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Top-Rezensenten Übersicht

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Isabel von Belles Leseinsel
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Mainz
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Bewertungen

Insgesamt 585 Bewertungen
Bewertung vom 24.02.2011
Der Frauenjäger
Hammesfahr, Petra

Der Frauenjäger


ausgezeichnet

Die Ballade von Lucy Jordan
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Sein Frauenbild ist eindeutig gestört. Die Schuld daran gibt er seiner Mutter. Ihr zügelloser Lebenswandel hat ihn von frühester Kindheit an beeinflusst und so bezeichnet er Frauen nur als Weiber, sieht in ihnen nur Nummern, die man beseitigen muss. Bei der ersten Nummer war er noch recht nervös, doch sie machte es ihm einfach und er bereute sechs Tage lang nicht, sie aufgegriffen zu haben. Nummer 1 wohl eher, schließlich war sie die meiste Zeit bei Bewusstsein. Szenenwechsel mit Überschrift Nummer Neun: Marlene Weißkirchen erwacht aus tiefer Bewusstlosigkeit in absoluter Dunkelheit. Wo ist sie, wie ist sie hierhergekommen und vor allem, wer hält sie gefangen?
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Petra Hammesfahr stellt ihren Lesern gleich zu Anfang den Mörder vor, gibt einem einen kleinen Einblick in seine gestörte Gedankenwelt, ohne hierbei seine Identität preiszugeben. Schon allein diese ersten Seiten verursachen beim Lesen eine Gänsehaut, so kalt, teilnahm- und vor allem gefühllos erzählt der Mörder von seiner Kindheit, Jugend und seinen ersten Morden. Petra Hammesfahr gelingt es hierdurch fast augenblicklich, einen an das Buch zu fesseln und neugierig zu machen auf die Story. So verfolgt man seine Morde, wie er erst noch zögerlich zuschlägt und diese nach und nach immer mehr perfektioniert.
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Anschließend wechselt die Autorin ständig die Zeiten. So lernt man zum einen die Lebensgeschichte von Marlene und ihren drei besten Freundinnen kennen, erfährt zum anderen nach und nach, was vor ihrer Entführung geschehen ist und ist natürlich dabei, wie Marlene in ihrer Gefangenschaft versucht zu überleben. So laufen die verschiedenen Handlungsstränge nach und nach aufeinander zu. Doch bis zum Schluss weiß man weder, wie Marlene dem Mörder in die Hände fallen konnte, noch hat man auch nur den Hauch einer Ahnung, um wen es sich bei ihm handeln könnte. Die Wechsel sind hervorragend gesetzt und sorgen dafür, dass die Spannung durchweg immer auf einem sehr hohen Niveau ist. Hinzu kommt auch, dass man sich ständig die Frage stellt, wie Marlene in das Schema des Mörders passen soll, da sie doch so ganz anders ist.
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Marlene könnte eigentlich ein glückliches und zufriedenes Leben haben. Ihr Ehemann ist ein erfolgreicher Unternehmensberater, erfüllt ihr jeden Wunsch und liebt sie, ihre beiden fast erwachsenen Kinder sind erfolgreich in der Schule und machen auch sonst absolute keine Probleme. Und doch ist Marlene unzufrieden, fühlt sich nicht gebraucht, weiß nicht, was sie mit ihrem Leben anfangen soll. Entscheidungen trifft ihr Mann Werner für sie, an Fremdgehen verschwendet sie keine Gedanken, ganz im Gegenteil. Umso unverständlicher ist es somit für den Leser, wie ausgerechnet die biedere, brave und unscheinbare Marlene in das Visier des Mörders geraten konnte.
Die Erzählweise von Petra Hammesfahr ist eher ruhig, nicht auf reißerische Szenen ausgelegt und absolut fesselnd. So gelingt es ihr mühelos, selbst bei dem Handlungsstrang, in dem sie über das Leben von Marlene und ihren Freundinnen schreibt, eine gewisse Spannung aufzubauen und vor allem die Neugier anzuregen. Und während man nach und nach die Geschichte von Marlene, ihren Freundinnen und das Leben mit Ehemann Werner kennen lernt, blendet die Autorin immer wieder kleine Szenen ein, in dem Marlene ganz langsam feststellen muss, dass sie nicht in ihrem Bett zu Hause aufgewacht ist, sondern in die Fänge eines Mörders geraten ist.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.02.2011
Der Ahnhof / Robert Walcher Bd.7
Rangnick, Joachim

Der Ahnhof / Robert Walcher Bd.7


gut

Welches Geheimnis verbirgt der alte Hof?
Anfang des 20. Jahrhunderts: Auf dem Korbach-Hof herrscht Gewalt und Herzlosigkeit vor und in diese Umgebung kommt der 7-jährige Josef, um sich dort als Hütejunge zu verdingen. Nicht lange dauert es bis Josef spurlos verschwindet, angeblich nach Amerika ausgewandert. Doch daran mögen seine Eltern nicht glauben. Die heutige Zeit: Die resolute Haushälterin Mathilde ist auf dem Weg zu einem Hof, den ihre Großbase zusammen mit ihrem Mann kaufen möchte. Eigentlich hat die 69-jährige hierzu ja überhaupt keine Lust, doch leider hat sie bei dem Wort Nein ein Problem und somit ist sie jetzt per Auto unterwegs zum Korbach-Hof in Urlau. Als sie auf dem Hof angekommen ist, empfindet Mathilde ein bedrohliches Gefühl, das sich nicht erklären lässt. Dessen ungeachtet begibt sie sich auf Besichtigungstour über den Hof, nur um feststellen zu müssen, dass sich hier etwas ganz Schreckliches ereignet haben muss. Ihre Warnungen nehmen Daniela und Jacob nicht ernst und kaufen den Hof, was sie schon bald bereuen werden.
Sehr unterhaltsam und mit einem guten Schuss Humor ist der Schreibstil von Joachim Rangnick versehen und so entwickelt sich der Krimi auch durchweg als recht unterhaltsam. Zumal er seine Geschichte mit einem ordentlichen Schuss Lokalkolorit spickt und oft in den Allgäuer Dialekt fällt, was jedoch stellenweise recht schwer verständlich ist, da der Autor in ziemlich breites Allgäuerisch fällt.
Allerdings lässt die Spannung lange auf sich warten und ist dann auch eher nur mäßig vorhanden. Der Autor geht eher mehr auf das Leben im Allgäu, das Privatleben seiner Protagonisten und der Sagenwelt oder besser gesagt dem Aberglauben der Menschen im Allgäu ein. Dies verknüpft er zwar zur einer unterhaltsamen Geschichte, Krimicharakter hat diese jedoch eher weniger, zumal sie auch lange im Voraus schon vorhersehbar ist. So kann sie leider auch nicht mit überraschenden Wendungen aufwarten.
Mathilde wohnt als Haushälterin zusammen mit dem Journalisten Robert Walcher und dessen 17-jähriger Adoptivtochter Irmi auf dem Walcher-Hof. Das Verhältnis von Vater und Tochter ist herzlich, ein wenig bissig und man merkt sofort, dass die Beiden sehr gut miteinander auskommen, auch wenn Walcher so die eine oder andere Macke zu haben scheint und ihn die kesse und naseweise Irmi deswegen als Einzeller bezeichnet, wogegen sich Walcher natürlich vehement wehrt. Auch Mathilde fühlt sich deutlich wohl bei den Beiden und geht ihrer Arbeit mit viel Freude nach. Das alles wirkt sehr lebendig erzählt, doch bleiben seine Protagonisten seltsam blass, irgendwie nicht richtig greifbar.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.02.2011
Die Freundin meines Sohnes
Grodstein, Lauren

Die Freundin meines Sohnes


sehr gut

Ein zerstörtes Leben

Das Leben von Pete Dizinoff ist zerstört, durch ihn selbst. Seine Freunde meiden ihn, er hat die meisten Patienten verloren, sein Sohn will nichts mehr von ihm wissen und seine Frau bereitet die Scheidung vor. Aus dem gemeinsamen Haus ist er ausgezogen und lebt nun im Atelier über der Garage. Doch was ist geschehen, dass sein beschauliches und scheinbar so zufriedenes Leben plötzlich nicht mehr existiert?

Dieser Frage geht Lauren Grodstein im vorliegenden Roman nach und hierbei lässt sie ihren Protagonisten Pete selbst seine Geschichte erzählen. Es ist das Wochenende vor der großen Entscheidung. Am Montag wird das Gericht entscheiden, ob Anklage gegen ihn im Fall Roseanne Craig erhoben wird, seine Frau hat einen Tag später einen Termin bei ihrem Scheidungsanwalt.

In immer wiederkehrenden Erinnerungen, ausgelöst durch die verschiedensten Situationen an diesem Wochenende, erzählt Pete die Geschichte seines Lebens und so erfährt der Leser nach und nach wie es zu dem Schicksalsschlag in seinem Leben kam.

Auslöser der Katastrophe ist die Rückkehr von Laura Stern, die Tochter seiner ältesten Freunde. Als 17-jährige soll Laura ihr Neugeborenes gleich nach der Geburt ermordet haben, lange Jahre verbrachte sie in der Psychiatrie, lebte dann bei verschiedenen Verwandten bis sie mit Anfang 30 wieder zu ihrer Familie zurückkehrt. Alec, Petes 20-jähriger Sohn, ist sofort fasziniert von Laura und Pete beobachtet die langsam aufkeimende Beziehung zwischen den Beiden mit Entsetzen. Um jeden Preis möchte er verhindern, dass Alec sich an Laura bindet, ist der festen Überzeugung, genau zu wissen, was gut für seinen Sohn ist und welchen Weg er einschlagen muss. Auf den Rat seiner Frau und seiner Freunde, Alec seinen Weg gehen zu lassen, hört Pete nicht. Er ist wie besessen von dem Gedanken, die Verbindung von Laura und Pete zu unterbinden. Hierbei vernachlässigt er auch seine Verantwortung seinen Patienten gegenüber. Und letztendlich löst diese Obsession das Drama aus.

Durch die Ich-Erzählung und dadurch, dass auch manchmal der Leser direkt angesprochen wird, hat man gleich das Gefühl, mitten in der Geschichte zu stecken. Der Schreibstil von Lauren Grodstein ist flüssig und leicht melancholisch angelegt und man wird mit der Zeit das Gefühl nicht los, dass Pete der Meinung ist, selbst an der Zerstörung seines Glücks selbst schuld zu sein. Allerdings betrachtet er seine gegenwärtige Situation sehr nüchtern, verliert sich nie in Selbstmitleid oder Schuldzuweisungen.

Geschickt beleuchtet Lauren Grodstein die Situation, der wohl die meisten Eltern irgendwann ausgesetzt sind: Das Loslassen und das Akzeptieren, dass ihr Kind erwachsen ist. Pete kann dies nicht akzeptieren und gestattet so Alec auch nicht, selbst Fehler zu machen, selbst seinen Weg zu gehen. Er hat genauste Vorstellungen vom zukünftigen Leben seines Sohnes, doch diese decken sich in keiner Weise mit den Vorstellungen von Alec. Verständlicher wird die Situation möglicherweise für den Leser, wenn man bedenkt, dass Alec der einzige Sohn von Pete und Elaine ist und sie Alec erst bekommen haben, nachdem sie die Hoffnung schon fast aufgeben hatten.

Bewertung vom 16.02.2011
Jacob beschließt zu lieben
Florescu, Catalin Dorian

Jacob beschließt zu lieben


ausgezeichnet

Eine bedrohliche Wolkenfront schiebt sich im Juli 1924 auf das kleine Dorf Triebswetter in Rumänien zu. Per Horn wird die Sturmwarnung ausgegeben, die Sturmglocke geläutet. Bei diesem Unwetter kämpft sich ein Fremder zu dem kleinen Dorf durch und ist froh, als er beim Apotheker erfährt, dass er sein Ziel erreicht hat. Während die Einwohner den Brand des Hofes von Elsa Obertin, der Amerikanerin, zu bekämpfen versuchen, bewacht der Fremde mit Namen Jakob den Hof des Apothekers Nepper. Als dieser nach einer kräftezerrenden Nacht wieder zurückkehrt, erklärt ihm Jakob, dass er die Amerikanerin heiraten wird.

So beginnt Jacob, der Sohn des Fremden, die Geschichte seines Lebens. Durch Rückblicke erfährt man nach und nach die Geschichte der Familie Obertin kennen, die im 17. Jahrhundert in Lothringen begann und durch Frederik fortgesetzt wurde, als dieser rund 100 Jahre später beschließt, mit einigen weiteren Siedlern nach Rumänien auszuwandern. Frederik ist der Gründervater und erste Richter des Dorfes Triebswetter, indem Jacob in der 1920er Jahren geboren wird.

Wer nun anhand des Buchtitels eine Liebesgeschichte erwartet, wird enttäuscht. Und doch hat dieser Buchtitel Sinn, dessen Lösung sich einem aber erst ganz zum Schluss offenbart. Tatsächlich ist es ein Roman über das beschwerliche Leben einer kleinen Dorfgemeinschaft, beginnend in den 1920er Jahren bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts. Auch am Dorf Triebswetter geht der 2. Weltkrieg nicht spurlos vorbei. Eben noch deutsch, müssen sie sich binnen kürzester Zeit auf die russischen Befreier einstellen, die langen Arme des Kommunismus machen auch vor Triebswetter nicht halt. Und so erleben viele Dorfbewohner eine neue Gewalt kennen, die der Deportation und Enteignung, von der auch die Familie Obertin nicht verschont bleibt und auch diese die Entbehrungen, Enttäuschungen wie auch die Willkür der neuen Regierung zu spüren bekommen.

Diese Geschichte erzählt Catalin D. Florescu anhand seines Ich-Erzählers Jacob sprachgewaltig, lebendig und sehr bildhaft. Gleichzeitig ist sein Sprachstil sehr ruhig und detailliert, ohne dabei langatmig zu werden. Ganz im Gegenteil, man nimmt fast sofort Anteil an Jacob und seinen Leben, kann seine Gefühle gegenüber seinem despotischen Vater Jakob und seiner unterwürfigen und sehr gläubigen Mutter Elsa hervorragend nachvollziehen.

Jacob, von der Art seiner Geburt gezeichnet, leidet während seiner gesamten Kindheit und Jugend unter seiner Schwächlichkeit und trotzdem versucht er immer wieder unermüdlich, es seinem Vater recht zu machen, was ihm jedoch nicht gelingt. Seine Mutter ist nicht fähig, sich gegen seinen Vater aufzulehnen und auch sein Großvater hat gegenüber seinem herrischen Schwiegersohn kapituliert. So erfährt Jacob, außer gelegentlich bei seinem Großvater, nur bei einer Zigeunerin, der er einmal die Woche Lebensmittel bringt, so etwas wie Liebe, Fürsorge und Geborgenheit kennen. Aber man spürt auch während des gesamten Lesens seine innere Kraft und Stärke und so verfolgt man gebannt seinen Lebensweg, der wahrlich nie einfach ist.

Somit hat Catalin D. Florescu einen opulenten Roman geschrieben, in dem das bewegende, abenteuerliche, aber auch entbehrungsreiche Leben einer Dorfgemeinschaft beschrieben wird auf der Suche nach einer neuen Heimat.

4 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.02.2011
Beste Beziehungen
Ernst, Gustav

Beste Beziehungen


sehr gut

Ein schonungsloser Blick hinter die Kulissen

Manuel F. wird von seiner Freundin Janine K. aufs äußerste gereizt und gedemütigt, so lange, bis er nur noch eine Möglichkeit sieht. Lisa setzt kontinuierlich ihren Ehemann Frank unter Druck mit ihrem Wunsch nach einem neuen Haus und gesellschaftlicher Anerkennung. Hierfür ist eine Beförderung unumgänglich. Irgendwann hält Frank den Druck nicht mehr aus. Philipp Stöger ist Gymnasiallehrer in Deutsch. Was liegt näher als seiner 7-jährigen Nichte Nachhilfe in diesem Fach zu geben. Doch es bleibt nicht bei der Nachhilfe im Deutschunterricht, denn Philipp hat ein Interesse an kleinen Mädchen, sieht sich immer wieder Kinderpornographie im Internet an, bis ihm seine Fantasien nicht mehr ausreichen. Als Sigi mit 52 Jahren seine Kündigung erhält, macht er die Geschäftsleitung und den Betriebsrat dafür verantwortlich. Er will Gerechtigkeit und geht mit einer Waffe ins Büro des Betriebsratsvorsitzenden.

Eigentlich fast täglich hört und sieht man in den Nachrichten von Misshandlungen, Mord, Missbrauch und Familientragödien. Man ist betroffen, schockiert, kann das Verhalten der Täter nicht nachvollziehen, aber doch sind diese Geschehnisse auch schnell wieder vergessen, der Alltag holt uns wieder ein. Gustav Ernst erzählt in seinem Roman diese Geschichten und Tragödien. Jedoch ergreift er dabei keine Partei, sondern berichtet neutral wie diese Wahnsinnstaten entstehen konnten und schildert dies gnadenlos.

Die oben angeführten Fälle sind nur einige aus dem Buch. Und Gustav Ernst geht auch einen Schritt weiter und zeigt dem Leser ebenso die Auswirkungen auf, die Tat selbst. In einer sehr eindringlichen, wirklich schonungslosen, direkten und stellenweise auch rüden Weise, die der Situation immer angepasst ist, erzählt er die Schicksale dieser Menschen. Und er überschreitet hier wirklich Grenzen, denn seine Schilderungen sind so realistisch gehalten, dass ich stellenweise das Buch zur Seite legen musste, einfach nicht mehr weiterlesen konnte, da mir diese Berichte sehr nahe gegangen sind und ich somit auch an meine Grenzen gestoßen bin.

Die Geschichten sind zumeist in Dialogen gehalten, sodass man fast sofort das Gefühl hat, an diesen als unsichtbarer Dritter mit eingebunden zu sein, die Diskussionen, Streitereien und auch die Eskalation der Situation hautnah mitzuerleben.

Wie oft fragt man sich, wenn man von solchen Tragödien hört, warum diese Menschen es so weit haben kommen lassen, warum sie nicht früher aus ihrer momentanen Situation ausgebrochen sind, als sie hierfür noch die Chance hatten oder aber, wie eine Ehefrau nicht bemerkt haben will, dass ihr Ehemann pädophile Neigungen hat. Aber hier spielen einfach zu viele Faktoren mit hinein wie Abhängigkeit, Manipulation (auch sexueller Art), aber auch einfach das Verschließen der Augen vor dem Offensichtlichen.

Da fragt sich die Ehefrau zwar schon, warum ihr Mann der Nichte immer nur Nachhilfe gibt, wenn sie nicht zu Hause ist und warum dann ständig nasse Handtücher in der Waschmaschine liegen. Aber sie hinterfragt nicht, will wahrscheinlich einfach nicht die Wahrheit wissen, bringt es sogar noch fertig, ihrer Nichte die Schuld zu geben. Und diese ganzen Faktoren beleuchtet Gustav Ernst zu jeder seiner Geschichte im Vorfeld, sodass die Handlungen der Täter jetzt nicht unbedingt für einen verständlich werden, man zumindest jedoch nachvollziehen kann, wie es so weit kommen konnte.

Bewertung vom 12.02.2011
Alpengrollen / Exkommissar Max Raintaler Bd.1
Gerwien, Michael

Alpengrollen / Exkommissar Max Raintaler Bd.1


sehr gut

Rezension „Alpengrollen“

Wellness-Urlaub mit Hindernissen

Endlich Skifahren! Das denkt sich Ex-Kommissar und Frührentner Max Raintaler als er sich auf den Weg nach Kitzbühel in ein Wellness-Hotel macht. Und dann auch noch das berühmte Hahnenkammrennen anschauen. Was will ein Skifahrerherz mehr. Allerdings gibt es ein kleines Problem bei der Sache. Die 17-jährige Tochter einer Freundin seiner immer mal wieder Lebensgefährtin Monika ist in der Nähe von Kitzbühel beim Urlaub spurlos verschwunden. Max verspricht Anna und Monika sich nach Sabine zu erkundigen, wenn er schon einmal in der Gegend ist. Doch so einfach wie vorgestellt entwickelt sich die Suche nach Sabine dann doch nicht und hinzu kommt noch eine tote Russin am Fuß der Streif wie auch ein Anschlag auf die berühmte Skistrecke.

Mit sehr viel Humor erzählt Michael Gerwin sein Krimidebüt. Besonders unterhaltsam sind hier immer wieder die Gedankengänge von Max zu verfolgen. Denn schon allein die Fahrt nach Kitzbühel gestaltet sich dank seinem altersschwachen Auto nicht unbedingt so wie vorgestellt. Die Ankunft im Skiort hält auch noch so einige Überraschungen für ihn parat und so beginnt Max‘ Urlaub überhaupt nicht so, wie er ihn sich vorgestellt hat.

Anfangs konzentriert sich die Geschichte mehr auf Max, seine Erlebnisse in Kitzbühel wie auch auf die Vorstellung seiner Lebensgefährtin Monika und deren Freundin Anna, die sich große Sorgen um ihre Tochter macht. Durch immer wieder kleine, regelmäßige Einschübe weiß man als Leser bereits sehr frühzeitig, dass eine Jugendliche gefangen gehalten wird. Warum, wo und um wen es sich dabei handelt bleibt einem jedoch bis fast zum Schluss verborgen. Inwieweit die tote Russin wie auch der Anschlag auf die Streif etwas mit dem Verschwinden von Sabine zu tun haben, und ob es sich bei der gefangen gehaltenen Jugendlichen um Sabine handelt, wird ebenfalls erst spät dem Leser präsentiert.

So ist die Neugier schon einmal recht schnell beim Lesen vorhanden, die Spannung lässt jedoch noch ein wenig auf sich warten, denn der Krimianteil tritt erst ab etwa der Mitte des Buches richtig in den Fokus und dann wird es richtig spannend. Also ist hier ein wenig Geduld gefragt, allerdings wird der Weg dahin dermaßen witzig, spritzig und unterhaltsam präsentiert, dass einem hierbei nie langweilig wird und man sich immer bestens unterhalten fühlt.

Hinzu kommen die sehr ausgefeilten und originellen Charaktere. Allen voran natürlich Max. Der sportliche Frührentner ist ein leidenschaftlicher Skifahrer und bei der Ausübung seines Hobbys vergisst er gern einmal alles um sich herum, die Suche nach Sabine mit eingeschlossen. Für einen Urlaubsflirt ist der lebenslustige und zuweilen herrlich grantige Ur-Münchner ebenfalls immer zu haben, aber wehe wenn er einmal die Fährte in einem Kriminalfall aufgenommen hat; dann ist er nicht mehr zu halten.

Fazit: Ein überaus witziges und durchaus spannendes Krimidebüt mit viel Lokalkolorit, authentisch gezeichneten Charakteren und der auch Leser bestens unterhält, die keine Skifans sind.

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.02.2011
Klostergeist / Pater Pius ermittelt Bd.1
Porath, Silke;Braun, Andreas

Klostergeist / Pater Pius ermittelt Bd.1


sehr gut

Hier ist Radio Donauwelle …

Bei dem Autorenduo Porath/Braun bildet die Ermittlungsarbeit zu dem Fall eher die Rahmenhandlung. Der Fokus liegt eindeutig bei ihren Protagonisten. Und das ist beste Krimiunterhaltung mit einem guten Schuss Humor. Locker, flüssig und stellenweise richtig witzig ist der Schreibstil der Autoren und sie haben in ihrem Krimi einige herrlich schrullige, originelle und eigenwillige Charaktere geschaffen.

Allen voran natürlich Pater Pius. Dieser liest mit Vorliebe Stephen King und das am liebsten während er sich die Wartezeit beim Beichtdienst verkürzt. Und neben dem kirchlichen Gesang darf es auch gerne mal ein Song von den Rolling Stones sein. Auch ansonsten präsentiert dieser sich sehr menschlich, nie weltfremd und äußerst sympathisch. Ein wenig lernt man durch ihn natürlich auch das Leben im Konvent kennen, welches bei den Ordensbrüdern sehr harmonisch, beschaulich und freundschaftlich abläuft. Während des Essens wird schon einmal ein Krimi vorgelesen und sonntagabends muss natürlich der Tatort geschaut werden. Hierbei wird immer taper mit gerätselt, wer denn nun der Mörder war, meist gewinnt hierbei Pater Pius. Die restliche und somit die meiste Zeit gehen die Ordensbrüder natürlich ihrer kirchlichen Arbeit und dem Ordensleben nach, welches sie sehr ernst und gewissenhaft erfüllen.

Besonders gut gefallen haben mir die regelmäßigen Einschübe von Radio Donauwelle. Immer wieder berichtet der lokale Radiosender über die neuesten Ereignissen in Spaichingen inklusive Blitzerwarnung, Erfüllung von Hörerwünschen und Werbung von Sponsoren. Und hierbei die Rabattschlacht zwischen den beiden ortsansässigen Optikern zu verfolgen ist wirklich schon sehr witzig. Überhaupt ist der ganze Krimi mit viel Lokalkolorit durchsetzt, das Autorenpaar lässt ihre Figuren immer mal wieder Dialekt reden und man nimmt auch ein wenig am kleinstädtischen Leben teil und erfährt so einiges über seine Einwohner.

Wie gesagt liegt die reine Ermittlungsarbeit nicht im Fokus, kommt natürlich aber auch nicht zu kurz. So gehen Verena und Thorben einigen Spuren nach, suchen nach Feinden im Leben des Bürgermeisters, nehmen seine Lebensumstände näher unter die Lupe, aber eine heiße Spur lässt sich lange nicht finden, geschweige denn ein Motiv. Tatkräftige Unterstützung bei den Ermittlungen erhält Verena hier von Pater Pius, den sie seit ihrer Kindheit kennt und sehr mag. Er liefert ihr auch einen entscheidenden Hinweis, der sie schlussendlich auf die richtige Spur führt.

Zwischen den beiden Ermittlern herrscht anfangs ziemlich dicke Luft. Die burschikose Kommissarin, die ständig gegen sich selbst wettet, wie lange sie für eine Wegstrecke benötigt und sich bei Gewinn meist mit süßen Teilchen belohnt, kann ihren geschniegelten, machohaften Assistenten anfangs überhaupt nicht leiden. Das Nordlicht wechselt die Dienststellen immer dann, wenn er sich von einer Freundin trennt und dies traf in der Vergangenheit ziemlich häufig zu. So sind entsprechende Stellen im Norden Deutschlands mittlerweile ziemlich rar gesät und dadurch ist Thorben nun im „Schwabenländle“ gelandet. Und auch hier fängt er sofort an, bei dem weiblichen Geschlecht anzubandeln. Sehr zum Ärgernis von Verena. Doch so nach und nach stellen Beide fest, dass so unsympathisch der Andere doch nicht zu sein scheint. Diese zaghafte Annäherung der Beiden haben Porath/Braun wunderbar umgesetzt.

Überhaupt gelingt es ihnen sehr gut, ihren Charakteren fast augenblicklich Konturen zu geben und recht originell zu zeichnen. Einige Figuren entsprechen schon ein wenig dem Klischee, wie beispielsweise der stellvertretende Bürgermeister, wobei sein Verhalten aber herrlich witzig geschildert wird. Dann sind wieder Charaktere vorhanden und hier ganz besonders Pater Pius, die so ganz anders reagieren, als man anfangs angenommen hat und einen dadurch natürlich immer auch mal wieder in ihrem Verhalten überraschen, was auch bei dem Ermittlerduo der Fall ist.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.02.2011
Ahnentanz
Graham, Heather

Ahnentanz


sehr gut

Ein Genie ohne Fehler
Nach dem Hurrikan Katrina ist es in New Orleans durch überirdische Gräber nicht so ganz ungewöhnlich, einen menschlichen Knochen zu finden. Doch Aidan Quinn, der zusammen mit seinen Brüdern eine Plantage geerbt hat, ist trotzdem skeptisch. Der Privatdetektiv lässt seine Beziehungen spielen und beginnt mit den Ermittlungen. Allerdings ist das Interesse der örtlichen Polizei relativ gering, selbst als Aidan kurze Zeit später einen weiteren menschlichen Knochen findet. Bei seinen Ermittlungen lernt er auch die Hellseherin und Tarotkartenleserin Kendall kennen. Die junge Frau hat eine enge Beziehung zur Plantage, denn sie kannte die letzte Besitzerin sehr gut und pflegte diese auch bis zu ihrem Tod auf der Plantage. Bald entdecken Kendall und Aidan, dass in den letzten 10 Jahren mehrere junge Frauen in New Orleans spurlos verschwunden sind, und dass diese Vermisstenfälle in Verbindung mit der Plantage stehen. Beide sind der festen Überzeugung, dass hier ein Serienmörder aktiv ist und ahnen nicht, dass dieser bereits Kendall ins Visier genommen hat.

Zwar dauert es ein wenig bis sich richtige Spannung aufbaut, da Heather Graham sich zuerst recht viel Zeit nimmt, ihre Protagonisten vorzustellen, jedoch ist dies nie langatmig. Schuld daran ist vor allem die Tatsache, dass die Autorin bereits recht früh einige unheimliche, merkwürdige Situationen eingebaut hat, die schon einmal die Neugier anfachen. Zusätzlich gelingt es ihr auch fast sofort, eine mysteriöse Atmosphäre aufzubauen, die perfekt zum Flair New Orleans passt und so passen die merkwürdigen Erscheinungen wie der Geist der Weißen Frau oder auch die traurige Geschichte aus der Vergangenheit der Plantage perfekt zur Stadt.

Und die Story an sich gestaltet sich von Anfang an auch äußerst mysteriös und unheimlich. So beginnt Heather Graham mit einem Rückblick in die Zeit des Bürgerkriegs, als ein schreckliches Schicksal die Plantage ereilt hatte, deren Geschehnisse Auswirkungen bis in die Gegenwart haben. Überzeugend gelingt es der Autorin auch, die Geistererscheinungen und auch sonstige übernatürliche Phänomene glaubhaft darzustellen, da selbst ihre Protagonisten anfangs daran zweifeln und diese nicht wahrhaben wollen.

Die Erzählstränge wechseln ständig zwischen Aidan und Kendall und enden natürlich genau an einer äußerst markanten oder spannenden Stelle und ab einer gewissen Zeit kommt auch der Mörder zu Wort, jedoch kennt man bis zum Schluss dessen Identität nicht. So ist der Spannungsaufbau durchweg gut gelungen, stellenweise sind einige unvorhersehbare Wendungen vorhanden, nur das Motiv war für mich jetzt nicht ganz so einleuchtend.

Bei den beiden Protagonisten Kendall und Aidan ist von Anfang an absehbar, dass sich zwischen den Beiden eine Liebesbeziehung entwickeln wird, die jedoch gut dosiert in die Story eingebettet ist und nicht überladen wirkt. Kendall ist eine junge Psychologin, die davon träumt, irgendwann einmal ein kleines Theater zu eröffnen. In der Zwischenzeit betreibt sie mit ihren beiden Freunden Mason und Vinnie einen kleinen Laden, in dem sie anderen Menschen die Karten legt und allerlei Souvenirs verkauft. Aidan tritt sie anfangs äußerst distanziert gegenüber, da sie ihn für einen ungehobelten, gefühlskalten Mann hält. Allerdings ist diese Haltung für Aidan nur eine Art Selbstschutz, den er sich durch eine Tragödie einige Jahre zuvor selbst aufgebaut hat.

Alles in allem ist "Ahnentanz" ein spannender Thriller mit einem ordentlichen Touch zum Übernatürlichen, liebenswerten Protagonisten und einer durchweg fesselnd erzählten Story. "Ahnentanz" ist übrigens der Auftakt einer Trilogie.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.