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Bibliomarie

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Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 05.03.2019
Schwarze Küste
Schmidt, Ilona

Schwarze Küste


gut

So hatte sich Kommissar Richard Levin aus Coburg seinen Urlaub auf Teneriffa nicht vorgestellt. Ausgerechnet das Ehepaar Wachter sind seine Nachbarn im Resort. Mit Dr. Linda Wachter hat er in ihrer Eigenschaft als Untersuchungsrichterin schon mal die Klingen gekreuzt und sie ist ihm von Herzen unsympathisch.
Als das Ehepaar Wachter ihn am Abend bittet, den Sohn Kilian zum Zimmer zu begleiten, weil sie noch einen Abendspaziergang machen wollen, sagt er natürlich zu. Eine Stunde später zerreißt ein Schrei die Stille. Frau Wachter sucht ihren Sohn, der aus dem Hotelzimmer verschwunden ist. Natürlich bitten das Ehepaar ihn um Hilfe und gleichzeitig verdächtigt ihn Linda ganz unverblümt, mit der Entführung etwas zu tun zu haben.
Obwohl ohne Befugnisse in Spanien, versucht Richard Levin die Polizei zu unterstützen, was ganz gut gelingt, da er mit dem spanischen Berufskollegen gleich eine gute Beziehung aufbaut.

Der Krimi ist spannend und sehr verzwickt aufgebaut, die Kindesentführung wirft bald Fragen auf, ist Kilian ein Zufallsopfer oder soll ganz gezielt die Familie Wachter involviert werden? Auch Levin stellt sich diese Fragen, da ihm das Verhalten des Ehepaars zu denken gibt.

Ich habe das Buch gern gelesen, mir war Richard Levin auch schon von einem früheren Buch bekannt, aber der Leser braucht keinerlei Vorkenntnisse, das ist ein völlig in sich abgeschlossener Kriminalroman. Mit dem Hintergrund der spanischen Ferieninsel bringt die Autorin sehr geschickt spanische Mentalität mit ein und die Beschreibung Teneriffas ist farbig und interessant.

Mit einigen der handelnden Figuren hatte ich dieses Mal einige Probleme, manche der Handlungen konnte ich nicht recht nachvollziehen und nicht mit dem geschilderten Charakter in Einklang bringen. Der Plot war sehr gut ausgedacht, allerdings auch ein wenig „über“-konstruiert. Ich möchte jetzt keine Beispiele anführen, um nicht aus dem Inhalt zu spoilern.
Der Krimi hatte einen guten Spannungsverlauf und blieb bis zur Auflösung temporeich und lohnt sich zu lesen.

Bewertung vom 04.03.2019
Das letzte Achtel
Pfeifer, Günther

Das letzte Achtel


sehr gut

Nun treten also unsere zwei Wiener Kommissare undercover in Aktion, getarnt als Journalisten versuchen Licht ins Dunkel zu bringen und ihre Recherchen führen sie sehr tief in die Unterwelt. Nur gut, dass Herta Berlakovic aus dem Sekretariat – auch Auskunftsbüro genannt – es sich nicht nehmen lässt in Retz nach dem Rechten schauen und ihre beiden „Mordbuben“ zu unterstützen.

Günter Pfeifer hat hier zwei Protagonisten geschaffen, die schon sehr speziell sind. Maulfaul, mehr dem Essen und vor allem dem Trinken zugeneigt, ganz besonders der Schierhuber, der noch zu keinem Glas nein gesagt hat. Langsam, aber das sollte nicht mit dumm verwechselt werden, denn wenn sie auch nicht allzu viele Worte verlieren und selten in Hektik geraten, ziehen sie oft die richtigen Schlüsse.

Eine besondere Freude war mir, dass die Herta in diesem Buch eine größere Rolle spielen durfte und man auch ein wenig über sie erfährt. Die gute Seele des Kommissariats, die selbst das Gras wachsen hört und sich von keiner Instanz die Schneid abkaufen lässt, bringt einen besonderen Schwung in die Ermittlungen.

Es finden sich so noch einige kauzige Nebenfiguren in der Geschichte: der Gubiani mit den verschwundenen Marillen, einen komponierten Hornisten und einen Schriftsteller, der auf die große Inspiration wartet und eine Gutsherrin, die sich noch im Feudalismus wähnt. Retz mit seinen berühmten Weinkellern darf auf noch eine tragende Rolle spielen.

Es ist der Ton, der Günher Pfeifers Kriminalroman so unverwechselbar macht. Eine lässig-ironische Sprache mit ganz viel Schmäh. Ich liebe übrigens die Fußnoten, die Dialektausdrücke erklärt, aber so viel mehr sind als eine reine Übersetzung.

Also nichts wie hin ins Weinviertel auf ein Achterl mit diesem spannenden Österreichkrimi

Bewertung vom 02.03.2019
An den Ufern der Seine
Poirier, Agnès

An den Ufern der Seine


ausgezeichnet

Die Dekade von 1940 – 1950 betitelt die Autorin Agnès Poirier als die „magischen Jahre“ von Paris. Warum magisch? Nach der Lektüre dieses faszinierenden Sachbuchs kann ich es für mich beantworten. Paris war schon in den 20iger und 30iger Jahren Treffpunkt von Intellektuellen und Künstlern, hier wurden neue Kunstströmungen geboren und das vergangene Jahrhundert endgültig abgestreift.
Aber unter dem Druck der Besatzung, der Kriegsjahre und der Nachkriegszeit entstand noch etwas anderes. Neue Lebensentwürfe wurden erprobt, Philosophen im Diskurs mit Lebenskünstlern und Intellektuellen, man entwickelte Theorien, das alles in vielen Facetten und Strömungen.

Besonders beeindruckend war für mich, wie die Agnès Poirier diese Atmosphäre, dieses Flair der Stadt einfängt und lebendig werden lässt. Wie ein spannender Roman liest sich diese Kulturgeschichte. Es ist ein Who is Who der Intellektuellen, die bis heute Kunst und Literatur prägen.
Während in anderen europäischen Metropolen durch die Kriegsjahre quasi ein geistiges Vakuum herrschte, versammelten sich Paris die Geistesgrößen dieser Zeit. Hier zeigt die Autorin die Verbindungen, die Freundschaften und Leidenschaften, die Paris zu einem intellektuellen Hot Spot werden ließ.

Auch wenn sich das Buch wie spannend und faszinierend wie ein Roman liest, lädt ein ausführliches Personenregister, eine detaillierte Chronologie und viele Anmerkungen und Literaturhinweise zu einer weiterführende Beschäftigung mit diesem Jahrzehnt ein.
Die Ausstattung des Bandes ist gelungen, ein Lesebändchen in den Farben der „Grande Nation“ und einige historische Fotos runden das Bild ab.
Bei mir hat die Autorin viel Interesse geweckt und einige Biografien aus den Anmerkungen stehen schon auf meiner Leseliste.

Bewertung vom 26.02.2019
Liebe geht durch den Garten
Hartmann, Ulrike

Liebe geht durch den Garten


ausgezeichnet

Anna, alleinerziehende Mutter zweier Söhne, geht das Stadtleben in ihrer Dachgeschosswohnung auf die Nerven. Ein Garten wäre ihr Wunschtraum, beflügelt von Zeitschriften, die die Idylle eines Schrebergartens malen, pachtet sie eine kleine, verwilderte Parzelle. Da ihre finanziellen Mittel begrenzt sind, greift sie zu, weil sie die Laube ohne Ablösung bekommt, der Vereinsvorsitzende spricht von Reparaturbedarf. Doch als sie die Laube betritt, sieht sie nichts als Verwahrlosung und schon bald kommt der Verein mit Gartenregeln und Verpflichtungen.
Aber Gartennachbarin Lene steht mit Rat zur Seite und Paul, ein anderer Schrebergärtner, ist immer zur Hilfe bereit. Schweigsam ist er, aber auch ungemein attraktiv, was auch Sabine von nebenan nicht entgangen ist.
Das Glück, einen Garten zu besitzen, zu planen und zu pflanzen wird beim Lesen fast übermächtig. Wie sich Anna und ihre Jungs immer leidenschaftlicher mit ihrem kleinen Grundstück beschäftigen macht richtig Spaß zu verfolgen. Natürlich bin ich beim Thema Paul ganz auf Annas Seite und ihre Versuche bei Paul nicht nur Interesse am Garten, sondern auch an ihr zu wecken, ist eine sehr unterhaltsame Abfolge von kleinen und lustigen Katastrophen.
Die warmherzige Geschichte hat mir sehr gut gefallen, die Mühen und Plagen eines Gartens und die Belohnung in Form von Obst und Gemüse und einem blühenden Paradies ist realistisch beschrieben, man spürt förmlich die Erde unter den Händen. Aber auch im Paradies ist man nicht vor Regeln, wie der exakten Heckenhöhe und dem regelmäßigen Rasenmähen verschont. Trotzdem spürt man die Liebe zum Schrebergarten und der kleinen Gartenfreuden.
Aber nicht nur beim Gärtnern ist der Autorin eine lebendige Schilderung gelungen, auch ihre Figuren sind liebevoll gezeichnet. Anna möchte man nur zu gern zu Freundin haben und auch Freundin Martha und Nachbarin Lene sind tolle Frauenfiguren und wunderbar lebensecht.
Mit einer Szene hat mich die Autorin besonders angerührt, sie beschreibt ein schlimmes Sommergewitter, das Bäume wie Streichhölzer knickt und viele Schäden anrichtet, die Erinnerung an Sturm Ela wurde wach.
Das Buch hat mir rundum gefallen, man spürt die Liebe zur Natur, freche und witzige Dialoge machen Spaß und der Konkurrenzkampf um Paul bietet viel Situationskomik

Bewertung vom 25.02.2019
Lügenmeer
Kliem, Susanne

Lügenmeer


ausgezeichnet

Nach vielen Jahren kehrt Magnus in sein norddeutsches Heimatstädtchen Schwanbeck zurück. Er ist nicht freiwillig gegangen, genau vor 19 Jahren ist endete eine Geburtstagsparty im Desaster. Die Clique hat gefeiert, getrunken und man ist zum Schluss ins nächtliche Freibad eingedrungen. Dort stürzt Milla vom Sprungturm und starb. Besonders die Anschuldigungen von Enno wiegen schwer, auch wenn Magnus letztendlich freigesprochen wurde, seine Verurteilung stand längst fest. Seine Eltern wenden sich ab, sein Ausbildungsbetrieb kündigt ihm, ihm bleibt nichts als seine Heimat zu verlassen.
Nun also ist er wieder da und immer noch schlägt ihm die Abneigung entgegen, aber nun will Magnus sich wehren, er will wissen, was damals wirklich geschah und bringt damit eine Kette von Ereignissen ins Rollen. Die Atmosphäre ist sehr schön eingefangen, über dem malerischen sonnigen Schwanbek liegt eine düstere unheilschwangere Stimmung, gleich von Anfang an weiß ich, hier werden dramatische Ereignisse ans Licht kommen.
Der Roman ist toll aufgebaut, er springt zwischen Gegenwart und Vergangenheit und dadurch lerne ich die Protagonisten in ihrer Entwicklung sehr genau kennen. Ganz besonders interessant ist dabei Svenia, Millas Freundin und damit auch unzertrennlich mit Magnus. Aber grade sie hat Enno geheiratet, der mit seinen Anschuldigungen Magnus stigmatisierte. Fast alle von damals sind noch im Ort geblieben und auf den ersten Blick scheint das Leben seinen normalen Gang zu gehen, Annik arbeitet in der Buchhandlung ihrer Tante, die ihm damals das Leben so schwer machte und sie scheint die Einzige zu sein, die zu ihm hält. Alle anderen, seine Eltern eingeschlossen, wollen nicht an die Vergangenheit erinnert werden, im Gegenteil, Magnus‘ Auftauchen ist ihnen ein Dorn im Auge.
Wie die Autorin die feine Risse in der Fassade ihrer Figuren sichtbar macht und sie allmählich immer deutlicher zu Tage treten, wie sie Handlungen plötzlich in ganz neuem Licht erscheinen lässt und dass alles nur mit einigen wenigen Sätzen, ist ganz große Klasse. Damit wird das Buch zum echten Pageturner und man kann es wirklich nur schwer aus der Hand legen. Es ist fesselnd geschrieben und besonders die dichte und psychologische tiefe Zeichnung der Figuren haben mich fasziniert. Ich kann mir von allen ein Bild machen, sie sind richtig lebensecht.
„Lügenmeer“ kommt anfangs leise daher, aber das Buch lässt den Leser nicht mehr los.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.02.2019
Lago Mortale / Simon Strasser Bd.1
Conti, Giulia

Lago Mortale / Simon Strasser Bd.1


gut

Simon Strasser, der ehemalige Frankfurter Polizeireporter genießt sein Leben als Privatier in seinem kleinen Haus am Ufer des malerischen Lago d’Orta. Wie er so verträumt auf den See blickt, erkennt er die schicke Yacht der Industriellenfamilie Zanetti offensichtlich führerlos über das Wasser treibt. Neugierig geworden paddelt er die kurze Strecke und findet Marco, den jüngsten Sohn der Familie tot im Boot. War es wirklich ein Unfall, wie die Polizei und die Familie es gerne hätte?
Das lässt Simon nicht ruhen, seine alte Instinkte sind geweckt und da Maresciallo Carla Moretti, die ermittelnde Beamtin eine gute Bekannte ist, macht er sich in ihrem Fahrwasser auf, eigene Spuren zu verfolgen. Nicht immer zur Freude von Anwohnern und Beamten.
Das Piemont ist der Hintergrund für diesen typischen Urlaubskrimi. Genauso typisch scheint es zu sein, dass deutsche AutorInnen sich ein landessprachliches Pseudonym geben und immer viel von Gegend und Kultur einfließen lassen. Das ist ja per se nicht schlecht und macht Lust und Stimmung auf Land und Leute und Appetit auf die köstlichen, appetitanregend geschilderten Spezialitäten, wenn ich auch den Eindruck hatte, dass der Krimi da eher die zweite Geige spielt.
Hier ist es ganz gut gelungen, die Gegend um den Lago d’Orta ist offensichtlich noch zu entdecken und nicht so abgegrast wie die üblichen Provence- Toskana- und Bretagne-Krimis. Die Sprache ist angenehm zu lesen, wie man von einer Reisebuchautorin und Journalistin auch erwarten darf. Einige ihrer Exkurse und Erklärungen sind sehr interessant, andere haben die Tendenz ein wenig weitschweifig zu sein und manchmal wird die Handlung durch solche Beschreibungen gebremst.
Ein angenehmer Krimi, der gut unterhält und sich auch ganz in das Genre der Urlaubskrimis einfügt, aber durchaus mehr Spannung vertragen hätte.
Sehr hübsch ist die Ausstattung, Klappenbroschur mit stimmungsvollem Titelbild. Noch schöner wäre es gewesen, wenn innen noch eine kleine Umgebungskarte abgedruckt gewesen wäre, wenn die Landschaft schon eine solche Rolle für den Krimi spielt. Das hätte ich als Tüpfelchen auf dem „I“ empfunden.

Bewertung vom 22.02.2019
Zärtlich ist der Tod / Kommissar Völxen Bd.8
Mischke, Susanne

Zärtlich ist der Tod / Kommissar Völxen Bd.8


sehr gut

Bodo Völxen, dem Leiter des Kommissariats für Mord und Tötungsdelikte in Hannover, sind die subtilen Veränderungen seiner Sekretärin Frau Cebulla völlig entgangen. Sicher, das fehlende Quietschen ihrer Gesundheitsschuhe hat er schon bemerkt, aber das statt dessen Pumps getragen werden, fiel ihm nicht auf. Umso größer der Schock, als Frau Cebulla um Hilfe bittet. Ihr neuer Partner ist verschwunden, sie wollten doch grade ein Wellness-Wochenende antreten. Allerdings hat sie kurz vorher mit ihrem Vermögen aus einer „vorübergehenden“ Verlegenheit geholfen.

Schnell stellt sich heraus, dass Frau Cebulla nicht das einzige Opfer des attraktiven Heiratsschwindlers war und als eine junge Musikerin ermordet in ihrer Wohnung gefunden wird, deutet alles darauf hin, dass auch sie den Mann kannte. Hat er sie umgebracht, weil sie kein Vermögen hatte? Aber warum ist nur die mittelklassige Geige verschwunden und nicht das überaus wertvolle Cello?

Sehr geschickt beginnt dieser Kriminalroman. In kurzen Episoden erfährt ein wenig von den handelnden Personen und bekommt auf diese Weise kurzweilig das ganze Personal der Dienststelle vorgestellt. Überhaupt ist der Ton des Krimis wunderbar entspannt. Er liest sich flüssig und unterhaltsam. Obwohl kein „Humorkrimi“ musste ich einige Male schmunzeln, so bleibt selbst der übliche Detailkram von Spurensuche und Recherche amüsant. Eine der gelungensten Szenen ist eine Falle die Kommissarin Kristensen dem Heiratsschwindler stellt. Nach einer getürkten Anzeige taucht ausgerechnet der angejahrte Chef der Pathologie zum Date auf.

Die Autorin stellt einige ganz geschickte Fallen für den Leser und ich musste lange rätseln, bis ich den Prolog mit der Handlung in Verbindung bringen konnte. Als Krimi hat das Buch genügend Spannung um den Leser bei der Stange zu halten, auch wenn es nicht unbedingt nervenaufreibend zugeht. Mir hat es bis zur letzten Seite gefallen

Erst gegen Ende des Buches habe ich gesehen, dass ich den 8. Band der „Hannover-Reihe“ der Autorin in der Hand hatte. Ich kannte die Vorgänger nicht und es war auch beim Lesen kein Hindernis. Allerdings habe ich mir inzwischen die ersten Bände bestellt, denn das Buch hat mir Lust auf Mehr gemacht.

Bewertung vom 21.02.2019
Gieriger Zorn / DCI Matilda Darke Bd.2
Wood, Michael

Gieriger Zorn / DCI Matilda Darke Bd.2


ausgezeichnet

Nach „Stumme Wut“ ermittelt DCI Matilda Clarke nun in ihrem zweiten Fall. Ein aufmerksamer Bewohner hat einen Mord gemeldet. Im Wagen saß ein Paar, er wurde brutal misshandelt und erschossen, die Frau hat ihre Vergewaltigung und einen Bauchschuss nur knapp überlebt. Pikant wird die Situation als sich herausstellt, dass beide verheiratet waren, aber nicht miteinander. Der Fall ist rätselhaft, es gibt keine verwertbaren Spuren und Clarke steht unter besonderem Druck.
Die Presse hat einen alten Fall wieder aufgegriffen, der sich jährt. Ein Achtjähriger wurde entführt, die Geldübergabe ging schief, der Entführer hat sie nie wieder gemeldet und von dem Jungen fehlt seither jede Spur. Dieses Versagen wurde DCI Clarke angelastet, die damals durch den Tod ihres Mannes schon an ihre psychischen Grenzen kam. All das wühlt die Presse in diffamierender Weise wieder auf. Außerdem soll aus Budgetgründen das Morddezernat aufgelöst werden, wenn Clarke nicht rasche Erfolge liefern kann. Keine guten Voraussetzungen für Ermittlungen.
Der Kriminalfall ist äußerst raffiniert ausgedacht und hielt mich von Anfang an gefangen. Schnelle Szenen- und Perspektivwechsel geben das Tempo vor, aber Michael Wood gibt nie die Fäden aus der Hand. Jede Szene, jeder Dreh ist logisch und ergeben zum Ende hin ein schlüssiges Ganzes. Aber das ist so gut gemacht, dass ich bis zu den letzten Kapiteln den Plot nicht auflösen konnte. Die Spannung, schon von Beginn an sehr hoch, steigerte sich im Lauf des Geschehens weiter. Das ist wirklich ein Buch, das man nicht mehr aus der Hand legen kann.
Die Polizeiarbeit war sehr realistisch beschrieben und sehr gut fand ich auch die Charakterisierung des Teams. Für seine Figuren hat sich der Autor Zeit genommen, sie wirken absolut echt. Ich hatte zu jeder Zeit eine ganz genaue Vorstellung Personen und Umgebung, es spulte sich in meinem Kopf ein richtiger Film beim Lesen ab.
Die Hauptfigur, Matilda Clare, ist kein einfacher Mensch, sie wirkt spröde, kämpft mit ihren Dämonen und hat erst seit kurzem ihr Alkoholproblem in den Griff bekommen. Trotzdem ist sie eine sympathische Person, die nicht aufgibt und auch ihr Team hinter sich weiß.
Schon das erste Buch von Michael Wood hat mir gefallen, „Gieriger Zorn“ hat alle meine Erwartungen erfüllt und ich warte ungeduldig auf weitere Übersetzungen.

Bewertung vom 19.02.2019
Moses und das Schiff der Toten / Stefan Moses Bd.1
Ramadan, Ortwin

Moses und das Schiff der Toten / Stefan Moses Bd.1


sehr gut

Stefan Moses kam als Kind aus Afrika nach Hamburg. Er wuchs bei Adoptiveltern auf und arbeitet nun schon seit 15 Jahren bei der Kriminalpolizei. Doch immer wieder erweckt seine Hautfarbe Irritationen.
Sein erster Fall führt in zu einer bizarr zur Schau gestellten Leiche auf einem Spielplatz. Der nackte Mann auf der Parkbank ist offenbar ertrunken. Wer wollte den Tod des harmlos scheinenden Waschsalon Besitzers?
Stefan Moses bekommt eine neue Mitarbeiterin zur Seite gestellt. Katja Helwig ist eine vielschichtige Persönlichkeit, aufgewachsen in einer Plattenbausiedlung mit alkoholkranken Eltern war Aggressivität ihr Schutzpanzer. Das hat sie bis heute noch nicht unter Kontrolle bekommen.
Die Ermittlungen gestalten sich kompliziert, es gibt zwar einige Spuren, sie scheinen jedoch im Sand zu verlaufen. Dabei hilft es Moses, dass er durch seine Eltern zu den honorigen Kreisen Hamburgs Zugang hat, dieser mehr als gutbürgerliche Hintergrund ist aber den Kollegen nicht bekannt.
Der Kriminalfall ist interessant aufgebaut und Stefan Moses ein richtiger Sympathieträger. Seine Arbeit wird realistisch dargestellt, ebenso wie die kleinen Szenen, in denen er den üblichen Vorurteilen ausgesetzt ist. Durch die sehr konträren Charaktere der Kriminalisten gibt es im Team viele Reibungspunkte. Das kann manchmal noch zusätzliche Würze verleihen, war mir hier aber zu plakativ und zu sehr auf Stereotypen aufgebaut. Muss es denn in jedem Kommissariat den aufgeblasenen und publicitygeilen Wichtigtuer als Polizeichef geben?
Sehr gut gefallen haben mir die Schauplätze, der Hamburger Hafen, die Probleme der alteingesessenen Reeder mit der unter Billigflaggen fahrenden Konkurrenz ergab einen farbigen und kontrastreichen Hintergrund. Den Krimi habe ich gern gelesen, ich war sofort im Geschehen und habe grade auch die detailreich geschilderte Ermittlerarbeit als spannend und realistisch empfunden.
Es gab zwar im Mittelteil einige kleine Längen – auch die üblichen Probleme in der privaten Beziehungskiste durfte thematisiert werden – das hat aber meinem Lesespaß kaum Abbruch getan. Mich erinnerte das Buch ein wenig an die sonntäglichen Tatortfolgen: ich weiß, was mich erwartet und fühle mich deshalb gut unterhalten.
Beim ersten Band mit seinem Ermittler Stefan Moses hat der Autor alles richtig gemacht und ich bin gespannt auf eine Fortsetzung, den Potential nach oben ist noch da.
Ich runde die 3,5 Sterne gerne auf.

Bewertung vom 18.02.2019
Unter den Menschen
Deen, Mathijs

Unter den Menschen


sehr gut

Schon die ersten Sätze dieses bemerkenswerten Romans führen den Leser in raue, abweisende Gegend: „Irgendwo weit im Norden steht am Seedeich ein Bauernhof, der wie ein wartendes Arbeitspferd sein Hinterteil dem Meer zuwendet.“ Dort lebt der Bauer Jan allein, seine Einsamkeit empfindet er besonders in den stillen Wintermonaten als bedrückend. Wochenlang spricht er mit keinem Menschen. Er sehnt sich nach Liebe und einer Familie. So gibt er eine Annonce auf: Bauernsohn sucht Frau, wohnt allein, 80 ha.


Wil sucht keinen Mann, aber ein Haus am Meer wäre die Erfüllung ihrer Sehnsüchte. Sie sitzt in der Anzeigenabteilung der kleinen Zeitung und Jans Inserat erweckt ihr Interesse. Sie lässt alle Zuschriften verschwinden, schreibt selbst einige Antworten unter verschiedenen Namen und rückt bei Jan an.


Zwei Menschen treffen in diesem Roman aufeinander, die an ihren Problemen fast zu zerbrechen scheinen. Können sie einander gut tun oder gar eine Stütze sein? Mir schien, die düstere niederländische Polderlandschaft ist ein Spiegel dieser beiden Figuren. Der Autor versucht auch gar nicht beim Leser Empathie für seine Protagonisten zu erwecken. Er selbst steht ihnen ja distanziert gegenüber. Das wird durch die spröde und kühle Sprache deutlich. Trotzdem hat mich dieser Text fasziniert, vielleicht durch das langsame Eindringen in das komplizierte Innenleben seiner Figuren. Gefallen hat mir die intensive und dichte Sprache mit wunderschönen Bilder und Metaphern. Wenn zum Beispiel Wil im Frühjahr die zarten Triebe der gesetzten Kartoffeln durch den schweren Kleiboden sprießen sieht und sie nur mühsam den Drang unterdrückt, sie mit ihrem Absatz zurück in die Erde zu stampfen, ist das eine gelungene Entsprechung ihres Gemütszustandes.


Der Mare Verlag hat in seinem Programm immer wieder ganz besondere Romane, jenseits des Mainstreams und immer der Entdeckung wert. Hier passt auch die sorgfältige Ausstattung. Der Schutzumschlag ist beidseitig bedruckt, so kann der Leser sein eigenes Titelbild wählen.


Interessant auch, dass der Autor das Buch bereits 1997 zum ersten Mal veröffentlichte und es jetzt in einer bearbeiteten Neuauflage erscheint. Man merkt es diesem Buch an einigen Stellen auch an, nicht nur durch die Erwähnung von Gulden als Zahlungsmittel.