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Juti
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Insgesamt 631 Bewertungen
Bewertung vom 12.06.2018
Die Tagesordnung
Vuillard, Éric

Die Tagesordnung


ausgezeichnet

Französischer Autor über die Industrie unter Hitler und den Anschluss Österreichs

Vergessene Geschichte aufarbeiten oder was will der Autor mit dieser kurzen Novelle, wenn wir dieses Buch nicht lieber als Sachbuch ohne Fußnoten ansehen.
Es beginnt mit deutschen Industriellen, die bei den Nazis zu Gast sind und sie vor den letzten Wahlen finanziell unterstützen, damit endlich die lästige Demokratie abgeschafft wird. Dann kommt der englische Politiker Halifax zu Besuch, ohne Tacheles zu reden.
Das Hauptthema aber ist der Besuch Schuschnigg auf dem Obersalzberg bei Hitler und wie er keinen Widerstand gegen Hitlers Wünsche äußert, der auch verfassungsrechtliche Bedenken vom Tisch wischt. Warum Österreich keine Hilfe bei europäischen Nachbarn geholt hat, bleibt unbeantwortet. Nur wie Ribbentrop den Engländern die Nachricht des Einmarsches in einen langen Dinner aufschwatzt wird breit dargestellt.

Auch dieser Einmarsch geht schief. Deutsche Panzer bleiben vor Linz wegen Benzinmangels liegen. Die Wochenschau zeigt später nur Jubelbilder. Nazi-Fake-News. Göring will den Einmarsch als Hilfeleistung für die österreichischen Nazis verstehen. Abgehörte Telefonate überführen ihn beim Prozess in Nürnberg.
Tote gab es auch, denn vier Personen haben sich am Tag des Einmarsches umgebracht. Nicht zu vergessen die Toten Juden.

Und was fragt Gustav Krupp: „Wer sind eigentlich all diese Leute?“ und meint die vielen Kriegsarbeiter von Krupp. Nur jeder zehnte überlebt. Sie und nur sie bekommen nach langem Kampf etwas Entschädigung, je weniger, desto mehr Zwangsarbeiter sich später melden. „Die Juden hätten schon zu viel Geld gekostet.“
Aber der deutschen Großindustrie geht es nach wie vor gut.

Ein Buch, das in seiner Einfachheit und Kürze besticht und vergessene Themen aus dem Nähkästchen holt. Es setzt Schwerpunkte und Blitzlichter auf die Historie. Anfangs hatte ich Bedenken 5 Sterne zu vergeben, weil das Buch kein richtiger Knaller ist, aber die Kürze des Buches lässt nicht mehr zu und einen Tag darf man ruhig in dieses Buch investieren.

Bewertung vom 08.06.2018
Wie man mit Fundamentalisten diskutiert, ohne den Verstand zu verlieren
Schleichert, Hubert

Wie man mit Fundamentalisten diskutiert, ohne den Verstand zu verlieren


gut

anspruchsvolle Religionskritik

Gehofft hatte ich auf ein Buch, das gegen Argumente der AFD hilft. Gewundert habe ich mich, dass dieses Buch bereits 1996 erschienen ist. Klar wurde mir, dass dieses Buch mit Fundamentalisten religiöse Fundamentalisten meint, wobei ich gegen Ende Religion an sich in Zweifel gezogen wird.

Das Buch beginnt mit einer Aufzählung verschiedener Argumentationsarten, mühsam und anstrengend. Es fängt einfach an, wenn es heißt, dass ein Verallgemeinerungsprinzip mit einem Ausnahmeargument widerlegt werden kann. Abstrakter ist schon das Gleichheits- oder Gerechtigkeitsprinzip. Dann gibt es das Dilemma oder die Fallunterscheidung („Wer nicht für mich ist, ist gegen mich“ S.29), die Relativierung, das „Wehret den Anfängen“- Prinzip, das mit Hintergrund des Einzelfalls („Derlei ist kein Zufall“ S.36), das Mißbrauchsargument, Analogien und Gleichnisse, verrückte Gegenbeispiele, das Maß halten („es könnte dir noch viel schlechter gehen S.42), historische Argumente, Quellenargumente („weil der Papst es verkündet S.43), Argumente der Zeit (ich würde sagen Tradition), Erfahrung oder Anzahl, Argumente mit Mitleid, du auch Argumente („Wie können die Amerikaner den Nazis die Judenvernichtung vorwerfen, wo sie doch selber die Indianer ausgerottet haben“ S.47) und Argumente „ad nauseam“ und „ad lapidem“.
Auch das nächste Kapitel ist allgemein gehalten. In Fallgruben wird mit roter Hering ein Beispiel gezeigt, dass von der allgemeinen Diskussion ablenkt. Außerdem kann man mit „ignoratio elenchi“ nicht das Gesuchte sondern etwas anderes beweisen. Gegenbeispiele lassen sich auf die Argumentation des Gegners ein, der sie als leuchtende Ausnahme darstellen kann. Auch das kann übertrieben werden, wie Schillers Ode an die Frau.
Dann gibt es Definition von Idealismus und Fanatismus.

Wer das alles überstanden hat, der findet ab S.69 Argumente für Intoleranz. Von nun an (und das geht aus dem Covertext nicht hervor) spielt Religionskritik die herausragende Rolle. Allerdings habe ich immer wieder interessante Bibelstellen gefunden, auch wenn sie in den Anmerkungen nicht immer fehlerfrei angegeben sind. Schleicherts Lieblingsbeispiel ist Calvin, der in Genf den Spanier Servet aufhängen lässt, weil er an der Dreifaltigkeit zweifelt. Wie damit umgegangen wird, ist ein Beispiel schlechter Vergangenheitsbewältigung. (Calvins einziger Fehler…). Aber natürlich schreibt der Autor such Argument für Toleranz, ebenso mit Bibelstellen.

Interne Kritik heißt, dass man sich auf eine Stufe stellt. So wird bei den Hexenprozessen nicht bezweifelt, dass der Teufel wirken kann, sondern man bezweifelt, dass der Teufel einen Leib annehmen kann. Schöner findet der Autor aber die subversive Kritik, was ich als Satire bezeichnen würde. Hier heißt sein Lieblingsautor Voltaire.
Gegen ihn wird das „Limonaden-Syndrom“ angewandt. Coca-Cola enthielt in seiner Anfangszeit tatsächlich süchtig machende Cocastoffe, aber längst wurde die Rezeptur geändert. So ist das auch mit einigen Dogmen der Kirche beispielsweise „außerhalb der Kirche kein Heil“ und Hölle und Verdammnis. König David wird moralisch kritisiert.
Dann zeigt Schleichert am Beispiel der Judenverfolgung wie unpassend heute noch Theologen über die Inquisition schreiben, in dem er nur ein paar Worte ändert, für mich ein Höhepunkt des Buches.
Wenn man den Gegner nicht ernst nehmen muss, darf man über seine Argumente lachen, indem man z.B. zeigt, wie viele Wunder nötig waren, damit das mit der Arche Noah funktioniert.

Inhaltlich ist das Buch wertvoll, am Anfang aber zu allgemein und schwierig, am Ende zu sehr auf Religion fixiert. 3 Sterne.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.05.2018
Die Wurzeln der Welt
Coccia, Emanuele

Die Wurzeln der Welt


schlecht

Pflanzenphilosophie – aber nicht gelungen

Wissen wir denn nicht, dass Tiere zum Überleben andere Lebewesen töten müssen, also vorwiegend Pflanzen? Klar, Pflanzen sind unbeweglich und daher weit mehr von ihrem Standort abhängig. Und man kann es so sehen, dass ihre Vermehrung, im Buch Sexualität genannt, öffentlich stattfindet.

Ich habe dieses Buch im Freibad gelesen und, da ich nichts anderes hatte, mich durch die erste 7 Kapitel mehr und mehr gequält. Dennis Scheck interviewte den Autor in der Sendung am 25.2.2018, daraufhin habe ich die Kapitel 12+13, also mehr als das halbe Buch, gelesen. Ich wusste schon immer, dass Herr Scheck mit seinen Gästen großzügiger umgeht. Dieses Buch verdient aber nur 1 Stern (seit fast einem Jahr habe ich diese Note nicht mehr erteilt).

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.05.2018
Nächste Ausfahrt Zukunft
Yogeshwar, Ranga

Nächste Ausfahrt Zukunft


gut

Tischgespräche mit dem Wissenschaftsjournalisten

Langweilig wurde mir nicht, als ich dieses Buch gelesen habe. Aber der Maßstab für ein Sachbuch muss doch sein, wieviel Neues ich gelernt habe. Und da bleibt die Ernüchterung: Nicht viel.
Neben ernsten Themen und auch politischen Forderungen wird immer wieder Witziges dargestellt. So auf S.237, wo der Autor schreibt, der Stoff Miu Lebensmittel erfunden worden und jeder Achte sagte besser Lebensmittel ohne Miu.

Hauptthema sind die Folgen der Digitalisierung, aber auch Flüchtlinge, Journalismus, Gentechnik und Klimawandel sind ein Thema. Man merkt dem Buch leider an, dass einige Kapitel schon vorher in anderem Zusammenhang veröffentlicht wurde. 3 Sterne.

7 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.05.2018
Von dieser Welt
Baldwin, James

Von dieser Welt


ausgezeichnet

Über Religion und Sexualität

„Alle hatten immer gesagt, John werde später mal Prediger, genau wie sein Vater.“ Mit diesem in der Tat eindrucksvollen Satz beginnt der Roman. Und der Leser fragt sich, was passiert, dass John nun doch kein Prediger wird.

Dieses Buch lebt von der Spannung, die ich nicht verraten will. So hatte ich, wie wohl alle Leser fast 200 Seiten das Gefühl, Deborah hieße seine Mutter, obwohl sie kinderlos blieb, wie das biblische Vorbild übrigens auch. Dann erfährt man von einem Seitensprung des Vaters Gabriel. Aber der daraus gezeugte Sohn wurde getötet, kann also auch nicht John sein. Erst Elisabeth (wer zum Teufel ist das denn? In der Bibel übrigens die „alte“ Mutter von Johannes d. Täufer) bringt Klarheit.
Plausibel ist das alles schon, auch wenn die kinderlose Deborah Gabriel auf seinen Seitensprung hätte ansprechen müssen und es unklar bleibt, wieso Elisabeth ihrem Geliebten nichts von ihrer Schwangerschaft erzählt hat.
Der Schluss nimmt wieder Bezug auf verschiedene Bibelstellen und ist in der Tat mühsam. Zum Glück hat Philipp Tingler auf die Homosexualität Baldwins hingewiesen, die den Schluss verständlicher macht.

Zweites Thema ist in der Tat der Rassenkonflikt. Am Anfang des Buches – eigentlich wird ja nur Johns 14. Geburtstag geschildert (und seine Probleme ins Kino zu gehen haben mit dem Gefühl der Sünde zu tun) – bekommen wir mit, wie Roy, Johns Bruder ein Messer ins Gesicht bekommt. Noch bewegender fand ich aber die sinnlose Festnahme und Haftmisshandlung von Richard, Elisabeths Freund. Leider ist mir nicht klar, wieso er sich nach der Entlassung noch das Leben nimmt.

Alles in allem reichen die kleinen Mängel nicht aus, dem Buch 5 Sterne zu verweigern. Vielleicht habe ich heute einen guten Tag.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.05.2018
Dummheit und Witz
Geisenhanslüke, Achim

Dummheit und Witz


gut

Der Titel des Buches hat mich verführt. Geschrieben von einem Literaturwissenschaftler ist dieses Buch zu hoch für mich. Einzig im Kapitel über Hebel habe ich länger gelesen, da die Kalendergeschichten Hebels noch kurz nachzulesen sind. In anderen Teilen des Buches hätte ganze Romane lesen müssen (Th. Mann Dr. Faustus zum Beispiel). Dazu fehlt mir das Germanistik-Studium. Was ich behalten habe, dass man zwischen Dummheit und Einfalt unterscheidet und dass aus Dummheit Witz entstehen kann wie bei Hebels „Kannitverstaan“.

Bewertung vom 22.05.2018
Kleiner Mann - was nun?
Fallada, Hans

Kleiner Mann - was nun?


ausgezeichnet

Ich habe mit der jetzigen Orginalausgabe zum ersten Mal den Roman gelesen. Und vieles aus dem heutigen Arbeitsleben wiederentdeckt. Mag sein, dass der Unterschied zwischen Arbeiter und Ange­stellten heute nicht mehr so groß ist, aber Solidarität unter den Arbeitnehmern- wo gibt es sie noch?
Nein, als der Junge in Ducherow entlassen wird, war da nicht klar, dass seine Kollegen nicht kündigen würde. Auch als er in Berlin noch die Verkaufsquoten erfüllen will und darum betet, ein Schauspieler kommt und sich Waren für 1.000 Mark zeigen lässt, dann aber nichts kauft. Erinnert das nicht an die Internetgeneration, die im Geschäft sich Waren ansieht und dann im Internet kauft.
Wohlgemerkt 1931 ist das Buch erschienen.
Groß, sehr groß ist auch die Liebesgeschichte zwischen Lämmchen und dem Jungen. Es kann dir noch so schlecht gehen, wenn du einen Menschen kennst, der zu Dir hält.
Auch die Nackterzählung mit Herrn Heilbutt und der Ausflug ins Berliner Nachtleben lassen nichts zu wünschen übrig.
Den Anhang habe ich vor der Lektüre des Romans mit Interesse gelesen. Klingt plausibel. Bestnote.

Bewertung vom 17.05.2018
Die Pest
Camus, Albert

Die Pest


gut

Klassiker, der depressiv macht

Klar, ich denke beim Lesen des Romans an den Ebola-Ausbruch in Afrika. Und sicher ist der Ausbruch einer Epidemie eine Sondersituation für alle Bewohner dieser Stadt, hier Oran.
Man merkt dem Autor sein Hang zur Absurdität an. Der Roman wurde sehr gut auf Wikipedia interpretiert. Ich bewundere die Darstellung der Figuren, fand den Roman aber so deprimierend, dass ich ihn am liebsten weggelegt hätte. Daher 3 Sterne.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.05.2018
Erwachsenensprache
Pfaller, Robert

Erwachsenensprache


sehr gut

Gegen Höflichkeit, Neoliberalismus und Rechtspopulismus

Was bleibt eigentlich dann noch übrig? Aber von vorne.
Der Autor kritisiert die wachsende Ungleichheit, geschaffen durch den Neoliberalismus. Auch die amerikanische Außenpolitik hat in den letzten Jahren keine Frieden gebracht, sondern nur „failed states“. Mit Hilary Clinton als Präsidentin wäre es wohl so weiter gegangen. Anstatt für mehr Gleichheit zu sorgen werden nur Randgruppen wie Homo– und Transsexuelle gleichberechtigt.

Besonders missfällt dem Autor, dass anstatt die Lebensbedingung nur die Sprache verändert wird. Man kommt vom Binnen-I zum * um alle Geschlechter zu berücksichtigen, Wörter wie Negerkönig und Flüchtling werden politisch inkorrekt. Gremien zur Gleichberechtigung schaf­fen nur neue Verwaltungsstellen, für Arbeit in der Forschung fehlen dann diese vorwiegend Frauen. Die Diskussion um die Sprache erschwert auch die inhaltliche Debatte, etwa wie die Missstände des Neoliberalismus beseitigt werden können. Bei den Sozialdemokraten beispielsweise führt dies zu einer europaweiten Krise.

Er schreibt von einem Studenten in Amerika, der der Vergewaltigung verdächtigt wurde, freigesprochen, aber dessen bürgerliche Existens dennoch zerstört wurde. Wie schon bei TTIP, so auch gegen Sex, übernehmen nun auch linksliberale Gruppen rechte Ideen. Damit erklärt er, warum die Amerikaner Trump gewählt habe. Dass Trump gewählt wurde, wusste er schon vor der Wahl, was mich heute ein wenig ärgert (er hätte das Buch vor der Wahl veröffentlichen sollen).

Nach diesen 2 Kapiteln folgt ein theoretischer Teil, der in den Zeitungskritiken fehlt. Vielleicht haben ihn die Journalisten nicht verstanden. Pfaller bezeichnet Lügen aus Höflichkeit im Sinne Kants als weiße Lügen, weil sie niemanden schaden. Er meint, dass diese zunehmen, während schwarze Wahrheiten niemanden überzeugen. Zur schwarzen Wahrheit gehört auch der schwarze Humor, der ganz der political correctness widerspricht. Am Besten gefällt mir das Beispiel des zu Tode Verurteilten, der am Montag gehängt wird und sagt: „Die Woche fängt ja gut an.“
Gut, Pfaller ist Österreicher. Aber ich glaube, dass das Scheitern der FDP bei der Wahl 2013 an der 5%-Hürde zum großen Teil auf die Satire der Heute-Show zurückzuführen ist. Die Bedeutung des schwarzen Humors, also der Satire nimmt in der politischen Diskussion nicht ab, sondern zu.

Im nächsten Kapitel schreibt Pfaller, dass neben der Kultur der Ehre und der Kultur der Würde nun auch eine Kultur des Opfers entstanden ist. Diese Opfer suchen die Öffentlichkeit, um ihre Missstände zu präsentieren aus denen Ressentiements entstehen, da andere für die Missstände verantwortlich sind. Er unterscheidet zwischen Aberglaube, Bekenntnis und Paranoia und zitiert viel Freud, der mich mit seinem „Über-Ich“ schon immer langweilte.

Danach werden die Kapitel kürzer und praktischer. Pfaller beschwert sich über Wörter wie „Teamfähigkeit“, „Raumpflegerin“ und der Suche nach Identität. Er rät zum überschreiten von Prinzipien. Auch versteht er nicht, dass Frauen sich darüber beschweren, wenn Männer ihnen die Welt erklären. Und zum Schluss landen wir noch in der Religion, wobei er sogar Konfession meint.

Es kommt bei einem Sachbuch nicht darauf an, ob man dem Autor immer zustimmt. Es muss neue Erkenntnisse liefern. Das zeigt schon meine lange Zusammenfassung. Ein Stern ziehe ich dennoch ab, weil der Teil über Trump besserwisserisch, der Teil über Religion unnötig und der Identitätsteil langatmig ist. 4 Sterne.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.05.2018
Entlang den Gräben
Kermani, Navid

Entlang den Gräben


sehr gut

Mit Gerd Ruge durch Osteuropa

Ach, ist ja gar nicht Gerd Ruge (der im Sommer 90 wird), ist Navid Kermani.
Aber irgendwie hatte ich das Gefühl mit Gerd Ruge zu verreisen. Immer wieder tauchen neue, interessante Gesprächspartner auf und zu jeder neuen Stadt oder mindestens zu jedem Land wird mit der historischen Entwicklung eingeführt. Außerdem zitiert der Autor gerne aus seiner Reiseliteratur, also von Schriftstellern des jeweiligen Landes. Ja, ich habe in diesem Buch viel Neues erfahren, ich habe aber auch für die etwa 430 Seiten relativ lang gebraucht.

Es ist schon ein Kreuz mit Navid Kermani. Von seinem Buch „Ungläubiges Staunen“ war ich begeistert, daraufhin wollte ich seinen Roman „Dein Name“ lesen. Es war so langatmig, dass ich ihn nicht zu Ende geschafft habe. Kermani sollte sich auf Sachbücher beschränken.

Dieses Buch gehört zu seinen Besseren, auch wenn es kleinere, im Grunde genommen unverständliche Mängel hat. So verstehe ich nicht, wieso im Inhaltsverzeichnis am Buchanfang die Namen der Orte des jeweiligen Tages stehen, während sie bei den Kapitelüberschriften fehlen.
Auch finde ich schade, dass der Eindruck einer großen Reise vermittelt wird, währen der Autor, wir wir im Dank und auch versteckt im Text mehrfach gereist ist. Leicht hätte es doch unterschiedliche Kapitel geben können. Offensichtlich wollte der Autor unbedingt ein zeitloses Reisetagebuch schreiben. 4 Sterne.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.