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Bellis-Perennis
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Wien

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Insgesamt 924 Bewertungen
Bewertung vom 07.05.2023
Falsche Freunde / Ein Fall für Commissario Morello Bd.3 (eBook, ePUB)
Schorlau, Wolfgang; Caiolo, Claudio

Falsche Freunde / Ein Fall für Commissario Morello Bd.3 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Nach „Der freie Hund“ und „Der Tintenfischer“ darf Commissario Morello, der Sizilianer, der zu seinem eigenen Schutz nach Venedig zwangsversetzt worden ist, in diesem nunmehr dritten Fall ermitteln.

Das Thema ist spannend, denn einiges davon geistert in den Köpfen so mancher Leute tatsächlich herum: Raus mit den Tagestouristen, raus mit allen jenen, die wenig Vermögen besitzen. Venedigs Schönheit (oder was davon übrig geblieben ist) soll konserviert und nur mehr den Vermögenden und jenen, die einen oder mehrere Dogen in ihrer Ahnenreihe aufzuweisen haben, zur Verfügung stehen. Also eine Art Disney-Land, das vom Flughafen mittels U-Bahn leicht erreichbar ist. Um an dieses Ziel zu kommen, müssen natürlich zahlreiche Politiker bestochen werden. Hierzu bedient sich die, ich nenne sie einmal, „Investorengruppe“ eines Buchhalters mit Namen Paolo Salini.

Doch als Salini eines Morgens ermordet aufgefunden wird und Morello mit der Aufklärung des Verbrechens betraut wird, klingeln in der Investorengruppe alle Alarmglocken. Denn nicht nur, dass Morello als unbestechlicher und integrer Ermittler bekannt ist, ist auch noch das Bestechungsgeld verschwunden und das Projekt in Gefahr. Was liegt daher nahe? Genau, Morello, der Sizilianer, muss weg. Doch Morello, der sich nach wie vor nach Sizilien zurücksehnt, ist mit allen Wassern gewaschen. Zwar geht er seinen Vorgesetzten und Kollegen mit seiner Ansicht, das organisierte Verbrechen hat auch in Venedig Fuß gefasst ziemlich auf die Nerven, doch ganz Unrecht hat er ja nicht.

Gemeinsam mit Ispettore Anna Klotze, die ein Geheimnis mit sich herumträgt und einen ehemaligen Taschendieb, nimmt er die Herausforderung an. Nebenbei müssen sich Morello und seine Kollegen mit einem Versuch, Taschendiebe mittels KI also Künstlicher Intelligenz, aufzuspüren herumschlagen. Ob das der Verschleierung des eigentlichen Verbrechens dient?

Meine Meinung:

Morello, dessen Frau und deren ungeborenes Kind bei einem Bombenanschlag, der ihm gegolten hat, ums Leben gekommen sind, sehnt sich nach wie vor nach Sizilien zurück. Er kann dem kalten Norden genau gar nichts abgewinnen. Diesmal scheint die Rückkehr möglich, denn man stellt sie ihm in Aussicht, wenn er nur diesen Fall positiv abschließt. Mein Gefühl sagt allerdings etwas anderes, denn das Geheimnis, das Anna Klotze mit sich herumschleppt, macht nicht nur mich, sondern auch Morello mehr als neugierig. Außerdem habe ich den Eindruck, dass die in Aussicht gestellte Heimkehr nur wie die sprichwörtliche Karotte von Morellos Nase baumelt. Aber, man wird sehen.

Schmunzeln musste ich über die „Zusammenarbeit“ der Taschendiebe Venedigs mit der Polizei, die sich von der KI nicht gängeln lassen will.

Ich mag Commissario Morello obwohl er mir manchmal mit seiner Abneigung gegen Venedig auf die Nerven geht. Grundsätzlich kann ich ihn ja verstehen, dass er den Tod seiner Familie noch nicht verarbeitet hat und nichts lieber täte, als den/die Drahtzieher dieses Verbrechens zur Rechenschaft zu ziehen. Stattdessen muss er im kalten Norden leben. Allerdings hält das Leben hin und wieder auch für ihn eine Überraschung bereit.

Was zunächst wie ein schlechter Scherz anmutet, ist leider Realität. Wie das Autorenduo Wolfgang Schorlau und Claudio Caiolo im Nachwort berichtet, liegen solche und ähnliche Ideen vor. Daraus einen fesselnden Krimi zu machen, hat mir sehr gut gefallen.

»Die Pläne zur Umgestaltung Venedigs muten nur auf den ersten Blick absurd an. Nach unseren Recherchen existieren sie wirklich. Wenn unser Buch hilft, diese Pläne zu durchkreuzen, haben wir den richtigen Job gemacht.«

Dieser dritte Fall ist wie immer penibel recherchiert und bindet auch aktuelle politische Geschehen mit ein.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem authentischen und fesselnd geschriebenen Krimi 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 06.05.2023
Minestrone um Mitternacht
Hausladen, Simone

Minestrone um Mitternacht


gut

„Sei vorsichtig mit deinen Wünschen, sie könnten in Erfüllung gehen.“

Gleich vorweg, mit diesem Krimi erwartet die Leser ein turbulentes, wenn auch wenig glaubhaftes Abenteuer à la Bonnie & Clyde. Worum geht’s?

Köchin Clara lebt mit Franklin, einem Lehrer zusammen und ist mit der Beziehung unzufrieden. Das liegt nicht nur an ihren wenig familienfreundlichen Arbeitszeiten, sondern auch an den unterschiedlichen Charakteren. Clara liebt ihren Job in dem italienischen Restaurant. Doch irgendwie fehlt ihr der sprichwörtliche Pfeffer im Leben. Ein Lichtblick ist jener Gast, der immer am Donnerstag im Restaurant speist und den sie heimlich Mr. Dreamy nennt.

Durch Zufall wird sie eines Nachts Zeugin eines Kunstdiebstahls und sieht sich Viktor, „ihrem“ Mr. Dreamy, gegenüber. Der entführt sie kurzerhand und nach einer mitternächtlichen Kocheinlage verfällt sie dem charismatischen Gentlemangauner.

Clara träumt von Abenteuern an seiner Seite, verliert ihren Job sowie ihre Freundinnen und wird zur Komplizin eines weltweit tätigen Kunsträubers. Das aufregende Leben in feinen Hotels gefällt der recht naiven Clara, doch je länger sie mit Viktor zusammenlebt, desto mehr regt sich ihr schlechtes Gewissen.

Das Erwachen aus den gefährlichen Unternehmungen ist letzten Endes schmerzhaft, denn Gabriel, ein Kunstexperte von Interpol ist den beiden auf den Fersen.

Meine Meinung:

Dieser Krimi ist leicht und locker zwischen Suppe und Hauptspeise zu lesen. Man darf sich keine tiefschürfenden Dialoge oder psychologischen Tiefgang erwarten. Geboten werden dafür im Anhang einige köstliche Rezepte zum Nachkochen und ein kurzer Einblick in den Alltag einer Restaurantküche.

Mit dem Charakter Clara bin ich leider nicht wirklich warm geworden. Sie wirkt auf mich wie eine Sechzehnjährige, die in ihren Tagträumen vom Prinzen auf seinem Schimmel wartet, und nicht wie eine toughe junge Frau. Sie wird von ihrer Mutter gegängelt und die Treffen mit ihren Freundinnen scheinen sich ebenfalls auf niedrigem Niveau zu bewegen. Da sind ihre Wünsche nach einem aufregenden Leben grundsätzlich verständlich. Ist es ihrer Naivität oder ihrer Frustration zuzuschreiben, dass sie sich auf diesen Mann einlässt?
Wir erleben eine turbulente Reise durch Europas Hotels und lernen Gabriel, Viktors Bruder kennen, der als Ermittler von Interpol, seinem Bruder das Handwerk legen möchte - auch ziemlich unrealistisch.

Mr. Dreamy wirkt getrieben, überheblich und nützt Clara, wie vor ihr schon andere Frauen, nur aus. Also, nicht ganz der Traum aller Schwiegermütter, sondern ein echter Windhund.

Das schmerzhafte Erwachen aus dem Traum vom Abenteuer für Clara ist einerseits vorauszusehen, andererseits doch ein wenig abrupt und unglaubwürdig.

Fazit:

Wer eine leichte Krimiunterhaltung mit kulinarischen Köstlichkeiten sucht, ist hier richtig. Tiefgang oder historisch Bedeutsames darf man nicht erwarten. Gerne gebe ich hier 3 Sterne.

Bewertung vom 02.05.2023
Oberösterreich genießen
Leitner, Josef

Oberösterreich genießen


ausgezeichnet

Josef Leitner hat mit diesem Buch seine „Oberösterreich“-Reihe fortgesetzt. Nach „Oberösterreich entdecken“ und „Oberösterreich erleben“ dürfen wir nun „Oberösterreich genießen“ (was vermutlich die angenehmste Art ist).

Auf dieser Genussreise begleiten wir den Autor durch folgende Regionen Oberösterreichs:

Mühlviertel
Traunviertel
Salzkammergut
Innviertel
Hausruckviertel
Zentralraum

In insgesamt 60 Routen dürfen wir sowohl landschaftliche als auch kulinarische Highlights kennenlernen, die wir zu Fuß pedes oder mit dem Fahrrad erreichen.

Die vorgestellten Gasthäuser kochen mit Liebe ihre traditionellen Gerichte, die behutsam modernisiert wurden. Dabei werden vorrangig regionale Produkte der jeweils aktuellen Saison verwendet.

Neben Tipps zu den Orten der Gastlichkeit erfährt der Leser auch einiges, das in die Rubrik „Wissen für eine Quizshow“ einzuordnen ist. Zum Beispiel, wo der größte Smoker-Griller Österreichs betrieben wird, wo man 170(!) Biersortenverkosten kann oder wo es die knusprigsten Reinanken zu essen gibt.

Jede Genusswanderung enthält Angaben zu Länge und Beschaffenheit der Tour, einen Kartenausschnitt sowie Hinweise zu Kulturdenkmälern. Natürlich dürfen die Gasthäuser und Fotos nicht fehlen. Hingehen und genießen!

Fazit:

Ein gelungenes Buch, das den Appetit der Leser gleich auf mehreren Ebenen anspricht. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Bewertung vom 02.05.2023
Belgische Schatten
Haas, Stephan

Belgische Schatten


ausgezeichnet

Piet Donker hat eine berufliche und familiäre Auszeit genommen. Gut bekommt ihm das Alleinsein allerdings nicht, denn er trinkt zu viel und droht spielsüchtig zu werden.

Da kommt ihm der Mord an einer Politikerin in Eupen gerade recht. Zunächst sieht alles nach einem politischen Motiv aus. Doch als dann ein weiteres Mordopfer gibt, wackelt diese Theorie. Recht bald stellt sich heraus, dass die beiden Toten Mitglieder einer Jugendclique waren. Interessant ist, dass vor Jahren die junge Joleen verschwunden ist. Niemand weiß, ob sie noch lebt. Kann sie zurückgekehrt und die Täterin sein?

Jetzt gilt es weitere Angehörige dieser Jugendgruppe zu finden, denn die könnten auch in Gefahr sein. Und welche Rolle spielt Donkers Kollegen Uma? Immerhin war sie seinerzeit auch in dieser Clique. Weiß sie mehr, als sie zugibt?

Meine Meinung:

Wie wir es von Stephan Haas gewöhnt sind, gibt es auch hier wieder einen komplexen Fall, der seine Ursache in der Vergangenheit hat.

In einem Verwirrspiel um Schuld und Sühne sowie um Manipulation und Ausgrenzung weiß Piet Donker nicht mehr, wem er vertrauen kann. Üblicherweise bereiten ihm solche komplexen Fälle keine Probleme, doch in seinem angeschlagenen Zustand, ist die Lösung des Falles eine Herausforderung.

Die Charaktere sind wieder gut gezeichnet. Alle haben ihre Ecken und Kanten, Piet Donker die eine oder andere mehr.

Mir hat der fesselnde Krimi gut gefallen. Bis zum schlüssigen Finale, das menschliche Abgründe aufdeckt, dauert es ein wenig.

Ob Piet seine Ankündigung, den Polizeidienst zu quittieren, ernst meint, erfahren wir hoffentlich in einem nächsten Fall.

Fazit:

Eine gelungene Fortsetzung, der ich gerne 5 Sterne gebe.

Bewertung vom 02.05.2023
Rund um den Schafberg
Pfarl, Peter

Rund um den Schafberg


ausgezeichnet

Das Salzkammergut an sich, ist schon ein wunderschöner Flecken Österreichs. Dennoch kann man mit Fug und Recht behaupten, dass der Schafberg ein ganz besonderes Highlight ist. Er ist quasi die „Aussichtswarte“ des Salzkammerguts, da man von ihm aus weit ins Land blicken kann.

Gemeinsam mit Peter Pfarl (Text) und den wunderschönen Fotos von Karin und Wolfgang Mayerhoffer dürfen wir (zumindest vorab) dieses an Kultur und Natur reiche Gebiet Österreichs entdecken.

Unsere Stationen sind:

Der Schafberg
Der wundersame Wolfgangsee
Im Weissen Rössl
Sommerfrische im Künstlerparadies
Die Flanken des Berges
Mondsee
Das Südufer des Attersees
Das West-, Ost- und Nordufer des Attersees
Leichte Wanderungen rund um den Schafberg

Schon Mitte des 19. Jahrhunderts, also im Biedermeier, kamen zahlreiche Touristen, die sich in unbequemer Kleidung auf den 1.782m hohen Berg quälten. Selbst Erzherzöge waren darunter und auch Kaiserin Elisabeth. Schon um 1870 wurde die Idee zu einer Zahnradbahn laut. Aufgrund der Wirtschaftskrise 1873 wurde das Unternehmen zurückgestellt und letztendlich im April 1892 begonnen. Rund 350 vorwiegend italienische Bauarbeiter errichteten in nur knapp 14 Monaten die 5,85 km lange Zahnradbahn. Wenn man bedenkt, dass hierbei 1.185 Höhenmeter überwunden werden mussten und das Material mit 6.000 Maultierfuhren hinauf- und hinunter gebracht werden musste, eine gewaltige Meisterleistung.

Bekannt ist die Gegend rund um den Schafberg auch für seine Jugendstilvillen, die das vermögende Großbürgertum errichten hat lassen, um die Sommerfrische in angenehmer Atmosphäre verbringen zu können. Mit dem Großbürgertum Wien eng verbunden sind Kulturschaffende wie Maler, Dichter und Komponisten. Klingende Namen aus der Vergangenheit wie Gustav Klimt, Emilie Flöge oder Arthur Schnitzler haben ihre Zeit rund um den Schafberg verbracht. Auch Künstler und Promis der Gegenwart ziehen die gemütliche Sommerfrische vor.

Die neben dem Schafberg wohl bekannteste Sehenswürdigkeit ist das Gasthaus „Zum Weissen Rössl“, dem Ralph Benatzky in der gleichnamigen Operette ein Denkmal gesetzt hat. Unvergessen die Verfilmung mit Peter Alexander als Kellner Leopold.

Fazit:

Hier im Salzkammergut, rund um den Schafberg, lassen sich Natur und Kultur gemeinsam oder abwechselnd sehr gut erleben. Dieses Buch macht Lust, seinen Urlaub dort zu verbringen. Gerne gebe ich diesem Buch, das reich an schönen Bildern ist, 5 Sterne.

Bewertung vom 29.04.2023
Der Putsch (eBook, ePUB)
Kellerhoff, Sven Felix

Der Putsch (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Autor und Historiker hat sich diesmal eines Themas angenommen, das im Jahr 2023 sein (unrühmliches) 100-Jahr-Jubiläum feiert: Der Hitler-Putsch im Jahr 1923. Ob es da wirklich etwas zu feiern gibt?

In seinen Analysen, die auf neuem, bislang unbekannten Material aufbauen, zeigt er, dass der misslungene Putsch keineswegs so operettenhaft war, wie es manche so gerne gesehen haben (bzw. noch immer sehen).

In folgenden Kapiteln erläutert er die neuen Erkenntnisse:

Prolog
Ausgangslage
Vorbild
Anlauf
Volksfront
Sonderweg
Konfrontation
Entscheidung
Sturm
Scheitern
Epilog

Kellerhoff setzt das Geschehen sowohl in zeitlichem als auch in den geopolitischen Kontext. So finden die Ursachen (verlorener Krieg, Besetzung des Ruhrgebietes hohe Inflation etc.) genauso ihren Niederschlag wie die Sicht auf ein gelungenes Vorbild zur kompromisslosen Machtübernahme: Mussolinis Marsch auf Rom von 1922. Dennoch haben die zahlreichen Regierungen der Weimarer Republik die Gefahr von rechts sträflich unterschätzte, da sie von der Angst vor dem Kommunismus wie paralysiert waren, wie gleich zu Beginn des Kapitels „Ausgangslage“ der scharfsichtige Joseph Wirth zitiert wird:

„Da steht der Feind, der sein Gift in die Wunden seines Volkes träufelt. Da steht der Feind, und darüber ist kein Zweifel: Der Feind steht rechts.“

Und doch scheitert Hitlers Versuch mit so etwas wie einem „Marsch auf Berline“ von München aus, die Macht an sich zu reißen. Die Regierungsmitglieder in Berlin und in München lassen sich (vorerst)nicht in dieses Abenteuer ungewissen Ausgangs hineinziehen, obwohl (oder) weil sie alles anders als überzeugte Demokraten waren.

Genau diese Betrachtung der unterschiedlichen Sichtweisen zeichnet dieses Buch aus. Autor Kellerhoff bezieht das Zusammenwirken unterschiedlichster Kräfte und Strömungen mit ein. Ein interessanter Hinweis ist dann auch noch die Verurteilung Hitlers nach dem missglückten Putsch. Die vergleichsweise milde Strafe hat er einem Richter mit ähnlichem Gedankengut zu verdanken.

Wie wir es von Sven Felix Kellerhoff gewöhnt sind, schreibt er verständlich, manchmal pointiert und fesselnd.

Fazit:

Dieses Sachbuch richtet sich an Leser, die sich für Geschichte interessieren. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 24.04.2023
Ich, Helene Kottannerin
Burkhardt, Julia;Lutter, Christina

Ich, Helene Kottannerin


ausgezeichnet

Dieses interessante Buch ist zweiteilig. Im ersten kommt Helene Kottannerin (ca. 1400 - 1475) mit ihren „Denkwürdigkeiten“ selbst zu Wort. Im zweiten Teil wird das historische Umfeld bzw. die Bedeutung der „Denkwürdigkeiten der Helene Kottannerin“ beleuchtet.

Worum geht’s im ersten Teil?

Man schreibt das Jahr 1439. Der Habsburger Erzherzog von Österreich und König von Ungarn, Albrecht II, stirbt plötzlich an der Ruhr. Seine Ehefrau, Elisabeth von Luxemburg, ist gerade schwanger und hofft auf einen Sohn. Um dessen Machtanspruch auf die Königskrone Ungarns zu festigen, beauftragt Elisabeth ihre Vertraute, die Kammerfrau Helene Kottannerin, die ungarische Krone aus der Festung Plintenburg (heute Visegrad) zu stehlen. Soweit der Auftrag. In ihrem Bericht beschreibt die Kottannerin den Diebstahl und die abenteuerliche sowie gefährliche Reise von Plintenburg nach Komorn, wohin sich Elisabeth geflüchtet ist.

Das Glück ist Elisabeth hold und in der Nacht vom 21. auf den 22. Februar 1440 wird der Knabe geboren, der Ladislaus Postumus genannt wird. Am 15. Mai 1440 wird Ladislaus mit der geraubten Krone in Stuhlweißenburg (heute Székesfehérvár) zum König von Ungarn gekrönt.

Im zweiten Teil wird der autobiografische Bericht der Helene Kottannerin unter die Lupe genommen.

„Die Denkwürdigkeiten der Helene Kottannerin“ gelten als älteste Memoiren einer Frau in deutscher Sprache. Sie wurden um 1450 niedergeschrieben. Ob von Helen Kottannerin persönlich oder einem professionellen Schreiber, kann nicht mehr eruiert werden. Behutsam wurden die Fragmente in ein heutiges Deutsch transkribiert. Dabei wurde jene Lücken im Text beibehalten, die bereits im ursprünglichen Manuskript vorhanden bzw. durch die Brüchigkeit des Pergaments später entstanden sind.

Die Autorinnen ergänzen historische Angaben, die den Lesern bislang vielleicht noch nicht bekannt waren. Wir erfahren einiges aus der komplexen Situation rund um die Erbfolge, in der neben den Habsburgern auch die Luxemburger, die Jagellonen auch Hunyadis und Cillis eine Rolle spielen.

Wissenswert ist auch die Darstellung der Symbolkraft der Krone und ihre Geschichte. Über die anderen Reichsinsignien (Szepter und Schwert) wird im allgemeinen wenig gesprochen.

Daneben erhält der interessierte Leser durch dieses einmalige Dokument einen detaillierten Einblick in die Lebens- und Glaubenswelt einer Kammerfrau aus dem 15. Jahrhundert.
Der Schreibstil des zweiten Teils passt gut zu einem historischen Sachbuch, das eine ausführliche Bibliografie sowie zahlreiche Abbildungen wie Karten und den Stammbaum des Ladislaus Postumes enthält.

Wer einen historischen Roman zu diesem als „Raub der Stephanskrone“ in die Geschichte eingegangenen Ereignis lesen möchte, dem empfehle ich Beate Malys Roman „Raub der Stephanskrone“.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Sachbuch, das sich mit der beeindruckenden Persönlichkeit der Helene Kottannerin beschäftigt, 5 Sterne.

Bewertung vom 22.04.2023
Rachedorf (eBook, ePUB)
Reichl, Eva

Rachedorf (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Nach dem Tod ihres Mannes Oliver vor 3 Jahren hat Diana Heller ihr kleines Dorf hinter sich gelassen und versucht in Oberösterreichs Hauptstadt Linz, ihr Leben neu zu ordnen.

Doch das scheitert grandios als sie eines Nachts von ihrem Fenster aus beobachtet, wie drei Männer offensichtlich grundlos auf einen vierten losgehen. Sie eilt dem Überfallenen zu Hilfe, doch sie kann nichts mehr für den Mann tun: Die drei Angreifer haben in mit Benzin übergossen, angezündet und fliehen. Zurück bleibt Diana mit dem Sterbenden, dieselbe Situaion wie damals mit Oliver.

Die Polizei leitet Ermittlungen ein, scheint aber, da es sich beim Toten um einen afghanischen Asylwerber handelt, nicht den nötigen Eifer an den Tag zu legen. Auch Diana selbst gilt bei Chefinspektor Köchner, wegen ihrer Vorgeschichte und weil sie therapeutische Hilfe in Anspruch nimmt, als wenig vertrauenswürdig.

Die Täter hingegen wissen, dass Diana sie wiedererkennen könnte, und setzen alles daran, die Frau einzuschüchtern. Da kommt ihnen Matthias, eine Zufallsbekanntschaft Dianas gerade recht. Matthias wird entführt und mit einem brutalen Video versuchen die Täter Diana mundtot zu machen. Dieses Video ist es dann auch, dass Köchner aufrüttelt. Doch die Zeit läuft allen davon.

Meine Meinung:

Schon der Vorgänger „Todesdorf“ ist ein fesselnder Thriller. Doch dieses Buch hier übertrifft ihn noch.

Wir erleben diesen Thriller aus unterschiedlichen Perspektiven. Zunächst aus der Sicht des spätern Opfers, des Afghanen, dann dürfen wir in die Köpfe der Täter, die der Neonazi-Szene in Linz zuzurechnen sind, schlüpfen und an Dianas Gedanken und Gefühlen teilhaben. Eine komplexe und explosive Mischung also.

Wir Leser sind den Ermittlern immer ein, zwei Schritte voraus, was die Spannung bis ins Unerträgliche steigert. Wird es gelingen, wenigstens Diana zu retten? In einem fulminanten Showdown wird auch der Grund für den Titel des Thrillers offensichtlich. Eine Art Wiedergutmachung wegen der Bösartigkeiten eines Dorfes im Vorgänger?

Obwohl es durchaus möglich ist, „Rachedorf“ ohne Kenntnis von „Todesdorf“ zu lesen, empfehle ich dringend die richtige Reihenfolge einzuhalten. Eva Reichl bringt immer wieder die Eckdaten in Erinnerung, doch die ganze Tragödie erschließt sich besser, Band eins zu kennen.

Der Schreibstil ist fesselnd, manchmal verstörend und sehr realistisch. Die ständige Bedrohung, Dianas Ängste und die Hilf- und Machtlosigkeit fühlen sich ziemlich authentisch an.

Wer es nicht ganz so rasant möchte, dem darf ich Eva Reichls Reihe rund um Chefinspektor Oskar Stern empfehlen, die im oberösterreichischen Mühlviertel spielt.

Fazit:

Ein Thriller, der bis zur letzten Seite fesselt und die Abgründe so mancher Menschen offenbart. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 19.04.2023
Mit Bahn und Bus zum Berggenuss
Ruep, Stefanie

Mit Bahn und Bus zum Berggenuss


sehr gut

Kann man mit öffentlichen Verkehrsmitteln die Berge genießen? Ja, man kann! Statt, wie in der heutigen Zeit üblich, „Berge zu sammeln“, kann man es auch ein wenig gemütlicher angehen.

Stefanie Ruep stellt uns hier 80 Wanderungen vor, die alle mittels Öffis (Bahn oder Bus) erreichbar sind. Zentrum ihrer Betrachtung ist die Stadt Salzburg. Von dort lassen sich nicht nur Ausflugsziele im Bundesland Salzburg, sondern auch im Berchtesgadener Land oder in Oberösterreich erreichen.

Natürlich können die 80 Wanderungen nicht im Detail beschrieben werden. Jeder Ausflugstipps ist 2-3 Seiten lang, der die wichtigsten Eckdaten sowie einen Kartenausschnitt und ein Foto umfasst.

Hier lassen sich kinderwagentaugliche Routen wie auf den Gaisberg oder anspruchsvollere mit einer Übernachtung auf einer Hütte finden.

Der Vorteil der Anreise mit den Öffis: Man muss nicht zum Ausgangspunkt der Wanderung zurück. Nebenbei fällt die mühsame Suche nach einem schattigen Parkplatz, die immer öfter kostenpflichtig sind, weg. Und, ist es nicht herrlich, im Zug oder Bus die ermüdeten Beine einfach auszustrecken, die Augen kurz zu schließen und den schönen Tag nochmals Revue passieren zu lassen?

Fazit:

Gerne gebe ich diesem anregenden Wanderführer mit Öffi-Anbindung 4 Sterne.

Bewertung vom 16.04.2023
Der treue Spion / Offizier Gryszinski Bd.3
Seeburg, Uta

Der treue Spion / Offizier Gryszinski Bd.3


ausgezeichnet

Mit den Worten "Das ist sicherlich keine große Sache" wird Major Wilhelm Freiherr von Gryszinski im Jahr 1896 von seinem Vorgesetzten, dem Münchner Polizeichef, beauftragt, einen vermissten französischen Diplomaten zu suchen. Der Mann, der angeblich über Wissen zu einer technischen Revolution verfügt, ist aus dem Hotel Vier Jahreszeiten verschwunden. Doch ganz so einfach gestaltet sich die Suche nicht, denn Gryszinski entdeckt einen Zusammenhang mit einem betrügerischen Paar, das die Pläne zu eben dieser Erfindung in fast allen Hauptstädten Europas zum Verkauf anbietet. So heftet er sich gemeinsam mit Gemahlin Sophie an ihre Fersen.

Zwanzig Jahre später, 1916 tobt der Große Krieg und Friedrich von Gryszinski, versieht als junger Leutnant seinen Dienst als Meldegänger in Frankreich. Von dort wird er zu einer riskanten Spionageaktion rekrutiert, die ihn auf die Spuren jenes Kriminalfalls aus dem Jahr 1896 bringt, den sein Vater nicht lösen konnte. Wird es Gryszinski junior gelingen?

Meine Meinung:

"Der treue Spion" von Uta Seeburg ist der dritte Band der Reihe rund um Major Wilhelm Freiherr von Gryszinski und bietet 400 Seiten spannende Lektüre.

Wie wir es aus den beiden Vorgängern „Der falsche Preuße“ und „Das wahre Motiv“ gewöhnt sind, baut sich die Spannung langsam und stetig auf, bis sie sich in einem Showdown entlädt.

Die Schauplätze, Personen und gesellschaftliche Hintergründe der Jahre 1896 bzw. 1916 werden höchst interessant und unterhaltsam beschrieben. Wer München kennt, kann anhand der Beschreibungen mühelos dem Geschehen und den Protagonisten durch die Stadt folgen können.

Die Charaktere sind wie immer detailliert ausgearbeitet. Besonders die schriftstellerisch tätige Sophie von Gryszinski ist eine herausragende Person.

Fazit:

Gerne gebe ich dieser gelungenen Fortsetzung 5 Sterne.