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Wedma

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Insgesamt 546 Bewertungen
Bewertung vom 28.11.2015
Ein anderes Paradies
Philpot, Chelsey

Ein anderes Paradies


sehr gut

Es ist eine gut gelungene, authentische Geschichte übers Erwachsenwerden, eine bildhafte Schilderung der Selbstwerdung einer jungen Person, in der physischen und in der beruflichen Dimension: von einer Möchte-gerne zu einer ausgebildeten, erfolgreichen Künstlerin, gesetzt in Kontrast zu ihrer weniger zielgerichteten Freundin.
Charlotte, 16 zu Anfang der Geschichte, kommt aus eher bescheideneren Verhältnissen und ist auf dem privaten Internat St. Anne’s. Die Ferien verbringt sie im Haus ihres Vaters, der mit seiner neuen Partnerin zwei Jungs hat und eine Autowerkstatt unterhält. Charlotte kellnert im Sommer im naheliegenden Hotel und passt in der Freizeit auf die Jungs auf. Charlottes Mutter lebt woanders, das Mädchen hat keinen guten Draht zu ihr, zu der neuen Frau ihres Vaters auch nicht.
Im Internat lernt Charlotte Julia Buchanan kennen, die einer wohlhabenden Familie mit vier Kindern angehört, ihre ältere Schwester ist tot, der Vater war mal ein Senator, und Charlottes Leben verändert sich seit der Begegnung immer mehr: eine neue, faszinierende Welt öffnet sich ihr. Charlotte wird Julias beste Freundin, besucht sie auf ihre Einladung in den Ferien auf dem Familienanwesen auf der Insel und lernt die ganze Familie kennen, die sie schlicht verzaubert: Vater, Boom genannt, Mutter namens Teresa, zwei ältere Brüder und die kleinere Schwester Cornelia, die auch auf auch Oops hört. Julia aber hat einen labilen Charakter, sie versucht mit einem Problem fertig zu werden, das Charlotte erst am Ende der Geschichte ganz aufschlüsselt. Bis dahin gibt es schicke Parties zu feiern, auf Hochtürme mit atemberaubenden Aussichten zu klettern, sich auf die Suche nach sich selbst zu begeben, sich zu verlieben (es gibt paar sehr gut geschriebene Liebesszenen) und zu entlieben, Freundschaften zu schließen und zu beenden, etc. Die Themen wie Familie, Freundschaft, Liebe, Selbstfindung, Umgang mit schwerwiegenden Problemen, Alkoholismus unter Jugendlichen, etc. sind in diesem Jugendbuch sehr präsent.
Charlotte ist eine bemerkenswerte Person. Sie ist lebensklug, authentisch und lässt sich stets von ihren inneren Werten leiten, die sie wohl nie im Stich lassen. Das sind u.a. die Eigenschaften, die sie so attraktiv für die Familie Buchanan machen, die für alles den Preis, aber nicht den Wert zu kennen scheinen.
Auch alle anderen Figuren, ob Erwachsen oder Kinder, sind überlebensgroß und faszinierend, jede auf ihre Weise. Man fühlt sich gleich in diese Welt versetzt und erlebt die Geschichte vom Anfang an hautnah mit.
Es ist eine Ich-Erzählung, die wunderbar zur Geltung kommt. Zwischendurch gibt es E-Mails und die kurzen Texte, die die Handlung ergänzen bzw. erklären, aber nicht den Hauptkapiteln zugeordnet sind. Die Länge der Kapitel ist gut gewählt: mal sind sie kurz, mal länger. All das lockert das Ganze zusätzlich auf. Aber auch die 34 Hauptkapitel lassen sich wunderbar lesen. Die Sprache muss ich an der Stelle loben: wunderbare, unverbrauchte Sprachbilder, insgesamt liest die Geschichte sich leicht und angenehm. Auch deshalb möchte man immer weiterlesen, um schlicht diese Sprache weiter zu genießen.
Das Spiel mit Kontrasten hat mir gut gefallen: ein Mädchen aus bescheidenen Verhältnissen, aber mit starken inneren Werten vs. ein Mädchen aus einer wohlhabenden Familie ohne solche und mit einem großen Problem, das allen Beteiligten kein einfaches Leben beschert.
Man mag das Buch auch deshalb nicht aus der Hand legen, weil eine unterschwellige Spannung in der Luft liegt. Man weiß, Julia ist für jede Überraschung gut und vermutet, es wird eines Tages etwas Schreckliches passieren.
Das Cover passt sehr gut zum Inhalt. Diese Pastelltöne spiegeln den Ton und Charakter der Erzählung wider. Auch das hübsche Mädchen, das aus dem luxuriös anmutenden Etwas schon fast sehnsüchtig in die Welt hinausschaut, bildet die Protagonistin bestens ab.
Fazit: eine in leisen, aber eindringlichen Tönen gekonnt geschriebene Geschichte zu einem wichtigen Thema.

Bewertung vom 26.11.2015
Putin
Seipel, Hubert

Putin


ausgezeichnet

Ich muss das Werk sowohl für die Themenauswahl als auch für die tolle Ausführung loben. Die Themen sind nicht nur hochaktuell: Ukraine, Krim, Rolle der USA bei den Kernfragen der Weltpolitik zu Anfang von Putins Regierungszeit und heute, Kampf gegen Terrorismus, Beresowski und andere Oligarchen, Blitzkrieg in Georgien 2008, Sotchi 2014, etc. Die besprochenen Punkte liefern den Lesern die Einsichten, sowie eine plausible Erklärung der gegenwärtigen politischen Lage. Dabei werden die Interessen der jeweiligen Seite klar genannt und begründet.
Die Ausführung lässt keine Wünsche offen: Eine klare, aussagekräftige Sprache in Kombination mit der sachlichen wie entspannten Haltung zur Person und Machtmenschen Putin sorgen nicht nur für die hohe Glaubwürdigkeit, sondern bereitet ein Lesegenuss, der seinesgleichen sucht. Das Buch liest sich sehr angenehm und leicht.
Es ist ein hochspannendes Material, den H. Seipel seinen Lesern liefert. Definitiv KEIN 08/15 Zeitungswissen. Zum ersten Mal las ich von der Rolle von Fr. Merkel als Mittelerin im ukrainischen Konflikt 2014, die nun gar nicht so positiv ausfällt, wie man es sonst aus den Öffentlich-rechtlichen und den Tageszeitungen entnimmt.
Die komplexesten Dinge sind gut verständlich und anschaulich geklärt. Die Ursache-Wirkung Verhältnisse, wie die Zusammenhänge perfekt formuliert auf den Punkt gebracht, unabhängig davon, welches Thema gerade besprochen wird, ob es um die Rolle der Medien und der dt. Journalisten geht oder um die schwierigen Fragen der Beziehung Russlands zur EU oder USA. Als Beispiel des soliden, hochprofessionellen und hochqualitativen Journalismus kann man guten Gewissens dieses Werk nennen.
Zwei kleine Kostproben: „Die beiderseitige Abneigung ist über die Jahre gewachsen. Die Pose der moralischen Überlegenheit, die der US-Präsident in öffentlichen Auftritten zum Thema Russland an den Tag legt, nervt Putin. Wie zuletzt jene Attacke, als Obama Russland als Regionalmacht und den russischen Präsidenten als unkonzentrierten Schuljungen in der letzten Schulbank verspottete. Wladimir Putin hat sich bislang mit persönlichen Angriffen zurückgehalten. Er attackiert dafür regelmäßig den alleinigen Großmachtanspruch der USA.“ S. 27. Oder das hier: „Unsere journalistischen Beziehungen zum neuen Russland sind ein emotionaler Cocktail aus Sympathie und eigener Größenvorstellung. Bereits nach dem Kollaps der Sowjetunion produzierten deutsche Journalisten im neuen Wir-Gefühl Tausende von Artikeln mit gutgemeinten Ratschlägen und strengen Warnungen vor Irrwegen. Wir haben nie damit aufgehört, Kopfnoten für korrektes Verhalten zu verteilen, und glauben stets genau zu wissen, wie der „failed state“ Russland auf dem Weg in den Westen weiter vorankommen könnte. Die russische Politik zeigt sich für das Engagement deutscher Reformpädagogik allerdings nur bedingt empfänglich. Auf die Richtung der Marschroute war keineswegs abgesprochen. Und so endetet die Beziehung bald dort, wo unerwiderte Leidenschaft in der Regel immer endet: im gegenseitigen Frust.“ S. 18.
Auch Waldimir Putin als Mensch kommt deutlich rüber. Schön fand ich die Geschichte der heiligen Elisabeth, zu Lebzeiten Alexandra Luise Alice von Hessen-Darmstadt, die er in der ihr gewidmeten Privatkapelle erzählt. So sieht man Herrn Putin kaum heute in Medien. Somit wird es klar, dass die Person Putin, seine Rolle in der Politik und die Sachverhalte, die mit seiner Tätigkeit einhergehen, vielmehr mit der Art der Darstellung, dem Bild, das ihm die Medien verpasst haben, zu tu hat und weniger mit dem, wie er ist, was er denkt und wie er seine Politik macht. Für mich sind es nun zwei verschiedene paar Schuhe.
Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und ich kann es wärmstens weiterempfehlen. Man muss sich dabei nicht brennend für Politik interessieren. Das habe ich auch nicht getan. Danach wird einem das Bild der heutigen politischen Situation klar, in der man steckt und wer welche Rolle dabei spielt oder zu spielen versucht.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.11.2015
Veilchens Feuer / Valerie Mauser Bd.2
Fischler, Joe

Veilchens Feuer / Valerie Mauser Bd.2


ausgezeichnet

Der zweite Fall mit Valerie Mauser, der Chefin der LKA aus Wien und ihrem Ermittler-Kollegen Manfred Stolwerk ist ein sehr gut gelungener Krimi mit Witz und Humor, mit einer philosophisch anmutenden Seite, rasant und hochspannend zum Schluss.
In dieser Folge vermittelt Veilchen im Milieu eines Rock-Musikers Wolf Rock, mit bürgerlichem Namen Gotthilf Semmelweiß, da er eine Drohung erhalten hat, dass er bei seinem Konzert in Innsbruck für „eine Schandtat ´76“ brennen würde. Veilchen ist wenig begeistert: sie mag weder den Musiker, der sich sehr zu inszenieren weiß, wie er es auf seiner Pressekonferenz deutlich demonstriert hat, noch sagt ihr seine Musik an sich zu. Ihr Chef lässt keine Zweifel offen: Veilchen muss ran. Also gewinnt sie und die Leser einige tiefe Einblicke ins Musikgeschäft und wie es um ´76 aussah. Die Aufgabe wird aber etwas versüßt: Sie trifft an der Pressekonferenz ihren Nachbaren, Musiker Sandro Weiler, der vor Wolf Rocks Konzert seinen Auftritt haben wird. Veilchen mag seine Lieder und ihn selbst findet sie auch recht sympathisch.
Wie im ersten Teil geht es auch in Veilchens Feuer schön humorig zu, was der Souffleuse auf Veilchens Schulter u.a. zu verdanken ist. Sie gibt ihre bissigen Kommentare zu Figuren und Geschehnissen und sorgt für eine gute Prise Ironie. Dieses Zusammenspiel vom Ironischen, Romantischen und Ernsten fand ich sehr gut gelungen.
Die Figuren sind überlebensgroß, haben ihren eigenen Charakter und eine spannende Vorgeschichte. Man fühlt sich sofort mitten im Geschehen, lernt „die Leute“ kennen, was bei mir dazu geführt hat, dass ich das Buch nicht aus der Hand legen mochte und es sehr schnell durch hatte. Stolwerk ist so ganz süß in dieser Folge. Er versucht, Veilchen mit einem schönen, selbst gekochten Abendessen und feinen Wein zu versorgen, damit sie etwas Anständiges mal isst. Veilchen aber rennt davon und stopft stattdessen eine Bratwurst und Bier aus der Dose an einer Bude draußen in sich hinein, da sie ja weiter ermitteln muss und der Zeuge, ein Reporter, eine köstliche Figur, wollte sich mit ihr eben sofort und an der Bude treffen. Mit dem Kollegen Geyer hat Veilchen wieder kein einfaches Auskommen, aber alles hat seinen Sinn und Zweck. Der Bürgermeister ist wieder da und nach wie vor wenig an der Wahrheitsfindung interessiert, eher am guten Image und hohen Verkaufszahlen. Der Wolf Rock, den Veilchen dann doch im Laufe der Ermittlungen besser kennenlernt, birgt schon die eine oder andere Überraschung. Unter der glitzernden wie stacheligen Oberfläche versteckt sich eine spannende und tragische Persönlichkeit, die Höhen und Tiefen des Lebens durchgemacht hat und immer noch bereit ist, sich dem Publikum zu stellen. Und natürlich das Mädchen, dessen Geschichte sich nach und nach, in kurzen, ein- bis halbseitigen, aber wunderbar dicht geschriebenen Texten vor Augen der Leser entfaltet. Sie ist der Teil des Puzzles, das zum Schluss gelöst wird, und gibt dem Leser Einblicke in die Welt dieses Mädchens, in ihre Ängste und Träume, und was dann daraus wird.
Der Schluss hat mir sehr zugesagt: Toll geschrieben, klasse durchkomponiert und vorbereitet. Diese Szenen im Stadion stehen einem so lebendig vor Augen, als ob man vor Ort dabei gewesen wäre, mit Veilchen in die Menge gesprungen ist und das Geschehen insg. miterlebt hat.
Die Sprache der Geschichte ist ein Genuss an sich. Der Ton ist mal ironisch, mal philosophisch angehaucht. Die Geschichte liest sich leicht, hat aber doch Tiefgang und wirft Fragen auf, z.B. zur Bedeutung der Familie, der echten Freundschaft, der Liebe, etc.
Veilchen vermisst ganz arg ihre Tochter, die sie vor ca. 20 Jahren weggeben musste. Ich vermute mal, dass der dritte Teil sich näher mit diesem Thema befassen wird. So oder so, ich habe Veilchens Feuer sehr gern gelesen, kann es gerne weiterempfehlen und bin bei der nächsten Folge dabei.
Die Ausgestaltung des Buches fand ich auch sehr gut gelungen. Diese runden Ecken, die haben schon ein besonderes Flair.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.10.2015
Craft Beer Kochbuch
Paul, Stevan;Goffin, Torsten

Craft Beer Kochbuch


ausgezeichnet

Das Buch ist ein Schmuckstück. Sowohl die äußere Ausgestaltung als auch der Inhalt zeigen, dass es ein Geschenk ist, vor allem an die Genießer unter den Lesern, die das gute Essen und Trinken, wie gute Bücher zu schätzen wissen.
Zu Anfang findet man eine Einleitung (1 Seite), das Kapitel „Wesen des Brauens“ (3 Seiten), „Am Anfang stand IPA“ (2 Seiten). En weiteres Kapitel „Bitter sweet symphony“ geht auf die Kombination aus Bier und Speisen und die damit einhergehenden Geschmackserlebnisse ein (2 Seiten), in „Bier und Glaskultur“ wird die Wichtigkeit der richtigen Glaswahl hervorgehoben, eine Tabelle mit Bierglasformen und Empfehlungen für welche Bierstile diese optimal passen, ist mit von der Partie, und schließlich folgt eine Einladung zur Bierverkostung auf einer Seite, die das „theoretische Part“ abschließt. Ab Seite 24 geht es zu den Rezepten. Über hundert Seiten an Bildern lockern das Ganze auf.
Das Kochbuch bietet zweierlei Rezepte: die Gerichte, die zu bestimmten Bierstilen passen, also zum Bier genossen werden, z.B. „Coppa-Knusperstreifen mit Bierschnitten und Olivenöl“ auf S. 29, davon deutlich weniger als diejenigen, die das Bier als Zutat haben, z.B. Bierpizza mit Sauerkraut, Romadur und Majoransahne“, S. 44, bei dem das Bier in den Pizzateig getan wird, wie auch im Rezept „Sprotten auf Blinis mit Rote-Bete-Salat und Forellenkaviar“ auf S. 42, bei dem das Bier in Bliniteig kommt, oder „Bierzwiebeln“, auf S. 197, bei dem das Bier die Sauce verfeinert.
Es gibt folgende Verteilung der Rezepte: 16 aus der Kategorie „Feine Vorspeisen und kleine Gerichte“; 7 aus „Fisch und Meeresfrüchte“; 19 aus „Fleisch und Rotisserie“; 5 aus „Klassische Bierküche und Biersnacks“; 8 aus „Süsses und Desserts“.
Bei den Süßspeisen sind die Bierstile manchmal dazu empfohlen oder das Bier kommt in den Teig hinein wie beim Rezept „Süsse Bierwaffeln mit Sauerkirschen und Vanllejoghurt“ auf S. 231.
Alle Rezepte werden von den schön gemachten Food-Fotos der entsprechenden Gerichte begleitet, sodass man sofort mit dem Kochen und dem Freunde-zur-Bier-Verkostung-Einladen und Lecker-Essen loslegen möchte. Die Rezepte sind recht einfach, gut und verständlich beschrieben. Alle nötigen Angaben sind da, dem Gourmet-Glück kann also nicht mehr viel im Wege stehen.
Außerdem sind 10 Bierstile sind kurz und prägnant, je auf einer Seite beschrieben worden. Die Kriterien sind: „Ursprung“, „Charakter“, „Gärung“, „Alkoholgehalt“, „Trinktemperatur“, „Glaswahl“ mit Abbildung, „Referenzbiere“, i.e. Beispiele der Biere mit ihren jeweiligen Namen, „Rezepte“ aus dem Buch mit Seitenangabe, „Stil-Varianten“, i.e. Biernamen und kurze Erläuterungen, z.B. „weniger Alkohol“.
Und last but not least: 13 Brauereien (davon 8 aus Deutschland und je eine aus Belgien, Niederlande, Österreich, UK, und Australien) sind mit kurzen Texten (1 Seite) und Bildern von Anlagen, Verkostungen, Bierfesten, Familien, Kindern, Produktfotos, etc. (4 Seiten) in dem Buch präsentiert worden.
Nach dem Hauptteil gibt es auf S. 241 „Literaturempfehlungen“: 6 weitere Bücher, die das Craft Bier zum Gegenstand haben, wie auch eine Entschuldigung an einige Brauereien, die nicht in dem Buch präsentiert werden konnten.
Sympathisch und richtig fand ich die Vorstellung des 5-Köpfigen Teams mit Fotos und paar Worten zum Werdegang auf S. 247, das die Entstehung dieses professionell gemachten Buches ermöglicht hat.
Und einen besonderen Dank an Christian Brandstätter Verlag, Wien, für dieses wunderbare Kochbuch, das sich von anderen im positiven Sinne abhebt und sich als Geschenk, zu Festtagen und im Alltag als ein guter Begleiter erweist. Bitte mehr davon.

Bewertung vom 06.09.2015
Der Raub / Gabriel Allon Bd.14 (eBook, ePUB)
Silva, Daniel

Der Raub / Gabriel Allon Bd.14 (eBook, ePUB)


weniger gut

Die Leseprobe hat mich fasziniert, die Szenerie klang vielversprechend. Der Protagonist und seine Frau erschienen mir interessant, ja beindruckend. Gabriel Allon, der in einer alten Kirche in Venedig ein Gemälde restauriert und vom General Ferrari vom Kunstdezernat beauftragt wird, einen grausigen Mord am englischen Kunstsammler namens Jack Bradshaw aufzuklären. Von Allons Frau, die als eine wahrhaftige Venezianerin, als „eine von Veronese gemalte Schönheit“ dargestellt wird, wollte ich mehr wissen. Es hörte sich an, dass der Fall sich in der Kunsthändlerszene abspielen und primär mit Kunsthandel, ggf. Gemäldefälschungen und Kunstraub zu tun haben wird.
Leider hat sich der Eindruck spätestens nach dem zweiten Teil verflüchtigt: die Hauptfiguren, wie viele andere in diesem Roman, zu blutlosen Marionetten mutiert und die Handlung hpts. zu Aneinanderreihung von Erzählberichten verkommen.
Anfangs wird von einigen Tricks des illegalen Kunsthandels berichtet, auch mit welcher Sorgfalt und gegenseitigem Misstrauen der Käufer und Verkäufer agieren, welche Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden, etc. Aber bald stellt sich heraus, dass die Kunstkulisse und die gestohlenen Gemälde lediglich einen Rahmen darstellen. Britische, Israelische und andere Geheimdienste und Agenten treten auf die Bühne und übernehmen die Führung, und schon ist man mitten drin in politischen Abhandlungen, stark vereinfacht dargestellt, mit dazu gehöriger schwarz-weiß Malerei, die die Lage im Nahen Osten, den Krieg in Syrien, die Verbindungen der Herrscher nach Osten, etc. vor Augen der Leser ausbreiten. Dabei ist eine bestimmte Sicht der Dinge, die m.E. spezielle Interessenkreise im Ausland vertreten, ausschlaggebend.
Einiges, wie z.B. die Sicherheitsmaßnahmen einer privaten Bank in Österreich, wie die Auflösung des Falls insgesamt, konnte ich bei meinem besten Willen nicht abnehmen. E.g. David Allon darf im Alleingang über den Verbleib von illegal entwendeten 8 Mlrd. Euro entscheiden. Es klingt zwar nobel, wie er damit umgegangen ist, aber insgesamt unglaubwürdig. Niemand hat auch etwas gegen seine Entscheidung gehabt, die eigenen Ideen und Lösungen angemeldet, wie man den Betrag verwenden könnte. Allon agiert plötzlich nobel und schiebt kurzerhand das Geld hin und her, bis es ihm passt. Bei der Handlung kam der Gedanke auf, wozu bitte all dieser Unsinn außer, um bestimmten Ansichten zur Politik im Nahen Osten, etc. eine breitere Bühne zu verschaffen und diese unters lesende Volk zu bringen.
Als begnadeter Literat hat sich der Autor mit dem Werk nicht geoutet: Insgesamt zu grobschlächtig, hpts. auf informativer Ebene, gearbeitet. Vieles blieb auf dem Niveau der Behauptungen, denen ich kaum Glauben schenken konnte. Dialoge wurden oft zu purer Infoversorgung der Leser missbraucht. Die Figuren konnten auch nicht gerade mitreißen, da wie Marionetten zum o.g. Zweck behandelt, und erzählen einander Dinge, die sie eigentlich schon wissen. Die Spannung hielt sich daher sehr in Grenzen. Auch der Ausdruck ließ hier und dort zu wünschen übrig, gekrönt von abenteuerlicher Zeichensetzung zum Schluss. Im fünften Teil wird es plötzlich rührselig bis peinlich. Aber immer noch unglaubwürdig.
Ich wollte die Geschichte mögen und ggf. noch mehr vom Autor lesen. Leider kam es anders. Spätestens im Teil 3 ist die Faszination zu Enttäuschung umgeschlagen. Es nutzte auch nichts mehr, dass die Handlung im letzten Teil zum gestohlenen Gemälde zurückkehrte.
Sterneabzug für: 1) Den kaum zufriedenstellend erfüllten Vertrag mit dem Leser: eine Geschichte im Kunsthändlermilieu suggeriert, aber einen durch und durch politischen Agentenschinken geliefert. 2) Abwesenheit der politischen Korrektheit und Verbreitung des fragwürdigen Gedankenguts. 3) Handwerkliche Unzulänglichkeit.
Fazit: Ein unglaubwürdiges wie grob gearbeitetes Agentenstück.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.09.2015
Baba Dunjas letzte Liebe
Bronsky, Alina

Baba Dunjas letzte Liebe


ausgezeichnet

Baba Dunja ist eine starke Frau, die ihren eigenen Weg unbeirrt verfolgt, egal, wer und was zu ihren Entscheidungen sagt. Die Frau hat mich ganz schön beeindruckt. Ihre Geschichte fängt recht gemütlich an, aber je weiter, desto ernster werden die Probleme und Fragestellungen. Mit einer Prise Humor, aber doch recht ernst und mit einer bewundernswerten Gleichmut, erzählt sie ihr Leben vor dem Reaktorunglück 1986 und von der Zeit danach: von der Evakuierung und warum sie als Erste ins Dorf zurückkehrte. Eine ganze Epoche, in authentischen wie lebendigen Bildern, die die jungen Menschen von heute sich kaum vorstellen können, wird wieder lebendig.
Helle, fröhliche Bilder von Stadtkindern, die vor 86 über die langen Sommerferien zu ihren Großeltern ins Dorf kamen und dort nach Herzenslust herumtobten - Baba Dunja, als einzige medizinische Hilfskrankenschwester im Ort, musste sie mal auch versorgen, stehen im krassen Kontrast zu den Bildern, die sie von ihrer Enkelin Laura hat. Baba Dunja durfte das Mädchen nie kennenlernen, da Laura in Deutschland geboren wurde, dort nun lebt und noch nie zu Besuch gekommen ist. Auf den Fotos, die Tochter Irina Baba Dunja geschickt hat, guckt Laura immer ernst und lächelt nie.
Baba Dunja steht sinnbildlich für viele Frauen ihrer Generation. Sie haben ähnliche Schicksale: ein Leben voller Arbeit im Spagat zwischen dem Vollzeitjob, der Kindererziehung und der Arbeit im Haus und Garten, ggf. einem Mann wie ihr Egor, der eigene Interessen mehr schätzte als die der Familie. Und nun ist sie alt, lebt allein, pflegt ihren Gemüsegarten, da sie sich selbst versorgt, und spricht mit den Geistern der toten Dorfbewohner. Auch den Geist des toten Hans ihrer Nachbarin Marja sieht sie auf dem Zaun und nickt ihm im Vorbeigehen zu.
Baba Dunja ist eine weise Frau, bei der die Zeit eine ganz andere Dimension hat. Die Vergangenheit ist genauso lebendig wie Gegenwart. Bloß die Zukunft, die durch ihre Tochter Irina und die Enkelin Laura zum Ausdruck gebracht wurde, sieht zunächst sehr undurchsichtig aus. Erst ist Irina so geheimnisvoll wie immer, was ihr Familienleben angeht, als sie endlich zu Besuch, nicht ohne triftigen Grund, kommt. Doch dann… Da Baba Dunja ihre Enkelin noch nie persönlich kennengelernt hat, vermutet sie zunächst, dass es Laura gar nicht gibt und stellt prompt die Frage, was alles dann für einen Sinn hätte, wenn es Laura, also ihr Nachkommen in der Übernächsten Generation, gar nicht gibt? Gute Frage. Irina ist in der Fremde nicht besonders glücklich geworden: seit sieben Jahren geschieden, zur Tochter besteht nun auch keinen Kontakt mehr. Laura fördert schon länger ein gestörtes Verhalten zutage, Irina ist hilflos, sie weiß nicht, wie sie damit umgehen soll und wie sie ihrer Tochter helfen könnte. Laura hat Baba Dunja einen Brief geschrieben, in einer Sprache, die Baba Dunja nicht versteht. Die Verbindung von der älteren zur jüngeren Generation scheint also gebrochen: Die Kontinuität, die die Zugehörigkeit zu einem Volk mit seiner Kultur und seiner Sprache da wäre, ist nicht mehr gegeben. Baba Dunja ist nicht besonders glücklich darüber, aber sie hat gelernt, die Dinge so zu nehmen, wie sie sind. Sie will aber ihre Enkelin verstehen, sie will wissen, was sie stört, warum sie das macht, was sie macht.
Das Reaktorunglück steht m.E. als Sinnbild für den Verfall des alten Systems. Die neue Ordnung, die die Kinder außer Landes gebracht und die Kindeskinder von ihrer Kultur und den Großeltern entfremdet hat, macht offensichtlich auch kaum glücklich, wenn man an Irina und Laura denkt. Was bedeutet das für die jungen Frauen, was bedeutet das für Baba Dunja? Die jüngere Generation hat ihre Wurzeln verloren und Baba Dunja ihre Zukunft.
Fazit: Eine sehr gelungene wie traurige Geschichte, die der heutigen Gesellschaft ein Spiegel vors Gesicht hält und zum Nachdenken anregt. Baba Dunja wird mir noch länger in Erinnerung bleiben. Ich fühle mich geehrt, dass ich sie kennenlernen durfte.

2 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.08.2015
Auf Freiheit zugeschnitten
Greiner, Margret

Auf Freiheit zugeschnitten


ausgezeichnet

Ich war zu allererst vom Schreibstil Margret Greiners beeindruckt, dem klaren, treffenden Ausdruck und von ihrer schönen Art, das Leben von Emilie Flöge, ihrer Familie und das von Gustav Klimt in einprägsamen wie eindrucksvollen Bildern vor Augen der Leserschaft auszubreiten.
Im Laufe der Romanbiografie erfährt man, wie aus einem Mädchen aus dem guten Hause eine Geschäftsführerin wurde, die sich in London und Paris zu behaupten und manchmal knallhart mit ihren Geschäftspartnern zu verhandeln wusste. Es wird auch deutlich, wie schwierig der Weg der Selbstbestimmung für eine Wienerin damals war, wie viel Herzblut, Geduld und harter Arbeit er Emilie abverlangte.
Man lernt diese bemerkenswerte, starke Frau kennen, die ihrer Zeit weit im Voraus war und die Maßstäbe im Denken wie in der Kleidung setzte. Modeschöpferinnen gab es damals selbst in Paris kaum, wie auch kein treffendes Wort dafür. Der Salon der Schwestern Flöge aber kleidete zu der Zeit die Vertreterinnen der oberen Schicht von Wien und Emilie entwarf die Kleider und beriet die Kundinnen. Sie strebte selbst nach Freiheit und wollte diese mit ihren teilen. Sie wollte zeigen, dass es auch anders geht: ohne die engen Korsetten und frei von der üblichen Rolle der Frau als Anhängsel von einem Mann. Bezeichnend ist das Kapitel, das beschreibt, wie Emilie auf Reisen von Engländern und Franzosen als Alleinreisende wahrgenommen wurde S. 219-222.
Auch ihre Beziehung zu Gustav Klimt kommt dabei nicht zu kurz: ihre gemeinsamen Besuche der Oper, Urlaube und Ausflüge am Attersee, einige von Kilmts Karten, die er ihr geschickt hatte, wurden angeführt. All das zeichnet ein Bild der Künstlerin und Gefährtin, die Gustav Klimt verehrte, deren Meinung er hoch schätzte und immer zu ihr zurückkehrte. Dabei gewinnt man Einblicke auch in das Leben vom großen Künstler: wie er war, wie er arbeitete, was er mochte, was ihn bewegte, etc.
Die damalige Zeit, die Belle Époque mit ihren Idealen und Werten, die an den Tag gelegt wurden, Problemen, die es zu bewältigen gab, wird in diesem Werk wieder lebendig. Man trifft Gustav Mahler und seine Frau Alma. Von Kokoschka und Schiele, wie von etlichen andern Künstlern dieser Zeit, ist die hier und dort Rede. Die Entstehung der Secession in Wien und Klimts Ausstellungen darin wurden sehr schön beschrieben.
Man merkt, mit wie viel Liebe zu Kunst und tiefgründigem Wissen über Klimt und seine Werke der Roman geschrieben ist.
Es gibt aber auch viele Tode und tragische Momente, insb. kommt einem der schnelle Tod Klimts nahe, auch wie er im Krankenhaus behandelt wurde, wie entsetzt Emilie darüber und über seine Entstellung war.
Im Buch findet man einige schwarz-weiß Fotos, die Emilie in jungen und reiferen Jahren zeigen, mit Klimt und ohne, auch die von Klimt mit und ohne Emilie, auch mit Freunden am Attersee. Besonders interessant sind sieben Fotos 1906-1910 von Emilie, auf denen sie ihre Kleiderkreationen präsentiert. Es gibt auch vier farbige Illustrationen von Klimts Bildern, zwei davon sind Portraits von Emilie. Ich habe mir noch mehr Fotos und Illustrationen gewünscht. Manches ist auch nicht immer chronologisch erzählt, das stört aber gar nicht.
Es gibt schöne Zitate, wie z.B. das von Stefan Zweig aus „Ungeduld des Herzens“ auf S. 243: Oder einige Zitate von Montaigne, die wunderbar in die Handlung passen und das Leseerlebnis ungemein bereichern:

Insgesamt ist es eine sehr gelungene Romanbiografie geworden, die sich leicht und angenehm liest, und ein unbeschreibliches Wohlgefühl dabei erzeugt. Sie hat einen Sog auf mich ausgeübt. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, auch weil ich wieder in diese Zeit eintauchen, noch mehr von dem Leben von damals erfahren und bei Emilie und Gustav verweilen wollte.
Es ist ein tolles Geschenk für alle an Kunst und Geschichte Interessierten und nicht nur.

Fazit: Ein sehr schönes Werk, das ich sehr gern gelesen habe und wärmstens weiterempfehlen kann.