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Magnolia
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Bayern

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Insgesamt 622 Bewertungen
Bewertung vom 14.02.2022
Gala und Dalí - Die Unzertrennlichen / Berühmte Paare - große Geschichten Bd.1 (eBook, ePUB)
Frank, Sylvia

Gala und Dalí - Die Unzertrennlichen / Berühmte Paare - große Geschichten Bd.1 (eBook, ePUB)


gut

Berühmte Paare – große Geschichten. Der Aufbau Verlag widmet den ersten Band seiner neuen Reihe Gala und Dali. Unzertrennlich waren sie - Gala Éluard und Salvador Dali. Sie war mit dem Dichter Paul Éluard verheiratet, als Dali sie das erste Mal sieht und ihm nicht mehr aus dem Sinn geht. 1929 war das, Dali noch jung und schüchtern, zudem zehn Jahre jünger als diese so faszinierende Frau.

Hinter Sylvia Frank verbirgt sich ein Autorenpaar, deren Recherchen sich ziemlich aufwendig gestalteten, wie sie zum Schluss verraten. Waren Dali und Gala doch Meister der Geheimhaltung und Verwirrung – dieses Versteckspiel war ihre Verteidigung. Wer mag es ihnen verdenken, jeder hat ein Anrecht auf Privatsphäre.

Gerne lese ich von berühmten Persönlichkeiten, von deren Leben. Salvador Dali – seine „Beständigkeit der Erinnerung“, die fließende Zeit - wer kennt dies nicht? Er zählt als einer der Hauptvertreter des Surrealismus. Ein Exzentriker war er, so ist er bei mir abgespeichert. Wobei eher seine surrealistische Phase, dargestellt in seinen Gemälden, im Vordergrund steht. Gala dagegen war mir nicht geläufig. Ihr Kennenlernen, Salvadors Schüchternheit und Galas zupackende Art vermitteln eher ein Bild, als ob sie ihn an die Hand nimmt, ihn ans Leben heranführt.

Ihre ersten gemeinsamen Jahre werden hier gut lesbar aufbereitet. Gala hatte ein sorgenfreies Leben mit Paul und doch zog es sie hin zu dem jungen, unbekannten Künstler. In Katalonien, in dem Küstenort Cadaqués finden sie sich. Das einfache Leben hier, die bodenständigen Menschen, die Landschaft und auch das Kulinarische werden anschaulich dargeboten. Im Vordergrund ist die fiktive Handlung, wir treffen zudem in Paris auf Persönlichkeiten in der Künstlerszene wie etwa Man Ray, lesen von den schwierigen Jahren, in denen die Liebe zueinander da war, es aber immer an Geld mangelte.

Das Ganze bleibt ein wenig eintönig, Gala ist die starke Frau an seiner Seite, Salvadore eher der junge Mann, der sich dank ihrer Hilfe vom dominanten Vater befreien konnte. Ich hätte mir mehr Dali gewünscht, seine Werke geben viel her. Gala als seine Muse, die sie zweifellos war, kommt mir in dieser Rolle zu kurz. Eine größere Zeitspanne hätte dem Roman gut getan, Dali war eine faszinierende, eine schillernde Persönlichkeit, die hier so gar nicht durchkam.

Das Cover passt zu dem eben Gelesenen ganz gut, es ist bieder, strahlt aber doch sehr viel Lebensfreude aus. Da sind zwei, die sich mögen, sich vertrauen, füreinander da sind. Ein Foto von damals, ein wenig verblasst.

Der Beginn einer großen Liebe – es hätte leidenschaftlich sein können. Unterhaltsam war es allemal und doch blieb es etwas farblos inmitten all der Farben, die den großen Maler zeit seines Lebens umgeben hat.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.02.2022
Die Stimme des Wahns / Ackerman & Shirazi Bd.3
Cross, Ethan

Die Stimme des Wahns / Ackerman & Shirazi Bd.3


sehr gut

Francis Ackerman jr. ist wieder gefordert. Der dritte Band um den berüchtigten Serienmörder ist endlich da. In einem der sichersten Strafanstalten der Welt sollte er einsitzen – Demon. Wie sich herausstellt, ist da eher ein umprogrammierter Jemand, der eigentliche Verbrecher ist nach wie vor auf freiem Fuß. Das ruft Ackerman auf den Plan denn er weiß, dass der echte Demon auf Rache sinnt.

Es sind mehrere Handlungsstränge, die jeder für sich spannend und undurchschaubar daherkommen. Wie kann es sein, dass der sicher hinter Gitter geglaubte Serienmörder einen Doppelgänger ins Gefängnis schleusen konnte?

Ackermans Partnerin Nadia Shirazi hat gleich mal ihren Auftritt, die Dialoge zwischen den beiden sind gelungen, sie bietet ihm ordentlich Paroli. Leider geht Nadia im Laufe der Handlung ziemlich verloren, es wird zunehmend ein Alleingang von Francis. Dafür tritt Marcus (Francis Bruder) und Dylan, dessen Sohn, auf den Plan. Was hat Demon mit ihnen vor? Und im U-Bahn-Tunnel wird es direkt surreal, hier wären Wahnvorstellungen durchaus angebracht.

Bösartig, hinterhältig, ja teuflisch geht es zu, eine Gemeinschaft von Killern schreckt vor nichts zurück. Der Wettlauf mit der Zeit beginnt, denn Demon ist gut gerüstet. Ein perfides Spiel - gute Nerven sind unabdingbar.

„Die Stimme des Wahns“ hat es in sich, auf der rasanten Suche nach ihm, dem Demon, ist der Abgrund so manches Mal nicht weit. Es knüpft an die beiden Vorgängerbände an, jedoch kann man in diesen dritten Band einsteigen, ohne die Stimmen des Zorns und die der Rache zu kennen. Gut ins Geschehen integrierte Rückblenden machen das möglich. Aber warum sollte man?

Auch wenn dieser dritte Band nicht ganz so stark daherkommt wie die ersten beiden, so habe ich ihn doch sehr genossen, er hat mir so manch gruselige Lesestunde beschert. Noch immer gilt: Man sollte sich nicht mit Francis anlegen!

Es wird wohl einen nächsten Band geben, das offene Ende deutet darauf hin. Wohin wird Francis Ackermans Reise gehen? Ich werde hoffentlich nicht zu lange auf eine Antwort warten müssen.

Bewertung vom 12.02.2022
Die dritte Hälfte eines Lebens
Herzig, Anna

Die dritte Hälfte eines Lebens


ausgezeichnet

Krimmwing ist überall. „Die dritte Hälfte eines Lebens“ ist irgendwo in Österreich angesiedelt. Anna Herzig erzählt von der Intoleranz, die sich durch die Dorfgemeinschaft in ihrer Borniertheit noch verstärkt.

In dieses schmale Buch musste ich schon erst hineinfinden, aber dann kommt es umso wuchtiger daher. Wuchtig nicht im Sinne von Action, die einfachen Sätze, die paar Wörter reichen, um alles zu sagen.

Jeder weiß alles von jedem und manchmal weiß der andere sogar mehr als man selbst. So ist das eben im Dorf. Es war schon immer so und wird immer so sein. Wenn du anders bist, nicht gerade der Norm entsprichst, hast du es hier nicht einfach.

Was man gehört hat – das erzählt Anna Herzig zuerst. Von dem Rathbauern, der sich schminkt, der sich schöne Sachen bestellt. Niemand weiß, was in den Päckchen ist, aber dass er anders ist, das hat man gehört. Der Seppi mit seiner dunklen Hautfarbe kann das eh nicht verbergen, aber spüren soll er schon, dass er anders aussieht. Und dann erst die Rosa, alleinerziehend ist sie, das geht doch nicht! Hier auf dem Dorf herrscht Zucht und Ordnung. Meint man. Was die Leute sagen - das ist das, was sie daraus machen. Aus all den Gerüchten, den Unterstellungen entstehen Ausgrenzungen. Unerbittlich sind sie in ihrer Engstirnigkeit. „Die Wahrheit interessiert niemanden, weil sie nichts hergibt.“

„Die dritte Hälfte eines Lebens“ beweist, dass es nicht immer vieler Worte braucht, um die zwischenmenschlichen Unzulänglichkeiten glasklar darzulegen. Nicht anklagend, eher wie nebenher erzählt und doch so treffend.

Der nicht mehr ganz so frische Apfel auf dem Tisch des Covers sieht nicht gerade zum Anbeißen aus. Findet sich noch einer, der ihn wertschätzt? Da gibt es so einiges auszusetzen an ihm – eine Metapher für die dörfliche „Idylle“?

Ein paar Mußestunden braucht es schon, um dem Buch gerecht zu werden. Wer sich auf diese Dorfgemeinschaft einlassen will, sollte sich „Die Dritte Hälfte eines Lebens“ nicht entgehen lassen.

Bewertung vom 11.02.2022
Sternstunde / Waldfriede-Saga Bd.1
Bomann, Corina

Sternstunde / Waldfriede-Saga Bd.1


ausgezeichnet

„Sternstunde“ ist der erste Band um die Schwestern von Waldfriede. Corina Bomann hat mir mit der Geschichte des Klinikums Waldfriede nahe Berlin kurzweilige Lesestunden beschert.

Im Sommer 1916 rudert Martin mit seiner Hanna hinaus, sie sind jung und glücklich, machen Zukunftspläne. Natürlich wollen sie heiraten, was sonst. Der Einberufungsbefehl kommt ihnen dazwischen, schwer verwundet wird er zurückgebracht und kurz darauf stirbt er. Bald danach bekommt Hanna das Angebot, ins neu gegründete Klinikum Waldfriede zu gehen. Die junge Krankenschwester packt mit an, ist maßgeblich am Aufbau der Klinik beteiligt. Der Klinikleiter Dr. Conradi schätzt sie sehr, was natürlich so manchen Neider auf den Plan ruft.

Corina Bomann hat sich von der Chronik des Hauses inspirieren lassen. Diese wurde von Hanna Rinder niedergeschrieben – in „Sternstunde“ heißt sie Hanna Richter. Sie war Röntgenschwester und Dr. Conradis rechte Hand. Wenn man sich ein wenig mit den Anfängen des Krankenhauses beschäftigt stellt man schnell fest, dass dies alles wirklich so war. Dr. Conradi war Adventist, er erwarb ein ziemlich heruntergekommenes Gebäude mit einem großen Grundstück im Bezirk Zehlendorf, das – unterstützt von den Adventisten – in mühevoller Arbeit im April 1920 seinen Betrieb aufnehmen konnte. Er hatte Widersacher und doch gelang es ihm, in schweren Zeiten durchzuhalten.

Den einzelnen Teilen vorangestellt sind Auszüge aus der Chronik des Krankenhauses Waldfriede. Sie geben kurze, sehr interessante Einblicke, mit welchen Herausforderungen sie zu kämpfen hatten, aber auch welche Fortschritte sie machten. „Es war der 29. Dezember 1919…“ „… ergab die oberflächliche Besichtigung des Sanatoriums auch ein leidlich befriedigendes Ergebnis, so stellte sich doch bald heraus, dass die Anstalt, die während des Krieges als Lazarett gedient hatte, stark verwohnt war und einer gründlichen Überholung bedurfte…“

Der Beginn der vierteiligen Saga um das Klinikum Waldfriede ist bestens gelungen. Die Autorin ist immer nahe an der Wirklichkeit, die Aufbaujahre dieses Krankenhauses und den medizinischen Fortschritt bringt sie ihren Lesern unterhaltsam näher. Das historisch belegte wird mit den fiktiven Elementen moderat angereichert. Hanna ist eine sehr einfühlsame junge Frau, die man einfach mögen muss. Sie hat das Herz auf dem rechten Fleck, auch wenn sie in privaten Dingen manchmal zu zaghaft agiert. Andere Charaktere gehen da schon forscher vor. Wohl dosiert fließen das Zwischenmenschliche mit all den Intrigen, Bosheiten und Neid mit ein, aber auch Freundschaft, Vertrauen und ein wenig Liebe gehören dazu und runden das Ganze ab.

Es hat mich gefreut, die Schwestern und all die anderen von Waldfriede ein Stück ihres Weges begleiten zu dürfen, dem Klinikalltag nachzuspüren. Von 1919 bis 1924 war ich dabei und bin auf den im Sommer dieses Jahres erscheinenden zweiten Teil „Leuchtfeuer“ sehr gespannt.

Bewertung vom 10.02.2022
Ein Grab für zwei
Holt, Anne

Ein Grab für zwei


sehr gut

Die erfolgreiche Langläuferin Hege Morell steht vor den Scherben ihrer Karriere – sie wird des Dopings beschuldigt. Während ihr Vater die Rechtsanwältin Selma Falck beauftragt, Licht ins Dunkel zu bringen, hat diese selbst mit schwerwiegenden Anschuldigungen zu kämpfen. Nicht genug damit, erschüttert den norwegischen Langlaufverband die Nachricht vom Tod eines jungen Läufers.

Anne Holt ist eine der erfolgreichsten Krimiautorinnen Skandinaviens und hat hier den ersten Fall einer neuen Reihe um die Juristin Selma Falck vorgelegt. Aus der arrivierten Anwältin Selma ist eine Verliererin geworden, ihre Spielsucht hat ihr alles genommen.

Es sind mehrere Handlungsstränge, die es zu entwirren gilt. Da ist die ziemlich heruntergekommene Selma Falck, die in ihrer sympathisch-unsympathischen Art sehr lebendig wirkt. Sie hat keine geradlinige Karriere vorzuweisen – nein. Da ist der Bruch, der Wendepunkt und dann wird sie durch ein entsetzliches Ereignis direkt hineingezogen in allzu finstere Machenschaften. Der Verdacht des Dopings zieht sich durch. Wird Selma diese schweren Anschuldigungen gegen Hege Morell entkräften können? Auch dem tödlich verunglückten Langläufer haftet der Dopingverdacht an. Zieht da jemand im Hintergrund die Fäden und wenn ja – warum?

Die Charaktere haben Ecken und Kanten und das nicht zu knapp. Spielsucht und Doping sind Themen, auch die Pennerszene wird ein wenig ausgeleuchtet und alles miteinander bildet ein komplexes Ganzes, das jedoch zuweilen Längen aufweist. Dennoch warte ich gespannt auf das zweite Buch um Selma Falck.

USB Audio hat „Ein Grab für zwei“ in 13 Stunden und 26 Minuten als ungekürzte Hörbuchfassung vorgelegt, nuanciert gesprochen von Katja Bürkle. Die einzelnen Personen sind fassbar und klar zu unterscheiden, den häufigen Szenenwechsel hat sie gut gemeistert, man kann sich die einzelnen Sequenzen gut vorstellen. Ein kriminalistisches Hörerlebnis.

Bewertung vom 08.02.2022
Gemeinsam gegen Osteoporose
Riepenhof, Helge;Stromberg, Holger

Gemeinsam gegen Osteoporose


ausgezeichnet

Osteoporose schleicht sich an, die Knochenbrüche, die angeknacksten Knochen sind unausweichlich. Meist nimmt man dies erst ernst, wenn der Knochenschwund schon fortgeschritten ist, die Knochendichtemessung ein Ergebnis liefert, das man lieber verdrängen würde. Man kann durchaus was tun – die Krankheit zurückdrängen, wenn man früh genug dagegen etwas unternimmt oder den weiteren Abbau aufhalten, zum Stillstand bringen.

„Gemeinsam gegen Osteoporose“ ist in drei Abschnitte gegliedert und jeder einzelne hat wertvolle Tipps, gibt Anregung und Hilfestellung.

Da wäre zum einen die richtige Ernährung. Was brauchen unsere Knochen, um uns noch lange durchs Leben zu tragen? Richtig essen heißt auch, täglich Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente zu sich zu nehmen, damit unsere Knochen gesund und kräftig bleiben. Die Knochenräuber kommen zur Sprache und die wichtige Aufbauhilfe Kalzium plus Vitamin D, das Eiweiß in seiner Funktion. Ein richtig guter, sehr interessanter Ratgeber, kurzweilig und informativ.

Der mittlere Teil bietet viele Rezepte mit Fotos. Nicht alles werde ich nachkochen, einiges etwas abwandeln und anderes anstatt zum Frühstück mittags oder abends essen.

Last but not least die Bewegung – auch hier ist alles sehr übersichtlich dargelegt mit guten Tipps, die leicht in den Alltag zu integrieren sind. Durchhalten, sich selbst motivieren, die richtigen Übungen für sich finden – die Bewegungs-Basics sind richtig gut.

Der Ratgeber ist sowohl für jene, die bereits mit Osteoporose zu kämpfen haben als auch für diejenigen, die vorbeugend dieser Volkskrankheit die Stirn bieten wollen. Es geht einfacher als gedacht, dabei gewinnt man viel Lebensqualität.

Bewertung vom 06.02.2022
Dschinns
Aydemir, Fatma

Dschinns


ausgezeichnet

Lang ersehnt und nun endlich ist es soweit – die Frührente macht es für Hüseyin möglich, zurückzugehen in sein Heimatland. Vor nunmehr 28 Jahren kam er hierher, holte später seine Frau und die Kinder nach. Nicht alle auf einmal, aber doch sind sie hier heimisch geworden. Zumindest die nächste Generation dieser Gastarbeiter, die dringend benötigt wurden, aber dennoch nie so richtig dazugehörten.

In Istanbul hat Hüseyin eine Wohnung gekauft, er ist schon mal vorgefahren und nun erwartet er sie - aber es ist zu spät, den Herzinfarkt überlebt er nicht. Sein Begräbnis steht an und sie alle machen sich auf den Weg. Sedva, die älteste Tochter mit ihren beiden Kindern verpasst den Flug, kommt – wie immer – zu spät. Und da sind noch Ümit, der jüngste Sohn, Peri und Hakan. Sie alle treffen irgendwann ein bei Emine, die in der Wohnung auf sie wartet.

Es ist die Geschichte einer Familie, die Eltern tief verwurzelt in einem Dorf in der Türkei. Hier fing alles an, sie sind fortgegangen und doch waren sie immer hier gefangen, konnten sich nicht befreien. Die Arbeitsmigranten blieben weitgehend isoliert in ihrem Gastland, erst ihre Kinder kamen an in der deutschen Gesellschaft, mussten aber mit vielen Vorurteilen kämpfen. Während die Älteren ihr Herkunftsland als ihre Heimat ansahen, war den Jungen die Türkei fremd. Die Sprachlosigkeit untereinander ging einher mit dem Auseinanderdriften der Familie. Die Gräben zwischen den Generationen waren schier unüberwindbar.

Unaufgeregt, nahezu sanftmütig erzählt Fatma Aydemir von Ungeheuerlichem. Sie alle kommen zu Wort, ich nehme Anteil am Schicksal der einzelnen. Über allem schwebt eine Lebenslüge, Stück für Stück schält sich die Vergangenheit heraus.

„Die Älteren haben etwas gesagt und wir haben es gemacht. Es war damals so.“ Es ist eine Anklage an das Althergebrachte - „er hat dir erst deine Muttersprache genommen und dich dann in ein Land gebracht, in dem du gar keine Sprache mehr hattes.“

Die einzelnen Kapitel bringen mir die Familienmitglieder näher, deren Lebenssituation, ihre Wege und Ziele. Dargeboten wie aus der Ferne und doch ist jeder einzelne ganz nah, es ist ein tiefer Blick in deren Innerstes. Gesellschaftliche Zwänge, deren Moralvorstellung und Vorurteile prägen ihr Miteinander, vieles ist nur schweigend zu ertragen, Konflikte sind vorprogrammiert. Was geben wir von uns preis, was darf nach außen dringen, was will unbedingt verdrängt werden, wie wollen wir akzeptiert werden?

„…wenn alles anders gekommen wäre, die Sprachlosigkeit nicht gewesen wäre, die unüberwindbaren Hürden nicht gewesen wären…„

Dschinn - im islamischen Glauben ist es ein Lebewesen, das gemeinsam mit den Menschen die Welt bevölkert, selber aber unsichtbar bleibt. Nüchtern betrachtet ein Aberglaube, der Ängste schürt, von bösen Geistern weiß, die diejenigen, die sich nicht vor ihm schützen verrückt macht, von deren Körpern Besitz ergreift.

Dschinns ist ein leises Buch, das nicht anklagt. Das von der Sprachlosigkeit zwischen den Generationen berichtet, die schier unüberwindbar ist, die Akzeptanz untereinander ebenso. Eine Familiengeschichte, die direkt ins Herz dringt. Die sich einschleicht, berührt und mitfühlen lässt. Jeder einzelne ist wertvoll, seine Entscheidungen für ihn richtig. Ein ganz besonderes Buch, meisterlich erzählt.

Bewertung vom 05.02.2022
Unser kostbares Leben
Fuchs, Katharina

Unser kostbares Leben


sehr gut

In einer Stadt nahe Frankfurt treffen sie sich bevorzugt im nahen Schwimmbad: Minka, Caro und Guy. Ein kühner Sprung vom nagelneuen Duraflex-Hochleistungs-Sprungbrett wird Guy zum Verhängnis.

Währenddessen wird das vietnamesische Waisenkind Claire mit noch zwei kleineren Mädchen aus ihrem geschundenen Land ausgeflogen und direkt ins Kinderheim der Stadt gebracht. Ohne Sprachkenntnisse kommen sie an, aber sehr bald erkennt Karin Lavalette, die jeden zweiten Tag die Kinder ärztlich betreut, dass in Claire sehr viel Potential steckt und fördert diese nach Kräften.

Aus der Sicht dreier Mädchen, die anfangs zehn Jahre alt sind, erzählt Katharina Fuchs die Geschichte ihrer Kindheit und Jugend aus den 70er und 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Es ist viel passiert in diesen Jahren. Die Industrie konnte ihre Abwässer ungehindert und ungefiltert in die Flüsse leiten, der Umwelt wurde nicht viel Beachtung geschenkt. Die Anfänge der Grünen mit ihrer Frontfrau Petra Kelly, die Anti-Atomkraft-Demos und der Kampf gegen die Flächenversiegelung waren allgegenwärtig. Thematisiert werden Tierversuche in seiner allzu schrecklichen Form und Experimente mit Psychopharmaka, die Forschung diente als Rechtfertigung. Die Ressourcen auf unserem Planeten sind endlich, in diesen Jahren wurde aus dem Vollen geschöpft, die Umwelt stand nicht im Mittelpunkt.

Ja, unser Leben ist kostbar. Es hat sich einiges geändert in Bezug auf Umweltzerstörung und Naturschutz, die Menschenrechte müssen immer noch erkämpft werden und doch ist schon einiges geschehen. Der Weltfrieden ist nur allzu brüchig und es wird sie immer geben – diejenigen, die um ihres eigenen Vorteils willen tricksen und vertuschen.

Das Buch atmet die 70er und 80er Jahre, das Cover mit dem verblassten Foto führt direkt zurück in diese Zeit. Katharina Fuchs hat durch ihre Protagonisten das Gefühl jener Jahre gut vermittelt, anhand der einzelnen Personen war der Focus auf die diversen Themen gelegt. Was mich besonders betroffen gemacht hat, waren die als Vitamine gereichten Neuroleptika an Kindern, die gar nicht wussten, was sie da tagtäglich schlucken. Zehn Jahre begleiten wir Minka, Caro, Claire und ihre Familien, erfahren von ihren politischen Ansichten, in denen die beiden Volksparteien noch ganz vorne waren.

Das Buch hat mich gut unterhalten und mir nochmal vor Augen geführt, dass man nie aufhören darf das anzuprangern, was uns die Lebensgrundlage raubt. Die Lebenswege der so unterschiedlichen Freunde zeichnen ein gutes Bild von damals. Aber – vor allem im mittleren Teil hatte ich das Gefühl, als ob das Geschehen der ganzen Welt erzählt werden müsste. Diese geballte Ladung an geschichtlichem Wissen tut der Story nicht gut. Versöhnt hat mich dann das letzte Drittel, hier steht unsere Geschichte wieder im Vordergrund, gut eingebettet in diese Jahre.

Bewertung vom 01.02.2022
Acqua Mortale / Simon Strasser Bd.3 (eBook, ePUB)
Conti, Giulia

Acqua Mortale / Simon Strasser Bd.3 (eBook, ePUB)


sehr gut

Acqua Mortale - ein Piemont-Krimi – ist der dritte Band der erfolgreichen Krimireihe um den ehemaligen Polizeireporter Simon Strasser. Am Lago d’Orta ist er seit nunmehr acht Jahren zuhause, er hat Frankfurt den Rücken gekehrt und genießt seine Tage. Zuweilen bittet ihn Carla Moretti, die Polizistin, um Unterstützung.

Als Franco Borletti während eines Halbmarathons zusammenbricht, stellt sich bald heraus, dass er vergiftet wurde. Sein Reisunternehmen wird genauso durchleuchtet wie die Umweltaktivisten, seine noch-Ehefrau und auch seine deutsche Freundin. Ein weiterer Todesfall gibt neue Rätsel auf, die Ermittlungen lassen nichts Gutes ahnen.

Die Story hat neben den kriminalistischen Elementen viel Charme. Die italienische Lebensart, das Essen in Gesellschaft, der Wein, eine Prise Amore, die herrliche Landschaft um den Lago d’Orta und mittendrin der Halbitaliener Simon - wenn Carla dabei ist, ist er natürlich Simone - ein guter Schuss Privates vermengt mit den Todesfällen und deren Aufklärung, all das ergibt einen Wohlfühlkrimi mit ein wenig Urlaubssehnsucht.

Den sympathischen Simon beneide ich schon ein wenig, ist er doch angekommen in meinem Italien. Er spricht fast perfekt Italienisch, hat ein Haus am See - er ist ein liebenswerter Charakter. Auch wenn er zuweilen einen sehr eigenen Kopf hat und seine Alleingänge nicht immer gut ankommen.

Ein kurzweiliger Piemont-Krimi vor herrlicher Kulisse und Charakteren von liebenswert bis unangenehm, verlogen und hinterhältig. Die kriminelle Energie ist bei einigen nicht zu leugnen, die Aufklärung ist dann doch ein wenig zu holprig geraten.

Bewertung vom 01.02.2022
The Maid / Regency Grand Hotel Bd.1 (1 MP3-CD)
Prose, Nita

The Maid / Regency Grand Hotel Bd.1 (1 MP3-CD)


sehr gut

Ein Cosy Crime der besonderen Art ist Nita Prose mit „The Maid“ gelungen. Molly Gray ist Zimmermädchen mit Leib und Seele, ihr entgeht kein Staubkörnchen. Fingerabdrücke findet man niemals, nachdem Molly all die Zimmer und die eleganten Suiten wieder in den Zustand der Perfektion versetzt hat. Ihr Leben ist das Regency Grand Hotel, mit ihrer Großmutter lebt sie zurückgezogen in der gemeinsamen Wohnung. Als diese verstirbt, bleiben ihr einige ihr wohlgesinnte Kollegen und in Giselle Black findet sie sowas wie eine Freundin, nachdem Mr. Black von Molly tot in seinem Zimmer aufgefunden wurde. Bald stellt sich heraus, dass hier jemand nachgeholfen hat. Aber wer? Molly gerät in Verdacht.

Mit Molly hat Nita Prose eine liebenswert naive Protagonistin erschaffen, die niemandem etwas Böses will. Alles, aber wirklich alles, glaubt sie. Ihre Arglosigkeit wird von einigen ziemlich dreist ausgenutzt, denn auf Molly ist einfach Verlass und kritisch hinterfragen ist nicht ihr Ding. Die Lebensweisheiten ihrer Großmutter fließen mit ein, diese sind für Molly Stütze und Halt, sie sieht in jedem das Gute, ist unkritisch und allzu gutgläubig. An sich selbst hingegen stellt sie hohe Ansprüche, sie lässt nur das Vollkommene gelten.

Dem Hörbuch von „The Maid“ habe ich habe ich gelauscht, eingesprochen von der wunderbaren Anna Thalbach. Ihr muss man einfach zuhören, mit ihrer ausdrucksstarken Stimme ist sie zurecht eine der gefragtesten Hörbuchsprecherinnen, sie haucht Molly ganz viel Leben ein. Man spürt direkt deren unbedarfte, viel zu vertrauensselige Art. Anna Thalbach gibt jeder Figur seinen unverkennbaren Charakter, passt die Stimmlage sowohl den Protagonisten als auch der Stimmung an. All die schon etwas schrullig anmutenden Szenen hatte ich vor Augen, Molly hat mich in ihre Welt mitgenommen, ich hab sie sofort ins Herz geschlossen.

Das Cover ist perfekt abgestimmt auf Molly – das so typische Türschild mit der nötigen Info, das Zimmermädchen - und ein wenig Blut darf natürlich auch nicht fehlen.

Ein Zimmermädchen ermittelt: Ein unterhaltsamer Cosy Crime mit exzellentem Roomservice, kurzweiligen Dialogen und nicht immer reizenden Charakteren. Vorgetragen von Anna Thalbach, vertont vom Argon Verlag. Ein kriminalistisches, aber doch amüsantes Hörvergnügen.