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Sikal
Wohnort: 
Österreich

Bewertungen

Insgesamt 1155 Bewertungen
Bewertung vom 09.02.2020
Die Reisenden
Porter, Regina

Die Reisenden


sehr gut

Ein vielschichtiger Familienroman

Zwei Familien – eine schwarz und eine weiß – werden im Roman „Die Reisenden“ zu einem gemeinsamen Familienepos verbunden, welches sich von den 60er Jahren bis zur Obama-Ära erstreckt. Die einzelnen Szenarien sind oft nur kurz, viele verschiedene Personen tauchen auf, verschwinden wieder um etwas später erneut wieder aufzutauchen – oft in einem anderen Zusammenhang als zuvor. Sehr komplex gestalten sich die beiden Familiengeschichten, die doch miteinander verbunden sind. Als Hauptakteure begegnet man Rufus und Claudia, die ein Netzwerk an Familien, Bekannten, Freunden mitbringen.

Viel wichtiger sind jedoch die Themen, die der Roman unter der Oberfläche zu bieten hat: Gesellschaftliche Veränderungen, Rassismus, Vietnam, die immer noch präsente Polizeigewalt und einiges mehr was die amerikanische Geschichte über diesen Zeitraum vorzuweisen hat.

Etwas verwirrend sind die vielen Personen, denen man im Laufe der Reise begegnet, die verschwinden und wieder in einem anderen Kontext wieder auftauchen. Gut finde ich, dass es hier ein Übersichtsblatt gibt, auf dem alle Personen und Verbindungen aufgezeigt werden, damit manches leichter verständlich wird.

Die Autorin Regina Porter stellt in jedem Kapitel einen Charakter in den Mittelpunkt und erzählt über Stationen oder Situationen in diesem Leben. So können wir über jede Person genauer erfahren welche Verbindung in diesem Familiennetzwerk eingenommen wird. Gut gefällt mir, dass sich die einzelnen Charaktere weiterentwickeln und aus ihrem jeweiligen Leben das Beste zu machen scheinen. Jedes Kapitel wird mit einer Zeitleiste und einem Schwarz-Weiß-Bild eingeleitet was die persönliche Note etwas unterstreicht.

Die Figuren sind Menschen, die mal Glück haben und dann wieder am Verzweifeln sind, die hoffnungsvoll in die Zukunft schauen und auch von Sorgen geplagt werden. Sie haben ihre Ängste und Probleme, ihre Zuversicht, ihre religiöse Einstellung, ihre sexuelle Orientierung, ihr Vertrauen in die Liebe und Freundschaft. Die Autorin zeigt, dass es keinerlei Unterschiede macht, ob schwarz oder weiß, ob alt oder jung – Menschen haben Erwartungen an das Leben, ganz egal welche Herkunft sie haben.

Der Debütroman von Regina Porter ist sehr vielschichtig, nicht einfach zu lesen, aber mit Nachhall. 4 Sterne

Bewertung vom 09.02.2020
Mitternacht in Tschernobyl
Higginbotham, Adam

Mitternacht in Tschernobyl


ausgezeichnet

Ein Sachbuch, welches sich wie ein Thriller lesen lässt

Jedem ist diese Geschichte bekannt, der 26. April 1986 ging in die Geschichte ein. Ich war damals in der Schule und kann mich noch erinnern wie präsent diese Katastrophe für uns war – wie geschockt wir waren, und doch unwissend über die wahren Ausmaße. Mittlerweile ist Tschernobyl jedem bekannt, die Angst vor einem erneuten solchen Szenario allgegenwärtig. Unverständlich, wenn man von Ausflugsfahrten zum Kraftwerk liest.

Der Autor und Journalist Adam Higginbotham hat mit diesem Buch eine sehr detailreiche Geschichte rund um diese Katastrophe veröffentlicht. „Mitternacht in Tschernobyl“ zeigt nicht nur den Aufbau und die Funktionsweise eines Atomkraftwerkes, es beschreibt auch die anfängliche Begeisterung der Menschen, die Probleme, die Fehler, die Opfer, die Vertuschung, Berichte aus dem Krankenhaus und mehr.

Der Autor hat die Fakten in eine Art Geschichte verpackt und so liest man mit einem gewissen Abstand – und doch findet man sich in vielen persönlichen Geschichten bzw. Schicksalen wieder. Der nahende Untergang der Sowjetunion und die Vertuschungsmaschinerie sind allgegenwärtig. Einige Bilder und ein umfangreicher Anhang ergänzen perfekt.

Das Buch ist in zwei Teile gegliedert, wobei sich der erste Teil mit dem Bau des Atomkraftwerkes befasst und kurz nach der Katastrophe endet. Der zweite Teil beschäftigt sich mit dem Tod eines Imperiums und zeigt die Auswirkungen der Katastrophe. Im Epilog erfährt man auch über das Leben der Überlebenden danach.

Obwohl das Buch sehr detailliert geschrieben wurde und vielleicht dadurch auch einige Längen hat, finde ich es großartig. Die Flut an Fakten und Abläufen werden zum Glück vom Autor in einer solchen Art und Weise beschrieben, dass man als Leser nicht überfordert wird. Durch sein erzählerisches Talent liest sich dieses Buch beinahe wie ein surreales Szenario – man muss sich manches Mal wieder vor Augen führen, dass dies leider Realität ist.

Ein empfehlenswertes Sachbuch über die Atomkatastrophe von Tschernobyl, welches sich sehr gut lesen lässt und mit viel Information aufwartet. 5 Sterne

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.02.2020
Sophie Scholl - Lesen ist Freiheit
Ellermeier, Barbara

Sophie Scholl - Lesen ist Freiheit


ausgezeichnet

Berührende Texte

Die Historikerin Barbara Ellermeier hat mit diesem kleinen Büchlein „Sophie Scholl – Lesen ist Freiheit!“ eine berührende Zusammenfassung von Texten, Zeichnungen und Tagebucheinträgen geschaffen. Sophie Scholl ist durch ihren Widerstand gegen die Nationalsozialisten mit der Gruppe „Die Weiße Rose“ und ihren frühen Tod zu einer historischen „Berühmtheit“ geworden.

Die hier vorliegenden Texte geben einen Einblick in die Persönlichkeit Sophie Scholls, zeigen von ihrer Vorfreude auf das Studium in München, welches immer wieder hinausgezögert werden musste. Sie wurde zum verpflichtenden Reichsarbeitsdienst eingezogen und hat sich in dieser Gemeinschaft eine kleine persönliche Insel aufgebaut – das Lesen von Büchern, die sie (zum Teil heimlich) immer wieder verschlingt, lassen sie diese schwierige Zeit überstehen. Briefe an Familienmitglieder oder Freunde zeigen hier auf, was ihr Bücher bedeuten und wie sie mithilfe der Literatur, diese Zeit zu überstehen lernt. Die Bücher von Thomas Mann oder auch Augustinus werden für sie somit zu einem Rettungsanker. Besonders ihre Schwester Inge sowie ihr Freund Fritz Hartnagel werden zu einem guten Gesprächspartner, mit denen sie diese Bücher zu analysieren versucht und komplett in die Welt der Literatur abtauchen kann.

Besonders hervorzuheben sind auch die vielen Zeichnungen, die Sophie Scholl laufend von sich und ihren Freunden bzw. ihrer Familie skizziert hat. In diesem Buch sind einige davon beinhaltet und zeigen gemeinsam mit den Briefen, wie sich Sophie Scholl in ihre Welt zurückziehen konnte, aber auch wie kritisch ihr Denken war und welche Herausforderungen sie zu bewältigen hatte.

Eine junge Frau, die Bewunderung verdient und ihr junges Leben für „Freiheit, Freiheit.“ eingesetzt hat. 5 Sterne

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.02.2020
Des Träumers Verderben
Emfried, Heidi

Des Träumers Verderben


sehr gut

Fesselnd bis zuletzt

Der Wiener Unternehmer Mathieu Rassling wird tot in der Tiefgarage eines Hotels aufgefunden. Die Hintergründe äußerst mysteriös, die Ermittler völlig unterbesetzt und eine Vielzahl von Verdächtigen. Chefinspektor Leo Lang hat in seinem zweiten Fall nicht viel zu lachen. Als er von seinem Vorgesetzten aber Verstärkung zugesagt bekommt, hofft er auf einen schnellen Durchbruch. Doch das stellt sich schnell als Reinfall heraus und scheint Leo und seinem Team mehr Arbeit zu machen als Hilfe zu bringen.

Die Spuren, die das Team zu verfolgen hat, führen in alle Richtungen. Zukünftige Mitarbeiter aus dem Ausland aber auch Kontrahenten stehen schnell auf der Liste der Verdächtigen. Auch in der Firma des Ermordeten hatte Rassling nicht nur Freunde – leitende Angestellte, Assistentinnen und selbst der Bruder des Opfers stehen auf der Liste der Verdächtigen. Und alle Spuren sind vielversprechend. Welche werden sich als falsch herausstellen? Welche lassen sich vertiefen? Wird hier nur der Leser verwirrt oder ist der Täter so raffiniert, den Chefinspektor immer wieder auflaufen zu lassen?

Jede Menge Arbeit wartet Tag für Tag – nicht nur im Büro – auf die Ermittler. Und dann wird die vermeintliche Verstärkung doch noch tätig und bringt sich ebenfalls im Fall ein. Wird sich jetzt alles aufklären oder wird nur noch alles komplexer als es ohnehin schon scheint?

Die Autorin hat rund um den Ermittler Leo Lang ein Netz aufgezogen, in dem er sich richtiggehend zu verfangen scheint. Aber nicht nur der Ermittler wird in diesem Netz gefangen auch als Leser kann man sich dem kaum entziehen. Wenn man denkt, ein wenig Luft zum Atmen zu bekommen, kommt es zur nächsten Wendung im Fall und das Katz und Mausspiel beginnt von vorne.

Heidi Emfried fesselt den Leser förmlich an den Fall und zeigt auch abseits der Haupthandlung, dass das Leben nicht immer nur gerade Wege bereitet. Der Spannungsbogen wird hoch gehalten, wenngleich auch einiges vorhersehbar ist.

Ein grundsolider Krimi, der mit abwechslungsreichen Dialogen punktet und einen sympathischen Ermittler vorweisen kann. Gerne vergebe ich dafür 4 Sterne.

Bewertung vom 08.02.2020
Das kleine Buch der großen Fragen
Schmalz, Gisela

Das kleine Buch der großen Fragen


sehr gut

Wer bist du?

Wer bist du? Warum bist du so? Oder kann ich noch jemand anderes werden?

Diese Fragen stellt sich wohl jeder Mensch mindestens einmal in seinem Leben. Wer aber hat die Antwort auf eine solche Frage gefunden? Wohl die wenigsten Menschen – zumindest in unserer westlichen Zivilisation. Während in der fernöstlichen Tradition solche Fragen fast an der Tagesordnung stehen, stellen wir uns solche schwierigen Themen meist nur, wenn es in unserem Leben brenzlig wird.

Die Autorin Gisela Schmalz hat sich diesem Thema auf recht unterhaltsame Weise angenommen. Nach einer kurzen Einleitung, weshalb wir uns solche Fragen stellen – oder wie wir sie vielleicht besser (oder richtig) stellen können, geht es gleich daran, festzustellen wer wir sind.

Ein Fragebogen hilft dabei, die „richtigen“ Fragen zu stellen. An wen? An uns selbst natürlich.

Wobei Fragebogen ist vielleicht ein klein wenig untertrieben – denken Sie ja nicht, Sie könnten diesen Fragebogen in ein paar Minuten ausfüllen. Wir reden hier von immerhin 2000! Fragen. Sie sollen aber auch nicht wirklich einen Fragebogen ausfüllen und am Ende wissen wer Sie sind. Oder was Sie sind. Oder warum Sie sind. Oder weshalb … oder …

Sie sollen sich einfach mit den Fragen auseinandersetzen – und wenn es nur eine Frage am Tag ist oder eine in der Woche. Je mehr man sich in die Fragen hineindenkt, umso konkreter wird man zu einem Ergebnis kommen – oder umso verwirrter wird jeder letztendlich von sich selbst sein. Wer kann das Ergebnis schon vorhersehen wenn wir uns mit uns selbst beschäftigen?

Aber es geht nicht darum, am Ende ein Ergebnis zu haben. Es geht darum, sich mit den eigenen Wünschen und Gefühlen auseinanderzusetzen. Dieses „Mit-sich-selbst-auseinandersetzen“ ist in drei Teile gegliedert: Als erstes setzen wir uns mit uns selbst auseinander. Im zweiten Teil beschäftigen wir uns mit uns und der Welt. Zu guter Letzt, geht es um uns und die Anderen.

Und wer jetzt die Antworten auf die großen Fragen immer noch nicht kennt, wird nicht ganz alleine dastehen. Aber man hat sich zumindest mit sich selbst auseinandergesetzt und sich vielleicht ein bisschen besser kennen gelernt – und das auf unterhaltsame Art und Weise. 4 Sterne

Bewertung vom 02.02.2020
Tal der Illusionen / Caldwell-Saga Bd.2
O'Hara, Kate

Tal der Illusionen / Caldwell-Saga Bd.2


sehr gut

Fortsetzung der Familiensaga der Caldwells

Kalifornien Anfang des 20. Jahrhunderts: Während sich Harriet als Frau an der Spitze der Reederei etabliert, hat Frank den richtigen Riecher und lässt sich in Hollywood nieder, wo er vom Kameramann bis zum Studioboss eine steile Karriere hinlegt. Es scheint, dass Frank das Glück gepachtet hat und Harriet einen Schicksalsschlag nach dem anderen verdauen muss. Doch Harriet hat das gemeinsame Kind Adrian an ihrer Seite, das sie wie einen Augenstern hütet – und von dem Frank nicht ahnt, dass es sein Sohn ist…

Die Autorin Kate O’Hara zeichnet mit dem zweiten Teil der Familiensaga rund um die Caldwells deren Werdegang weiter, doch der Fokus liegt dieses Mal auf dem Filmgeschäft und dem Aufstieg Hollywoods, der auch die Familie Caldwell nicht unberührt lässt. Kate O’Hara schreibt wieder mit viel Empathie und bildhaften Elementen diese Fortsetzung. Ich finde, dass es hier vom Spannungsbogen her eine Steigerung gibt zu „Stadt der Träume“. Trotzdem ist es besser, vorher den ersten Teil zu lesen – man erfährt zwar durch Rückblenden im zweiten Band einiges aus der Vergangenheit, doch die Feinheiten würden verloren gehen.

Interessant wie sich die Gesellschaft verändert, wie die goldenen 20er Einzug halten, beispielsweise die Flapper-Girls die Clubs erobern. Aber auch der erste Weltkrieg in Europa, die verpönte Homosexualität und das Wahlrecht der Frauen finden Erwähnung.

Wenn man natürlich auch schon zu Beginn weiß, wie das Ende sein wird und wie sich die Liebenden finden, fragt man sich über das Wie und verfolgt nebenbei mit Spannung die Handlung. Dass hier auch China und Tau-Tau eine Rolle spielen und irgendwie mit den Caldwells in Verbindung stehen, vermutet man lange Zeit und bekommt dann eine überraschende Auflösung. Wie sich dies am Ende noch als Cliffhanger gestaltet, lässt die Vermutung aufkommen, dass die Saga noch weitergehen wird. Von mir gibt es auch für diesen Teil wieder 4 Sterne.

Bewertung vom 02.02.2020
Stadt der Träume / Caldwell-Saga Bd.1
O'Hara, Kate

Stadt der Träume / Caldwell-Saga Bd.1


sehr gut

Erster Teil der Caldwell-Saga

San Franzisco, Ende 19. Jhdt./Anfang 20. Jhdt.: Die charmante und intelligente Reederstochter Harriet Caldwell ist ganz die Tochter ihres Vaters und interessiert sich für Schiffe und den Kontor, in dem sie sich am wohlsten fühlt. Doch ihre Mutter will sie in die ihr zugedachte Rolle als Ehefrau drängen und schickt sie auf ein Mädchenpensionat.

Frank Maynard stammt aus ärmlichen Verhältnissen und dreht mit seinem Partner so manches krumme Ding. Für ihn zählen das Abenteuer und der Blick nach vorne. Mehrmals kreuzen sich Franks Wege mit denen Harriets – bis sich die beiden ineinander verlieben. Doch Harriet wird nach einem Schlaganfall ihres Vaters in der Familie gebraucht, während Franks Weg ins Filmgeschäft vorgezeichnet scheint. Als 1906 San Franzisco von einem schweren Erdbeben heimgesucht wird, ist dies nicht die schlimmste Katastrophe für die beiden …

Die Autorin Kate O’Hara hat mit „Stadt der Träume“ den Auftakt zur Familiengeschichte der Caldwells geschrieben und entführt uns in das sonnige Kalifornien und die Anfänge der Filmtheater. Interessant finde ich hier zu lesen, wie die Bilder auf Zelluloid gebracht und die ersten Nickelodeons eingerichtet werden. Auch die zeitgeschichtlichen Aspekte, die Rolle der Frau und der allgegenwärtige Standesdünkel kommen nicht zu kurz.

Die stets wechselnden Perspektiven zwischen Harriet und Frank zeigen wie sich das Leben und die Gesellschaft verändert. Bevor man im Prolog noch die Anfänge Hollywoods beobachten darf, passiert so einiges und die bildhaften Details, die die Autorin immer wieder einstreut, zeigen längst vergangene Zeiten.

Die Charaktere sind sehr ausdrucksstark, wenn auch etwas überzogen – die lieblose, herrische Mutter, die sich für nichts und niemanden zu interessieren scheint. Der intrigante Onkel, der verständnisvolle Jordan und der sensible Bruder. Sympathisch finde ich Harriet am Anfang als sie rebelliert und ihre Meinung lautstark kundtut.

Durch den spannenden Cliffhanger darf man sich auch auf Band 2 „Tal der Illusionen“ freuen. 4 Sterne

Bewertung vom 01.02.2020
Ball der Mörder
Stanzl, Werner

Ball der Mörder


sehr gut

Ein solider Krimi

Dieser Krimi von Werner Stanzl ist bereits vor einigen Jahren unter dem Titel „Hinrichtung“ erschienen. Die Geschichte rund um Commissario Vossi spinnt sich rund um Triest und spiegelt die Atmosphäre Italiens wider. Aber auch Rückblicke in die ehemalige Donaumonarchie sind allgegenwärtig und so mancher Hinweis auf Ex-Jugoslawien zeigt von der langen turbulenten Chronik der Stadt.

Während die Bewohner unter der Augusthitze stöhnen, wird ein spektakulärer Mord verübt. Ein Mann wird erst angefahren, danach noch gesteinigt – beinahe bühnenreif mutet die Aktion an. Doch Steinigung? Was hat das alles zu bedeuten? Commissario Vossi und sein Team ermitteln anfangs in Richtung Islam. Doch ist das nicht zu einfach gedacht? Als plötzlich ein zweiter Mord passiert, verdichten sich die Symbole für einen religiösen Hintergrund – doch welche Religion?

Noch dazu steht ein Papstbesuch vor der Tür und so schaltet sich der Vatikan ein und Vossi wird in einem Netzwerk aus Intrigen verstrickt. Doch was bezweckt der Mörder und wohin will er die Ermittlungen leiten?

Der Autor Werner Stanzl hat einen ruhigen, niveauvollen Schreibstil. Commissario Vossi ist sehr sympathisch und der Umgang mit seinem Team gefällt mir. Viele Fragen werden gestellt, doch bis zum Ende hat Vossi durch Kombinationsgeschick und Beobachtungsgabe ein komplettes Ganzes erstellt. Auch seine Frau Jelena bringt ihn so manches Mal durch kleine Hinweise und konstruktive Gespräche auf die richtige Fährte.

Ein solider Krimi, der für solche Leser empfehlenswert ist, die eine niveauvolle Sprache schätzen und gerne auch den kulinarischen Genüssen der Region frönen. 4 Sterne

Bewertung vom 01.02.2020
Mord mit fünf Sternen
Stanzl, Werner

Mord mit fünf Sternen


ausgezeichnet

2. Fall für Commissario Vossi

Vossi vermutet eine ganz normale Mordermittlung, als er zu einer Frauenleiche gerufen wird, die in einem Kühlwagen gefunden wurde. Doch welches Intrigenkonstrukt sich dahinter verbirgt, kann er zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen. Je weiter die Ermittlungen fortschreiten, desto tiefer taucht Vossi in das große Ganze ein: Hinweise auf Verbrechen im Jugoslawienkrieg verbinden sich mit Korruption, Superjachten, die einfach von der Bildfläche verschwinden, eine österreichische Bank, die Verbindungen zu einem Kärntner Landeshauptmann aufzuzeigen hat und einiges mehr. Doch weitere Morde geschehen und Vossi muss schnell agieren, um dem Mörder zuvorzukommen. Vieles ist anfangs undurchschaubar und kommt erst so nach und nach ans Licht. Doch auch dieses Mal arbeiten Vossi und sein Team mit Präzision und Hausverstand – hat gegen diese Stärke der Mörder eine Chance?

Werner Stanzl hat sich bei diesem verzwickten Fall an diversen Bankgeschäften einer ehemaligen österreichischen Bank bedient (die Medien waren voll davon) und diese mit der südlichen Atmosphäre Triests in Verbindung gebracht.

Für mich war es das dritte Buch, das ich von Werner Stanzl lesen durfte und bis jetzt mein absolutes Highlight. Temporeicher und spannender als die übrigen, haben mir vor allem die Verbindungen zu Österreich gefallen. Auch ein gewisser Außenminister, der mittlerweile eine andere Funktion hat, bekommt einen Auftritt.

Das Buch punktet aber hauptsächlich durch Vossi und seine Mitarbeiter Roberto und Rita, die mit Engagement und Teamgeist den Fall lösen. So manche Überraschung ist vorprogrammiert.

Ein spannender Krimi, der noch einmal einen Einblick in längst verdrängte politische Querelen gibt. Von mir gibt es 5 Sterne dafür.

Bewertung vom 19.01.2020
Mademoiselle Edith - Hymne an die Liebe
Girard, Christine

Mademoiselle Edith - Hymne an die Liebe


gut

Eine Künstlerin auf der Suche nach Liebe

Mit dem Roman „Mademoiselle Edith“ begleiten wir für zwei Jahre lang die Künstlerin Edith Piaf. Die Geschichte beginnt mit der Reise nach Amerika und zeigt dort ihren schwierigen Start. Sie war zu diesem Zeitpunkt in Frankreich bereits ein Star und musste in Amerika bei null anfangen. Die Menschen können ihre emotionalen Chansons nicht verstehen. Doch als ihr geraten wird, auf Englisch zu singen, stellt sich der Erfolg ein.

Hauptsächlich begleiten wir hier aber der Liebe zwischen Edith Piaf und dem Boxer Marcel Cerdan, der zwar Familie hat, aber für die Künstlerin zur Liebe ihres Lebens wird. Wir begleiten die beiden zu Konzerten, Boxkämpfen, Trainingslagern – immer versteckt und fernab der Öffentlichkeit. Die Beziehung der beiden entwickelt sich von einer kurzweiligen Affäre in eine tiefe Liebe, die für beide die Erfüllung zu sein scheint. Doch nur zwei glückliche Jahre sind den beiden gestattet …

Als Nebenfiguren trifft man berühmte Persönlichkeiten wie Marlene Dietrich, Yves Montand und viele andere. Besonders Marlene Dietrich wird als gute Freundin dargestellt, die Edith immer wieder aufbaut und ein wenig auf den richtigen Weg leitet. Ebenso begegnen wir Ediths bester Freundin Mormone, die eine Vergangenheit verbindet – und trotzdem kann man nicht verstehen, warum Edith ihr so voll und ganz vertraut und ihr jegliche Fehler verzeiht. In Rückblenden erfährt man auch aus der Vergangenheit der beiden Freundinnen einiges und kann somit eher nachvollziehen, was sie verbindet.

Die Autorin schreibt sehr einfühlsam, teilweise wird die Story unglaubwürdig und kitschig. Gut gefällt mir, dass viel Platz der Entstehung ihrer Chansons eingeräumt wird. Weniger gut, die zahlreichen Alkoholexzesse und Liebesaffären – aber natürlich gehörte dies auch zum Leben der Künstlerin.

Man darf sich keinesfalls erwarten, eine gut recherchierte Biografie lesen zu können. Wenn man sich jedoch gerne auch mal ganz entspannt in einen Künstlerroman vertiefen möchte, wird man hier gut bedient. Gerne vergebe ich 3 Sterne dafür.