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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 1947 Bewertungen
Bewertung vom 20.07.2022
Diese ganzen belanglosen Wunder
Stahlmann, Leona

Diese ganzen belanglosen Wunder


sehr gut

In den Marschen

Wer den Ingeborg Bachmannwettbewerb dieses Jahr gesehen hat, kennt schon einen Auszug aus dem Roman.

Der 12jährige Junge Zeno lebt mit seiner Mutter, die aber seit 30 Tagen verschwunden ist, in einer Saline in den Marschen. Es ist ein ungewöhmliches Setting im Marschland. Das ermöglicht kraftvolle Naturbeschreibungen, auch wenn das Ökosystem gestört ist und immer mehr Tierarten aussterben.

Im zweiten Teil des Buches gibt es einen erzählperspektischen Wandel und mit Katt gibt es eine neue Erzählstimme.

Kennzeichnend für den Roman ist eine glaklare, harte Sprache mit schillernen Sätzen.
Teilweise ist es überzogen, zu viele Vergleiche, die zu weit hergeholt sind.
Dann gibt es aber auch viele gute Sätze, die zu überraschen vermögen.
Es ist ein ungewöhnlicher Roman. Begrüssenswert, wenn AutorInnen etwas wagen und die Sprache zur eigentlichen Hauptfigur machen.

Bewertung vom 20.07.2022
Tonspuren
Greenlaw, Lavinia

Tonspuren


sehr gut

Kindheit in London, Jugend in Essex

Die britische Dichterin Lavinia Greenlaw schreibt in diesem Buch von ihren Erinnerungen an ihre Jugend.
Es ist eine Kindheit und Aufwachsen in den sechziger und siebziger Jahren in Londoin, später in Essex.
Leitmotiv dieses autobiografischen Textes sind Tanz und Musik. Daher hat auch der Text gro0e Musikalität.
Lavinia ist schon als Kind sehr aufnahmefähig und phantasiebegabt. Wenn die Autorin es schafft, das auszudrücken, entstehen die stärksten Passagen.
Manche autobiograisch geschilderte Abschnitte sind auch nicht so außergewöhnlich. Dann konnte mich das Buch weniger packen..

Führend ist die Musik dieser Zeit, besonders in den siebzigern. Lavinia Greenlaw verdeutlicht die Wirkung der Songs auf ihr Leben.
Der Originaltitle The Importance of Music to Girls ist vielleicht besser als der etwas banale deutsche.

Bewertung vom 19.07.2022
Die Ewigkeit ist ein guter Ort
Noort, Tamar

Die Ewigkeit ist ein guter Ort


ausgezeichnet

Elkes Sinnsuche


Die Ewigkeit ist ein guter Ort ist ein Roman im Umfeld von Kirche und Glauben, aber es ist an keiner Stelle Erbauungsliteratur sondern es ist ein ehrlicher Roman um den Weg einer Frau.


Die niederländisch-deutsche Schriftstellerin und Filmemacherin Tamar Noort hat ihren Roman gut verfasst und findet einige ausgezeichnete Formulierungen um den emotionalen Zustand der Hauptfigur darzustellen.

Elke ist in eine Lebenskrise geraten. Sie gerät als angehende Pastorin auch in eine Glaubenskrise, es fallen ihr sogar Worte von Gebeten nicht mehr ein.

Ihre Stelle als Seelsorgerin kann sie nicht mehr ausfüllen, mit ihrem Freund Jan versteht sie sich auch nicht mehr so gut und ob sie als Nachfolgerin ihres Herzkranken Vaters,,der Pastor ist, taugt, weiß sie nicht.

Diese Orientierungslosigkeit verdeutlicht die Autorin anhand zahlreichen Szenen, die Elke immer mehr zweifeln lassen.


Als Leser versucht man Elke und ihre Situation zu verstehen. Da ist zum Beispiel die Leerstelle in der Familie. Ihr Bruder ertrank vor langer Zeit.

Da der Roman Elkes Sinnsuche als Prozess zeigt, wird ein Verstehen auch möglich und das Buch konnte mich wirklich überzeugen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.07.2022
Eine Feder auf dem Atem Gottes
Nunez, Sigrid

Eine Feder auf dem Atem Gottes


ausgezeichnet

autobiografisch geprägte Literatur

Die US-amerikanische Autorin Sigrid Nunez hat schon viele bemerkenswerte Bücher geschrieben (z.B. Der Freund, Sempre Susan).
Daher bin ich froh, dass nun auch ihr erstes Buch von 1995 in Deutsch neu aufgelegt wurde. Es ist ein sehr autobiografisches Buch.

Darin erzählt Nunez von ihrer Herkunft, von ihren Eltern. Ihr Vater war in Panama geboren und Chinese, ihre Mutter war Deutsche.
Zusammen gingen sie in die USA. Doch die Herkunft prägt die Familie und ihr Leben in den USA.


Das erste, relativ kurze Kapitel ist dem Vater gewidmet. Es ist ein Porträt mit Lücken, da der Vater ein schweigsamer, zurückhaltender Mensch war.

Der zweite Teil gehört der Mutter und aufgrund deren charakterlichen Veranlagung wird das Buch wesentlich lebhafter.

Immer hat die Mutter eine Sehnsucht nach Deutschland behalten.


Beide Elternporträts halte ich für überaus ehrlich und von außerordentlich starker Wirkung.


Dann beschreibt Nunez ihre eigene Kindheit. Da die beiden ersten Teile so stark waren, verblasst dieser Abschnitt im Vergleich ein wenig.

Im vierten, wieder interessanteren Teil geht es um Vadim, einen russischen Mann, in den Sigrid sich verliebt hat.
Mit ihm wird eine weitere Immigrationsgeschichte geschrieben.


Eine Feder auf dem Atem Gottes ist zwar autobiografisch, aber es ist auch ganz klar Literatur und ich bin froh, es gelesen zu haben.

Bewertung vom 19.07.2022
Kummer aller Art
Leky, Mariana

Kummer aller Art


sehr gut

Kummer aller Art besteht aus einer ganzen Reihe kurzer Geschichten, die nur thematisch miteinander verlinkt sind. Erzählt wird von psychologischen Themen, wie Ängste, Schlaflosigkeit, Liebeskummer etc.

In der Regel ist aber ein humorvoller, ein leicht ironischer Erzählton vorherrschend, die die Geschichten auch amüsant machen.


Einige Figuren tauchen öfter auf, wie z..B. die Erzählerin, der Nachbar Herr Pohl und seine Zwergpinschermischling Lori, der Cafébesitzer Achim, Onkel Ulrich und noch ein paar.

Da alle Geschichten, die ursprünglich als Kolumnen erschienen waren, eine ähnliche Machart haben, empfiehlt sich eine häppchenweise Lektüre.


Das Buch ist vielleicht ein wenig harmlos, aber es hat mich gut unterhalten und am Ende merke ich, dass ich die liebgewonnen Figuren vermisse.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.07.2022
Susanna
Capus, Alex

Susanna


ausgezeichnet

Eine Porträtmalerin im Wilden Westen

Alex Capus hat schon in vielen Büchern die Vergangenheit erfahrbar gemacht, da er historische Ereignisse erzählerisch zu schildern weiss.
Das gelingt ihm auch in diesem Roman über die titelgebende Susanna, die im 19.Jahrhundert schon als Kind in die USA auswanderte.Dort wurde sie eine bekannte Persönlichkeit, die i zwischen etwas in Vergessenheit geraten ist. Gut, das Capus an sie erinnert.

Zunächst widmet sich Alex Capus aber noch der Kindheits und Familiengeschichte Susannas in der Schweiz und schafft dabei zusätzliche lebhafte Figuren wie den Pferdekutscher Anton Morgenthalrt, den Deutschen Karl Valentiny und Susannas Eltern.
Susanna selbst ist eine besonders eigenwillige Figur.

Dann kommt der Amerikateil und auch hier sind Capus Beschreibungen zwingend.
Susanna wird Porträtmaler.

Susanna gehört zu Alex Capus besten Büchern.

Bewertung vom 18.07.2022
Aline
Ramuz, Charles Ferdinand

Aline


sehr gut

Ein Klassiker der französischsprachigen schweizer Literatur, der sich modern liest und auf ganz starke Art Emotionen erzeugt.
Die jungen Aline und Julien erleben eine aufwühlende Liebesgeschichte, doch die Liebe hat nur bei einer von ihnen Bestand.
Als Leser bleibt man nicht unberührt. Im Gegenteil war ich unerwartet berührt von der Geschichte.

Es ist C.F.Ramuz erster Roman, der gleich ein großer Erfolg wurde und den Schriftsteller den Weg ebnete.
Zu Recht gilt er als ganz großer Autor!

Das Buch schließt mit einem bemerkenswreten nachwort von Daniel Maggnetti.

Bewertung vom 13.07.2022
Dieser Beitrag wurde entfernt
Bervoets, Hanna

Dieser Beitrag wurde entfernt


sehr gut

Fesselnd und beklemmend

Dieser Beitrag wurde entfernt ist ein thematisch ungewöhnliches Buch.
Es handelt von Menschen, deren Arbeit daraus besteht, Internetvideos auf anstößige, rassistische oder gewalttätige Inhalte zu prüfen und dann ggf. zu löschen. Ein harter Job, der psychische Belastungen beinhaltet.
Dass es solche Content-Moderatoren geben muss ist ja klar, aber viele Gedanken über sie macht man sich wohl nicht.

Der Roman ist relativ kurz, aber wegen seiner verdichteten Erzählform an hoher Intensität gewinnt.
Es ist rückblickender Bericht der Erzählerin Kayleigh über die Arbeitsbedingungen und -abläufe und die Mitarbeiter. Die Gruppe bildete schließlich eine freundschaftliche Gemeinschaft.
Die Autorin zeigt durch den Blick ihrer Figur, wie die Anspannungen und der Druck zunimmt und die Belastungen die Menschen schließlich verändert..
Genauso wichtig ist aber die Schilderung über Kayleighs Beziehung mit ihrer Kollegin Sigrid.

Fazit: Die niederländische Autorin Hanna Bervoets hat einen fesselnden und faszinierenden Roman geschaffen.

Bewertung vom 13.07.2022
Putin. Ein Verhängnis
Misik, Robert

Putin. Ein Verhängnis


sehr gut

Rasantest politisches Sachbuch

Der Journalist und Blogger Robert Misik hat 175 Seiten unter Volldampf geschrieben,
Putin – Ein Verhängnis ist eine aktuelle Biografie über den Despoten Putin und ganz auf der Höhe der Zeit.
Das heißt nicht, dass der Autor nahe dran ist an der Person Putin. Das ist niemand. Und so kann auch dieses Buch nur teilweise verdeutlichen, was Putin antreibt.
Sekten so ein dichtes und schnelles politisches Sachbuch gelesen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.07.2022
Fürst der Füchse
Hechelhammer, Bodo V.

Fürst der Füchse


ausgezeichnet

Fürst der Füchse: eine kritische Biografie

Rolf Kauka war bekannt als Schöpfer von Fix und Foxi, Lupo, Bussi Bär und noch einige andere Comicfiguren.
Auch ich habe Fix und Foxi als Kind gelegentlich gelesen. Das Kauka der deutsche Walt Disney gewesen sein sollte, deckt sich nicht mit meinem Empfinden. In den siebziger/Achtziger Jahren war er nie so präsent wie die Micky Maus und Donald Duck-Hefte. Allerdings gab es Fix und Foxi schon in den fünfziger Jahren.

Diese Biografie hat Qualität. Sie ist detailliert und informativ. Man merkt sofort, wie sorgfältig und gründlich sie gemacht ist. Rolf Kauka war im Krieg von der Ideologie der Nationalsozialisten geprägt gewesen. Aber das waren viele. Doch er hatte seine Ansichten später nicht abgelegt sondern seine Weltanschauung in die Comics fließen lassen. Das geschah in der Regel so, dass es nicht offensichtlich und/oder sofort erkennbar war. Auffällig wird es aber im Asterix-Heft, in dem Kauka den Originaltext in seinem Sinne verfälschte.

Die Biografie konnte mich sehr interessieren und überzeugen, da der Autor Bodo V. Hechelhammer eine so schwierige Persönlichkeit ohne Polemik und auch ohne zu relativieren darstellen konnte.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.