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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 1947 Bewertungen
Bewertung vom 03.09.2022
Die Odyssee
Williams, Lara

Die Odyssee


gut

Die Odyssee von Lara Williams ist ein Buch über eine Frau, die auf einem Kreuzschiff arbeitet.
Es ist eine surreal wirkende Welt, in der sie sich befindet und es scheint auch eine Art Flucht von Ingrid zu sein. Eine Flucht vor ihrem früheren Leben.

Insgesamt finde ich kaum Zugang zu den Figuren, aber das kann auch ein Generationsproblem sein.
Eine erhoffte Kreuzfahrt-Atmosphäre jenseits Love Boat-Ambiente stellt sich leider auch nicht ein.
Der Plot an sich ist seltsam, die Beziehungen von Ingrid zu ihren Freunden auch. Ich bleibe am Ende ratlos.

Ich kenne Williams Erfolgsroman Supper Club nicht. Natürlich kann sie wirklich schreiben, aber es bleiben Zweifel.
Lara Williams wurde schon mit Sally Rooney und Ottessa Moshfegh verglichen, aber bei diesem neuen Roman denke ich, dass Lara Williams diese Liga nicht erreicht.

Bewertung vom 01.09.2022
Carrie Soto is Back
Reid, Taylor Jenkins

Carrie Soto is Back


ausgezeichnet

Pageturner

Das Genre US-Amerikanischer Sport-Film ist sehr beliebt und wird oft ausgeführt. In der Literatur gibt es deutlich weniger davon.
Taylor Jenkins Reid hat jetzt mit Carrie Soto is back einen wirklich aufsehenerregenden Sport-Roman geschrieben. Es geht um einer erfolgreiche Tennisspielerin namens Carrie Soto, die ihr Comeback versucht. Die Tennis-Matches verschiedener Turniere, u.a. auch Wimbledon werden ausführlich und aufregend beschrieben. Man glaubt wirklich, als Zuschauer dabei zu sein, so dicht beschreibt die Autorin.
Carrie Soto is back ist ein anspruchsvoller Unterhaltungsroman. Ein Pageturner, aber nie flach und mit interessanten Figuren, insbesondere natürlich Carrie, deren Leben anfangs auch erzählt wird und ihrem Vater, der auch ihr Trainer ist. Er setzt in ihr den Stachel des Ehrgeizes und sie hat die Kraft und das Talent. Später haben sie auch Probleme miteinander, aber bei ihrem Comeback wird er wieder ihr Trainer.
Carries größte Widersacherin ist die kraftvoll spielende Nicki Chan. Es wird ein aufsehenerregender Kampf zwischen den beiden und irgendwann stellt sich für Carrie die Frage, ob Gewinnen wirklich alles ist.
Der Roman macht richtig Spaß und ich hoffe, weitere Romane der Autorin lesen zu können

Bewertung vom 31.08.2022
Jahre mit Martha
Kordic, Martin

Jahre mit Martha


sehr gut

Marha und Jimmy

Jahre mit Martha, mit diesem Buchtitel und dem atmosphärischen Cover lockt das Buch zielsicher seine Leser an.
Der Erzähler ist ein kroatischstämmiger Mann namens Zeljko. Seine Erinnerungen gingen in die Zeit, als er ein 15jähriger Junge war und Matha kennen lernte, eine verheiratete Frau mit Kind. Sie beginnen eine Liebesbeziehung.
Später geht er als Student nach München.
In München wird außerdem sein Professor sehr wichtig für ihn.

Martin Kordic beschreibt die problematische Beziehung zwischen dem Jungen und Martha einfühlsam und lässt sie sich wiedertreffen, als er in seinen zwanziger Jahren ist.
Zwischen ihnen ist eine große Verbundenheit.

Martin Kordic schafft auch einige gute Formulierungen über alltägliches und aus vielen Sätzen sieht man Zeljkos instabilen emotionalen Zustand.
Zeljkos Entwicklung und auch seine Irritierungen mit seiner Rolle als Kroate in Deutschland wird glaubhaft gezeigt. Ich mag den ruhigen Erzählfluss, in dem die Handlung treibt.

Bewertung vom 31.08.2022
Svendborg 1937
Jeschke, Tanja

Svendborg 1937


sehr gut

Das Exil der Familie Dinkelspiel

Svendborg 1937 ist ein ruhiger, sensible und einfühlsam erzählter Roman über eine Familie jüdischer Abstammung, die in dieser schlimmen Zeit aus Deutschland nach Dänemark flüchteten. Sie werden von einer älteren Dame aufgenommen, genannt Tante.
Die Erzählperspektive wird überwiegend von der jüngsten Tochter Meret eingenommen. Das hat die Autorin Tanja Jeschke gut gewählt, den Meret ist eine genaue Beobachterin, z.B. Von ihrer älteren Schwester, die davon träumt, mit ihrem Freund nach Palästina auszuwandern oder auch darüber, wie die Tante reagiert.
Die Familie Dinkelspiel müssen sich mit ihrem Exil arrangieren. Sie sind eine intelligente Familie.
Es wird auch das Umfeld von Bertold Brecht, der in dieser Zeit ebenfalls da war, betrachtet.
Ich mag den ruhigen, genauen Stil der Autorin. Es stören mich auch gewisse Einschübe über Merkmale der Zeit nicht, die nicht direkt erzählerisch ausgeführt sind.
Entscheidend ist, dass eine Exilerfahrung nachvollziehbar erzählt wird.

Bewertung vom 30.08.2022
Spitzweg (eBook, ePUB)
Nickel, Eckhart

Spitzweg (eBook, ePUB)


sehr gut

er war so exaltiert, because er hatte Flair.

Eckhart Nickels Spitzweg ist ein Roman über Kunst und Gesellschaft, der mich im Ansatz an frühe Bücher Hermann Hesses erinnert, z.B. Demian. Es spielt im Schulmilieu.
Auch hier trifft der Icherzähler als Schüler einen anderen, der ihn beeindruckt.
Carl ist selbstbewusst, leicht elitär, manchmal auch exaltiert.
Dritte im Bund ist Kerstin.

Eckart Nickel hat seinen eigenständigen Ton, zu dem viel Wortwitz gehört.
Das Buch ist amüsant und ausgefallen, meistens interessant.
Allerdings zerfasert die Handlung mit der Zeit und die anfängliche Spannung lässt nach. Dafür gibt es einen Stern Abzug.

Bewertung vom 26.08.2022
Zwischen Brüdern
Böhm, Wolfgang

Zwischen Brüdern


ausgezeichnet

Ein Realist und ein Träumer

Die Brüder Viktor und sein 5 Jahre jüngerer Bruder Hans sind ziemlich verschieden, fühlen sich aber doch miteinander verbunden.
Viktor war im Krieg, wurde dann Lehrer. Er ist realistisch veranlagt wo Hans ein Träumer und spontan ist, ein künstlerischer Mensch, interessiert an Architektur, lernte am Bauhaus in Weimar.
Die Handlung setzt in Wien in den zwanziger Jahren ein, als die Brüder junge Männer sind und setzt sich über viele Jahre fort. Die Brüder entwickeln sich unterschiedlich und es kommen schliesslich schere Jahre.
Der Roman wird auch durch die Erzählperspektive geprägt. Der eher passive, beobachtende Viktor ist der Icherzähler. Seine Gedanken über Hans ordnen die Handlung immer wieder analytisch ein.

Mich konnte die Geschichte interessieren und Wolfgang Böhms Stil ist zwar unaufdringlich, aber doch einnehmend. Er schafft ein Zeitporträt.

Bewertung vom 25.08.2022
Das Glück auf der letzten Seite
Bonidan, Cathy

Das Glück auf der letzten Seite


sehr gut

Cathy Bonidan hat mit Das Glück auf der letzten Seite einen zugänglichen Unterhaltungsroman geschrieben, der durch seine Multiperspektive, man könnte auch sagen kalleidoskopartige auffällt. Das wird erzeugt, indem die beteilgten Figuren sich Briefe schreiben. Es ist also ein Briefroman.

Die Handlung setzt 2016 ein, aber der Ursprung liegt 30 Jahre zurück, als der junge Sylvestre als aufstrebender Schriftsteller sein Romanmanuskript verlor. Jetzt ist es wieder aufgetaucht, und jemand anders hat den Romananfang des Manuskriptes zu Ende geschrieben. Wer und warum? Das ist die Frage. Dieser Ansatz ist eine reizvolle Idee. Die Suchs nach dieser rätselhaften Person beginnt.
Zusammengehalten wird das ganze durch Anne Lise Briard, die Frau, die das Manuskript fand und den Briefwechsel startete. Aber auch die Stories von ein paar Nebenfiguren tragen zum Plot bei.

Der Stil des Buches ist betont sanft. Für meinen Geschmack etwas zu weichgespült, aber das ist Geschmackssache.

Bewertung vom 25.08.2022
Schlangen im Garten
vor Schulte, Stefanie

Schlangen im Garten


sehr gut

Eine Familie in Trauer

Stefanie vor Schulte, die mit ihrem Debüt Der Junge mit dem schwarzen hahn so aufgefallen war, hat einen neuen Roman, der wieder einen besonderen Stil aufweist.
Schlangen im Garten. Diesmal ist die Handlung in der Gegenwart angelegt.
Es geht um eine Familie, in der die Mutter verstorben ist. Der Vater wird von Trauer überwältigt.
Die Familie tut sich schwer damit, mit dem Verlust umzugehen.
Das betrifft auch die Kinder. Linne prügelt sich auf dem Schulhof, Micha hat Weinanfälle.Der schon ältere Steve tröstet ihn.
Das Verhältnis zwischen den Geschwistern ist herzlich.
Stefanie vor Schulte streut ein paar Element mit ein, die an magischen Realismus erinnern.

Trauer in der Familie ist kein einfaches Thema. Daher ist Stefanie vor Schultes Leistung bei diesem Roman nicht gering zu schätzen.
Die Absurditäten der Handlung sind aber auch nicht einfach mit realistischem in Einklang zu bringen.

Bewertung vom 24.08.2022
Isidor
Kupferberg, Shelly

Isidor


sehr gut

Biografisches Buch über ein jüdisches Leben

In diesem Buch schreibt die in Israel geborene, aber in Deutschland lebende Journalistin und Autorin Shelley Kupferberg über ihren Urgroßonkel Isidor, der in Wien lebte, er war ein erfolgreicher Geschäftsmann, auch der Kultur zugewandt. Als dann Österreich Nazideutschland angeschlossen wurde, bedeutete das für die Juden Schikanen. Isidor wurde verhaftet, enteignet, körperlich und seelisch gebrochen. Er starb 1838 mit nur 52 Jahren.

Sein Neffe Walter, Großvater der Autorin, konnte nach Palästina auswandern.

Das Buch, dass kein Roman sondern ein Sachbuch ist, ist so verdienstvoll, weil es die Geschehnisse anhand eines Einzelschicksals intensiv und detailliert schildert und dabei erzählerisches Geschick beweist.

Shelley Kupferbergs Text entwickelt außerdem viel Atmosphäre und man ist dichter bei den Figuren, als es bei Sachbüchern sonst häufig der Fall ist. Das Buch ist eben doch auch Literatur.

Bewertung vom 23.08.2022
Die Erfindung der Wirklichkeit
Magarian, Baret

Die Erfindung der Wirklichkeit


sehr gut

Ein Spiel mit Fiktion und Realität

In diesem umfangreichen Roman wird doppelbödig, in mehreren Ebenen erzählt.
Daniel Bloch ist nach eigenen Angaben ein kommerziell erfolgreicher Schriftsteller, der über seinen etwas einfältigen Freund Oscar Babel erzählt oder erfindet.
Dem Autor Baret Magarian gelingt es, Situationen zu kreieren, die originell sind und auch Wortwitz entwickeln.
Der ganze Text besitzt stark satirische Elemente auf die Kunst- und Kulturszene.

Daniel Bloch steckt in einer Art midlife crisis, zudem genervt von seinem Vater, zu dem er eine schwierige Beziehung hat. Ausserdem hat er einige misanthrope Züge.
Oscars Entwicklung ist verblüffend. Er kann sich sus seinem ungeliebten Job lösen und wird ein Star, eine Art Guru. Er selbst sieht das aber nicht ohne Beklemmung. Dennoch lässt er es geschehen.
Dann gibt es noch den oppurtonistischen Blender Ryan Rees.
Die Figurenkonstellation ist bemerkenswert.

Es soll auch noch die feine Buchgestaltung mit eindrucksvollen Cover erwähnt werden.

Ein wirkungsstarker, opulenter Text, der kraftvoll wie eine Dampfwalze daher kommt.