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Raumzeitreisender
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Ahaus
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Buchwurm, der sich durch den multidimensionalen Wissenschafts- und Literaturkosmos frisst

Bewertungen

Insgesamt 743 Bewertungen
Bewertung vom 31.07.2016
Hundskrüppel
Polt, Gerhard

Hundskrüppel


sehr gut

„Ich seh mich als Chronist meiner Zeit“

Gerhard Polt, bekannter bayerischer Kabarettist und Autor, erinnert sich an die Zeit seiner Kindheit, die er ironisch als „Lehrjahre eines Übeltäters“ bezeichnet. Im Fokus stehen saftig derbe Streiche, die seiner Umgebung schon einmal ein „Du Hundskrüppel, du verreckter!“ entlockt haben. Es ist kein Buch für zartbesaitete Menschen.

Die Geschichten sind kurz gehalten und wirken authentisch. Polt kommt schnell auf den Punkt. Wenn die Streiche nicht echt sind, hätte man sie in der beschriebenen Form für ihn erfinden müssen.

„Aber es geht mir nicht nur um die einzelnen Geschichten, sondern ich hoffe, dass sich das am Ende verdichtet, zu einer Welt oder einer gewissen Haltung, die wir damals hatten“, so Polt in einem Interview. Diese Welt bzw. Haltung wird für die Leser in jedem einzelnen Kapitel erfahrbar.

Wer Gerhard Polt aus den Medien kennt und mag, wird auch dieses Buch mögen.

Bewertung vom 30.07.2016
Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners
Foerster, Heinz von;Pörksen, Bernhard

Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners


ausgezeichnet

Grenzen unseres Erkenntnisvermögens

In diesem Werk wird den Lesern das konstruktivistische Denken nicht auf trockene wissenschaftliche Art und Weise, sondern in Form eines Gesprächs vermittelt. Ursprung ist ein Interview, welches Bernhard Pörksen mit Heinz von Foerster 1998 geführt hat. Aus diesem Interview entwickelte sich ein fruchtbares Gespräch, welches als Buch veröffentlicht wurde. Die Gesprächsform erweist sich als geeignetes Stilmittel zur Wissensvermittlung.

Gleich im ersten von fünf Kapiteln „Bilder des Wirklichen“ geht es um Wahrnehmung, Objektivität und Wahrheit. Unsere Sinne liefern keine naturgetreue Abbildung der Natur. Aber diese Erkenntnis ist nicht neu und gilt nicht nur für den Konstruktivismus, sondern auch für die evolutionäre Erkenntnistheorie. Diese lehnt Heinz von Foerster ab, da sie impliziert, dass es im Laufe der Evolution eine Annäherung an die wirkliche Welt, also an das „Ding an sich“ (im Sinne von Kant), gibt. Für eine Ontologie ist im Konstruktivismus kein Platz. Interviewer Pörksen versucht Heinz von Foerster darauf einzugrenzen, wo denn seine Position liegt zwischen den Extremen „naiver Realismus“ und „Solipsismus“, aber von Foerster lehnt (aus gutem Grund) Kategorisierungen ab.

Im Sinne der evolutionären Erkenntnistheorie haben realitätsferne Entwicklungen keine Chance zu überleben, da sie durch Selektion aussterben. Im Konstruktivismus müssten auch „realitätsferne“ Konstruktionen überleben können. Wenn man bei Rot über die Ampel geht, wird man überfahren, egal welches Konstrukt dem Subjekt zugrunde liegt. Das konstruktivistische Denken offenbart damit Schwächen, die in dem Buch nicht hinreichend behandelt werden. Auch der Konstruktivismus muss sich hinsichtlich des Erkennens auf neurophysiologische Vorgänge beziehen, die aber im Sinne des Konstruktivismus selbst wieder Konstrukte sein müssten. Der Bezug zu den Beobachtungen des Physiologen Johannes Müller auf den ersten Seiten des Buches dürfte so gesehen als Stütze für den Konstruktivismus gar nicht herangezogen werden.

In „Perspektiven der Praxis“ erläutert von Foerster Beispiele aus seiner Arbeit mit Schülern und Studenten, in denen die Vorzüge einer subjektiven konstruktivistischen Sicht deutlich werden. Lernende sind im Sinne seiner Definition „nichttriviale Maschinen“, die in ihrem Lernverhalten komplexer und auch kreativer sind, als manch einem Lehrenden bewusst ist.

Unter Kybernetik versteht man im Allgemeinen die Wissenschaft von der Steuerung von Maschinen, Organismen und sozialen Organisationen. Zirkuläre Kausalität ist ein kybernetisches Prinzip. Angewandt auf das Erkennen werden die Konturen einer Kybernetik der Kybernetik sichtbar. „Man lernt sich als Teil der Welt zu verstehen, die man beobachten will“, so von Foerster.

Heinz von Foerster ist ein angenehmer Gesprächspartner, da er undogmatisch ist. Er bemüht sich, nicht in Fallen zu tappen, indem er sich nicht festlegt. In diesem Buch sind nicht nur die Grundlagen, sondern für den aufmerksamen Leser auch die Grenzen des Konstruktivismus deutlich geworden.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.07.2016
Einführung in den Konstruktivismus

Einführung in den Konstruktivismus


sehr gut

Die erfundene Wirklichkeit

Wird die Wirklichkeit von den Menschen erfunden und nicht gefunden? Wenn diese These zutrifft, ist Erkenntnis absoluter Wahrheit unmöglich. Auf diesem Standpunkt stehen Vertreter des Konstruktivismus.

Das Buch erschien erstmals 1985 und enthält Beiträge aus Vorträgen zum Thema Konstruktivismus. Namhafte Vertreter dieser Lehre (Ernst von Glasersfeld, Heinz von Foerster, Paul Watzlawick, Peter M. Hejl und Siegfried J. Schmidt) stellen den Konstruktivismus aus der Sicht ihrer jeweiligen wissenschaftlichen Disziplinen vor. Die Leser bekommen einen Eindruck von den Grundlagen und von der Bedeutung dieser aus der wissenschaftlichen Forschung hervorgegangenen Denkrichtung.

Ernst von Glasersfeld führt in das Thema ein. Er beschreibt den Weg der Menschheit auf der Suche nach Wahrheit von der Antike bis zu Immanuel Kant. Wir können nicht hinter die Welt der Erscheinungen schauen, da die Wahrnehmung nicht vom Beobachter getrennt werden kann. Während die traditionelle Philosophie davon ausgeht, dass es eine objektive Welt hinter der Welt der Erscheinungen gibt und wir uns dieser durch Erkenntnisse der Wissenschaft stetig annähern, klammert der Konstruktivismus die objektive Welt (als vom Beobachter getrennte Welt) einfach aus.

Heinz von Foerster führt diese Gedanken weiter fort. Seine Perspektive ist die der Kybernetik. Er beschäftigt sich mit selbstbezüglichen Systemen und erläutert an Hand zahlreicher Beispiele, dass wir den damit verbundenen Kreislauf nicht verlassen können. Seine These: Leben ist ein Eigenprozess.

Paul Watzlawick erläutert die Konstruktion von Wirklichkeiten an Hand von Diagnosen aus der Psychiatrie. „Fehlerhafte“ Diagnosen führen zu „Wirklichkeiten“, die sich später selbst bestätigen, da alle Maßnahmen im Sinne der Diagnose getroffen werden und alle Indizien im Sinne der Diagnose interpretiert werden. Von Watzlawick stammt die Aussage: „Manchmal reicht es aus, die Bewertung des Problems zu verändern, statt das Problem zu verändern.“ Der Konstruktivismus wird damit instrumentalisiert, um positive Verhaltensänderungen zu erzielen. Wer Watzlawicks Schreibstil kennt, wird hier nicht enttäuscht. Sein Beitrag ist tiefsinnig und unterhaltsam.

Eine konstruktivistische Sozialtheorie (Beitrag von Peter M. Hejl), die den Standpunkt vertritt, dass wir unsere Realitäten selber erzeugen und wir damit für unser Glück und Leid selbst verantwortlich sind (erinnert an Glaubenssätze des Buddhismus), wird nicht von jedem angenommen. Es liegt in der Natur des Menschen, sich für sein Glück und seinen Erfolg selbst verantwortlich zu sehen, aber für sein Leid andere verantwortlich zu machen.

Aus den vielen Gedanken zum Thema konstruktivistischer Literaturwissenschaft (Beitrag von Siegfried J. Schmidt) greife ich einen heraus: Eine Konzeption der Realität als Konstrukt bedingt eine veränderte Diskussion über Kunst und Wirklichkeit. Der Gegensatz zwischen Kunst und Wirklichkeit würde wegfallen und Literatur und Kunst wären zwei von vielen (gleichberechtigten) Beschreibungsmöglichkeiten der Wirklichkeit. Der Unterschied liegt in der Methode. Hier bietet der Konstruktivismus die Chance, den Graben zwischen Natur- und Geisteswissenschaften zu überwinden.

Der Literatur zum Konstruktivismus wurde ein eigenes Kapitel gewidmet. Es enthält einführende Erläuterungen zu ausgewählten Werken und ermöglicht damit eine gezielte Vertiefung der behandelten Themen.

Bewertung vom 30.07.2016
Gender - Politische Geschlechtsumwandlung
Zastrow, Volker

Gender - Politische Geschlechtsumwandlung


sehr gut

Grundlagen und Zielsetzung des Gender Mainstreaming auf den Punkt gebracht

Journalist Volker Zastrow gliedert sein Buch in zwei Teile. Im ersten Teil geht er dem Begriff „Gender Mainstreaming“ auf den Grund und erläutert seine politische Bedeutung. Im zweiten Teil steht die wissenschaftliche Grundlage der Theorie im Fokus. Das Buch ist dünn und handlich, es sind daher keine umfangreichen wissenschaftlichen Ausarbeitungen zu erwarten. Das ändert aber nichts an der Bedeutung des Inhalts.

Wie Autor Zastrow deutlich macht, mangelt es „Gender Mainstreaming“ an einer wissenschaftlichen Grundlage. Gender behauptet (in letzter Konsequenz), dass es biologisches Geschlecht gar nicht gebe. Geschlechterrollen werden zu sozialen Konstrukten erklärt. Dies widerspricht nicht nur der wissenschaftlichen Forschung, sondern auch dem Empfinden der meisten Menschen. Trotzdem hat diese Ideologie, getragen von der Gleichstellungsbewegung, ihren Weg in die Politik gefunden.

Das Buch hat einen schwarzen Einband und kann durchaus als Schwarzbuch zum Thema angesehen werden. Eine Abgrenzung zwischen Gleichstellung und Gender Mainstreaming wäre hilfreich gewesen. Den Begriff „Gender Mainstreaming“ hört man in der Öffentlichkeit kaum. Welche Ideologie dahinter steckt, dürfte vielen Menschen nicht klar sein. Insofern handelt es sich um ein wichtiges Aufklärungsbuch zum Thema.

Bewertung vom 30.07.2016
Plötzlich Shakespeare
Safier, David

Plötzlich Shakespeare


sehr gut

Leichte Unterhaltung

Bereits die ersten Kapitel stecken voller Humor und sind ein besonderes Lesevergnügen. David Safier schreibt unterhaltsam, witzig, abgedreht und einfühlsam. Er bevorzugt Frauen als Protagonisten. "Frauen reden über Gefühle, also kann ich einfacher über Frauen scheiben", sagt Safier in einem Interview dazu.

Grundschullehrerin Rosa ist auf der Suche nach der wahren Liebe. Die Geschichte spielt, dank Seelenwanderung, in zwei verschiedenen Zeitebenen. Es gibt Parallelen zwischen den Personen des 16. Jahrhunderts und der Neuzeit. Die Geschichte steckt voller Intrigen.

Mit dem Thema Seelenwanderung hat Safier eine literarische Lücke gefunden, die er auf wunderbare Weise ausgefüllt hat. Insbesondere Vielleser sind dankbar dafür, wenn Autoren kreativ sind und neuen Stoff liefern. "Plötzlich Shakespeare" passt zu den bisherigen Werken von Safier. Seine Bücher lassen sich leicht lesen und sind zurecht Bestseller.

Bewertung vom 29.07.2016
Das Erbe des Neandertalers
Hoimar von Ditfurth

Das Erbe des Neandertalers


ausgezeichnet

Das Geheimnis unserer Existenz

Hoimar von Ditfurth war zweifelsohne einer der beeindruckendsten Wissenschaftspublizisten der Nachkriegszeit. Das Werk „Das Erbe des Neandertalers“ ist nach seinem Tode entstanden und enthält Beiträge aus mehr als vier Jahrzehnten wissenschaftlicher Arbeit.

Wer Hoimar von Ditfurths Bücher gelesen hat, findet hier Stichproben seiner wissenschaftlichen, philosophischen und politischen Schriften. Wer seine Bücher nicht kennt, wird durch die breite Palette grenzüberschreitender Schriften neugierig auf seine früheren Werke.

Was zeichnete Hoimar von Ditfurth besonders aus? Er hatte sich die kindliche Neugier bewahrt, die Geheimnisse der Natur und der menschlichen Existenz zu ergründen. Er war in der Lage, isolierte Erkenntnisse der Spezialisten in einem interdisziplinären Zusammenhang darzustellen. Auf diese Weise hatte er stets die Bedeutung neuer Forschungsergebnisse für eine breite Leserschaft herausgearbeitet.

Das Buch enthält mehrere Aufsätze Hoimar von Ditfurths aus den 40er und 50er Jahren. Auffallend ist, dass er sich bereits zu dieser Zeit intensiv mit Sinnfragen beschäftigt hat. Man spürt beim Lesen, wie sehr ihn derartige Fragen berührten. So wundert es nicht, dass er immer mehr zum (politischen) Mahner wurde, wie es in den letzten Kapiteln des Buches deutlich wird.

Im Gegensatz zu den nackten wissenschaftlichen Erkenntnissen haben Hoimar von Ditfurths Aussagen nicht an Bedeutung verloren. Themen wie „Naturwissenschaft und Religion“ oder „Verantwortung der Wissenschaft“ bleiben auch künftig aktuell.

Bewertung vom 29.07.2016
Woran glaubt ein Atheist?
Comte-Sponville, André

Woran glaubt ein Atheist?


sehr gut

Atheismus und Spiritualität

Im Vorwort erläutert André Comte-Sponville seine Motivation für das Buch. Er hat nichts gegen eine Wiederkehr des Glaubens und begrüßt ausdrücklich Spiritualität, gleichzeitig verurteilt er Dogmatismus, Aberglauben und Fanatismus. "Der Kampf für die Aufklärung geht weiter, und er war selten so dringlich, denn die Freiheit steht auf dem Spiel."

Sein Buch gliedert Autor Comte-Sponville in 3 Teile, in denen er den zentralen Fragen "Kann man auf Religion verzichten?", "Gibt es Gott?" und "Welche Spiritualität für Atheisten?" auf den Grund geht.

Die erste Frage beantwortet er eindeutig mit "Ja" und begründet ausführlich seine Position. Wenn man nachvollziehen kann, dass Religion nicht das Fundament der Moral ist, sondern umgekehrt Moral das Fundament der Religion (s. Kant), wird der Verzicht auf Religion plausibel. Nicht verzichten sollte man auf Traditionen im weitesten Sinne und auf Liebe, um nicht dem Nihilismus zu verfallen.

Im zweiten Teil des Buches untersucht der Autor einige der sog. Gottesbeweise und zeigt deren Schwächen auf. Des Weiteren führt er Argumente auf, die ihn zu seiner Entscheidung für den Atheismus veranlasst haben. Neben dem Recht auf Glauben proklamiert er das Recht, nicht zu glauben.

Die Überschrift des dritten Teils des Buches "Welche Spiritualität für Atheisten?" impliziert, dass es eine geben muss. Aus Sicht des Autors kann auf Religion, aber nicht auf Spiritualität verzichtet werden. Spiritualität ist das Leben des Geistes und dieser ist real. Der (religiöse) Begriff "Seele" zu Beginn der Ausführungen verwirrt. Hier hätte der Begriff "Psyche" besser gepasst. In den weiteren Ausführungen thematisiert der Autor seine spirituellen Erfahrungen, bestehend aus einem ozeanischen Gefühl der unauflöslichen Einheit mit dem großen Ganzen und der Zugehörigkeit zum Universellen. Stanislav Grof bezeichnet solche Bewusstseinszustände in seinem Buch "Kosmos und Psyche" als holotrop. Diese sind verbunden mit Veränderungen der sinnlichen Wahrnehmungen, heftigen und ungewöhnlichen Emotionen sowie tiefgehenden Änderungen in den Denkprozessen. Das Bewusstsein verändert sich und die im Alltag erlebte Fragmentierung löst sich auf. Holotrope Erfahrungen gehen weit über die Grenzen des "Ich" hinaus und erinnern stark an mystische Erfahrungen, wie sie unter anderem im Taoismus, Buddhismus oder in der christlichen Mystik bekannt sind.

Autor Comte-Sponville begründet seinen Weg zum Atheismus und zeigt auf, dass Atheismus und Spiritualität keine Gegensätze sind. In den ersten beiden Teilen überwiegen rationale Argumente. In den dritten Teil seines Buches fließen persönliche spirituelle Erfahrungen ein. Eine Verifikation ist nicht möglich, es sei denn, man macht eigene Erfahrungen dieser Art. Damit basiert auch der Atheismus, so wie Comte-Sponville ihn vertritt, auf einem Glauben.

Bewertung vom 29.07.2016
Die Numerati
Baker, Stephen

Die Numerati


sehr gut

Die Analyse digitaler Spuren

Wenn es um das Erzeugen digitaler Daten geht, sind wir sehr produktiv. Handys, Notebooks, Kreditkarten und Kundenkarten hinterlassen – oft ungewollt - digitale Spuren. Daneben gibt es zahlreiche persönliche Einträge in den sozialen Netzwerken wie Facebook, wer-kennt-wen oder studiVZ, die freiwillig abgegeben werden. Wen wundert es da, dass es Experten gibt, die sich darauf spezialisiert haben, diese Daten zu analysieren. Die Numerati wenden komplexe mathematische Methoden mit dem Ziel an, Profile zu erstellen und nach gewünschten Fragestellungen auszuwerten. Auf diese Weise entstehen Informationen, die für viel Geld vermarktet werden können. Betreiber von Suchmaschinen wissen und nutzen das schon lange.

Es geht in den ersten Kapiteln um Simulationen der Wirklichkeit, um gezielte Werbung und um effiziente Methoden der Wählerbeeinflussung. Wie macht man in der Bevölkerung die Zielgruppe aus, die sich für ein bestimmtes Produkt begeistern lässt? Wie findet man vor einer Wahl die Wechselwähler, die für den Ausgang des Wahlergebnisses entscheidend sein können? Mit welchen Themen spricht man sie an? In weiteren Kapiteln geht es um Blogger im Internet, um das Aufspüren von Terroristen, um die Zukunft der Gesundheitsvorsorge und um Partnersuche. Ob die Wohnungen von Patienten künftig mit Sensoren ausgestattet werden, um krankheitsbedingte Auffälligkeiten festzustellen, bleibt abzuwarten. Die Methoden wären sicherlich wirksam. Sind sie auch im Interesse der Patienten?

In dem Buch werden die Aufgaben und Ziele der Numerati sachlich vermittelt. Die mathematischen Methoden beschreibt Autor Stephen Baker nicht. Hier hätte ich ansatzweise Erklärungen erwartet. Es kommt zwar explizit nicht zum Ausdruck, jedoch haben wir längst einen Überwachungsstaat. Was in den 1980er Jahren noch für heftige Proteste gesorgt hat, wird heute hingenommen. Hier hätte eine kritische Reflexion zur Aufklärung beigetragen. Die Frage des Autors im letzten Kapitel „Bin ich wirklich so, wie sie mich darstellen?“ bringt das Thema humorvoll-kritisch auf den Punkt und bildet einen würdigen Abschluss für dieses populärwissenschaftliche Buch.

Bewertung vom 29.07.2016
Linux Manager Guide
Marx, Ben

Linux Manager Guide


weniger gut

Ein Wegweiser für IKT-Entscheider

Dies ist kein Buch für Entwickler und Systemadministratoren, sondern für IKT-Entscheider und sonstige Interessierte, die sich einen schnellen Überblick verschaffen wollen. Es räumt mit Vorurteilen auf und vermittelt Grundlagen über Open Source. Die Autoren erläutern, woher Open Source kommt (GNU-Projekt) und wie die Rechtslage aussieht, wie sich Hersteller gegenüber Open Source positionieren und welche Anwendungen es gibt (Linux-Distributionen, Samba, LDAP u.v.a.m.), welche wirtschaftlichen Vorteile Open Source bietet und wie die Projekteinführung aussehen könnte. Neben den textlichen Erläuterungen befinden sich Randbemerkungen. In Verbindung mit den Zusammenfassungen am Ende der Kapitel ist es möglich, das Buch im Schnelldurchgang zu lesen. Die Erläuterungen zur Einführung von Open Source (Kapitel 10) ersetzen nicht Erfahrungen im Projektmanagement, die zwingend notwendig sind, wenn Open-Source-Produkte nicht nur im Systembereich, sondern insbesondere im Anwendungsbereich eingeführt werden sollen. Referenzen über Open-Source-Projekte werden nicht genannt. Der Aufbau des Buches ist übersichtlich und damit ok. Aufgrund des Alters ist das Buch heute nicht mehr zu empfehlen. Eine überarbeitete Neuauflage würde aber Sinn machen.