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Mikka Liest
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⇢ Ich bin: Ex-Buchhändlerin, Leseratte, seit 2012 Buchbloggerin, vielseitig interessiert und chronisch neugierig. Bevorzugt lese ich das Genre Gegenwartsliteratur, bin aber auch in anderen Genres unterwegs. ⇢ 2020 und 2021: Teil der Jury des Buchpreises "Das Debüt" ⇢ 2022: Offizielle Buchpreisbloggerin des Deutschen Buchpreises

Bewertungen

Insgesamt 735 Bewertungen
Bewertung vom 15.06.2014
Der Tag, an dem der Wind dich trägt
Patterson, James

Der Tag, an dem der Wind dich trägt


weniger gut

Eines muss ich diesem Buch lassen: die Geschichte ist ohne Frage originell und von der Grundidee her spannend. Eine geheime Organisation beschäftigt die brilliantesten Wissenschaftler für verbotene Experimente am Menschen, insbesondere an Embryos. Auf einem Gelände, das abgeschottet ist wie ein Hochsicherheitsgefängnis, verbergen sich hochmoderne Labors auf dem neusten Stand der Technik - und Kinderzimmer für die enstandenen Hybriden aus Mensch und Tier.

Max ist eines dieser Hybridwesen - entgegen dem, was der Klappentext sagt, sieht sie ganz und gar nicht aus wie ein normales Mädchen, denn sie hat wunderschöne Flügel mit einer beeindruckenden Spannweite. Sie sieht aus wie ein Engel, denkt wie ein kleines Genie und hat Instinkte wie ein Raubvogel. Und sie hat "Geschwister", die nicht minder außergewöhnlich sind. Das war für mich das Reizvolle: hier gibt es fantastische Wesen, die nichts mit Fantasy zu tun haben, sondern durch pure Wissenschaft erschaffen wurden - und dennoch liest sich das Buch manchmal wie hochmoderne Urban Fantasy.

Der Autor schmeisst den Leser direkt mitten in die actiongeladene Geschichte: das Buch beginnt mit Max' wilder Flucht aus der "Schule", dem beschönigenden Ausdruck für den Komplex, in dem die Kinder gefangengehalten werden. Und es bleibt spannend und temporeich bis zum Schluss: nicht nur Max ist in Gefahr, sondern jeder, der sie sieht - denn die Jäger, die sie jagen, beseitigen skrupellos alle Augenzeugen und machen auch vor Kindern wie Max nicht Halt. Mit jedem Kapitel wird immer klarer, dass hinter dem Ganzen ein riesiges Netz einflussreicher, mächtiger Verschwörer steckt... Haben ein kleines Vogelmädchen, eine Tierärztin und ein in Ungnade gefallener FBI-Agent da auch nur die geringste Chance?

Die Protagonisten habe ich schnell ins Herz geschlossen: Die mutige kleine Max, die sich trotz ihrer Kindheit eine entwaffnende Unschuld und Herzensgüte bewahrt hat. Den entschlossenen Kit, der seine eigene Karriere mit Füßen tritt, um Unschuldige zu retten. Und nicht zuletzt die tier- und kinderliebende Frannie, die ihr Leben ohne Zögern immer wieder in Gefahr bringt, um Max und die anderen Kinder zu befreien.

Mir gefiel allerdings oft nicht, wie die kindlichen Charaktere porträtiert werden. Eigentlich werden sie als kleine Genies beschrieben, und manchmal wirken sie auch so, und dann spricht die elfjährige Max auf einmal wie eine Fünfjährige.Vieles widerspricht sich auch: in einem Satz wird noch gesagt, dass die Kinder jauchzen und jubeln und dass alles für sie ein großes Abenteuer ist, und im nächsten Absatz wird behauptet, sie seien völlig überfordert und traumatisiert. Die Charakterisierung ist für mich nicht konsequent und schlüssig.

Die Liebesgeschichte, die sich zwischen Frannie und Kit entwickelt, war für mich etwas lauwarm. Ganz nett, aber auch nicht mehr, und die Erotikszene fand ich leider völlig fehl am Platz - die beiden sind da gerade in akuter Lebensgefahr! Außerdem ist sie extrem kurz und wirkt sehr hölzern und einfallslos.

Apropos Erotikszene: ich war immer wieder sehr verwirrt, an wen sich das Buch eigentlich richtet. Die Erotikszene und die zum Teil detailliert beschriebene Gewalt sagen ganz klar: das Buch ist für Erwachsene gedacht. Aber der Schreibstil passt dazu leider überhaupt nicht! Er ist oft extrem einfach, mit sehr kurzen Sätzen. Manchmal mutet er sogar seltsam naiv und süßlich an - als würde man ein altmodisches Kinderbuch lesen.

Mir hat der Schreibstil überhaupt nicht gefallen.

Zuguterletzt fand ich inhaltlich manches nicht so ganz glaubwürdig. Zum Beispiel sind die "Bösen" anscheinend nicht gerade zimperlich darin, ihre eigenen Wissenschaftler zu bestrafen. Jemand hat zwei Kinder entkommen lassen? Er wird dafür hingerichtet. Jemand hat seinem Freund erzählt, wo er arbeitet? Er und sein Freund müssen auch dran glauben. Soviele Wissenschaftler, wie in diesem Buch getötet werden, da dürften sie bald keine mehr übrig haben...

Bewertung vom 04.06.2014
Mord im Gurkenbeet / Flavia de Luce Bd.1
Bradley, Alan

Mord im Gurkenbeet / Flavia de Luce Bd.1


sehr gut

Flavia ist nicht die erste jugendliche Ermittlerin der Weltliteratur - aber definitiv eine der originellsten! Schon auf den ersten Seiten lernt man so einiges über sie: Sie ist 11 Jahre alt aber vielleicht der intelligenteste Mensch im Umkreis von 5 Meilen. Sie liebt Chemie mehr als alles andere auf der Welt und hat ihr eigenes Labor, in dem sie mit Vorliebe Gifte mischt. Sie führt einen erbitterten Kleinkrieg gegen ihre großen Schwestern, bei dem sich beide Seiten nichts schenken, und deswegen kann Flavia inzwischen sogar gefesselt, geknebelt und mit verbundenen Augen aus einem verschlossenen Schrank entkommen wie Houdini Junior.

Sie ist naseweis und altklug und sehr von ihrer eigenen Brillianz überzeugt. Sie kann ein kleines Biest sein, und sie hat kein rechtes Gefühl dafür, wann sie sich in ernsthafte Gefahr begibt... Aber sie kam mir vor wie ein winziger weiblicher Sherlock Holmes, und deswegen fand ich sie fantastisch! Und natürlich ist sie für die örtliche Polizei eine echte Landplage, genau wie Holmes es für Inspektor Lestrade war - das war manchmal einfach zum Totlachen. Überhaupt hatte das Buch einen großartigen Humor: zum Teil wegen Flavias staubtrockener, sarkastischer Art und zum Teil, weil sie selber gar nicht bemerkt, wie sehr sie sich benimmt wie eine kleine Diva. Es ist ein ganz feiner, intelligenter Humor, kein platter Schenkelklopfer... Wunderbar!

Flavia ist der schrullige, strahlende Star dieser Geschichte, und alle anderen Charaktere verblassen etwas in ihrem Schatten, aber meiner Meinung nach hat sie mehr als genug Ausstrahlung, um das Buch interessant und lohnend zu machen. Manchmal kommen gute Dinge wirklich in kleinen Packungen.

Die Krimihandlung ist intelligent geschrieben und war für mich kein bisschen vorhersehbar. Erst nach und nach fügen sich die Puzzleteilchen zusammen, und Flavia ermittelt mit Mut, Intelligenz und Kreativität - wobei sie manchmal auch gründlich falschliegt und erst fast zu spät realisiert, dass sie sich in tödliche Gefahr begibt... Für mich war "Mord im Gurkenbeet" ein spannender Krimi mit einer klassischen Atmosphäre, den ich sehr gerne gelesen habe!

Der Schreibstil ist anspruchsvoll, liest sich aber trotzdem flüssig und unterhaltsam. Da Flavia Chemie über alles liebt, werden natürlich öfter Experimente beschrieben und Flavia versorgt uns mit vielen kleinen Häppchen chemischen Wissens - das klingt erstmal abschreckend, wenn man sich selber nicht für Chemie interessiert, aber man muss das alles nicht wirklich verstehen... Man kann auch einfach darüber hinweglesen, ohne von der Handlung viel zu verpassen, dann liest sich das einfach wie Hintergrundatmosphäre.

Fazit:
Der Roman steht und fällt mit seiner kleinen Heldin - ob man das Buch mag oder nicht, das hängt vor allem davon ab, ob einem Flavias altkluge Art liegt oder nicht. Mir hat das Buch wunderbar gefallen: ein intelligenter, origineller Krimi mit einem guten Spannungsbogen und (für mich) genau dem richtigen Tempo.

1 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.06.2014
Aethersturm
Gerdom, Susanne

Aethersturm


ausgezeichnet

HINWEIS: Dies ist der zweite Band einer Dilogie! Der erste ist "Aethermagie".

Ich habe den zweiten Band in freudiger Erwartung begonnen - und die wurde nicht nur erfüllt, sondern sogar übertroffen!

Was mich im ersten Band schon begeistert und beeindruckt hat, findet sich auch in diesem wieder:
Interessante Charaktere, intelligente Spannung, eine komplexe Handlung, überraschende Wendungen, ein wunderbarer Schreibstil, und nicht zuletzt der originelle Genremix aus Steampunk, Fantasy und Mystery... Ich habe es über den ersten Band schon gesagt, ich sage es noch einmal: dieser Roman ist von der ersten bis zur letzten Seite originell und thematisch unverbraucht, nichts ist vorhersehbar, und man wird immer wieder angenehm überrascht und verblüfft!

Der Schreibstil ist einfach wunderbar. Sagen wir es mal so: ein durchschnittlicher 08/15-Schreibstil ist wie eine Tafel billige Supermarktschokolade. Kann man essen, schmeckt nicht schlecht, versetzt einen aber auch nicht in Verzückung... Susanne Gerdoms Schreibstil ist dagegen wie eine Schachtel edler handgeschöpfter Pralinen - ein echter Genuss und etwas ganz Besonderes.

Da der Leser die meisten Charaktere und Handlungsstränge schon aus dem ersten Band kennt, kann die Autorin hier direkt mitten in die vielschichtige Geschichte springen und die Geschehnisse immer rasanter ablaufen lassen - und dabei verliert sich doch nie diese detailverliebte Sorgfalt, die schon den ersten Buch zu etwas ganz Eigenem, Unverwechselbaren machte. Ich konnte einerseits gar nicht schnell genug lesen, weil ich kaum erwarten konnte, wie es weitergeht - und andererseits wollte ich langsam lesen, um das Buch noch länger auskosten zu können! Spannungsaufbau und Tempo waren für mich perfekt. Über die Handlung möchte ich hier noch nichts verraten, denn ich denke, man sollte sich möglichst blind und unvoreingenommen in diese Geschichte stürzen!

Wir begegnen hier altbekannten, geliebten Charakteren wieder - wie Kato, Katya, Shenja und Mizzi - und lernen auch neue oder bisher nur am Rande erwähnte Charaktere kennen, wie den jungen Halbengel Jenö und seine Gefährten. Besonders Jenö ist mir direkt ans Herz gewachsen! Die Protagonisten entwickeln sich weiter, wachsen an ihren Konflikten und Aufgaben, und so wirken sie lebensecht und dreidimensional. Man erfährt viel über die Vergangenheit, die Motivation und die Geheimnisse mancher Charaktere, wie z.B. die des alten Zeitmeisters Tiez, und das trägt bei zu der wunderbaren Komplexität der Geschichte.

Die Romantik spielt eine etwas größere Rolle als im ersten Band. Aber die Autorin bringt auch in diesen Aspekt der Geschichte unerwartete Wendungen und Überraschungen ein, und so driftet sie nie ab in kitschige Belanglosigkeit! Ich möchte hier wirklich nicht zu viel verraten, aber eine der Liebesgeschichten spricht ganz nebenher ein Thema an, das man in den Genres Steampunkt und Fantasy nicht oft findet, und das fand ich richtig gut.

Fazit:
Wenn man den ersten Band einer Dilogie, Trilogie oder Reihe wirklich liebt, ist der zweite oft eine (mehr oder weniger große) Enttäuschung, weil die Erwartungen so groß waren. Für mich war das hier aber NICHT der Fall, denn der zweite Band hat mich sogar noch mehr begeistert! Eine großartige Geschichte, ein großartiger Schreibstil, großartige Charaktere - und eine großartige Autorin, deren Bücher ich mir jetzt so nach und nach vornehmen werde.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.06.2014
Wenn die Nacht stirbt / Herzblut Bd.3
Darnell, Melissa

Wenn die Nacht stirbt / Herzblut Bd.3


ausgezeichnet

Für mich hat sich die Herzblut-Reihe von Band zu Band deutlich gesteigert, und das lag unter Anderem am Schreibstil! Fand ich ihn im ersten Band noch eher mittelmäßig und im zweiten schon viel ansprechender, hat er mich in diesem vollkommen überzeugt. Die Dialoge sind stimmig, die Beschreibungen bildreich, und alles liest sich einfach viel glatter. Souverän geschrieben!

Originalität ist leider kein Kriterium, mit dem dieses Buch punkten kann; ich hatte nie das Gefühl, etwas wirklich Neues zu lesen.

Dafür war das Buch für mich viel spannender als die letzten beiden Bände! Im ersten Teil des Buches erleben wir mit, wie Tristan, der gerade erst zum Vampir gemacht wurde und dabei seine Erinnerungen verloren hat, sowohl mit seinem Blutdurst kämpft als auch mit seinem Jagdinstinkt, der ihm sagt, dass Menschen nur Nahrung sind... Für Savannah ist das natürlich auch eine schwere Zeit, denn sie ist sich nicht sicher: ist das noch der Tristan, den sie liebt? Und nach diesem schon sehr interessanten Einstieg in die Geschichte schrauben sich das Tempo und die Spannung immer mehr nach oben, während die Feindseligkeiten zwischen Hexen und Vampiren immer bedrohlicher werden - und Tristan einen furchtbaren Verlust erlebt, der ihn verändert. Dieser Band hat deutlich mehr Action als die Vorgänger, und wir lernen auch viel mehr über die Hintergründe der Hexen und Vampire erfahren.

Tristan sinnt einen Großteil des Buches nur noch auf blutige Rache. Er ist besessen von diesen Gewaltfantasien und plant kaltblütig den Mord an demjenigen, der ihm das angetan hat. Savannah versucht ihm klarzumachen, dass ihn diese Besessenheit verändert und dass er sich damit auf eine Stufe stellt mit dem Mann, den er töten will - und das führt zu beinahe unüberwindlichen Differenzen zwischen Tristan und Savannah.

Wie sich das auflöst, das will ich hier noch nicht verraten, aber ich fand es im Endeffekt glaubhaft und gut gelöst.

In diesem Buch lernen wir Savannahs Eltern besser kennen, und beide waren mir auf ihre Art und trotz ihrer Schwächen und schlechten Eigenschaften sympathisch. Auch Tristans hochschwangere Schwester Emily spielt eine größere Rolle, und sie kann manchmal unglaublich nervig und zickig sein... Aber das liegt einerseits sicher daran, dass sie schwanger mit einem Halbvampir ist und nicht weiß, was sie erwartet und wie sie damit klarkommen soll, und zum Anderen daran, dass Tristan, Savannah, ihre Eltern und Emily über lange Zeit hinweg auf engstem Raum zusammenleben müssen und das schnell zu Beklemmungen, Spannungen und Hüttenkoller führt. Auch Emily wuchs mir im Laufe des Buches ans Herz.

Die Romantik nimmt hier erstaunlicherweise weniger Raum ein als in den ersten beiden Bänden! Dabei könnten Savannah und Tristan ja jetzt, wo sie einander ohne Gefahr küssen und berühren könnten, eigentlich glücklich sein... Aber die oben erwähnten Differenzen ziehen sich über Monate hinweg, in denen die beiden kaum miteinander reden, geschweige denn kuscheln oder mehr. Ich denke, das wird manche Leser schwer enttäuschen, aber ich fand es eher gut, dass hier mal gezeigt wird, wie man nach der ersten Verliebtheit eben auch mal Beziehungsprobleme haben kann und dann daran arbeiten muss - und Tristan und Savannah haben es mit drastisch schwerwiegenderen Problemen zu tun als die meisten Pärchen.

Im Ganzen las sich das Buch für mich irgendwie reifer, erwachsener als die ersten beiden Bände.

Fazit:
Wer die ersten beiden Bände mochte, wird sicher auch den dritten mögen! Mir hat er sogar besser gefallen - er war für mich spannend und gut geschrieben, und er las sich reifer und erwachsener, was der Geschichte meiner Meinung nach gut tut.

Bewertung vom 31.05.2014
Æthermagie (eBook, ePUB)
Gerdom, Susanne

Æthermagie (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Susanne Gerdom zieht in Aethermagie virtuos alle Register und dabei verpasst sie dem Genre Steampunk ihre ganz eigene Handschrift. Das Buch las sich von vorne bis hinten originell und thematisch unverbraucht; es passiert immer wieder etwas Neues, Überraschendes, nichts ist vorhersehbar. Volle Punktzahl für Originalität!

Auch die Spannung baut sich schnell auf und flaut dann höchstens mal für einzelne Szenen kurzfristig ab, um sich dann umso rascher in die Höhe zu schrauben. Die Menschen befinden sich mitten in einem Krieg gegen die Engel, und ein im Verborgen wirkender Geheimorden will den Frieden wiederherstellen - und die Gefährten der Engel von der Versklavung durch die Menschen befreien. Denn bei diesen handelt es sich um friedliche, wehrlose Geschöpfe, die unter Schmerzen ihr Dasein in Käfigen fristen müssen, und nur die Sensitiven können dem ein Ende bereiten. Im Geheimen arbeiten andere, kriegstreibende Gruppierungen an einer Geheimwaffe, und in einer Irrenanstalt geht weit mehr vor sich als die Heilung der Patienten... Jedes dieser Themen alleine hätte schon genug Potential für ein spannendes Buch geboten, und hier ergeben sie eine interessante Mischung und intelligente Unterhaltung.

Die junge Kato ahnt am Anfang noch nicht, dass sie bald mitten hinein geraten wird in einen Malstrom aus politischen Intrigen, dunklen Geheimnissen und Lebensgefahr. Zum Einen, weil sie die Aetherwesen sehen kann - und zum Anderen, weil ihr Vater zunehmen den Verstand zu verlieren scheint... Kato war mir sehr sympathisch, denn sie ist mutig, mitfühlend, entschlossen, intelligent und denkt außerhalb der engen Grenzen gesellschaftlicher Konventionen.

Aus dem Klappentext geht allerdings nicht deutlich hervor, dass Kato nur in Teilen der Handlung im Mittelpunkt steht; in anderen stehen ebenso wichtige Charaktere im Rampenlicht, wie z.B. Katalin "Katya" Nagy, Spionin der Kaiserin und Leiterin des Sicherheitsbureaus, die es oft zwischen Pflichterfüllung und persönlichen Gefühlen fast zerreisst. Oder ihr Geliebter "Shenja" Jewgenij Danilowitsch, den sie auf eine beinahe aussichtlose Mission schicken muss: unter falscher Identität wird er in die Irrenanstalt eingeschleust und erfährt am eigenen Leib, wie Insassen skrupellos gefoltert und Experimenten unterworfen werden... Und wie schwer es ist, dabei den Verstand nicht zu verlieren. Mit diesen beiden habe ich immer wieder mitgelitten und mitgefiebert.

Am Anfang hatte ich manchmal ein paar Probleme, mit den vielen Namen zurechtzukommen und mir zu merken, wer wer ist, aber das gab sich schnell. Wenn man einmal in der Geschichte drin ist, kommt es einem so vor, als würde man die Charaktere schon ewig kennen! Und so nach und nach verbinden sich die vielen Handlungsstränge auch immer mehr, und man stellt fest, dass manche Charaktere in allen davon eine Rolle spielen.

Den Schreibstil fand ich großartig. Meisterhaft wird hier Atmosphäre aufgebaut, und die Welt präsentiert sich dem Leser in mal bunten, mal düsteren Bildern. Susanne Gerdom gelingt es, die ganze Komplexität der Handlung unterhaltsam zu verpacken, so dass Unterhaltung und Tiefgang sich gegenseitig nicht ausschließen - aber ein bisschen mitdenken muss man schon! Besonders beeindruckt war ich davon, wie unmerklich und im Geheimen sie die vielen Bruchstücke der Handlung zusammensetzt, bis man auf einmal das Gesamtbild erkennt...

Fazit:
Dieses Buch lässt sich nicht von Genregrenzen einschränken: hier findet man alles, von magischen Wesen und Engeln über Geheimbünde und kaiserliche Spione bis zu Steampunk-Technologie und einer albtraumhaften Irrenanstalt. Es bietet sowohl Spannung als auch Anspruch, und eine Handlung, die man sich aus ihren bunten Splittern erst zusammensetzen muss - ein Buch zum mitdenken und mitfiebern, das mich uneingeschränkt begeistert hat! Ich werde den zweiten Band direkt lesen, ich habe ihn schon auf dem eBook-Reader.

Bewertung vom 27.05.2014
Ein dunkler Ort
Duncan, Lois

Ein dunkler Ort


gut

Das Cover wird dem Buch meiner Meinung nach nicht gerecht: es sieht nach einem Standard-Thriller aus, und das Buch ist alles andere als Standard! Es ist eine atmosphärische Gothic Mystery, in der die Autorin geschickt Grusel und Spannung verbindet - eine zeitlose Geistergeschichte und die psychologischen Verwicklungen, die entstehen, wenn eine Gruppe Menschen über einen langen Zeitraum auf relativ kleinem Raum zusammenlebt. Ein paar der Ideen in diesem Buch fand ich sehr faszinierend und originell.

Die Spannung baut sich eher schleichend auf, unterschwellig und umso bedrohlicher. Das langsame Tempo stört hier überhaupt nicht, ganz im Gegenteil. Kit hat am Anfang ja nur ihr Bauchgefühl, das ihr sagt, dass in Blackwood Hall etwas Böses vor sich geht, aber so nach und nach häufen sich die Zeichen, dass sie damit richtig liegt. Das Mädchen, mit dem sie sich direkt angefreundet hat, schreit im Schlaf - und währenddessen wird es in ihrem Zimmer immer kälter und kälter. Eine andere Schülerin, die im Leben noch nie für irgendetwas Talent gezeigt hat, malt auf einmal perfekte Gemälde - und beginnt, sich mehr und mehr zu verändern. Die dritte im Bunde wird zum Mathegenie, und Kit selber spielt in ihren Träumen perfekt Klavier und wacht morgens mit schmerzenden Fingern auf.

Und sie sind völlig isoliert von der Außenwelt. Es gibt kein Internet und keinen Handyempfang, und ihre Briefe kommen niemals an. Es gibt keine Möglichkeit, Hilfe herbeizurufen, denn sie sind weit weg vom nächsten Ort und der Zaun rund um das Gelände scheint unüberwindlich. Und die anfangs freundlichen Lehrer werden immer merkwürdiger und bedrohlicher. Es ist dieses Gefühl der Isolation und Hilflosigkeit, aus dem viel der Spannung entsteht.

Wie schon gesagt, hatte die Geschichte für mich etwas Zeitloses, und das bringt mich zu einer kleinen Anmerkung: die Originalausgabe des Buches erschien bereits 1974, aber das deutsche Buch von 2014 ist die Übersetzung einer bearbeiteten, moderniserten Ausgabe. Die Handlung wurde aus den 70er Jahren in die heutige Gegenwart verlegt, und Dinge wie Laptops, Smartphones und WLan wurden hineingeschrieben. Aber beim Lesen hatte ich dennoch nie wirklich das Gefühl, ein modernes Buch zu lesen. Die Art, wie die Menschen sprechen, die Art, wie das Buch vom Schreibstil her geschrieben ist, das alles fühlt sich für mich trotz allem älter an, und daher bin ich unschlüssig, für wie sinnig ich diese Modernisierung halten soll. Für mich gab es einen Bruch zwischen der Stimmung des Buches und diesen modernen Änderungen.

Was allerdings keine Kritik am Schreibstil sein soll: der hat mir gerade wegen der Zeitlosigkeit gut gefallen. Er ist eher einfach, aber das hat mich nicht gestört - es gibt dem Ganzen etwas Märchenhaftes, Unwirkliches, das sehr gut zur Geschichte passt.

Die Charaktere haben mir an sich gut gefallen, ABER. Wir haben hier eine sehr begrenzte Anzahl an Charakteren: die vier Mädchen, die drei Lehrer, zwei Angestellte. Und dennoch werden ein paar davon nicht wirklich tiefergehend beschrieben und blieben für mich eher blass.

Ein ganz großes Manko war für mich das Ende: nach all der schleichenden, langsamen Spannung ging das Ende auf einmal hopplahopp und brach an einem Punkt ab, wo die Geschichte für mich einfach noch nicht fertig erzählt war.

Fazit:
Wer dezenten Grusel und schleichende Spannung mag, für den ist das Buch vielleicht genau das Richtige!

Bewertung vom 26.05.2014
Das letzte Zeichen Bd.1
Malley, Gemma

Das letzte Zeichen Bd.1


weniger gut

Die Grundidee klingt unglaublich spannend und originell und bietet eine Unmenge an Potential! Trotz all diesem Potential plätschert die Geschichte jedoch lange lustlos vor sich hin, und so geht viel an Spannung verloren. In vielen Szenen, die eigentlich rasant und spannend sein könnten, wird das Tempo komplett ausgebremst, indem sich die Charaktere völlig unangemessen verhalten. Lebensgefahr? Ach, lass uns trotzdem erstmal ausführlich unsere Beziehungsprobleme ausdiskutieren, ist ja nicht so, als ob wir es eilig hätten. Da konnte ich oft nur mit dem Kopf schütteln.

Was mich auch immer wieder gestört hat: für mich war das ganze System hinter der Stadt, die Verwaltung und das Computerprogramm, auf dem alles beruht, unglaubwürdig und schlecht durchdacht. Da kamen immer wieder Dinge vor, wo ich dachte: das würde niemals so laufen. Zum Beispiel scheint es keinerlei Backups für das Computersystem zu geben, und der Bruder läuft ohne irgendeine Art von Personenschutz durch die Gegend, obwohl er weiß, dass er Feinde hat. Und auch andere Dinge machen keinen Sinn. Die Rebellen bereiten sich seit über 10 Jahren auf einen Putsch vor, aber als der Tag dann gekommen ist, haben sie anscheinend noch NICHTS vorbereitet und übertragen die wichtigen Aufgaben zwei Teenagern, die sie erst seit ein paar Tagen kennen.

Es ist sehr bezeichnend, dass die Autorin einen fundamentalen Teil der Handlung, nämlich die Idee, dass von einem bestimmten Teil des Gehirns Aggression und Gewaltpotential gesteuert werden, direkt am Anfang mit einem 1:1 übernommenen Wikipedia-Eintrag erklärt. Man hat fast den Eindruck, als hätte sie darüber hinaus nicht recherchiert.

Der Schreibstil ist streckenweise sehr einfach, und dann trieft er wieder vor Kitsch und/oder Pathos. Er hat mich leider nur wenig angesprochen. Außerdem werden manche Passagen wieder und wieder fast wörtlich wiederholt, wie z.B. ein Traum von Evie. Und das ist alles so schade, denn die Autorin hat eigentlich viele gute Ideen! Mit einer resoluten Überarbeitung könnte ein richtig gutes, spannendes, originelles Buch herauskommen.

Evie ist im Grunde ein interessanter Charakter, aber irgendwann ging mir immer mehr auf die Nerven, wie lange sie fraglos akzeptiert, dass sie böse ist - und auch danach erstmal die Meinung von jedem übernimmt, der irgendeine Form von Autorität ausübt. Erst ist sie nur ein Mitläufer, und dann ist sie gegen Ende auf einmal die coole, toughe Rebellin... Das war für mich nicht glaubwürdig.
Raffy war für mich einer der unsympathischsten männlichen Protagonisten, über die ich je gelesen habe. Er ist aggressiv, launisch, eifersüchtig, aufbrausend, kindisch... Und wenn er einmal ein Urteil über jemanden gefällt hat, bleibt er dabei - auch, wenn sich herausstellt, dass derjenige ihm unter großem persönlichen Risiko das Leben gerettet hat. Sein Bruder Lucas war vielleicht noch der komplexeste Charakter, den ich sehr interessant und vielversprechend fand. Anfangs erscheint er gefühlskalt und grausam, aber im Laufe des Buches stellt sich immer mehr heraus, dass das nur eine Maske ist.

Und natürlich gibt es eine Dreiecksgeschichte, die aus heiterem Himmel über den Leser hereinbricht - gerade eben hat Evie Lucas noch gehasst... Die Romantik hat mich ebenfalls nicht überzeugt und größtenteils kaltgelassen.

Der böse, böse Bruder ist manchmal geradezu eine Karikatur seiner selbst, völlig überzogen und fast schon wieder komisch. Und bei der kleinsten Bedrohung bricht er dann zusammen und winselt wie ein kleines Kind, wobei er nebenher noch Dinge ausplaudert, die ihn vor seinen Wachleuten ziemlich schlecht dastehen lassen.

Fazit:
Ich wollte dieses Buch so gerne mögen! Die Grundidee ist originell, die Autorin hat viele tolle Ideen... Aber die Spannung verpuffte für mich immer wieder, vieles erschien mir nicht glaubwürdig, die Charaktere verschenken meiner Meinung nach ihr Potential, und auch der Schreibstil konnte mich nicht überzeugen.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.05.2014
Außer Kontrolle (eBook, ePUB)
Fitzgerald, Helen

Außer Kontrolle (eBook, ePUB)


gut

Das lieblose Leben mit abgestumpften Betreuern und oft drogensüchtigen, schon des Lebens müden Jugendlichen hat Abigail hart gemacht. Hart und misstrauisch und sarkastisch. Sie würde gerne mehr aus ihrem Leben machen, sie träumt davon, zu studieren, sie kämpft in ihrer Schule darum, mehr Fächer belegen zu dürfen... Aber es ist ein Kampf gegen Windmühlen, denn sie ist nur ein Heimkind aus einer miesen Gegend, dem niemand zuhört - ein Ungeliebter Niemand, wie sie das nennt.

Als ihre Mutter stirbt, ist das für Abigail eigentlich keine Veränderung - sie hat die Frau ja nicht einmal gekannt. Aber dass sie ab jetzt bei ihrem (wohlhabenden) Vater und ihrer Schwester wohnen soll, das ist für sie wie eine Fahrkarte in ein besseres Leben.

Ich mochte Abigail trotz ihrer oft verschlossenen, ruppigen Art. Sie ist intelligent und einfallsreich, und ich bewundere ihren Hunger nach Bildung und ihre Entschlossenheit, sich nicht auf Drogen und Prostitution einzulassen wie so viele der anderen Heimkinder. Und so misstrauisch sie auch gegenüber anderen Menschen sein kann, so selbstlos und hilfsbereit ist sie auch.

Ihr Schwester Becky ist wie ihr verzerrtes Spiegelbild: sie ist im Wohlstand aufgewachsen, mit Swimmingpool und teuren Markenklamotten und den besten Eliteschulen. Aber wo Abigail ruhig und entschlossen nach Bildung strebt, rebelliert Becky, wird von Schulen geschmissen und raucht Marihuana. Abigail ist manchmal fassungslos, wie naiv Becky doch ist - dieses verwöhnte reiche Töchterchen, das keine Ahnung hat, wie hart und schmutzig die Welt wirklich sein kann. Und dennoch mochte ich auch Becky. Sie hat Unmengen an Energie, sie stürzt sich kopfüber ins Leben... Und sie bringt Abigail schnell eine echte, schwesterliche Liebe entgegen.

Für Beckys und Abigails Vater und Stiefmutter habe ich nur wenig Gefühl entwickeln können, und auch ein paar andere Charaktere blieben für mich eher blass, obwohl sie zum Teil wichtige Rollen in der Geschichte spielen. Stick zum Beispiel, der Sohn aus reichem Hause, der in Becky verliebt ist und wie sie nachts auf geheimer Mission um die Häuser zieht. Oder Bren, der junge Mann, den Abigail auf ihrem Flug in die USA kennenlernt und der sich im Laufe des Buches zu einem echten Freund in der Not entwickelt - gerade Bren war vom Ansatz her sehr interessant und liebenswert, und ich hätte gerne noch viel mehr über ihn erfahren!

Es gibt nur eine kleine Prise Romantik, was ich an sich ja gar nicht schlimm finde - aber dann wird gegen Ende doch noch etwas nachgelegt, und das fand ich etwas erzwungen und nicht, als hätte es sich natürlich entwickelt.

Die Handlung ist originell und hat ein paar Ideen zu bieten, die man nicht schon in einem Dutzend Jugendthrillern findet. In diesem Buch hat fast jeder ein Geheimnis, und von illegalen Experimenten über fehlgeleitete Liebe bis zu rasanten Verfolgungsjagden bekommt man alles geboten. Das war für mich durchaus spannend und unterhaltsam zu lesen! Allerdings hat das Buch ein merkwürdiges Tempo. Bis zu einem gewissen Punkt läuft die Geschichte recht gleichmäßig dahin, und gegen Schluss dachte ich mir: hmm, nur noch so wenige Seiten? Müsste jetzt nicht mal langsam alles aufgeklärt werden? Und schon ging alles auf einmal extrem schnell und wirkte auf mich völlig übereilt und irgendwie lieblos runtergeschrieben.

Und das Ende hat mich überhaupt nicht überzeugt. Ich hatte das Gefühl, als müsste noch so viel mehr passieren und erklärt werden... Als würde das Buch an einem Punkt abbrechen, an dem die Geschichte doch eigentlich gerade erst richtig anfängt!

Der Schreibstil ist meiner Meinung nach nichts Besonderes, aber auch nicht schlecht. Er lässt sich gut und flüssig runterlesen und bringt Abigails Gedanken und Gefühle gut rüber.

Fazit:
Die Ideen, die die Autorin einbringt, fand ich spannend und interessant, die Protagonistin fand ich sympathisch... Aber das Buch verschenkt meiner Meinung nach viel seines Potential und endet abrupt und vage enttäuschend.