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Benutzername: 
Igelmanu
Wohnort: 
Mülheim

Bewertungen

Insgesamt 997 Bewertungen
Bewertung vom 08.04.2018
Am Abgrund lässt man gern den Vortritt / Kommissar Jennerwein ermittelt Bd.10
Maurer, Jörg

Am Abgrund lässt man gern den Vortritt / Kommissar Jennerwein ermittelt Bd.10


sehr gut

»Ich flehe Sie an, Kommissar, tun Sie das nicht«, rief Ursel. »Wenn Sie offiziell ermitteln, dann liefern Sie Ignaz dem sicheren Tod aus.«

Ursel Grasegger, Bestattungsunternehmerin a.D., ist verzweifelt. Ihr Mann Ignaz wurde entführt und sie erhielt eine sehr eindeutige Drohung, ja nicht die Polizei einzuschalten. Da trifft es sich gut, dass Kommissar Hubertus Jennerwein eigentlich eine berufliche Auszeit nimmt, sich offiziell in Schweden erholt und daher inoffiziell und heimlich ermitteln kann. Obwohl ihm das Bauchschmerzen bereitet, denn die missliche Lage der Graseggers hängt damit zusammen, dass bei ihnen in Sachen Legalität nicht so wirklich alles in Ordnung ist…

Der 10. Fall für Jennerwein – und ich habe noch nie zuvor einen gelesen! Entsprechend neugierig ging ich an dieses Buch heran und wurde nicht enttäuscht. Die Reihe scheint eine ganz eigene Atmosphäre zu haben, gleichzeitig unterhaltsam und durchaus anspruchsvoll zu sein.

Die regionalen Besonderheiten kamen sehr gut raus, zum Beispiel bei den wirklich tollen Landschaftsbeschreibungen oder einer „typisch bayerischen“ Stammtischrunde. Der Stil sagte mir ebenfalls sehr zu, das Buch las sich leicht und erfreute mich immer wieder mit witziger Wortwahl und interessanten Einfällen.

Der Krimi war, wie gesagt, durchaus anspruchsvoll, einfach weil so viel passierte. Neben der Entführung von Ignaz gibt es weitere Verbrechen im beschaulichen Kurort. Da wird eine Leiche gefunden, in einem Krankenhaus scheint es verdächtige Todesfälle zu geben, ein Hehler ist aktiv und dann mischt auch noch die Mafia mit. Da fragt man sich natürlich beim Lesen, wie und ob diese Vorgänge zusammengehören. Ständige Wechsel zwischen den parallel verlaufenden Handlungen fordern Konzentration, zusätzlich kommt es immer mal wieder zu Abschweifungen, die ich aber recht amüsant fand.

Trotz bayerischer Gemütlichkeit und viel Witz gibt es auch Spannung und Blut. Letzteres nicht in Mengen, die einen Thrillerleser beeindrucken könnten, aber „cosy“ ist das auch nicht.

Charaktere gibt’s ebenfalls einige interessante, allerdings fehlten mir da als Neueinsteigerin im 10. Band Informationen, um die Personen mit ihren Besonderheiten richtig zu erfassen. Die Graseggers müssen auch bereits in früheren Bänden auftauchen, darauf wäre ich jetzt schon neugierig.

Was die reine Handlung angeht, hatte ich trotz fehlender Vorkenntnisse aber keine Verständnisprobleme. Und da mir dieser Fall wirklich gut gefallen hat, werde ich mir die Reihe jetzt mal von vorne an vornehmen.

Fazit: Toller Alpenkrimi, unterhaltsam und spannend. Ich bin gespannt auf die weiteren Bände der Reihe!

»Ursel, ich sagte es vorhin schon: … Wir brauchen Verstärkung. … Haben Sie jemanden, der vertrauenswürdig ist und der schnell herkommen kann? Und den ich nicht gleich verhaften müsste?«

Bewertung vom 30.03.2018
Beijing Baby
Häring, Volker

Beijing Baby


sehr gut

»Die Tote hatte also Freunde in der Partei? … Freunde, die ein Interesse an der Aufklärung haben. Oder darauf achten, dass gewisse Details nicht bekannt werden?«

Inspektor Wang ist nicht gerade begeistert, dass ihm eine junge, ganz neu in Peking eingetroffene Kommissarin zur Seite gestellt wird. Der altgediente Inspektor ist sehr traditionsbewusst und kennt vor Ort alles und jeden. Die Aufklärung des aktuellen Falls wäre bestimmt kein Problem für ihn, die gewollte Mitarbeit von Xiang Xia muss also einen Grund haben.

Auch Xiang Xia hatte sich ihren ersten Arbeitstag in Peking anders vorgestellt. »Die Partei zählt auf Sie!«, hat man ihr mitgeteilt. Was das aber zu bedeuten hat, ist ihr nicht ganz klar. Und nun steht sie vor der Leiche einer jungen, bildhübschen Schauspielstudentin im Innenhof des Pekinger Theaterinstituts, neben sich einen griesgrämigen Dinosaurier, der offenbar gewillt ist, es ihr so schwer wie möglich zu machen und für den Computer und Smartphone immer noch Fremdworte sind.

Dieses Buch hat mich wirklich begeistert! Ich habe beim Lesen so viel über China erfahren, über das Leben der Menschen, die stetigen Konflikte zwischen Tradition und Moderne. Die beiden Ermittler verkörpern zwei Extreme, die täglich versuchen müssen, miteinander klar zu kommen. Das ist sehr reizvoll und die Fremdartigkeit – auch des modernen Chinas – ungemein reizvoll. Zusätzliche Brisanz bringen die politischen Aspekte, denn offenbar hatte die Ermordete Beziehungen in entsprechende Kreise. Da fragt man sich beim Lesen, ob eine Aufklärung des Falls überhaupt möglich sein wird.

Ein weiteres Thema ist das Miteinander von Chinesen und dort lebenden Ausländern, insbesondere verfolgt man hier das Schicksal des deutschen Studenten Phillip. Wie man sich vorstellen kann, ist das Verhältnis nicht immer konfliktfrei und von gegenseitigen Vorurteilen geprägt.

Der Stil ist sehr lebendig, das Buch liest sich leicht und man bleibt gerne dran. Immer wieder konnte ich auch herzhaft lachen, aufgrund witziger Szenen oder amüsanter Wortwahl. Auch die diversen Exkurse in die offenbar vorhandene chinesische Kunst zu schimpfen, die mit einer enormen Kreativität in Sachen Neuschöpfung von Schimpfwörtern einhergeht, fand ich sehr unterhaltsam!

Der Krimi allerdings kommt ein bisschen kurz. Sicher wird ermittelt, aber im Fokus stehen die anderen Aspekte, eine kleine Liebesgeschichte kommt auch noch dazu. Ich finde das Buch wirklich klasse, man muss sich nur darauf einstellen, keinen puren Krimi vor sich zu haben.

Fazit: Faszination China mit etwas Krimi. Habe ich sehr gerne gelesen!

»Ehrlich gesagt möchte ich Sie nur warnen … China ist für einen Ausländer manchmal relativ kompliziert. Es gibt Sachen, die sehr speziell sind.«

Bewertung vom 25.03.2018
Gesundheit und Entspannung in der Sauna
Pieper, Rolf-Andreas

Gesundheit und Entspannung in der Sauna


sehr gut

»In Finnland sagt man: Wenn Schnaps, Teer oder Sauna nicht helfen, ist die Krankheit tödlich.«

Ich habe offen gestanden keine Ahnung, was der Teer in dieser Aussage bedeuten soll, aber von der gesundheitsfördernden Wirkung der Sauna bin ich absolut überzeugt.
Diesen wirklich nicht mehr taufrischen Ratgeber entdeckte ich kürzlich in einem Nachlass. Da ich langjährige und überzeugte Saunagängerin bin, war ich neugierig, ob das Buch auch heute noch Aussagekraft hat. Um gleich zur Auflösung zu kommen: Ja, hat es. Wer es noch irgendwo im Regal stehen hat oder auf einem Bücherflohmarkt entdeckt, kann es ruhig nutzen, um grundsätzliche Infos über das Saunabaden zu erhalten.

Zu Beginn gibt es Infos über die Geschichte des Saunabades. Sehr interessant, wie lange diese zurückreicht! Die Anfänge beruhten auf rein hygienischen Gründen, später kamen Aspekte des gesellschaftlichen Lebens dazu, wie bei den Thermenanlagen der alten Römer. Über die wird genauso berichtet wie über mittelalterliche Badestuben. Vom Niedergang des öffentlichen Badewesens blieben schließlich nur die russische Banja und die finnische Sauna verschont.
In Deutschland wurden die ersten Saunas der Neuzeit in den 1930er Jahren eingerichtet. 1936 wurde auf Wunsch der finnischen Sportler im Olympischen Dorf in Berlin ein Saunahaus errichtet. Und erstmalig – wegen der Verbindung zum Sport – befassten sich Ärzte mit dem Saunabaden.

Heute weiß man genau um die vielfältigen positiven Einflüsse auf die Gesundheit. Stärkung der Abwehrkräfte, Herz-Kreislauftraining, Linderung von Verspannungen und wirklich vieles mehr. Daneben natürlich Entspannung, Regeneration und allgemein Wohlbefinden, was man heute so schön als Wellness bezeichnet. All diese gesundheitlichen Aspekte werden ausführlich behandelt.

Wie wirkt aber nun die Sauna eigentlich? Viele Menschen besetzen Schwitzen negativ und können sich nicht vorstellen, wie es a) gesund und b) angenehm sein kann. Nun, das Schwitzen in der Sauna ist überhaupt nicht zu vergleichen mit dem in der Sommerhitze. Das wird hier erklärt. Und übrigens: Regelmäßige Saunagänger kommen viel besser mit der Sommerhitze oder der Anpassung an tropisches Klima klar, das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.

Nach all der Theorie geht’s im Buch weiter zur Praxis. Wie konkret führt man ein Saunabad durch? Der Ablauf wird gut beschrieben und Saunaneulinge können sich daran orientieren. Es ist schon wichtig, nicht einfach „draufloszuschwitzen“, sondern sich an gewisse Regeln zu halten, damit der gesundheitliche Nutzen erreicht und das Ganze auch gut vertragen wird.

Ist Sauna für jeden geeignet? Tatsächlich gibt es nur wenige Menschen, die darauf verzichten sollten. Auch dazu gibt es Infos, wie auch zu speziellen Themen wie „Sauna mit Kindern“ oder „Sauna während der Schwangerschaft“.

Was in diesem Ratgeber fehlt (aufgrund seines Alters) sind Hinweise zu den heutigen Saunalandschaften, bei denen ein Besucher häufig zwischen verschiedenen Saunen wählen kann. Erklärungen zu Dingen wie Biosauna, Valobad oder Eventaufgüssen sucht man daher vergeblich. Aber für die Grundlagenvermittlung ist das Buch völlig ausreichend.

Fazit: Alt, aber nicht veraltet. Steht alles drin, was ein Saunaanfänger wissen sollte.

Bewertung vom 18.03.2018
Mein Schmetterlingsjahr
Henning, Peter

Mein Schmetterlingsjahr


sehr gut

»Nun genießt das Exemplar ruhig den Nektar, ohne sich an meiner aufdringlichen Anwesenheit zu stören, denn ich wage mich mit meiner Handykamera bis auf wenige Zentimeter heran. Eifrig weidet der Falter die gelben und rosafarbenen Blüten ab – ein Wesen ganz in seinem Element und ich sein staunender Zuschauer!«

Schmetterlinge – wer mag sie nicht? Diese schillernden, anmutigen Geschöpfe, diese Symbole für Leichtigkeit und Lebensfreude!
Peter Henning liebt die „Schuppenflügler“ seit früher Kindheit, und ebenso lange beschäftigt er sich schon intensiv mit ihnen. In diesem Buch erzählt er von seinem Schmetterlingsjahr, einer Auszeit, die er sich gönnte und die ihn kreuz und quer durch Europa führte, hin zu den Flugorten jener Falter, die er immer schon mal in ihrer natürlichen Umgebung beobachten wollte.

Zunächst erfährt der Leser, wie Henning die geflügelten Wesen für sich entdeckte. Vor meinem geistigen Auge stand deutlich das Bild eines kleinen Jungen, der ständig mit einem Bestimmungsbuch durch die Gegend läuft. Jahrzehnte später wird er in der Lage sein, einen Falter nur allein an der Art, wie er fliegt, zu erkennen.
Und natürlich erfährt man auch viel über die Tiere selbst, ich habe manches Mal gestaunt. Im Grunde wissen wir über Schmetterlinge so wenig, das wird ganz deutlich.
So lese ich über Falter, die Tausende von Kilometern reisen – solche Leistungen traut man den fragil wirkenden Geschöpfen gar nicht zu. Ebenso wenig, dass es eine Art gibt, die die Interaktion mit Menschen mag. Andere sind Meister der Tarnung oder greifen zur Verteidigung aggressiv an.

Der Autor schreibt, dass er mit diesem Buch seinen Lesern eine fremde Welt näherbringen will, dass er ihnen einige der Geheimnisse offenbaren will, die die faszinierenden Tiere umgeben. Das ist ihm wirklich gelungen! Ausgesprochen kurzweilig und persönlich ist sein Bericht, wunderschöne Illustrationen ziehen sich durch das ganze Buch, die Schmetterlinge scheinen förmlich durch die Seiten zu flattern. All das macht das Buch zu einem wirklichen Lesegenuss. Eine übersichtliche Karte im Buch zeigt zudem die Stationen und Routen seiner Reise an, so etwas mag ich sehr.

Was mir persönlich aber sehr fehlte, waren Fotos der Falter oder wenigstens passende Abbildungen bei den Texten. Henning schreibt ausführlich über Formen und Farben, findet wirklich treffende Worte – aber trotzdem möchte ich die Tiere auch sehen! Er hat doch so viele Handyfotos gemacht, warum lässt er den Leser nicht daran teilhaben? Sicher, er wollte ein „anderes“ Schmetterlingsbuch schreiben und das ist ihm auch gelungen, denn es wirkt lebendig und persönlich, ist zwar informativ, von den lateinischen Namen der Tiere abgesehen aber nicht zu sachbuchartig. Die hochwertige Aufmachung und die Illustrationen machen schon fast einen künstlerischen Eindruck, das Buch eignet sich sicher wunderbar als Geschenk für Naturfreunde. Mir fehlten zum perfekten Genuss allerdings die Fotos.

Fazit: Ein wunderschönes Buch über faszinierende Geschöpfe. Nur leider ohne Fotos.

»Mein Reisebericht ist eine unverhohlene Liebeserklärung an all die Schmetterlinge, denen ich je begegnet bin.«

Bewertung vom 18.03.2018
Der Wächter des Matterhorns
Lauber, Kurt

Der Wächter des Matterhorns


ausgezeichnet

»Während der letzten fünfundzwanzig Jahre habe ich an über 1000 Rettungseinsätzen in den Bergen teilgenommen. Ich habe viele negative Erlebnisse mit tragischem Ausgang gesehen. Durch Selbstverschulden – oder weil es das Schicksal so wollte.«

Kurt Lauber lebt und arbeitet dort, wo andere Urlaub machen. Er ist Skilehrer, Bergführer und Bergretter und leitet seit 1995 die Hörnlihütte am Matterhorn. Mit diesem Buch kann man ihn eine Saison lang begleiten, sowohl seine tägliche Arbeit als auch spektakuläre Rettungseinsätze verfolgen.

Die Saison dauert nur etwa drei Monate, von ca. Ende Juni bis September. Aber diese Zeit ist unglaublich intensiv, bedingt eine straffe Organisation und ganz viel persönlichen Einsatz. Wer realisiert schon, dass Wasserknappheit dort oben ein ganz großes Problem ist? Wie sorgfältig geplant werden muss, wenn für jegliche Transporte ein Hubschrauber nötig ist?
So erzählt Kurt Lauber von langen und anstrengenden Arbeitstagen, die durch eine ständige Rufbereitschaft noch verschärft werden.
»In einem durchschnittlichen Sommer ereignen sich alleine am Matterhorn an die vierzig Rettungseinsätze, etwa ein Drittel davon mit tödlichem Ausgang.«
Bei den Rettungseinsätzen merkt man deutlich, wie groß Laubers Routine und Erfahrung sind. Nicht wenige dieser Einsätze wären allerdings nicht nötig, würden sich viele Bergsteiger vernünftiger verhalten. Alleine mit Geschichten leichtsinniger Kletterer könnte der Autor scheinbar Bücher füllen. Kein Wunder, dass man ihm immer wieder den Ärger darüber anmerkt. Und natürlich muss er auch außerhalb der Hüttensaison Leben retten und in entsprechender Bereitschaft sein, ein Einsatz, der mit einem erheblichen Verlust an Freizeit und Privatleben einhergeht.

Mich hat sehr beeindruckt, was er alles zu berichten hat. Natürlich gibt es nicht nur Negatives. Lauber schildert auch Anekdoten und teilt schöne Erinnerungen, beispielsweise die ersten Touren mit seinem damals kleinen Sohn. Die große Liebe zu den Bergen, die Leidenschaft, mit der er seinen Beruf ausübt, wird dabei ganz deutlich. Ohne ginge es auch gar nicht.
Schnell geht nicht nur die Saison vorbei, schnell liest sich auch dieses Buch. Die Schilderungen sind überaus kurzweilig, die Art zu erzählen eine sehr persönliche. Wunderschöne und beeindruckende Fotos ergänzen alles perfekt.

Fazit: Ein sehr besonderes Leben hat Kurt Lauber sich ausgesucht. Ich habe sehr gerne darüber gelesen!

Bewertung vom 18.03.2018
Faszien. Kompakt-Ratgeber. Warum unser Bindegewebe so wichtig für Knie, Schultern und Rücken ist / Was Sie für Ihr Faszien-Training brauchen und wie es funktioniert
Reim, Nora;Schleip, Robert

Faszien. Kompakt-Ratgeber. Warum unser Bindegewebe so wichtig für Knie, Schultern und Rücken ist / Was Sie für Ihr Faszien-Training brauchen und wie es funktioniert


gut

Seit einiger Zeit hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass es neben Muskeln, Sehnen und Bändern noch mehr gibt, was trainiert werden sollte, nämlich die Faszien, das Bindegewebe.

Dieses Buch will bei den entsprechenden Grundlagen helfen. Es beginnt mit einleitenden Erklärungen (was ist das überhaupt?), zeigt die Bedeutung der Faszien auf, die diversen wichtigen Aufgaben, die sie im Körper haben. Wer das liest, dem wird sofort klar, dass man sich um sein Bindegewebe kümmern sollte.
Auch ich würde nach dem sehr ausführlichen Theorieteil am liebsten sofort mit der Praxis loslegen. Leider kommt dieser Praxisteil im Buch viel zu kurz, müsste aber für mein Empfinden eigentlich den Hauptteil ausmachen. Es gibt nur wenige Übungen, die meisten davon kenne und praktiziere ich bereits. Fühle mich aber trotzdem nicht als der beschriebene „Profi“. Der Schwerpunkt der gezeigten Übungen bezieht sich auf die Beine, ich habe aber noch viel mehr Körper und speziell für meine hartnäckigen Beschwerden im Nacken- und Schulterbereich finde ich gar nichts.
Stattdessen wird ständig auf Behandlungen durch Physiotherapeuten verwiesen. Wenn das so einfach wäre! Man muss schon Glück und das nötige Kleingeld haben, um diese gepriesenen Behandlungen durchführen lassen zu können. Besser, man kann sich selbst helfen. Aber in dieser Hinsicht fand ich das Buch nur wenig hilfreich.

War ich womöglich gar nicht die Zielgruppe? Eigentlich sollte das Training für jeden wichtig sein, aber die Einleitung sagt etwas anderes, spricht mich schlicht nicht an. Dort fallen Sätze wie: „Denken Sie an Ihre Zukunft“, „Bindegewebe altert mit den Jahren, verklebt und vernarbt – lassen Sie es nicht soweit kommen“ oder „Nehmen Sie ein Darlehen für die zweite Hälfte des Lebens auf“ – was mache ich aber nun, wenn ich mich schon in der zweiten Hälfte befinde? Wenn ich schon Verklebungen habe?

Positiv ist der ehrliche Hinweis, dass regelmäßiges Üben (erst) nach 6-36 Monaten Erfolge zeigen soll. Hier ist also kein kurzfristiger Erfolg zu erwarten – gut zu wissen! Eine solche Info kann gegen Frust helfen und verhindern, dass man frühzeitig aufgibt, weil man denkt, dass das Training nichts bringen würde.

Fazit: Gute Ansätze und Ideen und ein sehr ausführlicher Theorieteil, für die Praxis bin ich aber auf weitere Literatur angewiesen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.03.2018
Unbekannte Mitbewohner
Kropp, Ruthild;Heberer, Carina

Unbekannte Mitbewohner


ausgezeichnet

»Man muss keine großen Reisen unternehmen, um spektakulären Tierarten zu begegnen, denn sie sind mitten unter uns: Jeden Tag begegnen wir in unseren Wohnungen, auf Balkonen, in Gärten und Parks einer Vielzahl von höchst unterschiedlichen tierischen Zimmergenossen, Untermietern und Nachbarn.«

Die Tiere, um die es in diesem Buch geht, gehören – ob wir wollen oder nicht – zu unserem Leben dazu. Trotzdem wissen wir erstaunlich wenig über sie, wollen das oft auch gar nicht. Denn obwohl manche von ihnen faszinieren, stoßen andere ab, ekeln und stören uns. Es geht um fliegende, krabbelnde und kriechende Mitbewohner in Wohnung, Haus und Garten, um Stechmücken und Blattläuse, um Silberfischchen, Marienkäfer und Nacktschnecken.
Nicht wenige Leser werden jetzt sagen, dass Marienkäfer ja ok und nett sind. Aber der Rest? Wer will sich damit beschäftigen? Ich durfte mich zusammen mit diesem Buch mit 28 Porträts von Tieren dieser Art auseinandersetzen und habe dabei festgestellt, dass zum einen die netten Marienkäfer auch eine dunkle Seite haben (Kannibalismus) und dass die anderen es wirklich verdient haben, mehr über sie zu erfahren.

Jedes Porträt ist recht ausführlich gehalten, umfasst Abbildungen und Beschreibungen der Tiere, ihre Besonderheiten, ihre Entwicklung, Lebensweise, Ernährung und Fortpflanzung. Es wird darauf eingegangen, wie sie gewöhnlich angesehen werden und es wird beleuchtet, inwiefern dies der Wahrheit entspricht. Da zeigt so mancher vermutete Schädling plötzlich auch nützliche Seiten oder stellt sich statt gefährlich als vollkommen harmlos heraus.
Die Autorinnen sind Biologinnen und werben mit Recht um etwas mehr Verständnis und Rücksichtnahme. Niemand muss aber befürchten, dass hier jedes Tier als schutzbedürftig dargestellt wird. Kopfläuse dürfen natürlich vernichtet werden, die Gefährlichkeit der Zecke wird nicht verharmlost und es werden in solchen Fällen auch Tipps zur Bekämpfung gegeben. Ein Gärtner muss auch nicht die Blattläuse dulden, die seine Pflanzen bedrohen, aber er bekommt Ratschläge, wie er ihnen ökologisch stimmig beikommen kann.

Tatsächlich haben mich manche Porträts wirklich fasziniert und überrascht. Sicher geht es mir nicht allein so, dass ich viele Tierarten völlig unterschätzt habe. Wir haben es hier in einigen Fällen mit regelrechten Überlebenskünstlern zu tun, mit Tieren, die planvoll arbeiten, sozial sind und überhaupt erstaunliche Fähigkeiten aufweisen.
Wenn ich ehrlich bin, werde ich mich vermutlich auch weiter vor Kakerlaken ekeln. Aber wenn ich künftig einzelne Silberfischchen in meinem Bad entdecke, werde ich sie in Frieden lassen. Denn sie fressen unter anderem Schimmelpilze und Hausstaubmilben, und das ist doch ziemlich nett von ihnen, nicht wahr?

Fazit: Unsere unbekannten Mitbewohner faszinieren und überraschen – sie haben einen genaueren Blick wirklich verdient!

»Man sieht oft etwas hundert Mal, tausend Mal, ehe man es zum allerersten Mal wirklich sieht.« (Christian Morgenstern)

Bewertung vom 11.03.2018
Niceville Bd.1
Stroud, Carsten

Niceville Bd.1


ausgezeichnet

»Die Cherokees haben hier gelebt, bevor die Weißen kamen, und die sagen, dass dieser Ort verflucht ist. Sie sagen, dass dort oben irgendwas … Böses ist.«

Niceville, eine idyllische Kleinstadt im Süden der USA. Eigentlich sollte das Leben hier ein geruhsames, friedliches sein. Aber irgendetwas läuft schief in Niceville. Menschen verschwinden auf mysteriöse Weise, gleich zu Beginn der Handlung ein kleiner Junge. Die Suche nach den Vermissten treibt die Ermittler über die Grenzen ihres Verstandes hinweg.
Ein weiterer Handlungsstrang befasst sich mit zwei Verbrechern, die gerade erfolgreich einen Millionenraub durchgezogen haben und nun neben Flucht und den üblichen Aufteilungskämpfen überraschend noch andere Probleme am Hals haben.

Auch bei diesem Buch empfehle ich dringend, sich genügend Zeit freizuhalten, denn es fesselt derart, dass man es nicht aus der Hand legen mag. Die Handlung bietet einen hochinteressanten Mix aus Thriller und Mystery mit einem gelegentlichen Schuss Horror. Manchmal habe ich mich wie in einem King-Roman gefühlt.
Wie wird sich all das auflösen? Wie und wann laufen die Handlungsstränge zusammen? Es wird wirklich sehr spannend und dazu liegt über allem eine tolle Atmosphäre, die förmlich ins Buch saugt. Hochinteressante und vielschichtige Charaktere runden alles perfekt ab.

Niceville ist der Auftakt zu einer Trilogie, von der ich sicher weiß, dass ich sie in Kürze weiterlesen muss.

Fazit: Mysteriös, spannend und absolut fesselnd geschrieben.

»Was ist eigentlich los mit dieser Stadt?«
»Was immer es ist … es dauert schon sehr lange. Viel zu lange.«

Bewertung vom 11.03.2018
Todesangst
Sturm, Andreas M.

Todesangst


sehr gut

Wie ein Spürhund lief Karin einmal um den Wagen herum und blieb vor der geschlossenen Hintertür stehen. Sie bückte sich und schaute durch die Scheibe. Als ihr Hirn den Anblick verarbeitet hatte, überfiel sie nacktes Grauen. Fassungslos starrte sie auf den toten Jungen, der wie ein Stück Abfall auf dem Rücksitz lag.
»Mein Gott«, sagte sie erschüttert, »das ist ja noch ein halbes Kind. Wie alt wird der sein? Höchstens vierzehn. Der hatte doch sein ganzes Leben noch vor sich.«

Ein toter Jugendlicher ist schon der Albtraum für jeden Mordermittler. Aber wenn dann kurz danach ein weiteres junges Opfer gefunden wird, bedeutet das Ausnahmezustand für die ganze Abteilung. Karin Wolf und ihr Dresdner Team haben alle Hände voll zu tun und wissen sich unter dem Druck der Öffentlichkeit. Gibt es Zusammenhänge bei den Opfern? Sind weitere zu befürchten?
Und als wenn das noch nicht stressig genug wäre, haben Karin und ihre Partnerin Sandra noch ein besonderes Problem, denn ein leider sehr mächtiger Krimineller, dem Karin einst zusetzte, hat ein Kopfgeld auf sie ausgesetzt. Und das ruft prompt einen Killer auf den Plan…

In diesem Krimi sind Spannung und Tempo angesagt. Das Thema berührt und macht neugierig, durch verschiedene Perspektiven ist der Leser immer ganz nah an der Handlung und den Protagonisten dran. Auch die Aktivitäten des Killers werden verfolgt, der übrigens einen recht interessanten Charakter aufweist.

Zu den beiden Powerfrauen Karin und Sandra gesellt sich erneut mit Heidelinde, einer weiteren Kommissarin aus Karins Team, eine dritte starke Frau. Alle drei sind grundverschieden, aber sehr sympathisch. Und natürlich gibt’s auch noch männliche Ermittler in Dresden ;-)

Wie seine Vorgängerbände zeichnet sich auch dieser Krimi dadurch aus, dass er sehr realistisch wirkt. Zudem konnte ich lange Zeit über die Auflösung rätseln und mich über unerwartete Wendungen und Überraschungen freuen. Richtig rund wirkte auf mich das Ende, mein Gerechtigkeitsempfinden zeigte sich durchaus zufrieden.

Die Grundstimmung war eine recht ernste, was aufgrund der Thematik und vor allem der Bedrohung von Karin nachvollziehbar erscheint. Trotzdem vermisste ich ein wenig den lockeren Ton und die witzigen Wortgefechte früherer Bände. Aber vielleicht kommt das ja wieder? Ohnehin hoffe ich sehr, dass es für das Dresdner Team noch mehr Arbeit geben wird!

Das war der fünfte Fall der Reihe, für das Verständnis ist die Kenntnis der Vorgänger nicht notwendig. Wer aber gerne liest, wie sich die Protagonisten privat und in ihrem Verhältnis zueinander entwickeln, sollte vorne anfangen. Die ganze Reihe lohnt sich!

Fazit: Erneut ein spannender Fall mit viel Frauenpower. Gerne mehr davon!

Bewertung vom 11.03.2018
Deutschland in 101 Ereignissen
Imgrund, Bernd

Deutschland in 101 Ereignissen


sehr gut

»Geschichte erlesen, Geschichte erleben – auf zweimal 101 Seiten.«

Ich liebe es zu reisen. Auch innerhalb von Deutschland. Dabei stelle ich regelmäßig fest, wie viele interessante Dinge es (beinahe) vor der eigenen Haustür zu entdecken gibt. Von diesem Reiseführer versprach ich mir neue Inspirationen und wurde auch nicht enttäuscht.
Wie der Titel schon sagt, hat der Autor sich 101 Ereignisse vorgenommen, die Deutschland veränderten und ihnen die passenden Orte der Erinnerung zugeordnet. Die Art der Ereignisse ist äußerst vielfältig, sie können mal aus dem Bereich Kirche, mal aus der Politik oder Kunst kommen, sind mal kultureller und mal sportlicher Natur.

Der Aufbau ist chronologisch, beginnt im Jahre 9 n. Chr. mit der Varusschlacht und den dazu passenden Orten der Erinnerung wie zum Beispiel dem Hermannsdenkmal. Das Ende stellt das „Sommermärchen“ dar, die Fußball-WM 2006 in Deutschland. Hier gehört zu den Ereignisorten beispielsweise die Fanmeile vor dem Brandenburger Tor.
Die 2000 Jahre dazwischen werden wie gesagt sehr vielfältig gefüllt. Da gibt es „ernsthafte“ Themen, wie den Bau des Limes, den 1. Hansetag in Lübeck oder die Wannsee-Konferenz, es gibt aber auch unterhaltsame, wie zum Beispiel die 1. Klappe von Babelsberg oder die Eröffnung des ersten „Fachgeschäfts für Ehehygiene“, dem 1. Beate Uhse Shop in Flensburg.
Jedem Ereignis ist eine Doppelseite gewidmet, wobei sich auf der einen Seite Text, auf der anderen Fotos oder andere Abbildungen befinden. Bei einer Seite Text sind natürlich nur grundlegende Infos möglich, wenn ein Thema besonders interessiert, muss es anderweitig vertieft werden.
Auch die Auswahl wird vermutlich nicht jeden zufriedenstellen, denn obwohl sie umfangreich ist, kann sie natürlich nicht alle bedeutenden Ereignisse behandeln. Ich habe mich persönlich von der Themenvielfalt sehr angesprochen gefühlt.

Gut gefiel mir auch, dass es im Anhang eine Auflistung sämtlicher Adressen der genannten Museen, Denkmäler, Kirchen usw. gibt, jeweils mit Webadressen und Öffnungszeiten. Sehr schön fand ich auch die Übersichtskarte von Deutschland, auf der alle Erinnerungsorte eingetragen sind. Das ist sehr übersichtlich und hilfreich, man sieht auf einen Blick, wo sich in der Umgebung etwas von Interesse befindet. Aber leider ist in der Mitte durch die Bindung ein Streifen der Karte nicht lesbar. Sehr schade und nicht gut durchdacht!

Diese Aussage passt meiner Meinung nach auch zum Cover. Was sollen die Bierkrüge darauf? Womit soll der potentielle Leser rechnen, wenn er auf das Cover schaut? Mit 101 deutschen Volksfesten? Den schönsten Biergarten-Eröffnungen und Fassanstichen? Ein Kapitel ist dem Reinheitsgebot gewidmet, das war es dann aber auch mit dem Bier. Ich wurde beim Lesen schon angesprochen („was liest du denn da???“). Das Cover ruft einen richtig falschen Eindruck hervor und wird dem Buch nicht gerecht.

Fazit: Nicht vom Cover täuschen lassen! Dieses Buch ist sehr informativ und bietet interessante Ausflugstipps quer durch Deutschland.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.