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Bibliomarie

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Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 19.04.2019
Versuchung à la Provence
Heineke, Andreas

Versuchung à la Provence


gut

Pascal Chevrier hat genug vom anstrengenden Leben eines Pariser Polizisten und ließ sich in den Luberon versetzen. In diesem schönen Landstrich der Provence will er zur Ruhe kommen, seine gescheiterte Ehe verarbeiten und die schönen Dinge des Lebens genießen. Dafür nimmt er auch eine ländliche Dienststelle und einen geringeren Dienstgrad in Kauf. Doch viel Ruhe ist ihm nicht vergönnt. In einigen angesehen Sternerestaurants werden menschliche Finger in der Fleischlieferung gefunden. Ein Horror für die Küchenchefs und die Gourmetszene. Pascal findet schnell heraus, dass alle betroffenen Köche einer Bruderschaft angehören, die die Reinheit der französischen Küchenkunst verteidigt. Keine modernen Spielereien und nur das auf den Tisch, was es schon im Mittelalter gab .Im Gegensatz dazu steht eine Gruppe radikaler Tierschützer, die auf das Leid bei der Tierhaltung und der Mast hinweisen.


Zwischen Landschaft und Kochkunst bewegt sich diese hübsche Kriminalkomödie und man merkt dem Buch an, dass auch der Autor diese beiden Themen liebt und sich bestens auskennt. Gerade die Ausflüge in die Geschichte der klassischen Kochkunst haben mir gefallen. Da ich auch die Gegend kenne, war es wie ein Wiedersehen mit Orten und Landschaft. Da ging mir doch gleich das Herz auf.
Pascal Chevrier ist eine sympathische Ermittlerfigur, auch mal von Unsicherheit und Zweifel geplagt, aber immer mit dem Herz auf dem rechten Fleck. Er lässt sich auch von seinem despotischen Vorgesetzen, dem cholerischen Bürgermeister des kleinen Örtchens nicht unter Druck setzen.


Der Krimi selbst ist ein wenig durchschaubar, der Plot ist übersichtlich aufgebaut und auch die Spannung steht hinter der Provence Atmosphäre zurück. Vielleicht liegt es auch daran, dass die ich die Bösen gleich am unangenehmen Erscheinungsbild erkannte, jedenfalls war mir ziemlich schnell klar, wer hinter den Vorfällen steckt. Ein Kompliment muss ich dem Autor für seine ausgefallene Mordmethode machen, die Idee war erzählerisch gut umgesetzt.


Mein Fazit: Angenehme Unterhaltung mit Urlaubsfeeling.

Bewertung vom 17.04.2019
Am Ende nur ein kalter Hauch
Avanzini, Lena

Am Ende nur ein kalter Hauch


sehr gut

Carla Bukowski ist Inspektorin in Wien. ihren Heimatort und ihre Familie meidet sie. Aufwachsen mit einem trunksüchtigen Vater und einer gleichgültigen Mutter hat sie nach ihrem Schulabschluss jeden Kontakt vermieden. Aber zur Beerdigung ihrer Großmutter möchte sie zurück, sie war die Einzige, die ihr etwas bedeutete. Bei der Beisetzung muss sie feststellen, dass es mit der Familie nicht besser geworden ist, lediglich ihr Neffe ist ein Lichtblick und ihr auf Anhieb sympathisch. Als er entführt wird, steht sie ihrem Bruder und ihrer Schwägerin zur Seite und beginnt privat zu ermitteln.


In diesem Krimi schickt Lena Avanzini ihre Hauptfigur auf eine Höllenfahrt. Sie muss sich den schlimmen Erinnerungen ihrer Jugendzeit stellen und gleichzeitig an einem Fall arbeiten, der ihre Familie betrifft und in dem sie ihre Verwandten auch zu den Verdächtigen zählen muss. Carla ist eine unnahbare, kalte Person, aber schnell merkt man, dass das ein Schutzpanzer ist, den sie sich umgelegt hat. Zu viele Schicksalsschläge musste sie schon verkraften. Den Tod ihres Mannes und ihres kleinen Sohnes und auch ihre zweite Liebe, der Journalist Leon Ritter ist ermordet worden. Das hat sie hart werden lassen.


Der Krimi, der fast schon ein Thriller ist, wartet mit vielen unerwarteten Wendungen auf. Der Spannungsbogen ist von Anfang an hoch, steigert sich im Lauf der Geschichte noch einmal. Die Rückblenden erschließen dem Leser nur langsam das frühere Geschehen, welches das Motiv des Täters nur langsam enthüllt. Der Plot bleibt bis zum Schluss nicht vorhersehbar und ist in der Lösung absolut schlüssig. Die Sprache, die sich gut liest, trifft genau den Ton der einzelnen Protagonisten. Dadurch entsteht ein Kopfkino, das mich gefesselt hat. Bis zur letzten Seite ist man gebannt, wie Carla den Fall lösen wird.


Das ist der dritte Band um die Wiener Inspektorin Carla Bukowski, aus den kleinen Rückblenden erschließen sich die tragischen Ereignisse ihrer Vergangenheit. Ansonsten ist das Buch in sich geschlossen und verlangt keinerlei Vorkenntnisse.

Bewertung vom 16.04.2019
Gelateria Paradiso
Gerstenberger, Stefanie

Gelateria Paradiso


gut

Schon lange gibt es die „Gelateria Paradiso“ in Bergischen Land nicht mehr. Francesca, die Tochter muss nun die letzten noch eingelagerten Einrichtungsgestände verkaufen. Seit ihrer Jugend hat sie keinen Kontakt mehr zu Eltern, ihr altes Leben wie eine zu klein gewordene Hülle abgestreift. Sie ist elegant, eine weltgewandte Stewardess, glücklich verheiratet und doch umgibt sie ein Geheimnis.
Susanne, eine Tischlerin, die alte Möbel billig ankauft und restauriert, hat von dieser Auflösung erfahren und erhofft sich einige interessante Stücke. Ein Foto des Inhabers trifft sie wie ein Stromschlag, sie ist ihm wie aus dem Gesicht geschnitten. Ort und Zeit scheint zu passen. Susanne kennt ihre leiblichen Eltern nicht, sie ist als ungeliebtes Adoptivkind aufgewachsen und scheint nun endlich etwas über ihre Herkunft zu erfahren.
Aber Francesca weigert sich, ihre Halbschwester anzuhören, denn dann müsste sie sich ihrem Familiengeheimnis stellen. Beide machen sie unabhängig auf den Weg nach Bassano um die Familie Paradiso zu treffen.
Zwei Frauenschicksale, interessant mit einander verwoben und immer wieder Rückblicke in das Leben hoffnungsvoller Gastarbeiter im Wirtschaftswunderland Deutschland in den 60iger Jahren. Das ergibt eine lebendige, vielschichtige Geschichte. Stefanie Gerstenberger hat zwei sehr unterschiedliche Frauenportraits gestaltet, jede für sich sehr interessant und lebendig. Wobei es aus Gründen der Dramaturgie auch zu unterschiedlicher Sympathiegewichtung kommt. Bei Francesca und ihrem eigensüchtigen Charakter brauchte ich länger um ihr warm zu werden und ihre Handlungen zu verstehen und richtig einzuordnen. Sie wurde mir anfangs zu extrem unsympathisch eingeführt um sich dann im Verlauf von nur wenigen Wochen grundlegend zu wandeln.
Die wechselnden Perspektiven – aus Susannes und Francescas Sicht, dann in Italien aus der Sicht von Francescas Eltern ergeben einen vielschichtigen Roman mit dramatischen Wendungen.
Gut haben mir die historischen Rückblicke gefallen. Das Klima, das den Gastarbeitern in Deutschland entgegenschlug, ist gut eingefangen. Fremdheit, Sprachlosigkeit und der Wunsch sich eine neue Existenz aufzubauen, weit weg von der Armut in der südlichen Heimat, bestimmt ihr Leben. Wobei mir zu wenig von der titelgebenden Gelateria zu lesen war. Sie darf nur einmal eine kurze Szene beleben und ansonsten nur in den verbitterten Erinnerungen von Francesca auftauchen
Der Sprache ist schön und leicht zu lesen, trotz der vielen traurigen Schicksale liegt auch eine versöhnliche Heiterkeit in dem Buch. Die ist auch den gelungen portraitierten Nebenfiguren zu verdanken. Lennart, der immer liebenswerte, im Geist ein Kind gebliebener junger Mann, seine Mutter, die Susanne eine Stütze ist, und natürlich auch die große, lebhaft-dramatische Verwandtschaft in Italien.
Ein schönes, sehr versöhnliches Ende rundet das Buch ab.

Bewertung vom 16.04.2019
Der Stotterer
Lewinsky, Charles

Der Stotterer


sehr gut

Der Stotterer ist ein Meister des Wortes, aber nur des geschriebenen. Denn wie der Titel des Buches schon verrät, versagt er beim Sprechen. Nun sitzt er in der Haftanstalt eine Strafe für seine Betrügereien ab, denn seine Meisterschaft hat er im Unredlichen perfektioniert. Abzockerei per Brief bei Partneragenturen und den Enkeltrick hat er geradezu perfektioniert, aber letztendlich war seine Eitelkeit größer als seine Vorsicht und nun sitzt er ein.
Hier beginnt er mit Tagebuchschreiben und Briefen an den Gefängnispfarrer, den er Padre nennt. Mit seiner dramatischen Kindheit, er wuchs in einer freikirchlichen Sekte auf, erduldete Prügel und seelische Misshandlungen, punktet er schnell beim Padre. Vor allem seine profunde Bibelkenntnis untermauert seine Geschichte. Aber was ist die Wahrheit? Diese Frage stellte ich mir das ganze Buch.
Lewinsky benützt seinen Protagonisten um mit dem Leser zu spielen, er wiegt ihn in Sicherheit, lässt ihn eine Geschichte glauben und stürzt ihn sofort im nächsten Kapitel wieder in Zweifel. Genauso manipulativ wie der Stotterer mit seinen Briefen, verführt der Autor den Leser. Dabei benützt virtuos die Sprache. Sein Stil passt sich der jeweiligen Geschichte an, die Briefe an den Anstaltspfarrer, seine „wahren“ Tagebucheinträge und zwischendurch immer wieder kleine Prosastücke, die als Fingerübungen bezeichnet werden und in den Stärckle sein literarisches Können unter Beweis stellen will. Diese Geschichten sendet er dem Pfarrer, der in seinem Namen an einem Literaturwettbewerb teilnehmen soll.
Lewinsky gelingt es, für seinen Protagonisten Sympathie, ja stellenweise sogar Bewunderung zu wecken. Sein Stil ist brillant, voller Esprit und kurzweilig humorvoll, bis ich an den Punkt gelangte, wo mir diese so offensichtlich zelebrierte Gewandtheit langsam zu viel wurde, manchmal wäre weniger mehr gewesen und nicht jeden Wortwitz muss man mitnehmen. Aber das ist nur ein kleiner Kritikpunkt an dieser unterhaltsamen und eleganten Hochstaplergeschichte.
Haben wir am Ende Stärckles wahre Geschichte erfahren, wer weiß?

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.04.2019
Vom Himmel zum Meer
Marcks, Lisa

Vom Himmel zum Meer


gut

Agnes Martin, die im Waisenhaus in Straßburg aufgewachsen ist, wird nach Hamburg geschickt. Dort soll sie eine Anstellung als Gesellschafterin einer Pastorenwitwe annehmen. Doch dort muss sie erfahren, dass sie nicht erwünscht ist, die Witwe Bevenkamp will weiterhin im Lebenswerk ihres verstorbenen Mannes, dem Hamburger Waisenhaus, mitmischen, was dem Nachfolger Pastor Sörensen überhaupt nicht gefällt. Doch die Cholera, die in Hamburg 1892 ausbricht, zwingt die beiden Frauen zum Handeln. Sie fliehen zusammen mit einigen Kindern an die Ostseeküste, wo Tilly Bevenkamps elterliche Kate steht. Agnes versucht nun den Unterhalt für sie alle zu verdienen, indem sie am Strand kleine Backwaren an die reichen Kurgäste verkauft. Ein leerstehendes Herrenhaus mit einer großen Küche wäre ideal für sie, doch die Besitzer, die adlige Familie von Reikers stehen den Plänen sehr abwehrend gegenüber.
Der historische Roman lebt von seinen starken Frauengestalten. Agnes und Tilly nähern sich nur langsam an einander an, denn Tilly trägt schwer an ihrer Trauer und ihrer unglücklichen Familiengeschichte und auch Agnes wird an der Ostseeküste vor schwierige Entscheidungen gestellt.
Die Autorin hat eine spannende und auch emotionale Geschichte geschrieben, die man wirklich in einem Zug auslesen möchte. So sehr wird man von den Ereignissen in Bann gezogen. Das ist leicht und flüssig geschrieben und vor allem die Frauenfiguren sind mir sehr schnell ans Herz gewachsen.
Das historische Ambiente war mir allerdings ein wenig durch die rosarote Brille gesehen. Standes- und Bildungsunterschiede spielen keine Rolle und besonders die junge Agnes als gerade erwachsen gewordenes Findelkind, verfügt über beeindruckend viel Tat- und Entscheidungskraft und Lebensweisheit. Alle Schwierigkeiten lassen sich schnell und manchmal auch durch Zufälle beseitigen, was mir ein wenig zu weichgezeichnet vorkam. So wirkt das Historische eher als farbige Folie für ein Art Emanzipationsgeschichte.
Der Lesefluss und das Vergnügen an dem Roman werden dadurch aber nicht geschmälert. Die Geschichte hat mir trotzdem gut gefallen und das Leben an der Ostseeküste war stimmungsvoll eingefangen. Bei all den Back- und Kochkünsten von Agnes ist mir der Mund so wässrig geworden, dass ichdie sonst üblichen Rezepte im Anhang fast vermisste.
Ein schönes, stimmiges Happy End rundete die Geschichte dann perfekt ab und was das wunderschöne Titelbild versprach, wurde eingelöst.

Bewertung vom 13.04.2019
Zum Teufel mit den fiesen Friesen / Ostfriesen-Krimi Bd.6
Franke, Christiane;Kuhnert, Cornelia

Zum Teufel mit den fiesen Friesen / Ostfriesen-Krimi Bd.6


sehr gut

Tjark Ukena kommt bei einem Motorradunfall ums Leben. Unmittelbar dabei und fast noch in den Unfall verwickelt wird Rosa, die Grundschullehrerin, die schon immer ein Gespür für Ermittlungen hat. Zusammen mit Polizist Rudi und Briefträger Henner hat sie schon einige Male ihr detektivische Neugierde unter Beweis gestellt.
Doch dann stellt sich heraus, dass vor dem Unfall auf Tjark geschossen wurde und kurz danach kommt eine Kitesurferin ums Leben, auch ihr Unfall war ein tödlicher Anschlag . Beide waren aktiv bei den „Frechen Friesen“, eine Gruppe von Heimatschützern, die gegen einen riesigen Windpark und ein gigantisches Logistikzentrum kämpfen um ihre Heimat Neuharlingersiel zu erhalten.
Rudi beginnt zu ermitteln und zu Rosa großem Ärger ist er mit Informationen für sie sehr sparsam. Was für eine Undankbarkeit, denn schließlich hat sie ihm doch schon früher auf die Sprünge geholfen. Außerdem ist Rudi doch auch abgelenkt, schließlich ist sein lang verschollener Vater aufgetaucht, er bisher noch gar nichts von der Existenz eines Sohnes und Enkels wusste.
Ein wirklich humorvoller Krimi, bei der mir der trockene ostfriesische Witz gefallen hat. Wenn die Friesen auch wortkarg sind, passt der Wortwitz und die Situationskomik ist auf den Punkt gebracht. Ganz nebenbei dürfen wir auch ein wenig über die ostfriesische Geschichte erfahren, bei der es mehr als nur Störtebecker gibt.
Das Autorinnenduo mischt einen spannenden Krimi mit viel Ostfriesland Flair und der Liebe zu Land und Leuten mit einer spannenden, durchaus realistischen Handlung und viel Humor. Das ist gut gelungen, ich habe mich mit viel Lesevergnügen in die turbulenten Ereignisse gestürzt. Ein bunter Figurenreigen mischt mit und für mich als Erstleser dieser Ostfriesenkrimis war das ausführliche Personenregister am Schluss des Buches ganz besonders interessant. Alle Beteiligten werden dort kurz charakterisiert, auch die Protagonisten, die in diesem Buch nur eine kleine Rolle spielen. Aber bis in die Nebenrollen waren sie gut besetzt und geschildert. Ob Kommissar Schnepel, der sich immer in abseitige Theorien verbeißt, oder die Steffens, deren Hof ein Zentrum von Familienidylle ist – ich mochte sie alle.
Ein Küstenkrimi prädestiniert als Urlaubslektüre im Strandkorb.

Bewertung vom 11.04.2019
Der Postbote von Girifalco oder Eine kurze Geschichte über den Zufall
Dara, Domenico

Der Postbote von Girifalco oder Eine kurze Geschichte über den Zufall


sehr gut

Girifalco ist ein verschlafenes Nest. Wir sind in den 60iger Jahren, dort lebt der Postbote – so wird er im Laufe des Buches nur genannt und tagein tagaus sieht man ihn mit seiner Tasche durch die Straßen ziehen. Es könnte ein ereignisloses Leben sein, aber der Postbote hat sein Geheimnis.
Als vaterloser Junge aufgewachsen, ohne großen Ehrgeiz, fast träge, kommt eines Tages in der Schule sein Talent Schriften zu kopieren sehr gelegen, er hilft einer Mitschülerin den Zorn des ungerechten Lehrers abzuwenden. Aber erst als er Postbote wird, hat seine Berufung gefunden. Es ist ein Zufall, der ihn beim ersten Mal dazu verführt einen Brief zu öffnen. Von da an geht kein Brief ungelesen durch seine Hände. Er kopiert jedes Schreiben und archiviert sie. Er kommt krummen Machenschaften auf die Spur, liest von heimlicher Liebe und unglücklichen Begebenheiten. Aber er begnügt sich nicht damit nur zu lesen. Er beginnt in das Leben seiner Dörfler einzugreifen. Ein Liebesbrief hier, eine verklausierte Warnung dort, so lenkt er die Geschicke seiner Nachbarn, verhindert Unglück und bringt Paare zusammen, deren Schüchternheit ihnen im Wege stand. Er zieht keinen Nutzen aus seinem Tun, im Gegenteil, er will helfen.
Auch sammelt er „Zufälle“, notiert, nummeriert und archiviert sie, genau wie Zeitungsberichte, die ihm kurios erscheinen.
Doch zwischen dem Leben der Anderen verliert er fast seine eigenen Träume und Wünsche aus den Augen.
Jedem der Kapitel ist ein fast märchenhafter Satz als kleine Inhaltsangabe vorgestellt. Wie überhaupt das ganze Buch den Eindruck eines Märchens macht. Es ist eine untergegangene dörfliche Welt die der Autor beschreibt. Das ist sehr warmherzig und mit spürbarer Liebe zu den beschriebenen Personen erzählt. Die Figuren – es sind eine ganze Menge und glücklicherweise gibt es ein ausführliches Personenregister – werden lebendig, der Leser taucht schnell in ihr Leben ein und leidet und freut sich mit ihnen. Ein ganzer Kosmos wird dargestellt, bildhaftig und farbig. Ich hatte das Dorf vor Augen und es erinnerte mich an die alten S/W Filme von Don Camillo. Verschmitzt und tragisch-komisch. Der Autor hat ein ganz eigenen Ton gefunden und mich damit überzeugt.
Dazu passt das gewählte Foto des Schutzumschlags ganz ausgezeichnet.

Bewertung vom 10.04.2019
Küstenwut. Ostfrieslandkrimi (eBook, ePUB)
Wolff, Ele

Küstenwut. Ostfrieslandkrimi (eBook, ePUB)


gut

18 Jahre nach dem spurlosen Verschwinden ihrer Mutter hält Maybrit de Buhr das Schweigen ihres Vaters und ihrer Tante nicht mehr aus. Sie beauftragt die Privatdetektiv Henriette Honig mit der Spurensuche.
Die Polizei hat den Fall längst zu den Akten gelegt, zwei Tage nach dem Verschwinden ging ein Erpresserbrief ein, aber das Geld wurde nie abgeholt. Danach gab es kein Lebenszeichen mehr. Längst ist auch das Gerede verstummt, das nach dem Verschwinden in Neuharlingersiel umging. Die Meisten verdächtigten Johanne de Buhr abgehauen zu sein und ihr Verschwinden nur vorgetäuscht zu haben. Maybrit ist ebenfalls überzeugt, dass ihre Mutter lebt, vor allem seit sie immer an ihrem Geburtstag einen anonymen Blumengruß erhält.
Honig nimmt den Fall an, obwohl es wenig Anhaltspunkte für neue Ermittlungen gibt, sie ist aber neugierig geworden durch die Schweigsamkeit von Ehemann und Schwägerin und aus diversen Bemerkungen scheint ihr die Ehe der de Buhrs nicht sonderlich glücklich gewesen zu sein. Auch die Ex-Frau hat nach fast 30 Jahren den Hass auf ihre Nebenbuhlerin noch nicht überwunden und ihre Tiraden machen sie verdächtig. Dann gibt es noch einen Toten und hier ist es klar, dass es Mord war.
Der Detektivroman von Ele Wolff ist eine eher leise Geschichte. Nach und nach gräbt ihre Detektivin alte Hinweise und Spuren aus. Das ist durchaus spannend und auch die intensive Beschäftigung mit der Familiengeschichte hält einige Überraschungen bereit. Mich hat hier auch eher die psychologische Darstellung der beteiligten Personen überzeugt, auch wenn ein – zwei Konstellationen mir fast überzogen vorkamen. Gut gefallen hat mir, dass der Roman ganz ohne Gewaltdarstellung auskam, es braucht nicht immer explizite Gewalt um einen spannenden Kriminalroman zu schreiben.
Es ist der 10. Band einer Reihe um die Detektivin Henriette Honig und ihrer Nichte Jantje, aber auch als Erstleserin hatte ich überhaupt keine Schwierigkeiten in den Fall zu finden, denn er ist abgeschlossen und es gibt keine Bezüge zu früheren Bänden. Gefallen hat mir das Ermittlerinnen-Gespann sehr gut. Sie agieren realistisch, ihre Schlussfolgerungen sind absolut nachvollziehbar und so finden am Ende auch alle Handlungsfäden schlüssig zusammen.

Bewertung vom 10.04.2019
Mit James auf Sylt
Thesenfitz, Claudia

Mit James auf Sylt


sehr gut

„Der Mann an Janas Seite hatte volles schwarzes Haar, blendend weiße Zähne, einen beeindruckend athletischen Körper und wunderschöne bernsteinfarbene Augen“

So stellt man sich ein Prachtexemplar vor und es ist auch ein Prachtexemplar von einem Neufundländer!

Jana hat ihrer Schwester versprochen auf den Hund aufzupassen, zwei Monate lang in deren Ferienwohnung auf Sylt. Dabei mag Jana gar keine Hunde und solche Riesen erst recht nicht. Aber so kurz vor der Geburt mag sie der Schwester den Wunsch nicht abschlagen und da es für sie beruflich nicht sonderlich gut läuft, kommt ihr das Angebot gerade recht.

Schnell stellt sich heraus, dass James, so heißt der Hund, eine Herausforderung für sie ist. Verzogen und nicht sonderlich gehorsam, setzt James meist seinen Willen durch und Jana hechelt hinterher. Dabei ist er ein liebevolles, freundliches Tier wenn es nach seinem Kopf geht. Diese Turbulenzen sorgen für die Bekanntschaft mit einem Sylt-Urlauber samt Weimaraner Hündin und dem Hundetrainer, den James dringend benötigt.
Mit einem Hund auf Sylt - nach diesem Buch werden viele Hundebesitzer die vielen Tipps, die in diesen Roman einflochten sind ausprobieren können. Ich habe zwar keinen Hund, habe mich mit dieser Geschichte aber köstlich amüsiert. Es ist eine leichte, humorvolle Sommergeschichte, die von der ersten Seite an Urlaubsfeeling verbreitet. Die Figuren sind allesamt, wie aus dem Leben gegriffen, die unsympathischen wirken ganz besonders realistisch. Eine amüsante und locker-flockige Liebesgeschichte bringt noch mehr Unterhaltung in die Geschichte.

„Ein Glücksroman“- so heißt der Untertitel und das passt. Von Anfang an begleitete ein Lächeln meine Lektüre. Also genau das richtige Buch für einige unterhaltsame Lesestunden, vielleicht sogar im Strandkorb am Meer.

Bewertung vom 09.04.2019
Kalte See / Theo Krumme Bd.5
Berg, Hendrik

Kalte See / Theo Krumme Bd.5


sehr gut

Kommissar Theo Krumme, vor einigen Jahren aus Berlin nach Husum gekommen, muss dieses Mal auf der Insel Föhr ermitteln. Dort wurde am Strand eine junge Frau getötet und eine weitere, die wohl zufällig Zeugin wurde, schwer verletzt.

Es ist Feriensaison auf der Insel, Diskretion verlangt die Kurverwaltung von Krumme und seiner Mitarbeiterin Pat. Doch wie soll das gehen, wenn es viele Spuren gesichert werden müssen? Bald fällt die Ähnlichkeit der Tötung mit anderen ungeklärten Mordfällen auf, in Düsseldorf, in Holland – jedes Mal wird eine junge Frau zum Opfer. Sollte ein Serienmörder auf Föhr sein Unwesen treiben?
Krummes Fälle spielen immer an der Nordseeküste und sind in sich völlig abgeschlossen, so dass man keinerlei Vorkenntnisse braucht, auch wenn dies schon der 3. Band der Serie ist.

Die Handlung ist flüssig und temporeich aufgebaut. Das wird durch die Perspektivwechsel noch verstärkt, denn der Leser bekommt immer wieder Zugang zu den Gedanken des Mörders und spürt, wie stark er unter Druck steht. Eine tickende Zeitbombe, deren Charakter und Handlungsweise sehr dicht geschildert ist. Die schwerverletzte Zeugin ist eine permanente Bedrohung für ihn und damit auch in Gefahr. Durch die verschiedenen Blickwinkel ist der Leser den Ermittlern auch immer einen kleinen Wissensvorsprung voraus, was ich sehr spannend fand. Die Figurenkonstellation hat mir sehr gut gefallen, dazwischen lockern kleine Beziehungskrisen und Missverständnisse zwischen Krumme und seiner Lebensgefährtin die Handlung auf, gewähren dem Leser kleine Erholungspausen, während die Spannung weiter anzieht. Auch die Szenen mit Hund Watson machen immer wieder Spaß.

Neben den gut ausgedachten Handlungssträngen spielt in „Kalte See“ natürlich die Nordseeküste und die Insel Föhr eine große Rolle. Die gelungenen Landschaftsbeschreiben vermitteln ein anregendes Küstenflair und runden diesen Nordseekrimi wieder perfekt ab.

Schon das Titelbild vermittelt dieses besondere Küstenfeeling und macht richtig Lust auf das Buch. Ich bin nicht enttäuscht worden und fand alles, was für mich einen guten Krimi ausmacht: Interessante und gut gezeichnete Protagonisten, fesselnde Spannung und eine perfekte Auflösung.
Eine klare Leseempfehlung von mir.