knochen und Gelenke, Muskeln, den Blutkreislauf, die Verdauung, die Lunge und die Atmung, Entwicklung von Babys, Abwehrkräfte, das Nervensystem, das Gehirn und die Sinne und erhalten auf der letzten Seite noch Tipps zum Gesundbleiben.
Auf vier Seiten können sie mit einer festinstallierten, verschiebbaren Lupe verschiedene Ausschnitte des Körpers genauer betrachten. Auf der ersten Seite zeigt die Lupe das Herz, die Lunge, das Skelett und die Verdauungsorgane gemeinsam. Auf den weiteren Seiten werden unabhängig voneinander das Skelett des Rumpfes (Wirbelsäule), das Verdauungssystem und das Nervenssystem intensiver einzeln beleuchtet. Es ist nur möglich, kleinere Ausschnitte eines Bildes anzusehen, das gesamte Bild z.B. die Wirbelsäule als Ganzes ist nicht erkennbar. Die Illustrationen sind bewusst sehr schlicht, klar, plakativ und farbenfroh gehalten. Das jeweilige Thema steht im Fokus und wird nicht überlagert von anderen Illustrationen, die ablenken könnten. Fast ein wenig „retro“ wirken die großflächigen, teils gekörnten Bilder, sie erinnern an die 70er Jahre, was ich durchaus ansprechend finde. Kinder haben immer wieder Spaß daran, die Lupe hin und her zu bewegen und einzelne Bildausschnitte genauer zu erkunden, dieser besondere Mechanismus sorgt für Motivation und Abwechslung.

Die Texte sind strukturiert, kurz, verständlich und altersgemäß formuliert. Wie in einem Lexikon finden sich in dem Buch nähere Informationen zu den einzelnen Unterthemen. Das Buch von vorne bis hinten komplett durchzulesen, wird für kleinere Kinder vermutlich ein wenig „trocken“ sein. Die einzelnen Seiten sind sehr übersichtlich gestaltet, Text und Bild stehen in einem ausgewogenen Verhältnis.

Hervorzuheben ist noch die stabile Aufmachung des Buchs, die dicken Pappseiten im DIN A4-Format halten sicher einiges aus. Die Lupenfunktion ist ein toller Effekt, ich hätte mir allerdings noch mehr davon gewünscht und eine bessere, präzisere Handhabung - mitunter hakt die Lupe ein wenig. Insgesamt ein faszinierendes Bildersachbuch zum immer wieder Betrachten, das das Wunderwerk Körper sehr anschaulich näher bringt.

Bewertung vom 28.09.2020
Geburtstagskind / Ewert Grens ermittelt Bd.6
Roslund, Anders

Geburtstagskind / Ewert Grens ermittelt Bd.6


sehr gut

Aufwühlender Skandinavienkrimi um internationale Bandenkriminalität

Zana wird ihren fünften Geburtstag nie vergessen. An diesem Tag wird ihre gesamte Familie zu Hause auf brutalste Weise ermordet. Der Stockholmer Kommissar Ewert Grens ist der erste am Tatort und bringt Zana in Sicherheit. Das Mädchen beginnt unter anderem Namen bei Pflegeeltern ein ganz neues Leben. Fast zwanzig Jahre später wird Ewert Grens in dieselbe Wohnung zu einem ominösen Einbruch ohne Beute gerufen, außerdem verschwinden die Akten zum frühere Fall spurlos aus dem Polizeiarchiv. Irgendjemand scheint nach Zana zu suchen. Anschließend kommt es zu weiteren Morden, die offensichtlich im Zusammenhang mit dem früheren Verbrechen stehen. Der komplexe Fall fordert Ewert auf besondere Weise heraus. Und nicht nur das: Der ehemalige Kriminelle und Aussteiger Piet Hoffman, der undercover für die Polizei arbeitet, bittet Grens zudem um Hilfe, denn seine Familie wird ernstlich bedroht...

Anders Roslund schreibt flüssig, klar und gut verständlich, aus der Sicht von Ermittler Ewert Grens, Piet Hoffman und dem Mädchen Zana. Die verschiedenen Perspektivwechsel sorgen immer wieder für große Spannung und Abwechslung.

Ewert Grens leistet seinen Dienst nicht nur nach Vorschrift ab. Er lebt für seinen Beruf, „beißt“ sich regelrecht an seinen Fällen fest, gibt nicht auf. Auch seine Freizeit verbringt er häufig im Büro, möchte er doch so wenig Zeit wie möglich alleine in seiner großen Wohnung sein. Anders Piet Hoffman mit der prekären Vergangenheit, dem seine Familie über alles geht, und der nun abtauchen muss, um sie zu schützen. Die beiden ungleichen Hauptfiguren kennen sich schon lange und gehen einen hochbrisanten Pakt unter enormen Zeitdruck ein.

„Geburtstagkind“ beginnt mit einem unheimlich starken Prolog, der den Leser fassungslos und schockiert zurücklässt. Erst im Lauf der Geschichte ergeben sich aus den scheinbar unabhängigen folgenden Erzählsträngen Zusammenhänge, die völlig überraschen. Insgesamt logisch und nahezu perfekt konstruiert. Allerdings führt der Roman in eine ganz andere Richtung als anfangs angedeutet. Das schreckliche Einzelschicksal Zanas mündet in einem komplizierten Fall von organisierter Kriminalität, der letztendlich lückenlos aufgeklärt wird. Mir persönlich sind Kriminalromane mit Themen wie Infiltration von Polizei oder internationaler Waffenschmuggel mit zahlreichen weiteren Verwicklungen oft zu komplex. Mich hat der spannende Roman erstaunlicherweise dennoch gepackt, die individuellen Figuren und ihre teils unerwarteten Entwicklungen haben mich überzeugt. Im Mittelteil empfand ich manche Szenen, in denen es z.B. um Bandenkriminalität geht, als ein wenig langatmig und hatte Schwierigkeiten, diese mit voller Aufmerksamkeit zu verfolgen.
Für Fans von skandinavischen Krimis (mit vielen dubiosen Figuren und organisiertem Verbrechen) absolut empfehlenswert. Ich persönlich hoffe allerdings, dass es im nächsten Fall für Ewert Grens etwas „klassischer“ und weniger international verwickelt zugeht, wünsche mir mehr von der beeindruckenden Klarheit des Prologs. Ich bin sicher, das kann Anders Roslund auch.

Bewertung vom 24.09.2020
Fräulein Paula und die Schönheit der Frauen
Bernard, Caroline

Fräulein Paula und die Schönheit der Frauen


sehr gut

Ein „Hauch von Nichts“ mit großem Wert: Wirtschaftswunder aus Sicht der Frauen

Für die Hamburgerin Paula Rolle hatte Schönheit schon immer eine große Bedeutung, aber das Jahr 1948 ist nicht die Zeit, in der Frauen sich besonders attraktiv fühlen können. Überall herrscht Mangel, Hamburg liegt in Trümmern und die Folgen und Zerstörungen des Krieges sind ständig präsent. Als Paula bei dem ehemaligen sächsischen Strumpffabrikanten Wilhelm Röpke eine Anstellung als Assistentin findet, ändert sich ihr Leben grundlegend. Die beiden sind fest entschlossen, aus dem Nichts eine neue Strumpffabrik aufzubauen, um Nylonstrümpfe zu produzieren. Der Weg dahin, „die Schönheit ins Leben der Frauen zurückzuholen“, zeigt Paula völlig neue Welten, ist aber immer wieder mit Rückschlägen gepflastert. Und dann ist da auch noch der britische Offizier Felix mit den kornblumenfarbenen Augen, der Deutschland immer noch als Feind betrachtet, aber seine Gefühle für Paula nicht verleugnen kann.

Autorin Caroline Bernard formuliert klar und flüssig. Svenja Pages liest ihren Roman angenehm und gut betont vor. Die unterschiedlichen Charaktere interpretiert sie auf individuelle Art und Weise. Es macht Spaß ihr zuzuhören. Manche Dialekte wie Sächsisch trifft die Sprecherin meiner Meinung allerdings nicht hundertprozentig, aber das empfinde ich nur als winzig kleinen „Schönheitsfehler“.

Die Frauen der Familie Rolle sind interessante Hauptfiguren. Sie haben während des Krieges gelernt, ohne die Hilfe eines Mannes zu überleben: Paulas Vater ist nicht aus dem Krieg zurückgekehrt, auch Paulas Verlobter Konrad ist spurlos verschwunden und vermutlich tot. Mutter Wilhelmine musste stets hart arbeiten, um die Familie durchzubringen. Die älteste Tochter Pauline, genannt Paula verdient zunächst mit kleineren Näharbeiten etwas dazu. Doch sie träumt davon, endlich wieder schicke Kleider zu tragen. Paula hofft inständig, in Zukunft beruflich auf eigenen Beinen zu stehen, ohne von einem Mann finanziell abhängig zu sein. Sie ist klug, einfallsreich, willensstark geschäftstüchtig und selbstbewusst. Auch die mittlere Schwester Gertrud wünscht sich einen eigenen Beruf, der sie erfüllt. Gertrud ist praktisch veranlagt und interessiert sich -für Frauen damals ganz untypisch- für Technik. Die jüngste Schwester Uschi möchte hingegen erst einmal das Leben genießen und endlich wieder Spaß haben. Sie kokettiert immer wieder mit ihrem Plan, einen reichen Ehemann zu finden. Mir gefällt, wie unterschiedlich die Schwestern sind und sich verhalten. Jede versucht, ihren eigenen Weg zu finden. Auch wenn die Not groß ist, die Folgen des Kriegs noch überall zu spüren sind, ist 1948 auch ein Jahr des Aufbruchs und der Zuversicht. Endlich können Frauen auch etwas anderes sein als Hausfrau und ehrgeizige Männer wie der sympathische Wilhelm Röpke bekommen die Möglichkeit, mit Ausdauer und zündenden Ideen die Wirtschaft anzukurbeln.

Caroline Bernard erzählt anschaulich von den Herausforderungen, mit denen die Menschen, vor allem die Frauen nach dem Krieg zu kämpfen haben. Sie zeichnet ein eindrückliches Bild von den damaligen Zuständen und den Träumen der kleinen Leute von einer besseren Zukunft. Kein temporeiches, sondern ein ruhiger, aber authentischer Roman. Ich habe mit Paula und ihren Schwestern gefiebert und gerne miterlebt, wie sie auf eigene, individuelle Weise ihre Chance der Emanzipation nutzen. Nylonstrümpfe, ein Hauch von Nichts werden zum Symbol des Neuanfangs, zeigen sie doch, dass Frauen es sich wieder leisten können, Wert auf sich und ihr Aussehen zu legen. Ein unterhaltsamer, kurzweiliger und leiser Roman für alle, die Mode, historische Romane und Geschichten von starken Frauen mögen.