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Island
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Nürnberg

Bewertungen

Insgesamt 541 Bewertungen
Bewertung vom 20.07.2020
Vegan! Das Goldene von GU

Vegan! Das Goldene von GU


ausgezeichnet

Bei diesem Buch spricht mich auf den ersten Blick vor allem der Untertitel an: "Tierfreie Rezepte zum Glänzen und Genießen". Dieser lässt vermuten, dass es sich nicht (nur) um eine Rezeptsammlung für Einsteiger, was die vegane Ernährung angeht, handelt, sondern durchaus auch ungewöhnlichere Rezepte vorhanden sind. Was den goldenen Einband angeht, kann man sich streiten, auffällig ist dieser sicher, aber ich bevorzuge eher andere Aufmachungen, edles Leinen oder schöne Illustrationen / Fotos. Zum Motto "Glänzen" passt er aber natürlich gut. Das Kochbuch ist fest gebunden und hat 400 Seiten, dadurch macht es einen sehr robusten Eindruck. Durch seine Dicke, ist es nur etwas schwer, es beim gewünschten Rezept aufgeschlagen liegenzulassen, ohne dass es wieder zuklappt.

Das Buch ist in sieben Bereiche unterteilt. Los geht es mit "Veganen Basics". Hier wird zunächst kurz beschrieben, wie man sich auch vegan ausgewogen ernähren kann und wie man Basisprodukte, wie Nussmuß oder Hafersahne selbst herstellen kann. Anschließend folgen unter dem Motto "Frühstücksideen" Müslis, Smoothies und Brotaufstriche. Der Teil "To Go und zwischendurch" enthält Salate Snacks und Fingerfood, "One-Pot-Seelenfutter" stellt Suppen, Eintöpfe und Currys vor, "Hauptgerichte für jeden Tag" sind Gemüse, Pasta und Hülsenfrüchte, "Vegane Klassiker" zum Beispiel vegane Schnitzelvarianten. Zum Abschluss gibt es "Süßes gerührt und gebacken", also Desserts, Cookies und Kuchen. Diese Einteilung finde ich auf jeden Fall sinnvoll und ansprechend.

Nun aber noch zu den einzelnen Rezepten. Neben einige Basics sind auch recht viele kreativere Rezepte vorhanden, die Zutaten auch einmal anders als gewohnt kombinieren oder aus den Küchen aller möglicher Länder stammen. Dennoch sind die einzelnen Komponenten normalerweise unkompliziert in jedem größeren Supermarkt zu bekommen, was mir auch immer sehr wichtig ist. Produkte wie Tofu oder Seitan kommen zum Einsatz, aber das hält sich im Rahmen, vor allem finden sich diese bei den veganen Küchenklassikern, die geschmacklich an Fleischgerichte erinnern sollen. Viele Rezepte sind auch einfach "zufällig vegan". Auf jeden Fall liefert mir das Buch einige neue Inspiration und ich freue mich darauf, diese Rezepte auszuprobieren.

Bewertung vom 28.06.2020
Die Farben der Schönheit - Sophias Träume / Sophia Bd.2
Bomann, Corina

Die Farben der Schönheit - Sophias Träume / Sophia Bd.2


ausgezeichnet

Vorab muss ich gleich sagen, dass ich auch den ersten Band der Trilogie "Sophias Hoffnung" gelesen habe und ich denke, das sollte man möglichst vor der Lektüre von "Sophias Träume" tun, um alle Zusammenhänge zu verstehen, da die Vorgeschichte im zweiten Band meist nur kurz angerissen wird.

"Sophias Träume" beginnt im Jahr 1932 in New York. Nachdem Helena Rubinstein ihre Kosmetikfirma an die Lehman Brothers verkauft hat, wird Sophia entlassen und reist anschließend zunächst einmal nach Paris, da sie eine anonyme Nachricht bekommen hat, dass ihr angeblich bei der Geburt verstorbener Sohn lebt. Nachdem sie dort nichts herausfinden kann, was sie auf seine Spur bringen würde, reist sie schweren Herzens zurück nach New York und überlässt die weitere Suche einem Detektiv. Dort braucht sie eine neue Arbeit und landet daher bei Elisabeth Arden, Helena Rubinsteins schärfster Konkurrentin und Erzfeindin. Diese setzt sie jedoch zunächst in einem Schönheitssalon als Kosmetikerin ein, anstatt sie selbst Kosmetik entwickeln zu lassen. Ähnlich wie zuvor Helena Rubinstein führt sie zudem ein sehr strenges Regiment und duldet keinen Widerspruch von Angestellten.

Ich habe mich sehr darauf gefreut, zu erfahren, wie Sophias Geschichte weitergeht und wurde auch nicht enttäuscht. Ihr Leben verläuft, besonders für die damalige Zeit sehr spannend. Am Rande spielen auch geschichtliche Ereignisse und Rahmenbedingungen, wie der Börsencrash, die Prohibition, die Frauenbewegung und das Aufkommen des Nationalsozialismus in Sophias deutscher Heimat eine Rolle. Das fand ich ebenfalls sehr interessant. Was ich diesmal jedoch etwas vermisst habe, war die Kosmetik-Thematik, also, dass es auch weiter um die Herstellung und neue "Erfindungen" von Helena Rubinstein und Elisabeth Arden in diesem Bereich geht. Aber, das ist nur ein kleiner Kritikpunkt. Der Schreibstil von Corina Bomann hat mir, wie gewohnt, gut gefallen. Der Roman ließ sich sehr angenehm lesen und ich bin schon sehr gespannt, wie die Geschichte von Sophia mit dem dritten Teil endet.

Bewertung vom 28.06.2020
Ich bleibe hier
Balzano, Marco

Ich bleibe hier


ausgezeichnet

Bei „Ich bleibe hier“ des Mailänder Schriftstellers und Literaturlehrers Marco Balzano hat das Cover sofort meine Neugier auf das Buch geweckt. Grundsätzlich handelt es sich um ein typisches Diogenes-Cover, sodass man sofort erkennt, in welchem Verlag der Roman veröffentlicht wurde und das Coverbild zeigt den berühmten Kirchturm im Reschensee. Da ich erst im vergangenen Jahr meinen Urlaub direkt oberhalb des Reschensees verbracht habe, war ich gleich neugierig auf die Geschichte.
Die Handlung spielt hauptsächlich (ausgenommen mancher Rückblicke) in der Zeit zwischen 1939 und 1943, die keine leichte für die Bewohner Südtirols war, sie konnten entweder nach Deutschland auswandern oder mussten damit leben, in Italien schikaniert zu werden. Die Bewohner von Graun im Vinschgau sollten aufgrund des geplanten Stauseeprojekts sogar ihrer Häuser beraubt werden, die dem Wasser zum Opfer fallen sollen. Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von Trina, einer jungen Lehrerin, der die Faschisten verbieten, Unterricht in ihrer Muttersprache Deutsch zu halten. So erfährt man viel darüber, wie belastend diese Zeit für alle Menschen in der Gegend war, die ständige Bedrohung, egal ob durch den Krieg, das Staudamm-Projekt, Mussolini-Anhänger oder die deutschen Nationalsozialisten. Trina schildert das alles teilweise recht emotionslos, dennoch kann man sich sehr gut in die Bewohner von Graun hineinzuversetzen. Man kann auch nicht umhin, ihren Mut und ihre Wehrhaftigkeit, trotz der recht aussichtslos wirkenden Lage zu bewundern und zu hoffen, dass alles halbwegs gut ausgeht, wenngleich schon das Cover den aus dem Wasser ragenden Kirchturm als Mahnmal dafür zeigt, dass es in der Realität nicht so war und sich hinter dieser Touristenattraktion sehr viele leidvolle Geschichten verbergen.
Ich fand es jedenfalls sehr interessant, aus Trinas Perspektive noch mehr über diese schlimme Zeit und die Rolle Südtirols im Zweiten Weltkrieg zu erfahren. Es gelingt dem Autor sehr gut, dem Leser bewusst zu machen, welches Leid jeder Einzelne ertragen musste, sowohl durch die Faschisten, als auch durch das Staudamm-Projekt. Beim Lesen hat man teilweise das Gefühl direkt dabei zu sein. Marco Balzano schreibt sehr eindrücklich und dennoch in einem angenehm lesbaren Stil. Ich empfehle das Buch daher gerne weiter, (nicht nur) zur Vorbereitung auf den nächsten Südtirol-Urlaub mit Foto-Stop am versunkenen Kirchturm.

Bewertung vom 28.06.2020
HOLIDAY Reisebuch: Hiergeblieben! - 55 fantastische Reiseziele in Deutschland
Rooij, Jens van

HOLIDAY Reisebuch: Hiergeblieben! - 55 fantastische Reiseziele in Deutschland


sehr gut

"Hiergeblieben!" Viel passender hätte der Buchtitel in der aktuellen Zeit nicht gewählt werden können. Wegen Corona sind Fernreisen nahezu unmöglich, da ist man regelrecht gezwungen, den vielfältigen Zielen, die Deutschland bietet, seine Aufmerksamkeit zu schenken und dazu bietet dieser Bildband eine Menge Inspiration, aber auch Informationen. Daher würde ich das Ganze als eine Mischung aus Bildband und Reiseführer bezeichnen. Erschienen ist das Buch im "Holiday Verlag", einem Imprint des für seine Kochbücher und Ratgeber bekannten GU-Verlags.

Das Konzept des Buches ist sehr interessant. Insgesamt werden 55 besonders beeindruckende Sehenswürdigkeiten in allen Ecken Deutschlands vorgestellt. Aufhänger dafür ist aber jeweils eine wesentlich berühmtere Attraktion im Ausland, die eine mehr oder weniger große Ähnlichkeit zu dem Ziel in Deutschland aufweist. So werden beispielsweise Parallelen zwischen Bamberg, dem fränkischen Venedig und der italienischen Stadt gezogen, zwischen der Lavendelblüte in der Provence und der Heideblüte um Lüneburg, die Skyline Frankfurts mit der von New York oder dem Eibsee an der Zugspitze und dem Jasper Nationalpark. Dazu gibt es natürlich Fotos, Tipps zu Übernachtungsmöglichkeiten und Restaurants und Inspiration für weitere Sehenswürdigkeiten in der Gegend, egal ob kulturelle Highlights, Natur oder sonstige Attraktionen, sodass man genug Programmpunkte für einen mehrtägigen Urlaub zusammenstellen könnte. Als Ausgabeform würde ich hier das klassische Buch dem E-Book gegenüber bevorzugen, weil ich in so einem Bildband einfach klassisch Blättern mag und mir die Seiten markieren, auf denen Dinge vorgestellt sind, die mich besonders ansprechen.

Soweit so gut, das Konzept gefällt mir an sich wirklich gut und ich habe durchaus Inspiration für Ziele gefunden, die ich mir demnächst gerne anschauen würde. Ein kleiner Kritikpunkt meinerseits ist allerdings, dass viele der vorgestellten Ziele schon sehr bekannt sind, spätestens seit Instagram, daher kann ich mir vorstellen, dass es dort sehr voll ist. Da hätte ich mir noch ein paar mehr "Geheimtipps" gewünscht, da es durchaus noch viele weitere Ecken gibt, die landschaftlich oder aufgrund gewisser Bauwerke mit internationalen Highlights mithalten könnten, die bisher aber eher ein Schattendasein führen.

Bewertung vom 30.05.2020
Der Sommer der Islandtöchter
Baldvinsson, Karin

Der Sommer der Islandtöchter


ausgezeichnet

Auf den zweiten Islandroman von Karin Baldvinsson habe ich mich schon sehr gefreut, da mir der erste, von diesem inhaltlich vollkommen unabhängige, Roman sehr gut gefallen hat. Mich fasziniert Island und ich habe die Insel auch selbst schon einmal entlang der Ringstraße bereist, daher freute ich mich sehr darauf, nun zumindest beim Lesen in Gedanken wieder dorthin zu kommen.

Der Ort, in dem der Großteil der Handlung spielt, ist Húsavik, ganz oben im Norden Islands. Für nordisländische Verhältnisse schon ein recht großer Ort, aber dennoch leben dort nur gut 2000 Menschen. Viele Touristen kommen aufgrund der von dort startenden Whalewatching-Touren oder des neuen Geothermalbades nach Húsavik. Ein Teil der Geschichte spielt auch in und um Akureyri, der zweitgrößten Stadt Islands, die das Zentrum des Nordens ist. Zur Orientierung gibt es für den Leser im hinteren Umschlag eine Karte.

Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen, zwischen denen zunächst kein Zusammenhang besteht.
Im Sommer 1978 ist Monika aus Lüneburg mit ihren Eltern zu Besuch bei deren isländischen Geschäftspartnern in Akureyri, während ihr Verlobter in Deutschland geblieben ist. So ganz glücklich ist sie mit den Zukunftsplänen, die ihre Eltern für sie haben, aber nicht und so bringt sie ein junger Isländer ganz schön durcheinander.
Im Sommer 2018 kommt Hannah mit ihrem dreijährigen Sohn für ein Sabbatjahr nach Húsavik, da sie nach einer Operation nicht mehr professionell Geige spielen kann und auch ihre Ehe am Ende ist und sie sich darüber klar werden will, wie ihr Leben nun weitergehen soll. Dort stößt sie dann aber nicht nur auf Spuren aus ihrer Vergangenheit, sondern auch auf einen interessanten, aber nicht unkomplizierten Mann.

Mir hat der Roman sehr gut gefallen. Dadurch, dass sich die verschiedenen Zeitebenen abwechseln, wird Spannung aufgebaut und der Ausgang der Geschichte ist nicht vollkommen vorhersehbar. Besonders Hannah ist mir sympathisch und ich kann mich gut in sie hineinversetzen. Isländische Eigenheiten und besondere Orte, das raue Wetter sowie typische Spezialitäten spielen ein Rolle, so dass auch ausreichend Lokalkolorit vorhanden ist und zumindest bei mir die Lust geweckt wurde, bald einmal wieder nach Island zu reisen.

Bewertung vom 25.05.2020
Die Liebe fällt nicht weit vom Strand
Jebens, Franziska

Die Liebe fällt nicht weit vom Strand


sehr gut

Bei diesem Buch haben das Cover mit den maritimen Illustrationen und der Titel mein Interesse geweckt, da ich gerne Bücher lese, deren Schauplatz am Meer ist.

Sophie hat ihrem Vater zuliebe BWL studiert, ihre eigentliche Leidenschaft ist aber das Kochen und sie träumt davon, irgendwann einen mintgrünen Foodtruck zu besitzen und Menschen mit ihren Lieblingsrezepten zu verzaubern. Ihr Freund kann mit diesem Traum wenig anfangen, aber ihre Mutter probierte oft mit ihr Rezepte aus. Diese ist aber vor kurzem überraschend gestorben und Sophie vermisst sie und ihren Zuspruch schmerzlich. Aktuell jobbt sie am Empfang einer Hamburger Firma, die das Marketing für Filme übernimmt, auch wenn sie dafür eigentlich überqualifiziert ist. Durch einen Zufall und Dank ihrer kreativen Ideen bekommt sie plötzlich einen Traumjob angeboten, sie soll einen der erfolgsversprechendsten deutschen Filme des Jahres betreuen. So landet sie an einem Filmset an der dänischen Küste und meistert ihre neue Aufgabe ziemlich gut, schließt dort neue Freundschaften, hat plötzlich wieder Schmetterlinge im Bauch (daran ist nur leider nicht ihr Freund schuld), ruft aber auch Neider auf den Plan und würde insgeheim trotz aller Karrieremöglichkeiten viel lieber ihr Foodtruck-Projekt starten, traut sich aber nicht so recht.

Mir hat die Geschichte grundsätzlich gut gefallen, die Protagonistin ist mir sympathisch und die Orte, an denen sich die Handlung abspielt, klingen sehr reizvoll, egal ob der Strand in Dänemark, die Dachterrasse von Sophies Wohnung oder der Club am Wasser in Hamburg. Die Szenen, in der es um die Filmproduktion geht, wirken sehr realitätsnah beschrieben, hier merkt man, dass die Autorin selbst vom Fach ist. Ich hätte mir aber gewünscht, dass die Kochleidenschaft der Protagonistin noch etwas mehr im Mittelpunkt steht. Franziska Jebens schreibt lebendig, anschaulich und gut nachvollziehbar und der Roman ist eine schöne Lektüre, um für einige Zeit abzuschalten und sich an ein Filmset an einem dänischen Strand zu träumen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.05.2020
Ein Sommer voller Schmetterlinge
Thomas, Jo

Ein Sommer voller Schmetterlinge


sehr gut

Bei dem Roman hat mich das Cover gleich angesprochen. Es wirkt so fröhlich und sommerlich. Zudem ließ auch der Klappentext auf Sommerstimmung in Andalusien hoffen.

Protagonistin Beti möchte mit ihrem Verlobten eine Bar in Andalusien übernehmen, doch dann macht dieser sich mitsamt ihrer Ersparnisse aus dem Staub. Sie bekommt von den bisherigen Betreibern der Bar aber noch eine Fristverlängerung, um das Geld doch zusammen zu bekommen und landet daraufhin in einem kleinen Dorf abseits der Küste, wo sie auf der Kirschplantage von Antonio eine günstigere Unterkunft findet und im Restaurant von dessen Lebensgefährtin jobben kann. Antonios ganze Leidenschaft gilt den Kirschen, aber seine ganze Existenz gerät in Gefahr und er kann sie nur mit Hilfe Betis und des Flamencos retten.

Was mir gut an dem Roman gefallen hat, ist, dass er mich mit nach Andalusien nimmt, indem die Landschaft, Flamenco und einige typische Speisen und Getränke anschaulich beschrieben werden. Ich fand es auch interessant, mehr über den Kirschenanbau zu erfahren und habe beim Lesen richtig Appetit auf Antonios besonders knackige Früchte bekommen. Ansonsten hätte man aber noch mehr aus der Geschichte herausholen können. Nicht alle Verhaltensweisen der im Roman vorkommenden Personen, inklusive den Protagonisten Beti und Antonio überzeugen mich. Manches an der Handlung erscheint mir auch eher unrealistisch. Von Beti hätte ich mir zudem insgesamt auch ein reflektierteres Verhalten gewünscht, um sie richtig ernst nehmen zu können. Der Schreibstil der Autorin ist aber lebendig und gut lesbar und so kann man bei der Lektüre des Romans einmal kurz abschalten und zumindest in Gedanken nach Andalusien reisen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.05.2020
flüchtig
Achleitner, Hubert

flüchtig


sehr gut

Huber Achleitner ist unter seinem Künstlernamen Hubert von Goisern sicher vielen als österreichischer Musiker bekannt, bei "flüchtig" handelt es sich um seinen ersten Roman.

Im Mittelpunkt der Geschichte stehen der 60-jährige Lehrer Herwig und die 55-jährige Bankangestellte Maria. Ihre Ehe ist nach einer Fehlgeburt kinderlos geblieben und sie leben sich mehr und mehr auseinander, bis Herwigs junge Geliebte sogar ein Kind erwartet und Maria von einen Tag auf den anderen mitsamt Herwigs Volvo spurlos verschwindet, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Auf ihrer "Flucht" landet sie mit Zwischenstationen schließlich in Griechenland und macht dabei verschiedenste Bekanntschaften.

Sprachlich hat mich Hubert von Goisern auch als Hubert Achleitner nicht enttäuscht, sein Schreibstil ist trotz einiger Begriffe aus dem österreichischen Dialekt gut lesbar, zugleich findet er aber auch oft sehr bildhafte Formulierungen und es steckt viel seiner Sprachfertigkeit in diesem Roman. So beschreibt er Marias Heimatort folgendermaßen: "Der Ort markierte für alle, die sich hierher verirrten, das Ende der Welt. Für die hier Aufgewachsenen bedeutete er den Anfang." (S. 13)
Was die Handlung angeht, wäre es meiner Ansicht nach besser gewesen, auf die Lebensgeschichte manch einer Nebenperson zu verzichten, wenn sie keine größere Rolle im weiteren Verlauf einnimmt, damit es nicht zu verwirrend wird und sich stattdessen noch etwas mehr den Hauptpersonen und ihrer Gefühlswelt zu widmen. Mir persönlich gelang es recht gut, mich in Herwig hineinzuversetzen, Maria dagegen blieb mir etwas zu fremd. Teilweise hatte ich den Eindruck, dass "Glück" für sie vor allem durch sexuelle Befriedigung (wenn nicht mehr durch Herwig, dann eben durch Liebhaber) erreicht werden kann und es ansonsten wenig gibt, was sie glücklich macht. Gut gefallen hat mir, dass (wie sollte es bei einem Musiker auch anders sein) immer wieder Songs eine wichtige Rolle spielen, auch um Gefühle zu verdeutlichen. Ganz am Rande kommt es auch immer mal wieder zu Kritik an der aktuellen politischen Situation in Österreich, aber auch weltweit, unter anderem, was den Umgang mit Flüchtlingen angeht. Das konnte und wollte sich Hubert Achleitner wohl nicht ganz verkneifen. Aber auch dafür sollte in einem Roman Platz sein. Insgesamt auf jeden Fall ein lesenswertes Debüt.

Bewertung vom 23.05.2020
Margos Töchter
Stephan, Cora

Margos Töchter


ausgezeichnet

An diesem Roman hat mich die Kurzbeschreibung definitiv mehr angesprochen, als die Covergestaltung und der Titel. Bücher, die sich mit der jüngeren deutschen Vergangenheit beschäftigen, finde ich aber sehr spannend und so war mein Interesse geweckt. Bei "Margos Töchter" handelt es sich eigentlich um die Fortsetzung von "Ab heute heiße ich Margo", ich konnte den Roman aber auch gut lesen, ohne den ersten Band zu kennen.

Im Jahr 2011 versucht die 34-jährige Jana Seliger mehr über die Vergangenheit ihrer Adoptivmutter Leonore herauszufinden, deren Tod im Jahr 1991 angeblich ein Selbstmord gewesen sein soll, nachdem Janas Adoptivvater sie für eine andere Frau verlassen hat. Das, was sie am Sterbebett von Leonores Mutter Margo und beim Einblick in Leonores Stasiakte erfahren hat, lassen sie immer mehr zweifeln. Der Roman befasst sich dann ausführlich mit Leonore, ihrem Verhältnis zu ihren Eltern, ihrer Jugend- und Studienzeit in Westdeutschland und schließlich auch der Zeit nach der Adoption Janas bis zu Leonores Tod. Dabei spielen immer wieder geschichtliche Ereignisse und ihre Einflüsse auf das tägliche Leben der damaligen Zeit eine Rolle, wie die RAF und der Deutsche Herbst, Tschernobyl und die Wiedervereinigung.
Außerdem lernt man Clara kennen, die in der DDR aufwächst und dort schon in jungen Jahren eine zuverlässige Genossin ist und später für die Stasi arbeitet. Leonore und Clara haben mehr miteinander zu tun, als es anfangs scheint.

Ich fand es sehr spannend, mit diesem Roman auf Zeitreise in die jüngere Vergangenheit zu gehen und aus Sicht der Protagonistinnen einschneidende Ereignisse mitzuerleben, die ich selbst, aufgrund meines Alters noch nicht oder nur am Rande mitbekommen habe. Der Roman bleibt auch lange spannend, manches löst sich erst ganz am Schluss auf. Der Schreibstil von Cora Stephan war für mich angenehm lesbar und alles wirkt, inklusive vieler Details, sehr sorgfältig recherchiert.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.05.2020
Marianengraben
Schreiber, Jasmin

Marianengraben


ausgezeichnet

„Marianengraben“ ist der Debütroman der Frankfurter Autorin Jasmin Schreiber. Die Covergestaltung ist auffällig und eher ungewöhnlich, etwas düster in der Farbgestaltung mit dunkelrot-schwarzen Tentakeln auf schwarzem Grund mit einer Art dunkelblauem Wellenmuster.

Der Titel „Marianengraben“ steht metaphorisch dafür, wie tief die Protagonistin Paula in ihrer Depression, ausgelöst durch den überraschenden Tod ihres kleinen Bruders Tim steckt, anfangs gefühlt elf Kilometer tief, so tief wie der Marianengraben. Nachts auf dem Friedhof, als sie sich nach langer Zeit, mit Hilfe ihres Psychologen überwinden konnte, das Grab ihres Bruders wieder zu besuchen, lernt sie, allerdings unbeabsichtigt, den schrulligen Rentner Helmut kennen. Die beiden bilden anschließend ein mehr oder weniger freiwilliges Team, das sich auf eine ungewöhnliche Mission, eine Art Roadtrip begibt und so langsam auch zu sich selbst zurück und einen Weg aus der Trauer findet.

Die Themen Trauer und Depression sind natürlich keine leichte Kost, aber Jasmin Schreiber ist es mit vielen tollen Metaphern, die die Gefühlswelt von Paula verdeutlichen und sehr liebevollen Erinnerungen an ihren Bruder Tim gelungen, dass man sich als Leser sehr gut in Paula hineinversetzen kann und mit ihr fühlt. Die Metapher mit dem Marianengraben, die sich durch das ganze Buch zieht und an der die aktuelle Gefühlslage von Paula aufgezeigt wird, passt einfach zur ihr, der Biologin und auch zu ihrem, immer wissbegierigen Bruder, den sie so schmerzlich vermisst. Jasmin Schreiber hat die Charaktere von Paula, Tim und Helmut sehr überzeugend ausgestaltet. Die sprachliche Gestaltung des Romans hat mir ebenfalls sehr gut gefallen. Er ist einerseits gut lesbar, anderseits enthält er aber auch so viele tolle sprachliche Bilder, von denen man sich am liebsten einige herausschreiben würde, um sie nicht wieder zu vergessen. Ich freue mich auf jeden Fall schon auf weitere Bücher der Autorin!