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hasirasi2
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Dresden

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Insgesamt 1168 Bewertungen
Bewertung vom 13.04.2021
Träume von Freiheit - Ferner Horizont
Böschen, Silke

Träume von Freiheit - Ferner Horizont


ausgezeichnet

Ein echte Schlammschlacht

… ist die Scheidung von Florence und Henri de Meli in den 1880er Jahren in New York. Sie zieht sich über Jahre hin, die Presse berichtet ausführlich und die Öffentlichkeit fiebert mit. Florence wird ungewollt zum Vorbild für die unglücklichen, scheidungswilligen Frauen der damaligen Zeit.

Wie es zu diesem Prozess kam und warum Florence unbedingt nach amerikanischem Recht geschieden werden wollte, erzählt Silke Böschen im zweiten Teil ihrer Reihe „Träume von Freiheit – Ferner Horizont“, der auf Florence de Melis Leben basiert.
Alles beginnt 1881. Florence und Henri sind zwar Amerikaner, leben aber in der amerikanischen Kolonie in Dresden. Er ist 11 Jahre älter als sie und muss nicht arbeiten, denn seine Mutter kommt für alle Ausgaben auf. Florence genießt das Leben in der High Society, die Bälle und Empfänge, aber sie engagiert sich auch in der amerikanischen Gemeinschaft und für die Wohltätigkeit, singt im Chor. Das Paar hat zwei kleine Kinder, die Florence über alles liebt. Leider mischt sich Henris Mutter immer mehr in das Familienleben ein, sie hat Florence noch nie gemocht. Und da eine Scheidung in dieser Gesellschaftsschicht nicht in Frage kommt, schmieden Henri und seine Mutter den Plan, Florence für verrückt erklären zu lassen und weisen sie in eine Irrenanstalt ein …

Silke Böschen ist wieder ein echter Schmöker gelungen. Die über 500 Seiten lesen sich extrem flüssig und haben mir einen verregneten Tag versüßt.
Henri und Florence sind sehr verschieden. Er fühlt sich von der Lebenslust und Energie seiner Frau oft überfordert und schickt sie regelmäßig zur Erholung zur Kur. Während er ruhige Abende mit einem ausgiebigen Dinner und danach dem einen oder anderen Glas Absinth liebt, geht sie gern aus, hat viele Freunde und nach Henris Ansicht flirtet sie zu offensiv und zu viel. Auch bei der Erziehung der Kinder sind sie sich uneins. Er ist extrem streng zu ihrem Sohn und züchtigt ihn regelmäßig. Sie selbst wird von ihm und seiner Mutter zwar „nur“ mit Worten verletzt, trotzdem ist die Situation für sie kaum auszuhalten. Aber wegen der Kinder hält sie es aus.
Mir hat sehr gut gefallen, wie die Autorin die Dynamik des Paares inkl. der Schwiegermutter geschildert hat, wie sich die Situation immer mehr aufheizt, bis Henri sich nur noch durch Florence‘ Einweisung zu helfen weiß.

Auch das Umfeld, in dem die Handlung angesiedelt ist, wird sehr anschaulich beschrieben. Als echte Dresdnerin habe ich meine Stadt wiedererkannt (wobei ich erst durch das Buch erfahren habe, dass es hier mal eine amerikanische Siedlung gab) und auch die Kureinrichtungen, in den Florence untergebracht wird, gibt es zum Teil heute noch. Zum Glück sind aber die Anamnese- und Behandlungsmethoden heute nicht mehr die gleichen, die waren zum Teil nämlich sehr erschreckend.

Ich habe nur zwei klitzekleine Mankos anzumerken. Zum einen hatte ich ausgehend vom Klappentext hauptsächlich Florence Flucht quer durch Europa bis nach Amerika und den Kampf um ihre Scheidung und die Kinder erwartet und zum anderen war mir das Verhalten der Protagonisten an einigen Stellen etwas zu überzogen.

Bewertung vom 13.04.2021
Romy und der Weg nach Paris / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.16
Marly, Michelle

Romy und der Weg nach Paris / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.16


ausgezeichnet

Die Verwandlung

„Ich bin doch nur eine junge Frau, die ihr eigenes Leben führen will.“ (S. 209)
Romy Schneider war mir zwar vor allem durch die Sissi-Filme ein Begriff, aber von ihrem Privatleben wusste ich nichts. Michelle Marly lässt mit „Romy und der Weg nach Paris“ die junge Romy wieder lebendig werden. Ein Mädchen, das vor der Kamera erwachsen geworden ist und dabei ihre Jugend versäumt hat, das wohlbehütet aufgewachsen ist und sich nur schwer aus dem Kokon befreien kann, den ihre Eltern um sie gewoben haben. Mammi und Daddy (ihr Stiefvater) wollen immer nur das Beste für sie – eine (Heimat-)Filmkarriere, Ruhm und das große Geld. Darum drängen sie auch so auf den 4. Sissi-Film, doch Romy möchte endlich selber über ihre Engagements entscheiden, eine ernsthafte und vor allem ernst genommene Schauspielerin werden und vom Film zum Theater wechseln. Schließlich entstammt sie einer Schauspielerdynastie und ihre Großmutter steht noch mit 84 auf den Brettern des Wiener Burgtheaters.
Wie sehr ihre Eltern sie einschränken und beeinflussen merkt sie erst, als sie Alain Delon kennen- und lieben lernt. Der unangepasste Rowdy passt nicht zu ihr, er ist nicht treu und nur auf ihr Geld aus, will von ihrem Ruhm profitieren, meinen sie. Und Alain scheint diese Vorurteile zu bestätigen: „Ich bin wohl kein Mann nur für eine Frau, aber ich bin der beste Freund, wenn ein Mensch, den ich liebe, in Not gerät.“ (S. 347)

Michelle Marly hat es wieder geschafft, mich mitzureißen und mir eine berühmte Frau näher zu bringen, sie „menschlich“ werden zu lassen.
Zu Beginn schwebt man noch durch das Buch, wie Romy durch ihr Leben, den Filmdreh mit Alain, durch Paris und Wien, mondäne Hotels, tolle Filmsets, teure Garderobe und Abendveranstaltungen. Dabei ist sie immer von Menschen umgeben, die sie hoffieren und ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen – sie ist der Liebling der deutschsprachigen Presse. Nur Alain ist so gar nicht beeindruckt von ihr, weiß nichts von ihrer berühmten Familie …
Und bald schon gesellt sich Gänsehaut dazu. Romy tat mir leid. Sie ist bereits 20, aber Mammi ist immer dabei und teilt sich sogar eine Suite mit ihr. Sie bestimmt Romys Kleidung, Frisur und Ernährung. Ihr Stiefvater verhandelt ihre Filmverträge, verwaltet ihre Einnahmen und teilt ihr nur ein Taschengeld zu – kein Wunder, dass sie auch später nie mit Geld umgehen konnte.
Und dann wird Alain immer berühmter und Romy ist nicht mehr gefragt. Sie nimmt eine Rolle in einem französischen Theaterstück an, ohne die Sprache perfekt zu beherrschen oder je auf einer großen Bühne gestanden zu haben. Die Proben fordern alles von ihr. Nur mit strenger Disziplin bis hin zur völligen Selbstaufgabe kann sie den Forderungen des Regisseurs und auch ihren eigenen gerecht werden – darin ähnelt sie dann doch wieder Kaiserin Elisabeth.

Michelle Marly gewährt tiefe Einblicke in Romys Gefühlsleben, ihre Ängste und Selbstzweifel. Sie zeigt eine Frau, die selbständig und erwachsen werden will und dafür hart an sich arbeitet, eine beeindruckende Persönlichkeit. Sie gestaltet ihre Protagonisten extrem lebendig, auch Alain als Romys Gegenspieler, ein junger Wilder der alles viel leichter nimmt, hat mir sehr gut gefallen.
Besonders gefreut habe ich mich über das Widerlesen mit Coco Chanel, die Romy noch einmal formt und eine echte Französin aus ihr macht.

Michelle Marly beschreibt Romys Verwandlung von Sissi zur Charakterschauspielerin. Das Buch ist eine beeindruckende Romanbiografie und die Geschichte einer großen Liebe – fesselnd und farbenprächtig erzählt.

Bewertung vom 10.04.2021
Deine fabelhaften Kräuter
Breithuber, Andrea

Deine fabelhaften Kräuter


ausgezeichnet

Kräutergärtnern für alle

Träumt ihr auch von einem eigenen Kräutergarten? Oder wundert ihr Euch genau wie ich, warum einige Kräuter einfach nicht wachsen oder immer wieder eingehen? Abhilfe schaffen jetzt „Deine Fabelhaften Kräuter“ von Andrea Breithuber. Andrea hat selber einen 1000 m2 großen Garten mitten in der Stadt und erklärt ganz genau, was man für einen erfolgreichen Kräutergarten alles beachten muss. Wobei es ja nicht immer gleich ein ganzer Garten sein muss – ein (Hoch-)Beet oder Töpfe auf dem Balkon oder Fensterbrett tun es ja auch.
Sie fängt mit den Grundlagen an, welche (Arbeits-)Materialien man braucht, was für Gefäße und Erde geeignet sind, was man beim Kauf der Samen beachten muss und welche Kräuter sich vertragen oder eben auch nicht. Danach lernt man, wie man Jungpflanzen zieht oder ältere vermehrt. Besonders spannend fand ich die Kapitel über natürliches Düngen (einige Sachen mache ich instinktiv schon richtig) und wie man seine Pflanzen mittels Bodendecker vor dem Austrocknen schützt – da war ich bisher völlig ahnungslos. Natürlich geht es auch ums Überwintern der Kräuter und wie man sie trocknet, einfriert oder einlegt, zu kalten oder heißen Getränken verarbeitet, zu Kräutersalzen und Mischungen (zum Würzen) oder Tee und welche sich für die Seifenproduktion und Kräuterkissen eignen.
Der Hauptteil des Buches aber ist den 47 Kräuterportraits vorbehalten, unterteilt in Mediterrane, Allstars, Augenweiden, Gegen-den-Strom-Schwimmer, Außergewöhnliche und Unabhängige. Jede Pflanze wird auf einer Doppelseite inkl. seiner Verwendungsmöglichkeiten ausführlich vorgestellt. Neben einem Foto gibt es immer auch eine wunderschöne Illustration, welche die Vielfalt der Kräuter mit der Vielfalt der Menschen verbindet.
Ergänzt wird das Buch durch ein umfassendes Glossar, Register, Bezugsquellen für Zubehör etc. und weitere Quellen für Kräuterwissen.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen und ich weiß jetzt, was ich bisher beim Kräutergärtnern falsch gemacht habe. Ich freue mich schon darauf, die ganzen Tipps und Hinweise umzusetzen und hoffe auf eine gute Kräuterernte, nicht nur dieses Jahr.

Bewertung vom 07.04.2021
Stay away from Gretchen / Gretchen Bd.1
Abel, Susanne

Stay away from Gretchen / Gretchen Bd.1


ausgezeichnet

Flashback

Tom ist der erfolgreiche Anchorman einer Nachrichtensendung, ein berühmter ehemaliger Kriegsberichterstatter in den besten Jahren. Er ist kein Sympathieträger, unverheiratet mit vielen kurzen Affären, aber klug, gewissenhaft und stets am Puls der Zeit. Und obwohl er nur wenige Kilometer von seiner Mutter Greta entfernt wohnt, besucht er sie kaum. Als er 2015 von dem Flüchtlingsdrama in Heidenau berichtet, löst das bei ihr von allen unbemerkt einen Flashback aus.
Greta ist 94 und wird langsam „tüddelig“. „Das Gedächtnis verrutscht im Alter.“ (S. 33) meint sie, aber bei ihr verrutscht es immer mehr. Sie verteilt überall Post-its, erkennt ihre Bekannten nicht mehr und hält sich oft für viel jünger. Als sie eines Tages hilflos und verwirrt auf der Autobahn aufgegriffen wird, muss Tom einsehen, dass es nicht nur das Alter ist, sondern Alzheimer-Demenz. Um ihr helfen zu können, wollen die Ärzte mehr über Gretas Vergangenheit wissen, doch sie schweigt, wie schon die ganzen Jahre. Also durchsucht Tom ihre Unterlagen und stößt dabei auf Bob …

„Stay away from Gretchen“ bedeutet „Halte dich von den deutschen Fräuleins“ fern und war auf die erste Seite des Amerikanisch-Deutschen Wörterbuches gedruckt, das den GI‘s nach dem 2. WK in Deutschland ausgehändigt wurde. Und so heißt auch der Roman von Susanne Abel, der die Lebens- und Liebesgeschichte einer jungen Ostpreußin und eines schwarzen GI´s erzählt.
Sie beschreibt sehr drastisch und oft erschreckend Gretas Kindheit und Jugend unter überzeugten Nazis, einen Vater, der sich schon 1939 freiwillig für die Front meldet und bald vermisst, aber nie vergessen oder aufgegeben wird, die Flucht vor den Russen, die Hungerwinter, das Auffanglager Friedland, die Nachkriegszeit in Heidelberg und die Ausgrenzung als Flüchtlinge aus dem Osten.
Besonders berührend ist dabei die Beziehung zwischen Greta und Bob, einem schwarzen GI. Auch er wird ausgegrenzt – von den Deutschen und seinen weißen Kameraden. Trotzdem lebt er hier freier als zu Hause, wo es eine strenge Rassentrennung gibt. Und obwohl Beziehungen zu deutschen „Frolleins“ verboten sind, verlieben sich Greta und Bob. „Es ist mir egal, ob du schwarz, weiß oder grün bist. Ich mag dich, weil du du bist.“ (S. 236)
Gleichzeitig wird beschrieben, wie Greta immer mehr zurück in die Vergangenheit rutscht, wie die alte Dame um ihre Selbständigkeit kämpft „Du hast nicht über mich zu bestimmen.“ (S. 36), obwohl sie sich immer mehr verliert „Ich bin hier, ohne da zu sein.“ (S. 284)

Gretas Geschichte ist nichts für schwache Nerven, sie geht ans Herz und bricht es einem fast. Und auch wenn mir Tom lange etwas unsympathisch war, habe ich ihn am Ende doch sehr gut verstanden. Greta hat ihre Verluste und Traumata nie verarbeitet und an Tom weitergegeben. Er fühlt sich nicht geliebt und gut genug für seine taffe Mutter, kann darum keine festen Bindungen eingehen und wirkt oft arrogant und abweisend. „Stets dachte er, es sei seine Schuld, wenn seine Mam wieder tagelang im abgedunkelten Schlafzimmer verschwand. Ihre Stimmungsschwankungen bestimmten sein Leben. Über Jahre fühlte er sich verunsichert und hilflos, weil sie in diesen Phasen nicht auf ihn reagierte.“ (S. 274)

Ich habe mich mit dieser Rezension sehr schwergetan und weiß nicht, ob sie dem Buch wirklich gerecht wird. Ich habe es geradezu verschlungen, es hat mich aufgewühlt und beeindruckt. Susanne Abel zeigt anhand der Flüchtlingskrise von 2015, wie sich die Geschichte wiederholt und wir trotzdem immer wieder vergessen oder verdrängen.

Bewertung vom 05.04.2021
Ye Olde Kitchen - Kochen, gärtnern, nachhaltig leben
Hoffleit, Eva-Maria;Lawitschka, Philipp

Ye Olde Kitchen - Kochen, gärtnern, nachhaltig leben


ausgezeichnet

Ich liebe die Kombination aus Anbau-Tipps und vegetarischen Rezepten

Als ich „Kochen Gärtnern nachhaltig Leben“ zum ersten Mal gesehen habe wusste ich sofort, dass ich es haben muss. Ich koche jeden Tag frisch, fast ausschließlich vegetarisch und versuche dabei überwiegend regionale und vor allem saisonale Produkte zu verwenden – und zum Glück kann man z.B. Kürbis ewig lagern, so dass ich meist noch einen letzten daliegen haben, wenn es schon die ersten frischen gibt.

Ich hatte früher wie Eva-Maria Hoffleit und Philipp Lawitschka einen sehr großen Balkon, in dem ich auf verschiedenen Ebenen in hängenden und stehenden Töpfen so ziemlich alles angepflanzt habe, was essbar war – u.a. Tomaten, Bohnen, Erbsen, Mais, Zwiebeln, Erdbeeren, diverses Beerenobst und natürlich Unmengen Kräuter. Inzwischen haben wir diese Möglichkeiten leider nicht mehr, aber es gibt ja Wochenmärkte und Freunde, die ihre Gartenernte mit uns teilen.

Das Autorenpaar erklärt zu Beginn die Grundsätze der saisonalen Ernährung, des saisonalen Einkaufens und der nachhaltigen Küche. Außerdem erläutern sie, wie man mit Hilfe von Einkochen, Einlegen und Fermentiren die Saison vieler Gemüse und Kräuter verlängern kann. Zudem geben sie Tipps, was man in welchem Gefäß und an welchem Standort anbauen kann, was man in einem Kräutergarten beachten sollte und wie Sprossen gezogen werden. Dadurch sollten sich auch Anfänger mit Hilfe des Buches an einen (Balkon-)Garten wagen können.

Danach geht es dann aber auch schon ans „Eingemachte“ – die Rezepte, welche in die 4 Jahreszeiten untergliedert und meist in 30 min zubereitet sind. Wer einen Kritikpunkt sucht, könnte die fehlenden Angaben zu Nährwerten oder Personen bemängeln (m.E. sind sie meist für 4 Portionen ausgelegt), aber mich hat das nicht gestört.

Mich hat das Buch auf jeden Fall sehr inspiriert, auch aufgrund der tollen Fotos. Ich habe inzwischen einige Gerichte ausprobiert, die Paprika-Frittata, die gefüllten Kartoffeln, den Salat mit Apfeldressing, die Pasta mit Feldsalatpesto (das könnte mein Mann jede Woche essen, schmeckt auch super aufs Brot), den Kürbis-Cheesecake und auch den Zwiebelkuchen gab es hier garantiert nicht zum letzten Mal. Mein Highlight ist u.a. das Zitronenpesto. Das sieht zwar unspektakulär aus, aber die Kombination aus Zitrone, Honig und gerösteten Sonnenblumenkernen harmoniert toll, schmeckt sehr lecker und macht satt! Außerdem habe ich zum ersten Mal Mairübchen eingelegt – auch das ging wirklich ruckzuck und schmeckt sehr gut.
Bei den Rezepten gibt es auch immer wieder Hinweise zum Anbau, der Ernte oder anderen Verarbeitungsmöglichkeiten der Gemüse oder Kräuter.

Mir gefällt die Kombination von Anbau-Tipps und vegetarischen Rezepten sehr gut. Ich finde es praktisch, dass man die meisten Zutaten (abgesehen vom frischen Obst und Gemüse) sowieso im Kühlschrank oder Vorratsraum hat und nicht extra noch ausgefallene Dinge einkaufen muss.

5 Sterne und ich finde, das Kochbuch sollte in keinem nachhaltigen / vegetarischen Haushalt fehlen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.04.2021
Das Haus des Leuchtturmwärters
Freitag, Kathleen

Das Haus des Leuchtturmwärters


ausgezeichnet

Nur 40 km

Lützow 1992: Franzi ist Thriller-Schriftstellerin und hat eine Schreibblockade. Um Abstand zu gewinnen und sich aufs Schreiben zu konzentrieren, kehrt sie dahin zurück, wo sie die glücklichste Zeit ihre Kindheit verbracht hat – in das ehemalige Haus ihres Vaters, des Leuchtturmwärters. Das steht einsam am Meer auf einem Hügel kurz vor der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Unter den Dielen ihres alten Kinderzimmers findet sie ein 30 Jahre altes Tagebuch.

1962 wohnt Else in diesem Zimmer. Auch ihr Vater ist Leuchtturmwärter, aber im Gegensatz zu Franzi ist Else nicht glücklich. Ihre Mutter hat sich vor 9 Jahren angeblich in der Ostsee ertränkt, ihr Vater redet mit ihr nicht darüber und das schon zugesagte Abitur hat man ihr verweigert. Jetzt arbeitet sie in der HO-Gaststätte und träumt davon, doch noch Medizin zu studieren.
Ihrer Freundin Lulu und deren Freund Otto geht es ähnlich. Lulu möchte die Welt bereisen und Otto die Musik spielen, die ihm gefällt, Jazz. Sie möchten eigentlich nichts anderes, als alle jungen Menschen in ihrem Alter, aber es trennen sie 40 km und eine Mauer von einem Leben in Freiheit auf der anderen Seite der Ostsee. 40 km „nasse Grenze“, die sie irgendwie überwinden müssen.

Franzi ist von Elses Tagebuch so gefesselt, dass ihr eigenes Manuskript in den Hintergrund rückt. Stattdessen will sie herausbekommen, ob die drei es geschafft haben und was aus ihnen geworden ist. Sie vergleicht deren Erlebnisse mit ihren eigenen Erinnerungen an die Kindheit in der DDR. Ihre Eltern habe später einen Ausreiseantrag gestellt sind und sind mit ihr „rübergegangen“. Warum, hat sie nie erfahren. Und als sie jetzt im alten Büro des Leuchtturmwärters unter den noch vorhandenen Unterlagen ihres Vaters einen Zettel mit der Aufschrift „Verräter“ findet, kommt ein schrecklicher Verdacht auf.

Kathleen Freitag beleuchtet in „Das Haus des Leuchtturmwärters“ ein weiteres Stück DDR-Geschichte, die Nachwehen des Arbeiteraufstandes 1953 und die Folgen des Mauerbaus 1961. Sie beschreibt die Enge in der DDR, obwohl der Blick vom Leuchtturm aus übers Meer anscheinend unendlich ist.
Es ist eine Geschichte über Vertrauen und Verrat, Familie, Freundschaft und Liebe, atmosphärisch dicht und sehr packend erzählt. Die Grundstimmung der Zeit, die Angst vor Denunzianten und der Stasi, vor einer ungewissen Zukunft und die Bereitschaft, das eigenen Leben für die Freiheit zu riskieren, die Überlegungen, wem man (ver)trauen kann, die Sehnsucht nach Weite und Freiheit werden sehr eindringlich geschildert.
Es hat mich fasziniert, dass Kathleen Freitag die Handlung auf einem sehr engen Raum spielen lässt – der Leuchtturm und das Meer als zentraler Punkt, die Arbeitsstellen der drei, ihr geheimer Treffpunkt – und damit die ganze DDR widerspiegelt.

Else und Lulu sind sehr verschieden. Else ist sehr still, muss alles immer erst genau überdenken und macht viel mit sich selbst aus. Das führt beinahe zum Bruch zwischen den jungen Frauen. Lulu hingegen ist sehr draufgängerisch und redet leider oft erst, bevor sie nachdenkt. Und Otto? Der scheint ein offenes Buch zu sein und liebt Lulu abgöttisch – doch erzählt er ihnen wirklich alles?

Ich habe mit ihnen gebangt und gelitten, wusste, was ihr Denkfehler bei der Vorbereitung ihrer Flucht war (aber ich will hier nicht zu viel verraten) und hätte ihnen gern geholfen. Ich hatte Angst, dass die Freundschaft die Belastungsprobe nicht aushält und zerbricht.

Wie schon in „Die Seebadvilla“ hat mich Kathleen Freitag wieder sehr berührt und ein wichtiges Buch #gegendasvergessen geschrieben. Ich freue mich schon auf das nächste Lese-Highlight aus ihrer Feder.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.04.2021
Die mit dem Feuer spielen / Das Grand Hotel Bd.2
Benedikt, Caren

Die mit dem Feuer spielen / Das Grand Hotel Bd.2


ausgezeichnet

Eine Klasse für sich

„Ein Hotel ist ein Ort der Begegnung, jeder bringt seine eigene Geschichte dort mit hinein, hat ganz verschiedene Hoffnungen, Träume und Wünsche.“ (S. 67)
Bernadette von Plesow kommt nicht über den Tod ihres Sohnes Alexander hinweg. Sie leitet das Grand Hotel, ihren ganzen Stolz und ihre Lebensaufgabe, nicht mehr mit der gleichen Liebe und Leidenschaft wie früher, aber immer noch mit strenger Hand. Doch sie auch eine sehr gute Menschenkenntnis und einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und weißt Hilfesuchende nicht ab.
Ihre Tochter Josephine ist über ihren Traum, Malerin zu werden, hinweg. „… ich bin endlich erwachsen geworden … Das, was ich für ein aufregendes Künstlerdasein gehalten habe, ist mir inzwischen nicht mehr genug.“ (S. 29) Sie kehrt aus Leipzig zurück und will ihre Mutter bei der Leitung des Hotels unterstützen, sich als ihre Nachfolgerin ausbilden lassen. Doch die scheint die Hilfe nicht zu brauchen oder annehmen zu wollen.
Bernadettes Sohn Constantin führt in Berlin erfolgreich das Nobelhotel Astor inkl. Nachtclub. Er ist seit Alexanders Tod noch härter und erbarmungsloser geworden und will Rache – und die gleichzeitig für seinem Aufstieg zum Chef der Ringvereine nutzen. „Die Wut, vermischt mit Trauer, hatte einen Riss in seiner Seele hinterlassen und mehr denn je spürte er, wie angreifbar er geworden war - ein Zustand, den er sich in seiner Branche nicht leisten konnte.“ (S. 148 / 149)
Außerdem gibt es Probleme mit Alexanders Witwe Margit. Sie und Bernadette haben sich nie gut verstanden und jetzt versucht sie, Bernadette zu erpressen. Margit ist leicht zu beeinflussen und hat sich von einer regierungsfeindlichen Gruppierung zu unbedachten Äußerungen und Versprechungen hinreißen lassen, die sie ohne Hilfe nicht einhalten kann.
Und dann ist da noch der bisher unbekannte Halbbruder von Bernadettes verstorbenem Mann Karl. Er wollte sie vor seinem Tod noch kennenlernen und sie verlieben sich („Wenn man nur einen einzigen Menschen, einen ganz besonderen Menschen, in seinem Leben hat, der einem zuhört, ist man reich. Dann hat man etwas, was von einem bleibt, wenn man eines Tages geht.“ (S. 196)), doch auch ihr ehemaliger Verlobter Götz ist plötzlich wieder da und macht sich Hoffnungen …

Ich fand es toll, dass neben Familien von Plesow auch scheinbar weniger wichtige Nebenfiguren wieder auftauchen. Zum Beispiel ist das ehemalige Zimmermädchen Marie inzwischen Constantins Hausdame im Astor. Sie will aus ihm ein Berliner Äquivalent des Grand Hotels machen und das umsetzen, was sie bei Bernadette gelernt hat. Marie gehört genau wie Josephine zu den modernen, ehrgeizigen jungen Frauen, die neue Ideen einbringen und ihr Leben selbstbewusst in die eigene Hand nehmen und sich nicht mehr alles gefallen lassen.

Auch der zweite Band des Grand Hotel ist ein richtig guter Schmöker, eine extrem spannende Familiensaga voller Intrigen und Geheimnisse. Einmal angefangen, konnte ich es nicht mehr aus der Hand legen. Caren Bendedikt stellt das verruchte Berlin, das Zentrum des Amüsements und des Verbrechens, dem vergleichsweise ruhigen Binz gegenüber. Aber auch dort werden hinter geschlossenen Türen gefährliche Allianzen geschmiedet, unlautere Geschäfte abgewickelt und fremde Damen empfangen. Sie zeichnet ein tolles Bild dieser Zeit, sehr fesselnd und atmosphärisch aus den verschiedenen Blickwinkeln der einzelnen Protagnisten erzählt.

Bewertung vom 30.03.2021
Die Frauen von Kilcarrion
Moyes, Jojo

Die Frauen von Kilcarrion


ausgezeichnet

Frauen und ihre Geheimnisse

Honkong 1953: Joy ist Engländerin und lebt mit ihren Eltern in Honkong. Sie soll endlich heiraten, aber ihre ganze Leidenschaft gilt dem Reitsport. Die Ehe ihrer Eltern ein abschreckendes Vorbild, das lieblose Zusammenleben und die schlecht bis gar nicht getarnten Affären ekeln sie an. So will sie auf keinen Fall werden. „Es muss einfach noch mehr geben im Leben. Willst Du nicht irgendwann nach England? Oder nach Amerika? Die Welt bereisen?“ (S. 13) Bei einer Cocktailparty lernt sie Edward kennen, der so ganz anders ist. Zum ersten Mal fühlt sie sich wohl in Gegenwart eines Mannes, ernst genommen und verstanden. Allerdings reist er schon 2 Tage später weiter nach Korea …

London 1997: Kates Vater ist sehr krank, doch statt selber nach Irland zu fahren, schickt sie ihre 16jährige Tochter Sabine. Die hat ihre Großeltern bisher nur zweimal im Leben getroffen und ist entsetzt, als sie das Anwesen zum ersten Mal sieht. „Offenkundig war es früher ein prachtvolles Haus gewesen, prächtiger als jedes andere, in dem sie je gewesen war. Aber es wirkte irgendwie erschöpft, im Niedergang, wie ein Mensch, der sich um nichts mehr gekümmert und nur noch auf eine Gelegenheit wartete, sich zu verabschieden. Es sieht aus, wie ich mich fühle, dachte Sabine.“ (S. 52 / 53) Nicht nur das Anwesen, die ganze Familie scheint dem Verfall geweiht zu sein.

„Die Frauen von Kilcarrion“ ist eine Neuübersetzung von Jojo Moyes Debütroman, eine Geschichte über Mütter und Töchter, über anscheinend unerfüllbare Erwartungen und die Sehnsucht nach Akzeptanz und Anerkennung.

Kate hatte genau wie ihre Mutter Joy das Gefühl, es ihren Eltern nie rechtmachen zu können. Sie hat sich nie für Pferde interessiert und ist schon mit 18 ungewollt und unverheiratet Mutter geworden. Inzwischen ist sie Mitte 30 und hat gerade wieder einmal einen Mann verlassen, der nächste steht schon in den Startlöchern. Ihre Eltern hingegen scheinen auch nach Jahrzehnten noch eine perfekte, liebevolle Beziehung zu führen. Wie machen die das nur?
Sabine fühlt sich von ihrer Mutter unverstanden und abgeschoben, aber auch in Kilcarrion unwillkommen. Ihre Großmutter kümmert sich mehr um ihr Lieblingspferd als um ihren todkranken Mann, der sein Zimmer kaum noch verlässt. Sie leitet das Anwesen mit harter Hand, ist den ganzen Tag unterwegs. Es gibt einen strengen Tagesablauf und Regeln, an die sie sich halten muss, dabei ist sie sehr frei aufgewachsen. Zum Glück nehmen die Haushälterin und deren Tochter sie unter ihre Fittiche. Erst bei ihnen lernt sie ein intaktes Familienleben kennen. „Als Einzelkind einer zeitweise alleinerziehenden Mutter war das die erste richtige Familie, die sie erlebte.“ (S. 195) Doch auch dort stimmt nicht alles …

Jojo Moyes gewährt uns einen Blick hinter die Kulissen anscheinend heiler Familien, erzählt von den Ängsten, Sehnsüchten, Albträumen und Komplexen der Menschen. Fast alle Frauen in dieser Geschichte haben ein gut gehütetes Geheimnis, ob nun bewusst oder unbewusst, das zum Zerwürfnis mit dem Rest der Familie führt. Es sind starke Frauen, die ziemlich viel aushalten können, aber eben nicht alles. Außerdem geht es darum, sich mit sich selbst und anderen zwar auseinanderzusetzen, aber nicht, sich zu messen oder zu vergleichen. Jeder ist individuell. Das Glück liegt oft so nah, man muss nur auf sein Herz hören.

Eine Geschichte über das Erwachsenwerden, Abschiede und Neuanfänge. Sehr spannend und ergreifend geschrieben.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.03.2021
Ein Traum aus Schaum (Badebuch)
Archan, Isabella

Ein Traum aus Schaum (Badebuch)


ausgezeichnet

Schaaaatz?!

Sehnt ihr Euch nach einer anstrengenden Woche oder dem Hausputz auch nach einem entspannenden Wannenbad? Ganz in Ruhe, die Umwelt wird ausgeblendet, der Schaum reicht bis zur Nasenspitze und ein leckeres Getränk steht auf dem Wannenrand bereit? Vielleicht hört Ihr dabei Eure Lieblingsmusik oder lest in Ruhe ein gutes Buch … Und dann brüllt irgendwo aus den Tiefen der Wohnung Euer Partner, weil er irgendwas sucht oder will und zerstört die Idylle?
Genau so geht es der Protagonistin aus Isabella Archans neuem Badewannenkrimi „Ein Traum aus Schaum“. Aus dem charmanten Österreicher, der ihr die Sachertorte gereicht hat, ist längst ein Couch-Erdapfel geworden, der sich von vorn bis hinten bedienen lässt und fremd geht. Kein Wunder, dass sie da auf Mordgedanken kommt … Bitterböse, stellenweise – wenn Schatzi nicht gerade nervt – auch extrem entspannend, herrlich sarkastisch und sehr lustig! Und wie immer in nur 15 min. bei einem hoffentlich entspannenden Schaumbad gelesen ;-).

Bewertung vom 28.03.2021
Bittersüße Zitronen / Capri-Krimi Bd.2 (6 Audio-CDs)
Ventura, Luca

Bittersüße Zitronen / Capri-Krimi Bd.2 (6 Audio-CDs)


sehr gut

Kein Unfall

Als Enrico Rizzi nach einem Einsatz nachts im Regen die Serpentinen von Capri nach Hause fährt, fällt ihm ein Raser mit aufgeblendeten Scheinwerfern auf. Er hat ein ungutes Gefühl und folgt ihm, doch er kommt zu spät. In einer besonders steilen Kurve hat die Ape die Leitplanke durchbrochen und ist in eine Schlucht gestürzt. Obwohl Rizzi sofort hinunterklettert, kann er Elisa Constantini nicht aus dem brennenden Fahrzeug retten. Ihre letzten Worte sind „kein Unfall“, aber niemand glaubt ihm. Fast im Alleingang nimmt er die Ermittlungen auf, was seiner Kollegin Antonia Cirillo sauer aufstößt. Im Umfeld der Toten stoßen sie auf alte Rechtsstreite und langewährende Familienfehden, konkurrierende Unternehmen und junge Crowdfarming-Projekte, Probleme mit Saisonarbeitern und Fremdenhass. Zudem hatte die Tote angeblich vor, ihr Leben grundlegend zu verändern …

„Bittersüße Zitronen“ ist der zweite Teil der Capri-Krimi-Reihe von Luca Ventura und lebt natürlich auch vom italienischen Flair (auch wenn es diesmal fast die ganze Zeit regnet), der Insel und dem Privatleben der Ermittler. Es ist zwar interessant, deren Entwicklung über die verschiedenen Teile einer Reihe zu verfolgen, aber diesmal hat sich die Handlung für mich dadurch leider etwas gezogen.

Cirillo und Rizzi sind sich uneinige über die Tatverdächtigen und Motive, arbeiten nicht wirklich zusammen, sondern ziehen jeder ihr eigenes Ding durch.
Rizzi kennt die Bewohner und ihre Eigenheiten von klein auf und sieht sich dadurch im Vorteil, ist manchmal aber auch genau deswegen betriebsblind. Außerdem ist er ein Familienmensch und muss seinen Vater immer öfter auf den Feldern helfen. Zum Glück gibt es nicht viele Mordfälle auf Capri und ihm bleibt genügend Zeit dafür. Aber ob er die angebotene Weiterbildung inkl. Beförderung annehmen kann, weiß er noch nicht.
Cirillo wurde degradiert und auf die Insel strafversetzt, außerdem lebt ihr Sohn bei seinem Vater in Schweden. Ich hatte gehofft, diesmal endlich die Gründe dafür zu erfahren, aber leider wurde das wieder nicht aufgelöst. Sie hadert mit der Situation im Allgemeinen und dem Fall im Besonderen. Es kommt mehrfach zu internem Gerangel zwischen ihr und Rizzi, sie fühlt sich (zu recht) nicht ernst genommen und ausgeschlossen.

Der Fall dreht sich auch um den berühmten Limoncello, seine Geschichte und Herstellung und macht trotz kleiner Längen Appetit auf Capri und weitere unterhaltsame Fälle. Johannes Klaußners Stimme passt für mich perfekt zu dieser Reihe, ich höre ihm gern zu und träume mich nach Italien.