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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 2022 Bewertungen
Bewertung vom 20.11.2022
Die dunklen Sommer
Beverly-Whittemore, Miranda

Die dunklen Sommer


gut

Buch der Geheimnisse

Miranda Beverly Whittemore ist die Spezialistin für atmosphärische Romane mit Überbetonung des Geheimnisvollen. Der deutsch Titel Die dunklen Sommer ist gut gewählt, da ihr Buch eine leicht düstere, untergründige Spannung hat und die Erzählerin Saskia sich in einem Zustand der Trauer befindet. Jung hat sie viel verloren, z.B. den tödlich verunglückten jüngeren Bruder. Das führte zur Trennung der Familie, der Vater kommt sogar ins Gefängnis und Saskia landet schließlich in einer Art Sekte. Dort erlebt sie tiefe Freundschaft, dann dann passiert etwas.
Die Kapitel wechseln wechseln zwischen Vergangenheit und Gegenwart.
Die Autorin hat einen guten Stil, der manchmal auch etwas mühsam sein kann. Das wird durch kurze, präzise ausformulierte Kapitel abgemildert.
Streckenweise hatte ich meine Probleme mit dem Buch, insbesondere mit der leicht nervigen Protagonistin, aber im Prinzip ist das Buch auf dem Niveau wie Bittersweet und ich gebe 3,5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 18.11.2022
Antillengeschichten
Domin, Hilde;Schwarzkopf, Margarete von

Antillengeschichten


ausgezeichnet

Karibische Geschichten

Das Buch Antillengeschichten enthält 8 Erzählungen der Dichterin Hilde Domin, die auch Prosa geschrieben hat.
Die Erzählungen sind mehr oder weniger zusammenhängend und berichten von Hilde Domins Exilerfahrungen in der Dominikanischen Republik. Das dieses Exil natürlich nicht freiwillig war, liest man im Hintergrund mit. Doch auf der Oberfläche sind die Geschichten sehr amüsant und unbedingt lesenswert. Da ist z.B. die bauernschlaue Köchin Vitalia dabei.
Sie dominiert die ersten beiden Geschichten und ist auch später gelegentlich weiterhin dabei.
Großartig die Geschichte über den einohrigen Kater Gogh. Bewegend das Ende der letzten Geschichte.

Hilde Domin war eine große Dichterin und ein großartige Person, die in Heidelberg sehr beliebt war. Auch ich habe sie da mehrfach gesehen.
Dieses Buch ist gewissermaßen ein Schatz, denn das mir noch unbekannte Prosa von ihr auftauchen würde, damit habe ich nicht gerechnet.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.11.2022
Das Wenige und das Wesentliche
Düffel, John

Das Wenige und das Wesentliche


sehr gut

Der Asket der Zukunft

Ein Stundenbuch, sehr reflektierend. Es erzeugt mehr Fragen als Antworten.
John von Düffel spricht zunächst viel von moderner Askese und auch vom Asket der Zukunft.
De Schauplatz in Ligurien ist nicht unwichtig. Es wird sogar griechische Mythologie in den Betrachtungen einbezogen.
Der Autor durchdenkt einige Aspekte des Lebens, und das ganz ohne Esoterik.
Das ist schon gut gemacht.

0 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.11.2022
This (Last) Christmas (eBook, ePUB)
Pelzer, Julia

This (Last) Christmas (eBook, ePUB)


gut

I gave you my heart, but the very next day, you gave it away oder Der Weihnachtswettbewerb

This (last) Christmas erzählt von Finn und Romy und ihrer First Love in einer typisch amerikanischen Kleinstadt.
Romy ist begeisterte Musikerin, träumt von Nashville und Juilliard.
Doch dann kommt es zur Trennung. Finn verlässt die Stadt zum Studieren. Romy kann nicht verstehen, warum er sie so plötzlich verlassen hat und gemeinsame Pläne unerfüllt blieben.
Erst 3 Jahre später sehen sie sich wieder.
Aus Romys Träumen ist nichts geworden. Sie hat eine Wut auf Finn, aber ihre Gefühle sind lebendig geworden. Bei einem Weihnachtswettbewerb arbeiten sie zusammen und merken, dass sie sich nicht gleichgültig sind. Doch noch steht die Frage, warum ist Finn damals gegangen?

Die Motive Gitarren, Countrymusik und Kleinstadtleben verleihen dem Roman seinen Charakter.
Es gibt sogar eine Gilmore Girls-Anspielung.
Dazu kommen die weihnachtlichen Zutaten inklusive des berühmten Songs, der dem Buch den Titel gab. Obwohl die Autorin aus Hannover kommt, schafft sie damit ein amerikanisches Ambiente.
Mein Kritikpunkt am Buch wäre, dass die ganze Trennungsgeschichte doch etwas konstruiert wirkte.

Bewertung vom 03.11.2022
Elizabeth Finch
Barnes, Julian

Elizabeth Finch


ausgezeichnet

eine romantische Stoikerin

Ein neuer Roman von Julian Barnes ist schon etwas besonderes. Er ist einer der wichtigsten englischen Schriftsteller neben Ian McEwan.

Das Buch wird von seiner Erzählart geprägt. Der Erzähler Neil berichtet in bewundernder Art von seiner Dozentin Elizabeth Finch, mit der er sich viele Jahre lang trifft.
Elizabeth Finch, auch nur EF genannt, gibt geschichtliche Vorlesungen für einen Erwachsenen-Fortbildungskurs. Sie ist unkonventionell, originell und bewahrt immer Haltung.

Neil ist eine leicht gescheiterte Existenz. Er war früher Schauspieler, bis er kein Engagement mehr bekommen hatte.
Er sonnt sich ein wenig in Elizabeth Anwesenheit.
Anfangs war ich sehr begeistert, doch mich störte dann, dass man an EF als Leser einfach nicht herankommt. Sie bleibt stets beherrscht und distanziert.
Doch dann gibt es einen Bruch in der Geschichte. EF stirbt und erst durch ihren Nachlaß an Notizbüchern kommt man ihr etwas näher.

Der Mittelteil besteht dann aus einem langen Essay, ausgehend von dem römischen Kaiser Julian und den Äußerungen von Milton, Voltaire und Ibsen.

Im dritten Teil des Buches ist Neil wieder auf den Spuren Elizabeth und versucht ihre Biografie zu rekonstruieren. Aber sie bleibt ein Rätsel.
Man merkt schließlich, dass es in dem Buch auch viel um Neil geht, seine Hoffnungen, Sehnsüchte und Enttäuschungen.

Elizabeth Finch ist ein geschickt gemachter Roman, wie man es von Julian Barnes gewohnt ist.

Bewertung vom 02.11.2022
Die Bücher, der Junge und die Nacht (eBook, ePUB)
Meyer, Kai

Die Bücher, der Junge und die Nacht (eBook, ePUB)


sehr gut

Souverän geschrieben

Kai Meyer setzt auf eine bewährte Erzählmethode mit mehreren, zeitlich versetzten Handlungsebenen. Da gibt es Handlungsstränge in der Vergangenheit und einen in der Gegenwart, die hier allerdings ab 1971 beginnt.
Protagonist ist Robert, der als Kind seine ersten zehn Jahre isoliert verbrachte. Erst 1943 wurde er befreit.
Auch später weiß er nicht alle Hintergründe. Dieses Rätsel bestimmt den Roman.
Robert, der Bücherexperte ist, arbeitet zusammen mit Marie. Deren streitlustige Dialoge sind amüsant.
Der Handlungspart mit Jakob, Juli und Gregorio ab 1933 übernimmt dann einen Großteil des Plots.

Erzählt wird eigentlich ziemlich locker und Kai Meyers Schreibe gefällt mir gut, aber an und zu wird es sprachlich verkrampft.
Beispiel der erste Satz von Kapitel 19:
Leipzigs Gassen und Boulevards zerflossen an diesem Abend zu einem Aquarell, dessen Farben mit schwarzer Tinte vermischt worden waren.
Die Lichtkugeln der Straßenlaternen lagen darauf wie verstreute Münzen.“
Das wirkt auf mich stilistisch übermotiviert und die Absicht eine besondere Leipziger Atmosphäre zu schaffen, verfängt nicht unbedingt.
Durch Fakten über Leipzig, die Meyer später liefert, wird das eher erfolgen.
Meyers Schreibstil ist ansonsten routiniert und sorgfältig.
Und was ihm wirklich gelingt, ist die Stimmungen der jeweiligen Zeiten einzufangen.
Der Roman nimmt den Leser im Verlaufe des Buches immer mehr gefangen.
Die Bücher, der Junge und die Nacht ist guter Roman, der den direkten Vergleich mit den großen Romanen des Genres aushält.

Bewertung vom 31.10.2022
Der Fußgänger
Boning, Wigald

Der Fußgänger


sehr gut

Der Philosoph zu Fuß

Wigald Boning holt in seiner philosophischen Abhandlung weit aus, sogar bis in die Kindheit und Jugend.
Bonings Liebe und Plädoyer für das Wandern ist überwiegend amüsant.
Schon als Jugendlicher begeistert er sich für das Bergwandern. Als Belohnung kann es dann auch mal eine Stadtwanderung geben.
Im Verlaufe des Buches kommt Wigald Boning weit voran.

Wigald Boning geht zum Teil sehr ins Detail. Manche Aspekte der Wanderausrüstung haben dann so sehr doch nicht interessiert. Das gilt insbesondere auch für Blasen am Fuß und Hornhaut.
Die besten Momente hat das Buch, wenn seine Gefühlswelt thematisiert wird und er einige Anekdoten über Erlebnisse aus seiner Vergangenheit zum Besten gibt.
Es gibt so einige Episoden, die er mit seiner unvergleichlichen Art schildert.
Er kann komisch sein, ohne groß zu übertreiben, wie es viele der momentan angesagten Kabarettisten und Comedians zu oft tun.

Der Fußgänger schafft beeindruckend viele Kilometer und er ist viele Stunden unterwegs.

Bewertung vom 30.10.2022
Die Schatten von Paris / Ein Fall für Jacques Ricou Bd.7
Wickert, Ulrich

Die Schatten von Paris / Ein Fall für Jacques Ricou Bd.7


gut

Der Untersuchungsrichter

Die Schatten von Paris ist der siebte Teil um den Richter von Paris, Jacques Ricou, doch für mich ist es der Einstieg in die Reihe.

Es beginnt etwas hektisch, doch mit dem ersten Auftreten des Richters beim gelassen Frühstück in einem Pariser Bistro fühlt man sich schon fast angekommen.
Mich interessiert die Figur des Untersuchungsrichter. Diese Position gibt es bei uns nicht, in Frankreich hat er Bedeutung.

Manchmal muss man sich über Ricou aber auch wundern. Da ist seine Beziehung zu seiner Freundin, der Journalistin Margaux, fast schon putzig.
Beim Tod seines langjährigen Freundes Michel Delabrue bleibt er aber seltsam unberührt. Da hätte Wickert ruhig ein paar Emotionen mehr zugestehen dürfen.

Überwiegend ist der Roman gefällig zu lesen.
Ulrich Wickert ist frankophil, jahrelang hat er in Paris gelebt und gearbeitet. Er schwelgt in entsprechenden Zutaten und da macht man als Leser gerne mit.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.10.2022
Innigst/ Dearly (eBook, ePUB)
Atwood, Margaret

Innigst/ Dearly (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ein neues Gedichtband der großen Kanadischen Autorin.
Übersetzt wurde es von Büchner-Preisträger Jan Wagner, der mir zuletzt mehrfach als mutiger Übersetzer aufgefallen ist.
Es ist sehr zu loben, dass es sich um eine zweisprachige Ausgabe handelt.
Manche Gedichte habe ich im Original gelesen, andere auf Deutsch und manchmal beide Versionen.

Nicht unwichtig auch der Untertitel Gedichte eines Lebens / Poems of a Lifetime.
Das Buch besteht aus 5 Abschnitten.
Es beginnt mit „Late Poems“, es folgt Ghost Cat Für mich ist der erste Teil ein starker Beginn des Buches, da man in den gewählten Motiven viel privates spürt.

Ein Liederzyklus, fällt auf: Lieder für ermordete Schwestern.
Es gibt mehrfach feministische Einschläge, z.B. in Werwölfe, letzter Stand, in dem man nicht mehr nur männlichen Werwölfen begegnet.

Dann auch das neunteilige Die Außerirdischen landen - neun Spätfilme.

Erst das vorletzte Gedicht im Band ist das Titelgedicht, dass alten Wörtern, wie innigst, nachspürt. Sie werden nicht mehr so häufig verwendet, haben aber noch Bedeutung.
So viele Gedichte müsste man noch erwähnen.
Sehr oft geht es um Sprache, oft auch um Körperlichkeit. Nicht selten gibt es Anspielungen auf mythisches, das macht das Buch interessant.

Ich mag an Atwoods Gedichten, das sie zwar manchmal rätselhaft sein können, aber nicht unzugänglich. Dieses Buch wird mich noch lange begleiten.

Bewertung vom 29.10.2022
Die Mauersegler
Aramburu, Fernando

Die Mauersegler


ausgezeichnet

Roman in Überlänge

Die Mauersegler umfasst 832 Seiten. Es ist im Prinzip ein langer Bericht des Protagonisten Toni, der beschlossen hat, sich innerhalb einen Jahres das Leben zu nehmen.
In seinem Bericht gehen die Erinnerungen zurück in die Kindheit und in seine gescheitere Ehe mit Amalia, von der er jetzt geschieden ist und einer nicht sehr engen Beziehung zum jugendliche Sohn Nikita. Dann gibt es noch seinen guten Freund, den er innerlich immer Humpel nennt und der sein einziger Vertrauter ist.

Toni ist Lehrer, aber auch darin findet er keine Freude.
Obwohl der 55 Jahre alte Erzähler ein frustrierter Mann ist, gibt es teilweise auch komische Stellen im Buch.

Im Hintergrund tönt außerdem durch Tonis Kommentare das Leben in Spanien mit den gesellschaftlichen und politischen Problemen mit.

Mit der Hauptfigur kann man seine Probleme haben, dann verstehe ich ihn teilweise auch wieder.

Durch die Form des Romans kommt man beim Lesen nicht wirklich schnell voran und ich benötigte auch mehrere Ansätze. Doch man spürt die Relevanz des Textes und Fernando Aramburu designed sein Buch geschickt.
Schließlich war ich ganz drin im Buch und habe das Lesen genossen.