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Juti
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Insgesamt 631 Bewertungen
Bewertung vom 21.09.2018
Integration
Abdel-Samad, Hamed

Integration


sehr gut

Ideen und Konzepte mit schonungsloser Offenheit präsentiert

Was der ägyptische Autor schreibt, ist auf dem Gebiet der Integration in gewisser Weise neutral. Er wird zur AFD eingeladen, redet auch dort und spaltet die Partei.
Gut gefällt mir auch seine Methodenkritik zu Umfragen in den Sozialwissenschaften. Er hält sie für wenig aussagekräftig, da gerade radikale Muslime entweder so antworten, wie sie meinen, dass es von Ihnen so erwartet wird, oder aber die Umfrage gar nicht ausfüllen. Abdel-Samad arbeitet deswegen mit Interviews. Davon profitiert dieses Buch.

Integration wird auf vier Ebenen gemessen und damit sei angemerkt, dass es den Muslim nicht gibt, auch wenn es sprachlich mitunter schwierig scheint, dies zu trennen:
1. Bildungs- und Arbeitsmarktdaten
2. Kulturell, d.h. wie verbreitet das Kopftuch ist (das vom Koran gar nicht vorgeschrieben ist, aber dazu dienen soll, die im Islam sexualisierten Haare Männerblicken zu entziehen) Teilnahme am Schwimmunterricht und die Sprachkompetenz
3. Sozial: Freundschaften, Vereinsmitgliedschaften
4.Identifikation: Zugehörigkeit zum Land (vgl. S.33)

Seine Analyse nimmt kein Blatt vor dem Mund. Der Autor kritisiert besonders, dass die Gemeinschaft der Muslime in den entstandenen Ghettos die Bewohner, vor allem die Frauen kontrolliert, welche sexuellen Beziehungen sie führen, während Asiaten, bei denen Bildung einen hohen Wert hat, sich viel besser in deutsche Gesellschaft integrieren. Auch früher eingewanderte Muslime, die beispielsweise Kontakt zu einer noch im Viertel lebenden deutschen Oma hatten, wurden dort viel besser integriert, weil sie z.B. noch ohne Kritik einen katholischen Kindergarten besuchen konnten. Auch die Integration von Flüchtlingen funktioniert dezentral besser als in Heimen.

Für die Zukunft sieht er zwei Wege: einen mit funktionierender Integration, bei der Staat, Justiz und Polizei Ghettos und „No-goes-areas“ austrocknen, er nennt noch weitere Akteure, deren Aufgaben nicht so klar sind. So sollen die Linken einsehen, dass das Kopftuch kein Gewinn an Freiheit ist und auch von Digitalisierung ist die Rede, was in ein anderes Buch gehört. Der andere Weg ist ein Schreckensszenario mit wachsenden Ghettos.

Der Autor neigt etwas zu Wiederholungen und auch die Überschriften sind nicht zum Finden eines Themas geeignet: 4 Sterne

Bewertung vom 18.09.2018
Becker, Jurek

"Am Strand von Bochum ist allerhand los"


ausgezeichnet

Dokument einer vergangenen Welt

Wer schreibt heute noch Ansichtskarten? Das Witzige ist, Jurek Becker schrieb auch an seine Frau und seine Sohn, die er ohnehin sah, nur um zu schreiben, wie sehr er sie liebte.

Anfangs dachte ich, es wird langweilig, aber mit der Zeit freute ich mich immer mehr über diese Minutensatire.
Und das ist auch das schöne an diesem Buch. Es lässt sich kaum in einem Zug von Anfang bis Ende lesen, aber das soll auch so nicht sein. Hat man 5 Minuten Zeit, liest man 4 Karten und mindestens eine ist witzig.

Es könnte noch ein Register geben mit den Adressaten und mit der Herkunft der Karten, denn Urlaubskarten gehören selbstverständlich dazu. Für die kluge Idee und die gute Unterhaltung: 5 Sterne.

Bewertung vom 07.09.2018
Wiesenstein
Pleschinski, Hans

Wiesenstein


gut

Zu spät gekommen

Leider habe ich kurz vorher das Buch von Modick über Keyserling gelesen und muss sagen: „Keyserlings Geheimnis“ ist besser.

Ein guter Roman erzählt drei Geschichten. Der Roman Wiesenstein aber nur zwei, das letzte Lebensjahr von Gerhart Hauptmann und die Biographie Gerhart Hauptmanns mit Ausschnitten aus seinen Werken.
Letzteres gelingt überhaupt nicht. Während Modick laut Interview im Stile Keyserlings schreibt, zitiert Pleschinski in kursiver Schrift, aber keines der Zitate vermag Lust auf Hauptmanns Werk zu erzeugen. Dadurch wird dieses Buch 200 Seiten zu lang.

In den Jugendbüchern von Willi Fährmann habe ich früher von der Vertreibung aus den Ostgebieten gelesen, aber die Schilderung von der Villa Wiesenstein ist fast beeindruckender. Nachdem Hauptmann den Krieg während der Bombardierung Dresdens hautnah miterlebt hatte, zog der Krieg an Schlesien, also insbesondere am Hirschberger Tal, dem Wohnort Hauptmanns, ohne Kampfhandlungen vorüber. Wir erleben mit, wie die Bevölkerung östlich von Oder und Neiße um ihre Zukunft bangt und letztlich fliehen muss. Gerade dieser Kriegs- und Nachkriegsalltag macht das Buch doch lesenswert. Modicks Buch spielt 1901 und teilweise im Baltikum, noch weiter im Osten und zeitlich früher, kann dieses Thema also nicht behandeln.

Wegen der realistischen Kriegsdarstellung erhält dieses Buch 3 Sterne.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.09.2018
Lug und Trug und Rat und Streben
Bovenschen, Silvia

Lug und Trug und Rat und Streben


weniger gut

Ein ehrenwertes Haus

Einfache Sätze, viele Anaphern, das zeichnet zumindest den Beginn des Buches aus.
Das Buch hat nur einen Erzählstrang, nach und nach werden die handelnden Personen vorgestellt. Agnes Lupinski, ihre Tante Alma Lupinski, deren Enkel Max kommt zu Besuch und bleibt. Im Keller wohnt Herr Bärentrost, dessen verschollener Bruder mit Alma verheiratet war.
Die ersten drei machen noch einen Ausflug nach Mispelheim. Vermutlich wird hier auf die nordische Sagenwelt angespielt, die ich aber nicht kenne und mich vielleicht deswegen langweilte.

Recht bald fragte ich mich, warum ich dieses Buch lese und kann leider keine Antwort darauf geben. Da ich es nicht weglegte, verleihe ich 2 Sterne, denn einen Pietätsbonus gibt es nicht.

Bewertung vom 31.08.2018
Keyserlings Geheimnis
Modick, Klaus

Keyserlings Geheimnis


ausgezeichnet

Ein Roman zu einem Bild

Ähnlich wie beim letzten Buch des Autors „Konzert ohne Dichter“ steht ein Bild im Mittelpunkt. Damals fehlte Rilke in der Künstlerkolonie Worpswede. Jetzt hängt ein Bild des Schriftsteller Keyserling in der Münchener Pinakothek.

Wie mag Modick auf die Idee gekommen sein, dieses Buch zu schreiben? Er selbst sagt, er wäre vor etwa zehn Jahren auf das Werk Keyserlings, den besseren Fontane, gestoßen und hätte dann in der Recherche das Bild entdeckt. Umgekehrt wäre es auch denkbar gewesen. Wieso wird so ein hässlicher Mensch porträtiert?
Genau das ist eine Frage dieses Romans. Die Antwort: Weil eine Frau ihre Finger im Spiel hatte.

Die zweite Frage des Romans: Wer war Keyserling? Diese Antwort lässt sich nicht in einem Satz geben. Er stammt vom deutschsprachigen baltischen Adel ab, der im russischen Zarenreich lebte (und mit der russischen Revolution unterging). Doch während seiner Studentenzeit ereignete sich an der Universität Dorpat ein Vorfall, weswegen er seine baltische Heimat verlassen musste und in Wien zum Schriftsteller wurde. Offiziell soll er Geld aus der Verbindungskasse entwendet und dann wieder hinzugefügt haben. Modick reicht das als Grund für eine Flucht nicht. Er gibt die Antwort: Weil eine Frau ihre Finger im Spiel hatte.

Dieses Buch ist der beste Roman, den ich in diesem Sommer von einem deutschen Autor gelesen habe. 5 Sterne. Und Keyserling wird so sympatisch, dass ich auch sein Werk zumindest teilweise lesen will.

Lieblingszitat: Frauen sind große Künstler. Leider sind ihre Werke vergänglich. (S.180)

Bewertung vom 29.08.2018
Jäger, Hirten, Kritiker
Precht, Richard David

Jäger, Hirten, Kritiker


sehr gut

Visionen eines politischen Philosophen

Dieses Buch lebt von der Weisheit des Autors, der als Philosoph auch viele klassische Werke kennt. Der Titel stammt von Marx, der den Menschen wünscht, das zu tun, was er will, also morgens jagen, mittags fischen, nach dem Essen kritisieren und abends Viehzucht betreiben (vgl. S.8). Besonders im Mittelteil war dieses Werk für mich fast eine Sammlung von Aphorismen.

Mich stört an diesem Sachbuch, dass der Autor vor allem im ersten Teil ein Science-Fiction Version des Jahres 2040 entwirft und dabei Rückblicke ins Jahr 2018 einblendet, also vor allem S.59-82. Gut wiederum, dass er auch auf die wenig zukunftsweisenden Ideen des neue Nationalismus eingeht.

Inhaltlich muss man dem Buch nicht immer zustimmen, aber das Versprechen, dass die Digitalisierung unser Leben demokratischer und einfacher mache, muss wirklich mit einer klugen Politik umgesetzt werden, was auch ich heute nicht erkennen kann.

Ein Schwerpunkt bildet seine Forderung nach dem Bedingungslosen Grundeinkommen. (BGE). Er schreibt selbst, dass vorher das Steuersystem umgebaut werden müsse. Ich meine, dass selbst wenn erste Versuche des BGE in Finnland und anderswo nicht fortgesetzt werden, so fragt ich mich doch, warum man nicht beginnt Maschinen zu besteuern. Woran scheitert die Finanztransaktionssteuer? Und wie die Mehreinnahmen dann investiert werden, ist eine zweite Frage.

Der Autor befasst sich zurecht mit dem Thema, was der Mensch in seiner Freizeit macht, wenn er weniger arbeitet. Technologie, die das Kochen erspart, ist nicht sinnvoll, wenn Kochen ein Hobby ist. Ich verweise auf mein Lieblingszitat (S.157f). Unser Bildung sollte als Ziel haben, das Glück aller Menschen zu maximieren und nicht die Gewinne weniger. Precht freut sich, wenn nicht alles nach Plan verläuft, denn nur so entstehen Geschichten. Er selbst sammelt alte Bücher, die er gerne in Antiquariaten aufstöbert. Wenn es diese direkt im Internet gibt, dann ist sein Hobby sinnlos. Die Aufteilung der Welt nach Problem und Lösung ist nicht immer zielführend.

Precht fürchte die Technokratie, die Diktatur von GAFA (google, apple, facebook, amazon). Er wundert sich darüber wie bereitwillig Internetnutzer ihre Daten preisgeben und begrüßt die neue Datenschutzverordnung. Nur die Großen können Daten sammeln, die ebenfalls nur an Große verkauft werden.

Seine Utopien mit selbstfahrende Autos im Verkehr und Robotern im Gesundheitswesen habe wieder weit weniger gern gelesen, weil der Autor frei entscheiden kann, welche Probleme er sich aussucht. Kommt es zu ethischen Fragen, sollte die Politik deren Programmierung verbieten.

Drei Krise sieht Precht für die Zukunft: die Konsumkrise (Geld wird nur verlagert), die „Hatari-Krise“ (der Mensch wird nur noch als Konsument gesehen) und die ökologische Krise. Er fordert eine Bereitstellung digitaler Infrastruktur durch den Staat. Er will Optimismus verbreiten denn und das ist der letzte Satz: „Pessimismus ist keine Lösung.“

Ein Sachbuch muss nach neue Inhalt bewertet werden, das ist gegeben. Ein Stern ziehe ich dennoch ab, wegen des Science-Fiction Stils und nicht weil ich manchmal anderer Meinung bin. 4 Sterne.

Lieblingszitat: "Ich tue etwas, was ich gerne tue. Eine solche „Zweckmäßigkeit ohne Zweck“ erachtete Kant […] als das Wesen der Kunst. […] Ständig das Nützliche zu tun charakterisiert dagegen die niederen Tiere" (S.157f)

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.08.2018
Eine Metapher wandelt sich / Die Ermordung des Commendatore Bd.2
Murakami, Haruki

Eine Metapher wandelt sich / Die Ermordung des Commendatore Bd.2


weniger gut

Heilige Jungfrau Maria, bitte für uns!

Bitte für gute Bücher. Und schenke Herrn Murakami mal ein Thema über das er ein Buch schreiben kann.

Auf diese Einleitung komme ich, weil doch tatsächlich Yuzu im Traum schwanger geworden sein könnte. Dann die Unterwelterlebnisse des Ich-Erzählers, die uns zweimal erzählt werden. Einmal als Erlebnisse, das andere mal, als der Ich-Erzähler seine Geschichte Marie berichtet.
Apropo Marie. Gefühlt auf jeder zweiten Seite wird das Wachstum ihres Busens behandelt.
Menshiki benimmt sich, wie ein Neureicher und unser Pumuckl (s. Band 1) wird nur noch Nebendarsteller mit einem traurigen Ende.

Nach 200 Seiten wollte ich dieses Buch weglegen. Da ich aber schon soviel gelesen hatte, überflog ich den Rest. Es wird immerhin auserzählt. 2 Sterne. Band 3 (sollte es ihn geben) lese ich nicht.

Bewertung vom 20.08.2018
Der Schatten des Windes / Barcelona Bd.1
Ruiz Zafón, Carlos

Der Schatten des Windes / Barcelona Bd.1


ausgezeichnet

Spannung, Erotik, Witz, Trauer – alles dabei!

Dieser Roman erzählt die Geschichte des Jungen Daniel, der das Buch eines Julian Carax liest und mehr über den Autor erfahren will.
Mir gefällt wie mit dem wachsendem Alter die Spannung zunimmt und mehr und mehr die dunkle Seite des Franco-Regimes zum Vorschein kommt. Denn in einem Nobel-Internat bildet sich eine Clique, die scheinbar nicht auseinander zu reißen ist. Aber dann kommt die Liebe zu einem Mädchen Penelope, dass Javier Fumero auf seinen Mitschüler Julian schießen lässt.
Wie dieser Fumero über eine Jugendbesserungsanstalt zum Polizeichef von Barcelona aufsteigen kann, ist das einzige, was mir wenig glaubhaft erscheint, aber vielleicht war das im Spanischen Bürgerkrieg sogar möglich.

Julian und Penelope wollen nach Paris fliehen, aber Penelope kommt dort nie an. Den Grund darf ich hier nicht verraten. Aber verraten darf ich schon, dass alles aufgeklärt wird, dass es Rückblenden gibt, in denen mitunter zu viel erzählt wird, nämlich auch Dinge, die die Person nur von anderen Personen wissen kann.
Selbst der Spuk in der Aldaya-Villa wird plausibel.

Im Buch gibt es eine Menge Aphorismen. Und die Geschichte wird bis zum Ende erzählt, was ich dieses Jahr bisher nur selten erlebt habe. Gut, das Buch ist schon älter. Ich werde die nächsten Bände der Barcelona-Romane wohl auch noch lesen. 5 Sterne.

Bewertung vom 15.08.2018
Eine Idee erscheint / Die Ermordung des Commendatore Bd.1
Murakami, Haruki

Eine Idee erscheint / Die Ermordung des Commendatore Bd.1


sehr gut

Meister Eder und sein Pumuckl

Und ein bisschen Shades of Grey ist auch noch drin.
Der Reihe nach: Unser malender Ich-Erzähler ist nach gescheiterte Ehe auf Sinnsuche. Er bekommt das Angebot das Haus eines Freundes zu nutzen, das nach dem Tod seines ebenfalls malenden Vaters leer stand. Im Haus befindet sich noch ein Bild des Vaters auf dem Dachboden mit dem Titel „Die Ermordung des Commendatore“.
Unser Ich-Erzähler bekommt den Auftrag Herrn Menshiki zu porträtieren, der so reich ist, dass sein Haus und sein Verhalten an Shades of Grey erinnert. Überhaupt wird in diesem Buch an vieles erinnert, so dass wir nach und nach das gesamte Leben des Ich-Erzählers kennen. Nur gibt es im Gegensatz zu Shades of Grey nur Blümchensex mit kleinen Brüsten.

Als man denkt, es ist alles erzählt, läutet es auf einmal. Mit Menshikis Hilfe taucht auf einmal der Pumuckl auf, der hier natürlich Commendatore heißt und nur vom Ich-Erzähler gesehen werden kann, den ich Meister Eder nenne, da er ohnehin keine Namen hat.

Der Autor hat Ähnlichkeit mit Peter Handke, wobei Handkes Übrigens-Kultur hier nicht ganz so ausgeprägt ist. Noch 4 Sterne, weil ich den zweiten Teil doch noch lesen will, aber fürchte, dass er schlechter sein könnte.

Bewertung vom 13.08.2018
Ein Leben ist zu wenig
Gysi, Gregor

Ein Leben ist zu wenig


ausgezeichnet

Lustig ist das Rechtsanwaltleben

Wer hat schon eine Literaturnobelpreisträgerin in seiner Familie? Gregor Gysi hat die Tante Doris Lessing. Deswegen beginnt seine Autobiographie erst mit einem Kapitel über die Familie seiner Mutter, dann ein Kapitel über die Familie seines Vaters. Ausführlich geht es auch durch seinen Kindheit, in der er z.B. mal ein halbes Jahr im Krankenhaus gelegen hat. In der Schulzeit wird es dann langsam politisch. Der Mauerbau verhinderte seine Besuche in Westberlin (diese Schreibweise hält er konsequent durch).

Witzig ist Gysi schon, scharfsinnig seine Argumentation, ob vor Gericht bei der Wahl 1990, wo es um die 5%-Hürde geht, oder in Nordkorea, wo er erklärt, dass die Volksarmee der Bundeswehr zwar überlegen gewesen wäre, aber nicht am ersten Kaufhaus vorbeigekommen wäre. Witzig ist auch, dass bei Jauch mal kurzfristig das Thema und die Gäste gewechselt wurde, nur Gysi blieb, da man mit ihm über alles reden kann.

Informativ ist das Buch auch. Wir erleben die Wende aus der Sicht der DDR-Oberschicht, Probleme beim Wandel der SED zur PDS, ihre Erfolge und auch Misserfolge, Gysis Rücktritt als Minister in Berlin. Auch die Entstehung der Linkspartei wird beschrieben. Hier kommen wohl wegen des fehlenden zeitlichen Abstands erstmals wirkliche persönliche Streitigkeiten vor, etwa mit Lafontaine.
Frühere Konflikte, sogar der Hungerstreik wegen einer notwendigen Millionenzahlung der PDS an die Treuhand, werden stets im lustigen Ton behandelt.

Beim Lesen des Buches höre ich Gysi sprechen, selbst für keine Wähler der Linken ist das Buch zu empfehlen. 5 Sterne und mein Lieblingszitat ist der Prolog: "Ich habe schon als Kind gelernt, dass man Sätze nicht mit „ich“ beginnen soll."

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.