Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Wedma

Bewertungen

Insgesamt 549 Bewertungen
Bewertung vom 14.03.2016
Eigentlich ist mein Leben gar nicht so übel
Nolde, Chris

Eigentlich ist mein Leben gar nicht so übel


ausgezeichnet

Es ist ein gekonnt geschriebener Roman über einen jungen Mann, der unbedingt seinen Weg gehen will, egal, wie steinig er momentan erscheint. Max ist bemerkenswert unerschütterlich in seinem Wunsch, nichts anderes als ein Schriftsteller zu sein.

Die Erzählerstimme ist schön humorig, gar stellenweise spöttisch. Einige Szenen sind manchmal überdeutlich gezeichnet. Manchmal kommt einem vor, dass Max über die aktuellen Entwicklungen seines neuen Romans eher traurig ist und sich im Zweckoptimismus übt. Auch seine Marotten kommen ans Licht. Aber das alles macht ihn lediglich sympathisch.

Max ist 27, ein netter Typ, der in das „normale“ Leben nicht zu passen scheint: Er will sich selbst treu bleiben. Seine Schriftstellerei begreift er als Berufung. Trotz dem, dass er nur Hohn und Spott für sein erstes Buch erntet, und trotz der Tatsache, dass das zweite Buch nicht so leicht von der Hand geht. Trotz der hartnäckigen Versuche seiner Mutter, ihn in einen Brotjob zu stecken. Max ist jemand, dem sein Weg wichtiger ist, als Meinungen anderer Leute. Er wohnt in einer kleinen Wohnung in Berlin, hat kein Geld, die Miete zu bezahlen, da er sich in seinem alten Job im Antiquariat nicht beugen und das Frettchen am Rad keineswegs spielen wollte. Und trotzdem bleibt er gelassen und bastelt weiter am zweiten Roman. Seiner angepassten Freundin Nele war es zu viel und sie hat ihn verlassen. Als Max Emma trifft, ist ihm klar, dass er eine verwandte Seele gefunden hat. Da muss er aber ganz tapfer sein, denn sie verlangt, dass er seinen sichersten Schild ablegt.

Es gibt jede Menge Tiefsinn, meist in Max‘ Beobachtungen, der einen zum Nachdenken verleitet, u.a. über den eigenen Platz im Leben, über die eigene Identität und inwiefern sie täglich gelebt wird.

Einige Zitate:
„Wir leben in beschissenen Zeiten, hast du es noch nicht gemerkt, Emma? Das Wertvollste musst du für dich behalten. Es schielt doch jeder nach dem kostbaren Gut des anderen, nur weil er darauf herumtreten möchte. Wer sich öffnet, ist verletzbar, deshalb nehmen wir vorsorglich Abstand. Nur so akzeptieren wir einander, ohne uns gegenseitig den Kopf abzuhacken.“ S. 144-145.

Es gibt auch Situationskomik, z.B. das Gespräch mit dem Geldautomaten, oder Max‘ Gespräche mit den großen Schriftstellern, wie das hier: „Sie können nicht mehr nach draußen, Herr Baum“, sagt Thomas Mann hinter mir in einer hohen Tonlage… „Dies ist das Ende des Weges! ‚Freie Schriftstellerei!‘- was haben Sie sich denn dabei gedacht? Sie leben doch nicht im Paris der Zwanzigerjahre. Seien Sie froh, dass man sie nicht in eine Zwangsjacke gesteckt hat.“ S. 160

Und der Roman von Max, ist im Text dabei, verdient aufgrund seiner Gedanken auf jeden Fall Aufmerksamkeit.

Trotz all Identitätskrisen wird zum Schluss mit manchem falschen Glaubenssatz aufgeräumt und recht optimistisch in die Zukunft geblickt. Nach einem Jahr, solange begleiten wir Max in diesem Roman, fällt die Geburtstagsparty zum 28.sten ganz anders aus. Die ganze Familie ist da, obwohl es keine von Max‘ Erfolgen zu feiern gibt. Emma, die selbst eine Künstlerin ist, jedoch hpts. in ihrer Freizeit, hilft Max dabei, seinen Weg weiterzugehen, so wie er es für richtig hält.

Fazit: Ein toller, gekonnt geschriebener Roman mit einer guten Portion Gesellschaftskritik über das Leben und das Schreiben mit einem bemerkenswerten Protagonisten, der nichts anderes, nur er selbst sein will. Hat Spaß gemacht und vielerorts zum Nachdenken angeregt. Eine reife Leistung.

Ich vergebe sehr gerne die 5 Sterne und eine Leseempfehlung, insb. für diejenigen, die mit der Schriftstellerei und dem Autorendasein liebäugeln. Hier wird aus dem Nähkästchen geplaudert.

Ich hoffe, bald auch weitere Werke aus der Feder von Chris Nolde lesen zu können.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.03.2016
Michael Ende
Dankert, Birgit

Michael Ende


ausgezeichnet

Die Biographie umfasst 268 Seiten reinen Textes ist in 7 Kapitel aufgeteilt.

Ich halte diese Biographie für sehr gelungen. Sie stellt nicht nur eine Fülle reichhaltiger Informationen zum Leben von Michael Ende zur Verfügung- man merkt die aufwendigen Recherchen dem Werk auf jeden Fall an, sondern zeigt die Ursache-Wirkung-Zusammenhänge auf, die versuchen zu zeigen und zu erklären, wer Michael Ende eigentlich war und warum er so war, wie er war.
Die Biographie las sich flüssig und angenehm. In wenigen Tagen war sie ausgelesen. Die von manchen meiner Vorschreiber erwähnten Schachtelsätze finden sich hpts. in den Zitaten diverser Autoren, die Birgit Dankert zur Erläuterung in ihr Werk reingenommen hat. Ich fand diese Bio eine von denjenigen, die sich am leichtesten lesen ließen.
Das Leben von M. Ende ist ein Paradebeispiel für: Hinter jedem erfolgreichen Mann steckt eine starke Frau. Erst war es seine Mutter, dann seine erste Frau, die ihn nicht nur diszipliniert hat, sondern auch als eine kundige Künstlerberaterin fungierte.
Im Nachwort schreibt Birgit Dankert, wieder mal sehr treffend: „Ihn als Kinderbuchautor zu erinnern, mindert nicht seine Qualität, nimmt ihn nur ausschnittweise und in vielen Fällen mit den hier untauglichen Kriterien der Kinderbuch-Nomenklatur wahr. Nur im gleichzeitigen Blick auf das vielfältige Leben und das komplexe Werk von Michael Ende, den diese Biographie öffnen will, lassen sich Einsichten in die Wirkungsabsichten, literarischen Verfahren und Botschaften seiner Texte gewinnen.“ S. 275

Fazit: Eine sehr gut gelungene Biographie. Ich vergebe gerne die 5 wohl verdienten Sterne und Empfehlung insb. für diejenigen, Biographien gerne lesen.
Ich bedanke mich bei Birgit Dankert für dieses wunderbare Werk, und lese gerne auch weitere Biographien aus ihrer Feder.

Mein Dank gilt auch dem Lambert Schneider Verlag, WBG Darmstadt fürs Herausbringen dieser Biographie, die Michael Ende als Person den Lesern nahebringt.

Ich bedanke mich auch fürs Rezensionsexemplar.

Anmerkung: dies ist eine stark verkürze Version meiner Rezension, da nicht mehr als 4000 auf dieser Plattform zugelassen sind. Die volle Version gibt es auf den Plattformen von etlichen anderen onlineshops und Buchgemeinschaften.

Bewertung vom 10.03.2016
100 JAHRE LEBEN
Schweighöfer, Kerstin

100 JAHRE LEBEN


sehr gut

Auf 355 Seiten reinen Textes werden zehn Lebensgeschichten der Hundertjährigen präsentiert: sieben Frauen und drei Männer unterschiedlicher Nationalitäten, Bildungsgrade und Berufe. Es gibt z.B. eine Künstlerin aus Ungarn, die ihr Leben in Holland verbracht hat, eine Bäuerin aus Schwarzwald, einen Pater, Franziskaner, aus Schlesien, einen Ingenieur und Lehrer aus der ehem. DDR, ein in Indonesien geborener Holländer, eine Geschäftsfrau aus Wolmerstedt, die nun im Norden Münchens wohnt. Auch Frankreich ist durch einige der Frauen gut präsent: die Schweizerin Agnes verbringt ihren Lebensabend in Cannes, die Pariserin Jeanne, die als Lebensziel eine perfekte Familie haben wollte. Es gibt auch eine Karrierefrau, eine Archäologin aus London.
Durch eine bildhafte Landschaftsbeschreibung, eine Erinnerung aus der Kindheit oder eine Szene, die sich damals so in etwa hätte abspielen können, bekommt man schnell den Zugang zu der jeweiligen Lebensgeschichte.
Alle zehn Hundertjährigen hatten ein bemerkenswertes Leben. Sie erzählen über ihre Kindheit und Jugend, über ihre Familien und Berufswege, über die Gegebenheiten und Herausforderungen, mit denen sie fertigwerden mussten. Diese Schilderungen, z.B. wie sie den zweiten Weltkrieg erlebt haben, lassen die damaligen Zeiten wieder aufleben und über manches staunen, wie z.B. welch große Rolle der Glaube damals bei manchen gespielt hat. Aber auch über die Dinge, die Freude bereitet haben, wurde viel gesprochen. Die Hundertjährigen sagen offen ihre Meinung zu solchen Themen wie Liebe, Freundschaft, Partnerschaft, Familie, Kinderkriegen, Beruf und Berufung, Lebensziele, Lebensfreude, etc. Sie überlegen, was ihr Leben lebenswert gemacht hat und worauf sie hätten verzichten können, oder auch hatten verzichten müssen. Die Ansichten der Hundertjährigen wurden im Text untereinander verglichen und Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede hervorgehoben. Da lässt sich während des Lesens ein roter Faden erkennen.
Es gibt auch Farbfotos in der Mitte des Buches. Sie sind schon eine Bereicherung, da man sich die Senioren, wie sie früher waren, auf diese Weise besser vorstellen kann.
Am Ende jeder Geschichte steht eine 2-3 seitige Zusammenfassung, manche Themen und Ratschläge werden nochmals angesprochen.
Was mir weniger gefiel war die Art der Stoffdarbietung, i.e. die Kommentare in den Geschichte.
Es wurde, wie mir scheint, bewusst aufs Mittelfeld und darunter gespielt. Starker Einsatz von Emotionen und Küchenpsychologie liefern Bestätigung für diese Annahme. Dieses Verallgemeinernde, das sich Annahmen bedient, die nicht unbedingt stimmen, zumindest nicht für alle, hat mein Lesevergnügen deutlich beeinträchtigt, wie diese „Vorträge“ der Autorin zu den Themen Liebe, Familie, Partnerschaft, Kinderkriegen ja oder nein, Kindererziehung, etc. erinnerten mich eher an Sitzungen „beim Kaffeekränzchen unter uns Pastorentöchtern plaudern wir mal über Gott und die Welt“. Es war mir einfach zu sehr auf den antizipierten Geschmack der breiten Masse ausgerichtet, zu sehr Bildzeitungsniveau. Damit habe ich, ehrlich gesagt, nicht gerechnet. Auch etwas mehr politischer Korrektheit hier und dort hätte dem Ganzen nicht geschadet.
Gut fand ich, dass es im Epilog von elf Seiten ein Versuch unternommen wird, die Dinge herauszufiltern, die alle zehn Hundertjährigen als wichtig für ein gelungenes Leben erachtet haben.
Ich schließe mit dem Zitat aus dem Buch: „Ehrlichkeit verlangt Mut, der Scheinheiligkeit reichen Feigheit und Bequemlichkeit.“

Fazit: Das Buch bietet interessante, lesenswerte Lebensgeschichten der Hundertjährigen und ihre Ratschläge zum erfüllten Leben. Die Kommentare dazu hätte man niveauvoller gestalten oder ganz weglassen können.
Das Gesamtergebnis liegt zwischen drei und vier Sternen. Ich bleibe bei vier Sternen mit viel Wohlwollen, da die Lebensgeschichten und die Ratschläge der Senioren gut sind.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.02.2016
Vom Ende der Einsamkeit
Wells, Benedict

Vom Ende der Einsamkeit


ausgezeichnet

Drei Geschwister werden zu Waisen, als ihre Eltern bei einem Autounfall ums Leben kommen. Jules ist der jüngste, er ist elf. Er ist ein introvertierter, einfühlsamer Junge, der heimlich Geschichten schreibt. Jules beobachtet die Menschen um sich und sich selbst sehr genau und erzählt uns diese Geschichte. Schon allein, WIE er es tut, ist Lesegenuss pur: melancholisch, poetisch, philosophisch, mal humorig-ironisch und oft genug sehr weise.
Es folgen die Jahre des Erwachsenwerdens, die Jules, wie auch seinen Geschwistern, ohne Eltern recht schwer fallen. Jeder entwickelt seine eigene Art, mit dem Verlust umzugehen. Jules hat Identitätsprobleme, will jemand anders sein, vor allem jemand, für den seine Eltern da waren.
Jules lernt im Internat Alva kennen, ein hübsches rothaariges Mädchen, das sich in einem Unterricht einfach zu ihm setzt. Ab da ist sie ein fester Bestandteil seines Gefühlslebens. Sie verbringen hin und wieder Zeit mit einander. Alva liest gerne, wie Jules auch.
Sie treffen sich Jahre später, mit etwas über dreißig. Alva ist mit einem knapp siebzigjährigen Schriftsteller verheiratet, der seine besten Zeiten in jeder Hinsicht hinter sich hat. Und ab da wird es erst recht spannend, denn da kommen die überraschenden Wendungen und noch vieles mehr.
Jules philosophiert über Gott und die Welt, aber wie gekonnt! Und auf so eine Art, die man einfach kennenlernen muss. Die ewigen Themen wie Liebe und Tod, Freundschaft, Familie, Partnerschaft, Kinderkriegen, Elternsein, Vater-Sohn Beziehung, den richtigen Platz im Leben finden, und auch ganz aktuelle Themen wie Umgang mit Alzheimer und Krebs, persönliche Freiheit, der adäquate Umgang mit eigener Kreativität, und natürlich das Thema der Einsamkeit sind wunderbar in den Erzählteppich hineingewoben worden. Diesen Gedanken nachzugehen- es gibt eine Menge toller, philosophisch anmutender Sätze, und mit Jules und seinen Geschwistern diese Geschichte mitzuerleben, hat mir nicht nur viel Lesevergnügen bereitet, es war schlicht eine Bereicherung. „Ich meine, wenn man sein ganzes Leben in die falsche Richtung läuft, kann’s trotzdem das Richtige sein?“ S. 190. Bemerkenswert finde ich, was Jules über Talent sagt, wie er es definiert.
Ich war auch dem Wechselbad der Emotionen ausgesetzt. Dem Autor gelingt es, einen im Handumdrehen von Verzweiflung in Euphorie zu versetzen und später wieder langsam zurück. Bewegt bleibt man bis zum Schluss.
Es gibt auch einfach schöne Bilder: des unbeschwerten Familienlebens mit Kindern, des gemeinsamen Reisens, der glücklichen Liebe, des vertrauten Miteinanders, etc. Die helle und die dunkle Seite der Geschichte sind gut ausgewogen und bieten einen vorteilhaften Kontrast zu einander.
Der Roman endet, als die Geschwister etwas über vierzig sind. Sie haben sich mittlerweile weiterentwickelt und verändert. „Vom Ende der Einsamkeit“ ist auch eine Reise zu sich selbst. Jules sagt am Ende: „Was, wenn es Zeit nicht gibt? Wenn alles, was man erlebt, ewig ist und wenn nicht die Zeit an einem vorübergeht, sondern nur man selbst an dem Erlebten?“ S. 327.
Insgesamt verbreitet der Roman eine optimistische, lebensbejahende Stimmung: er verleitet einen dazu, an die ewige Liebe zu glauben, die alle Herausforderungen des Lebens übersteht und am Ende siegt, auch über den Tod hinaus.
„Vom Ende der Einsamkeit“ habe ich sehr gern gelesen. Dies habe ich extra langsam getan, um ja keine gedankliche wie sprachliche Köstlichkeit zu verpassen.
Bei Benedict Wells verbinden sich Talent und Können auf eine gewinnende, wunderbare Weise. Ich hoffe, er wird die Leser noch mit vielen neuen Werken erfreuen.

Fazit: Ein sehr gelungenes literarisches Werk: Figuren, ihre Geschichten, der Erzählstil, alles harmoniert mit einander und scheint dem wahren Leben entsprungen. Mein Highlight des Jahres ist es jetzt schon geworden. Sehr gerne vergebe die 5 besonders hell leuchtende Sterne und eine klare Leseempfehlung. Unbedingt lesen.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.02.2016
Die Frauen von La Principal
Llach, Lluis

Die Frauen von La Principal


ausgezeichnet

„Die Frauen von La Principal“ von Lluís Llach ist es eine spannende, facettenreiche, atmosphärisch dicht erzählte Familiengeschichte aus Katalonien, die z.T. auch zum Krimi wird und eine gute Prise Gesellschaftskritik aufweist.

Die Handlung entfaltet sich auf drei Zeitebenen. Die Haupthandlung fängt am 7 November 1940 auf La Principal an, einem alten Anwesen in einem entlegenen, schwer erreichbaren Dorf in den Bergen hinter Barcelona, und endet am 25 November desselben Jahres. Ein grausiger Mord auf La Principal, der bereits im Sommer 1936 geschah, muss aufgeklärt werden, so die Auffassung des jungen Inspektors Lluís Recader, der mit den Krimis von Agatha Christi aufgewachsen war, und deren Methoden er sich auch hier zu bedienen gedenkt. Also greift er den Fall auf und fährt dorthin, um seine ehe theoretischen Kenntnisse in der Praxis umzusetzen.
In der Mitte der Kapitel wird der Leser oft in die Vergangenheit um 1893 und früher versetzt, um die jungen Jahre der ersten Maria vor Augen zu führen. Um 1940 ist die zweite Maria, 30, die Tochter der Ersten, die Herrin des Hauses. Ihre Liebesgeschichte bildet den Großteil der Handlung. Der dritte Erzählstrang fängt in etwa in der Mitte des Buches an, ist im Präsens verfasst, und spielt im Jahr 2001. Da trifft man die dritte Maria (60) und ihren Vater (92). Vater und Tochter reden miteinander über die alten Zeiten, denn der Vater hat Maria seine Memoiren übereicht und sie dazu ermutigt, diese auch zu lesen. So erfährt die Maria einige Geheimnisse ihrer Familie, die ihr bis dahin verborgen geblieben waren.
Alle Figuren erscheinen wie dem wahren Leben entsprungen. Sie spielen nicht, sie leben einem ihre Geschichten vor. Die Marias stehen klar im Vordergrund, aber besonders umwerfend fand ich die Úrsula, die langjährige Dienerin des Hauses.

Der Schreibstil hat wesentlich zum Lesevergnügen beigetragen: so poetisch, richtig süffig, wie ein guter katalonischer Rotwein, mal klang es auch recht modern. Abwechslung tat gut. Auch dank des bezaubernden Schreibstils fühlte ich mich in diese alten Zeiten auf La Principal versetzt und erlebte die Geschichten der drei Marias und ihrer Lieben: Ich sah diese damalige Welt mit den Augen dieser Figuren, und hatte auch keinerlei Schwierigkeiten, ihre Motive und Taten nachzuvollziehen. Bei einer ungewöhnlichen Liebeserklärung und erst recht beim Abschied von Úrsula zum Schluss war ich zutiefst gerührt.
Die Idee, die Leben der drei Marias im 19, 20, und 21 Jh. in der Gegend um Barcelona aufleben zu lassen, fand ich prima. Nicht viele Geschichten dieser Art habe ich bisher genossen können. Wenn es ein Versuch war, einem Krimi literarischen Touch zu verleihen und/oder den Krimi mit einem Familienroman zu verknüpfen, so halte ich ihn für gelungen. Auch die Anspielungen auf Agatha Christi passten sehr gut.

Fazit: „Die Frauen von La Principal“ ist es eine spannende, atmosphärisch dicht erzählte Familiengeschichte auf drei Zeitebenen, in der Frauen eine tragende Rolle spielen. Die Ermittlungen in einem Mordfall im Herbst 1940 fügen eine besondere Würze hinzu. Alles in allem: tolle, intelligente, poetische Geschichte, die bestens unterhält und zum Nachdenken anregt. Prima Lesestoff für verregnete Sonntage und/oder lange Winterabende.

Gebundene Ausgabe: 311 Seiten (reiner Text), 21 Kapitel, Insel Verlag, 7 März 2016.

Ich bedanke mich ganz herzlich beim Insel Verlag Berlin, dass diese Geschichte der Leserschaft hierzulande zugänglich gemacht wurde, auch dafür, dass ich den für mich neuen Autor Lluís Llach kennenlernen konnte. Gerne würde ich weitere Romane aus seiner Feder lesen. Und last but not least bedanke ich mich fürs Rezensionsexemplar.

Bewertung vom 14.02.2016
Apollonia: Schatten der Vergangenheit (eBook, ePUB)
Rot, Verena

Apollonia: Schatten der Vergangenheit (eBook, ePUB)


sehr gut

Apollonia, oder auch gerne von Freunden Polly genannt, ist eine sympathische Protagonistin, die sich für Menschen und ihre Schicksale interessiert, und hilft, wo sie kann. Eigentlich war Polly zur Erholung von einem schrecklichen Ereignis, das sich in Pollys Familie abgespielt hatte, zu Gillas Pension gereist, aber bald ermittelt sie in einem Mordfall zusammen mit Marc, einem freien Journalisten aus Berlin. Marc kennt sich in Förde aus, hat viele Freunde und Bekannte, da er dort viele seiner Kindertage verbracht hat. Ein älterer Mann wird tot in der Ostsee gefunden und bald folgen auch weitere Tote, ein Opfer kann im letzten Moment doch noch gerettet werden. Eine Spur führt nach Dänemark, die andere nach Kiel. Der Hauptkommissar Pit Ullmann, der sich in Polly verguckt hat, hat alle Hände voll zu tun.
Ich bin gerne mit den Ermittlern durch die Geschichte gegangen. Mir schwebte vor, als ob ich an der Ostsee war und den Familiengeschichten der dort lebenden Menschen gelauscht habe. Autorin Verena Rot ist sehr gut gelungen, dieses Flair zu vermitteln. Auch die Figuren ließ sie geschickt vor meinem inneren Auge lebendig werden. Gilla, die liebe ältere Dame, Betreiberin der Pension, in der Polly abgestiegen ist, kümmert sich rührend um ihre Gäste und weiß zum rechten Zeitpunkt, etwas längst Vergessenes zu erzählen, das zur Klärung des Falls beiträgt. Bei Gilla wäre ich auch gerne zu Gast.
Mit währendem Interesse habe ich die Handlung verfolgen können: Es war immer etwas los, was mich immer weiterlesen ließ, und schon war der erste Fall zu Ende. Die Auflösung, wie die Geschichte an sich, ist logisch aufgebaut, schlüssig, die Motive gut nachvollziehbar. Wer der Mörder ist, blieb bis zur Auflösung im Verborgenen.
„Apollonia: Schatten der Vergangenheit“ ist ein guter Fall mit überlebensgroßen Figuren und Ostsee-Flair, den man als Sonntagslektüre oder auch im öffentlichen Verkehr, oder beim Ausdauersport im Studio prima lesen kann.

Fazit: Ein gelungener Auftakt der Reihe, der Lust auf weitere Geschichten mit Polly und Marc macht. Weitere Folgen „Apollonia: Saat des Todes“ und „Apollonia: Zeit der Abrechnung“ habe ich auf mein Lesegerät geladen und werde zeitnah berichten.
Vier besonders hell leuchtende Sterne und eine Leseempfehlung, insb. für die Fans von Cosy-Krimis.