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Magnolia
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Bayern

Bewertungen

Insgesamt 622 Bewertungen
Bewertung vom 27.03.2022
Braves Kind (Thriller)
Schwarz, Gunnar

Braves Kind (Thriller)


sehr gut

Ein grauenvolles Video macht die Runde. Auf immer mehr Social Media Kanälen ist ein Mädchen mit Puppe zu sehen. Am Strand, wie angespült, eine Stoffpuppe mit blutverschmierten Augen in der Hand. Als Sina Claasen und Erik Bartels vom LKA vor Ort sind, finden sie anstatt des Mädchens die grausam zugerichtete Leiche eines prominenten Politikers.

Es beginnt, wie es immer beginnt. Ich lerne die Guten und die Bösen kennen. Die Grenzen verschwimmen hierbei und des Öfteren zweifle ich an so manch aufrechtem Charakter, bin mittendrin statt nur dabei. Die Story nimmt immer mehr an Fahrt auf.

Ein weiteres Video taucht auf – oh Gott! Hoffentlich ist dieses Video ein Fake! Kindesmissbrauch ist ein Thema, das keiner einfach wegsteckt. Die Ermittlungen laufen dem Geschehen hinterher. Wer blockiert? Oder sind sie etwa unfähig und viel zu uneinsichtig, die Fakten richtig zu deuten? Abgründe tun sich auf, so mancher Alleingang rächt sich bitterlich. Ich möchte sie anschieben, zuweilen stoppen, sie warnen.

Unerbittlich, skrupellos und manipulativ setzen sie die einen ihren Willen durch, jedes Mittel ist denen recht, während andere erlittenes Unrecht auf ihre Art und Weise sühnen. „Ihr werdet büßen. Ihr werdet leiden. Niemand kommt ungeschoren davon.“

Schon der Titel lässt Rückschlüsse zu, die in eine Richtung abdriftet, in der es so manchen Verlierer geben wird. Die Kapitel sind kurz, mehrere Handlungsstränge ziehen sich durchs Buch. Jeder für sich ist spannend, die Charaktere meist nicht sehr nett. Man braucht schon gute Nerven, um in all die menschlichen Abgründe zu blicken.

Ein Thriller, der es in sich hat. Rasant geht es dem Ende zu, einiges an Action fand ich zu überzogen, trotzdem war ich gerne dabei, kann „Braves Kind“ jedem Thriller-Fan empfehlen.

Bewertung vom 23.03.2022
Der große Fehler
Lee, Jonathan

Der große Fehler


gut

Ausgerechnet an einem Freitag, den 13. wurde er erschossen. Andrew Haswell Green, der mit seinem fortschrittlichen Denken das moderne New York erschaffen hat. Die City hat ihm viele öffentliche Gebäude zu verdanken, auch der Central Park, wie wir ihn heute kennen, beruht auf seinen Ideen. Als „Vater des Großraums New York“ wurde er bezeichnet, heute ist er vergessen.

„Der große Fehler“ basiert weitgehend auf historischen Persönlichkeiten, Jonathan Lee hat gründlich recherchiert, vieles gefunden und doch gab es große Lücken, die es dichterisch zu schließen galt.

Die Nachricht über die Ermordung füllt die Titelseiten, Inspector McClusky nimmt die Ermittlungen auf. So lese ich, um bald zurückzugehen, Andrew in verschiedenen Lebensabschnitten zu begegnen. Nicht chronologisch, aber durchaus interessant, erfahre ich mehr von ihm. Über seine Lebensgeschichte, die sich durchs Buch zieht, auch Andeutungen seines sehr privates Ichs sind eingeflochten. Es durfte nicht sein, was heute als selbstverständlich gilt. Andrew Green hat schnell erkannt, dass das Lesen Voraussetzung war, sich zu bilden, um damit seinen Lebensunterhalt finanzieren und seinen eigenen Weg gehen zu können.

Ein wenig einlesen musste ich mich schon, bis ich eine Linie fand. Die ich dann immer wieder verloren glaubte, es war zwischendrin ganz schön zäh. Den Faden habe ich schon wieder gefunden, musste aber das Buch zur Seite legen und mich wieder neu darauf einlassen, um dann unterhaltsam, zuweilen amüsant mich Andrew H. Green und den anderen wieder anzunähern.

Jonathan Lee sagt, dass er es genießt, Fiktion im Rahmen von Fakten zu schreiben. Ja, nur so geht es. Wir alle waren nicht dabei, als Andrew H. Green 1903 auf offener Straße erschossen wurde. Die Fakten bilden das Gerüst, die Fiktion macht es zu einem runden Ganzen. Das hier nicht immer ganz rund war.

Der Autor hat mir einen Mann näher gebracht, der mir unbekannt war. Hat mich in ein New York geholt, dessen Gebäude und Parks ich zwar nicht so richtig kenne, aber die ich doch gesehen, in denen ich gewandelt bin. „Die Welt ist voller Fehler und Enterhaken.“ Es war eine in Teilen sehr spröde Begegnung.

Bewertung vom 22.03.2022
Nordwestnacht / Soko St. Peter-Ording Bd.3
Jensen, Svea

Nordwestnacht / Soko St. Peter-Ording Bd.3


sehr gut

Sie drehen da, wo andere Urlaub machen – in St. Peter Ording. Die Darstellerriege der erfolgreichen Krimi-Reihe sollte verjüngt werden und schon gibt es Zickenkrieg. Als ein Urlauber auf seinen Fotos etwas Seltsames entdeckt, das aussieht, als ob da ein Mensch an einen Pfahl mitten im Wasser angebunden ist, verständigt er die Polizei. Einer aus dem Filmteam hängt da, er hat es wohl überstanden. Aber nicht genug, verschwindet kurz darauf eine neu dazugekommene Schauspielerin.

Es ist der dritte Band um die SoKo hoch oben im Norden. Obwohl ich die beiden ersten Fälle nicht kenne, war ich gleich drin. Ich finde es immer gut, dass man in Reihen auch mittendrin einsteigen kann ohne das Gefühl zu haben, dass Infos fehlen. Die drei Ermittler Anna Wagner, Hendrik Norberg und Nils Scheffler, der hier eine ganz besondere Rolle spielt, waren mir schnell vertraut. Ich mag sie alle drei, jeden auf seine ganz besondere Art und werde mir ganz bestimmt die Vorgängerbände holen denn so ganz verabschieden möchte ich mich nicht von ihnen, kommen sie mir doch schon wie alte Bekannte vor.

Es geht um Mord und eine vermeintliche Entführung. Um Verdrängen und Vertuschen und um handfeste Lügen geht es auch. Die Charaktere haben Ecken und Kanten, sind liebenswert, hinterhältig und rachsüchtig mit so manch krimineller Energie. Eine glaubwürdige Handlung mit einer guten Prise Privatleben macht einen fesselnden Krimi, der schnell weggelesen war.

„Nordwestnacht“ war gute Unterhaltung mit ein wenig Urlaubsfeeling und dem festen Vorsatz, demnächst an die Nordseeküste zu fahren und in St. Peter Ording vorbeizuschauen. Und natürlich macht das offene Ende neugierig auf den vierten Fall.

Bewertung vom 19.03.2022
Man vergisst nicht, wie man schwimmt (eBook, ePUB)
Huber, Christian

Man vergisst nicht, wie man schwimmt (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Alle nennen ihn Krüger. Warum? Das sagt er nicht. Auch nicht, warum er nicht mehr schwimmen kann und erst recht nicht, warum er sich unter keinen Umständen verlieben darf. Krüger, der eigentlich Pascal heißt und sein bester Freund Viktor hängen rum. Verpicht ist so einiges, auf jeden Fall ist dies Viks Lieblingswort. Es ist Sommer, genauer gesagt ist es August. Der 31. August 1999. Und an diesem einen Tag schneit Jacky, die quirlige Rothaarige aus dem Zirkus, in ihr Leben.

Der 15jährige Krüger nimmt mich mit, beamt mich zurück zu diesem einen Tag. Erzählt. Und im Hintergrund läuft Musik. Von Oasis und Red Hot Chili Peppers, den Beastie Boys und wie sie alle heißen. Gute Musik, die zu diesem Tag passt, die Track-List findet man auf der letzten Seite.

Das Buch ist wie ein Sog. Einmal angefangen, konnte ich mich Krügers Geschichte nicht mehr entziehen. Es geht um Freundschaft, ums Erwachsenwerden. Um Träume, Zusammenhalt und Verrat, um die erste zaghafte Liebe, ums Dazugehören genauso wie ums Cool-sein überhaupt. Von all dem und noch viel mehr erzählt Christin Huber.

Eine großartige Geschichte, hinreißend nachgezeichnet. Ja, es geht um Krüger, den liebenswerten Jungen, der schon anders ist als sie alle. In seinen Geschichten verarbeitet er seine Geschichte, denn sein Geheimnis kann er niemandem erzählen, da muss er alleine durch. „Leb, Pascal.“ Jacky sagt ihm das - die junge, aber sehr lebenskluge Jacky.

Ein Tag, der alles verändert und daran ist auch Jacky nicht ganz unschuldig. Es sind die 90er Jahre, es könnte aber genauso gut heute sein, dass sie sich begegnen, Freundschaft schließen, einander vertrauen, den Tag genießen und so manchen Blödsinn anstellen. Glaubhafte Figuren inmitten einer unterhaltsamen Story, die so vieles in sich birgt. Ausgelassene Fröhlichkeit der 15jährigen, das Leben entdecken - und doch klingt die Ernsthaftigkeit durch. „Jedes Ende ist ein neuer Anfang… und die Möglichkeiten sind unendlich.“ Ein schöner, ein weiser Schlusssatz.

Dieser für Pascal so unvergessliche Tag bleibt auch für mich in guter Erinnerung. Trotz des ernsten Hintergrundes federleicht dargeboten - ein Tag mit Tiefgang…

…und dann springt er doch ins Wasser?! Ich mag dieses Cover, ich mag diese Story, das ganze Buch - ich würde es immer wieder lesen wollen.

Bewertung vom 16.03.2022
Den Wölfen zum Fraß (eBook, ePUB)
McGuinness, Patrick

Den Wölfen zum Fraß (eBook, ePUB)


sehr gut

Eine junge Frau wird am Flussufer gefunden. Ermordet wurde sie, wie sich bald herausstellt und auch ein Verdächtiger – ein ehemaliger Lehrer - ist schnell aufgetan. Alles spricht für ihn als Täter, ist er doch anders, nicht Mainstream. Perfekt für die Medien, sie stürzen sich auf ihn.

Ander und Gary ermitteln in diesem Fall und bald stellt sich heraus, dass Ander und Michael Wolphram, der Verdächtige, sich von früher kennen. Während Ander an der Wahrheit interessiert ist, verfällt Gary eher der reißerischen Berichterstattung der Medien.

“Sie wurde mehr als nur umgebracht. Sie ist mehr als nur tot.“ Ein Kriminalroman, der doch ganz anders ist. Der Schreibstil ist mitunter sperrig, so manche Passage musste ich zweimal lesen. Es dauerte, bis ich mich einfand, mich im Buch so einigermaßen wohl fühlte. Man muss schon sehr konzentriert lesen, das ist kein Roman für nebenher.

Der Macht der Medien unterliegen viele, sie konsumieren, lassen sich verführen und sich alles einreden, ohne zu hinterfragen. Die Zustände der Eliteschule und den 80ern sind sehr detailliert geschildert. Der gute Ruf war wichtig, nach außen hin musste geglänzt werden. Was drinnen passiert, bleibt verschlossen. Die Hetzjagd der Medien kann so manche Existenz zugrunde richten, es hat sich in der Jetzt-Zeit zum Schlimmeren verändert.

„Den Wölfen zum Fraß“ ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Ein treffender Titel, ein Krimi, der auf einem wahren Fall basiert. Man sollte dran bleiben, auch wenn die Geschichte anfangs keine Sogwirkung hat.

Bewertung vom 16.03.2022
Das Fundbüro der verlorenen Träume
Paris, Helen Frances

Das Fundbüro der verlorenen Träume


sehr gut

Für das Fundbüro lebt sie – Dot Watson. Sogar eine Uniform trägt sie, wenngleich diese ihrer Fantasie entsprungen ist und doch passt genau dieser Kleidungsstil perfekt zu ihrer überaus korrekten Art. Sie katalogisiert akribisch genau all die hier abgegebenen Dinge und wenn dann diese im Fundbüro aufbewahrten Stücke ihren Besitzer wiederfinden, ist Dots Freude groß. Eines Tages erscheint Mr. Appleby, der untröstlich darüber ist, seine Tasche samt den für ihn sehr wertvollen Inhalt verloren zu haben.

Das Buch beginnt ganz interessant, es scheint die Geschichte um Mr. Appleby zu sein, der Dot den Grund, warum er unbedingt diese Tasche wiederhaben möchte, erzählt hat. Eine ganze Weile plätschert die Geschichte vor sich hin, der Alltag im Fundbüro entspricht einer festgesetzten Norm.

Julia Meier, die das Hörbuch eingesprochen hat, macht daraus sehr viel. Dots Stimmungen arbeitet sie gut heraus, schon deshalb lohnt es sich dranzubleiben. Jedem einzelnen Charakter gibt sie seine Persönlichkeit, man merkt der Sprecherin ihre Ausbildung an, sie studierte Schauspiel und hat viel Erfahrung als Hörbuchsprecherin.

Man braucht schon etwas Durchhaltevermögen, denn es ist so viel mehr als die Geschichte um die verlorenen Gegenstände. Das Vergangene schimmert durch, es geht um Verlust und Trauer, Dots Leben war nicht immer so durchgetaktet. Regeln bestimmen ihr jetziges Dasein, fast meint man, sie hält sich daran fest, lässt nichts mehr an sich herankommen. Und doch schält sich zunächst zaghaft, dann sehr durchdringend ihr doch sehr vielschichtiges Leben heraus. Missverständnisse müssen erkannt und aufgearbeitet werden, was gar nicht so einfach ist. Je weiter man hört, desto intensiver wird es. Das zu Herzen gehende Ende hätte ich so nicht erwartet. Es hätte mir gefallen, die Geschichte dahinter sehr viel eher gehört zu haben. Der doch recht langwierige Anfang hätte dafür gerne gekürzt werden können. Julia Meier habe ich gerne zugehört, sie hat mir unterhaltsame 11 Stunden und 50 Minuten beschert.

Bewertung vom 14.03.2022
Leo und Dora (eBook, ePUB)
Krup, Agnes

Leo und Dora (eBook, ePUB)


sehr gut

So hat sich Leopold Perlstein das nicht vorgestellt. Schlecht gelaunt sitzt er in der Kleinbahn, die sich entlang des Harlem River hinaufschiebt. Seine Schreibblockade will er endlich überwinden und so hat ihm Alma ihr Haus zur Verfügung gestellt, das aber leider abgebrannt ist. Im einem zweitklassigen Hotel wird er untergebracht, das die putzwütige, äußerst kleinliche Dora führt mit ihren stotternden Helfern und einer schwäbelnden Köchin, deren Essen ungenießbar ist. Wer will schon ein zu Stein gebratenes Steak oder Würstchen aus der Dose! Auch sein Zimmer ist eine Zumutung! Ja, er würde Alma telegrafieren, dass sie ihn rettete oder ihm eine Schiffspassage zurück nach Jaffa schickte. Aber hier – hier konnte er nicht bleiben.

Amüsant und ein wenig exaltiert geht es los, wir sind mit im Juni des Jahres 1948 gelandet, mit ihm sozusagen gestrandet. Mit Leo, dem Nörgler, dem so gar nichts passt. Er beobachtet die anderen Gäste, es sind Ferien und die Mütter mit ihren Kindern nehmen viel Platz ein, er muss sich ein wenig unterordnen. Noch dazu gibt es sowas wie einen Geist, den es zu vertreiben gilt.

Wie das Leben eben so ist, so sind auch die Charaktere. Alle mit Ecken und Kanten, anfangs eher unsympathisch, man muss sie erst etwas näher kennenlernen. Da sind die Geringers, mit denen Leo sich anfreundet oder Anton, der mit seinen jungen Jahren so einiges zuwege bringt. Und natürlich Dora. So unterkühlt, wie es anfangs scheint, ist sie gar nicht und auch Leo taut immer mehr auf.

Aus den unnahbaren titelgebenden Protagonisten werden immer mehr dem Leben zugewandte, sich öffnende Personen, denen das Schicksal nicht immer wohlgesonnen war. Und doch gilt es, jetzt zu leben, nach vorne zu schauen. Ein Sommer, der so viel ändert, der ihren Leben eine Wendung gibt, die sie nicht mehr für möglich gehalten hätten… Und dann ging er hinunter und begann zu schreiben. ‚Romanze in Triest‘ soll es heißen, Leos Buch. Eine Liebesgeschichte mit einem Gespenst.

„Leo und Dora“ - ein unaufgeregtes Buch, ein sich annähern. Eingefahrene Bahnen verlassen, mit offenen Augen durchs Leben gehen, Neues zulassen. Die schnäbelnden Vögel vom Cover versinnbildlichen dieses Gefühl sehr gut. Das Herbstlaub hängt noch an einem Ast, während auf dem anderen die Knospen sprießen, alles sprüht Lebendigkeit und Lebensfreude aus. Ein Wohlfühlbuch, das auch ernste Töne anschlägt, das ich gerne gelesen habe.

Bewertung vom 10.03.2022
Der tote Priester / Jigsaw Man Bd.2
Matheson, Nadine

Der tote Priester / Jigsaw Man Bd.2


ausgezeichnet

Der zweite Fall steht an für DI Anjelica Henley und die Serial Crimes Unit. Die Autorin Nadine Matheson kennt die Welt genau, in der ihre Serie um den „Jigsaw Man“ spielt, arbeitet sie doch als Verteidigerin in Strafrechtsverfahren. Mit dem Jigsaw Man verbinde ich Oliver und das wunderbare Puzzle, den menschlichen Körper, der in seine Einzelteile zerlegt wahre Schönheit darstellt. Henley hat immer noch Albträume seinetwegen – weilt Oliver doch noch unter den Lebenden?

Und nun Teil zwei. Auch „Der tote Priester“ verspricht Hochspannung. In der Kirche des Propheten Annan wird eine fürchterlich zugerichtete Leiche gefunden, hier hat jemand mit zahlreichen Messerstichen seiner Wut freien Lauf gelassen. Aber nicht genug, finden sie doch in einem abgelegenen Zimmer einen jungen Mann, der dem ersten Augenschein nach auch tot ist.

Schon während des Prologs geht es knallhart zur Sache. Wer wird da so brutal massakriert? „Ich will nicht sterben…“ klingt es durch und da sind noch andere Stimmen. Welche Teufel sind hier am Werk?

Schon bald war klar, dass es noch mehr brutal zugerichtete Opfer gibt, allesamt haben indirekt mit dieser Kirche zu tun – oder doch nicht? Es sind durchweg schlechte Charaktere, denen wir hier begegnen und jedem würde man zutrauen, einen Mord zu begehen. Da ist dieser Priester, der seinen Schäfchen nicht nur gehörig Geld aus der Tasche zieht, sie regelrecht abzockt, auch ist er der holden Weiblichkeit nicht abgeneigt und nimmt sich, was er kriegen kann. Notfalls mit Gewalt.

Wir blicken hinter die Kulissen, fast jeder hat genügend zu verbergen. Auch wenn es den Anschein hat, hier ein Missbrauchsopfer zu haben, so stößt das Ermittlerteam auf eine Mauer des Schweigens. Die einen treten forsch auf, verlangen rotzfrech Aufmerksamkeit und bringen Rassendiskriminierung ins Spiel. Während andere so brav und unbedarft daherkommen, dass man ihnen jedes Wort unbesehen abnimmt. Folter und Exorzismus schweben im Raum, eine ganze Palette menschlicher Abgründe tut sich auf.

Neben der nervenaufreibenden Aufklärungsarbeit streut die Autorin Privates um das Team um Henley wohldosiert ein. Auch hier gibt es welche, denen man nur das Beste wünscht, deren Schicksal einen anrührt und dann gibt es die Unsympathen, denen man regelrecht grollt. Diese Prise jenseits des Falles nimmt keineswegs die Spannung, es birgt genug Konfliktpotential.

Nadine Matheson versteht es, ihre Leser bei Laune zu halten und führt sie geschickt auf so manch falsche Fährte. Sie hält die Spannung hoch, ich war immer ganz tief drin, wollte und musste dem Geschehen einfach folgen und habe mich so manches Mal verrannt, war ich doch fest davon überzeugt, endlich den oder die Täter entlarvt zu haben. Von wegen! Und genau diese Dramatik macht die Story zu einem nervenaufreibenden Thriller, dem man einfach folgen muss, will man doch endlich wissen, wie sich das Ganze aufklärt.

Ein durchweg rasanter zweiter Teil des Jigsaw Man, schon das Cover hat Wiedererkennungswert. Man kann, ohne den ersten Teil zu kennen, gleich hiermit einsteigen. Einen nächsten Fall wird es – so wie es aussieht – bestimmt geben. Ich werde dabei sein.

Bewertung vom 09.03.2022
Die Macht des Täters / Max Bischoff - Mörderfinder Bd.2 (1 MP3-CD)
Strobel, Arno

Die Macht des Täters / Max Bischoff - Mörderfinder Bd.2 (1 MP3-CD)


ausgezeichnet

Der zweite Fall um den Fallanalytiker Max Bischoff geht unter die Haut. Alles beginnt mit dem Anruf einer Ex-Kollegin, deren Neffe des Mordes beschuldigt wurde. Konnte er die falsche Anschuldigung nicht verkraften und nahm sich deshalb das Leben oder war sein Selbstmord eher ein Schuldeingeständnis?

Der ehemalige Polizist Max Bischoff pflegt mit seinen ehemaligen Kollegen noch immer freundschaftlichen Kontakt und in diesem so rätselhaft wie unerklärlichen Fall steht er Horst Böhmer mit Rat und Tat zur Seite, was dessen Vorgesetzte so gar nicht gefällt.

Diesen so undurchsichtigen Fall habe ich mir von Dietmar Wunder, einem exzellenten Hörbuchsprecher, erzählen lassen. Man merkt ihm seine langjährige Erfahrung als Synchronsprecher für namhafte Künstler an, als Hörbuchinterpret setzt er seine klangvolle Stimme situationsbedingt perfekt ein, er gibt jeder einzelnen Figur ihre eigene Persönlichkeit mit.

Arno Strobel bürgt für Gänsehaut-Momente. So verworren die Geschichte ist, so spannend ist sie. Nicht nur aus Max‘ Perspektive erzählt er seine Story, auch lässt er die Täterstimme immer wieder anklingen. „Das ist der Anfang. Ihr fasst mich nicht…“ – mit Blut geschrieben. So oder so ähnlich müssen es die Ermittler immer wieder lesen und kommen keinen Schritt voran.

Bis zum Schluss ist die Geschichte nicht durchschaubar, die Handlung ist zuweilen ganz schön hart, man schluckt und muss doch wissen, was als Nächstes geschieht. Der Autor saugt einen förmlich ins Geschehen, lässt einen ziemlich ratlos im Dunkeln tappen. Und doch ist – wenn man um die Auflösung weiß – das ganze Konstrukt ein äußerst raffiniert inszenierter Thriller. Genau so, wie man es von Arno Strobel gewohnt ist. Tempo- und facettenreich erzählt war ich immer ganz dabei, musste einfach weiterhören. Und – es hat sich wieder mal gelohnt.

„Mörderfinder“ – das von Dietmar Wunder sehr gut eingesprochene Hörbuch von Argon Hörbuch kann ich nur empfehlen. Ein spannender Thriller, den ich am Stück konsumieren musste.