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Wedma

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Insgesamt 546 Bewertungen
Bewertung vom 26.05.2015
Maria, Kaiserin von Russland
Butenschön, Marianna

Maria, Kaiserin von Russland


ausgezeichnet

Eine beachtenswerte Biografie von Kaiserin Maria Fjodorowna (1759-1828, geb. Sophie Dorothea von Württemberg) auf 330 Seiten, verteilt in 16 Kapitel á 20-23 Seiten plus zwei extra Kapitel: eine Zusammenfassung ihres Lebenswegs auf elf Seiten zu Anfang und eins zum Schluss, das das Schicksal von Pawlowsk, Vermächtnis der Kaiserin, nach ihrem Tod über die Jahre der Revolution von 1917, den zweiten Weltkrieg 1941-1945 bis ins 1993 beschreibt, als die Stadt zu UNESCO Weltkulturerbe ernannt wurde. Das Buch enthält auch ein Glossar, ein Personenverzeichnis, eine Zeittafel 1754-1828 der wichtigsten historischen Ereignisse, ausführliche Auflistungen der Quellenangaben, Bibliografie und zwanzig Bilder.
Das Werk fängt mit der Kindheit von Dorothea, als Kind Dortel und Dörtchen genannt. Interessant sind die Beschreibungen der Umstände, wie die zukünftige Kaiserin aufwuchs. Auch von ihren Eltern und Familie insgesamt liefert Marianna Butenschön aufschlussreiche Fakten der damaligen Zeit. Spannend, wie die Brautschau sich gestaltete, wie die Überzeugungsarbeit verlief, wie Dortel letztendlich ausgewählt, nach Russland verheiratet wurde und wie ihr Leben als Großfürstin und Mutter begann.
Parallel zu ihren familiären Verpflichtungen war Maria Fjodorowna aber auch die Bauherrin von Pawlowsk, lud Architekten und Baumeister ein, organisierte die Finanzierung, etc. damit ihr Werk stehen und die schönen Künste in sich vereinen konnte. Besonders aufschlussreich fand ich die Kapitel, in denen ums Kunstgeschichtliche ging: Maria und Paul reisten durch Europa, besuchten die Regenten, ließen sich mit Musik, Theater, Dichtung, etc. verwöhnen, z.B. in Wien spiele Mozart und Clementi um die Wette für das Großfürstenpaar, in Paris lud Maire Antoinette zu Comedie Francése, Theater, Oper, Konzerten und Balettaufführungen, Essen in Versailles, Besuch von Notre Dame, etc. ein. Und überall auf dem Weg durch Europa wurden Kunstgegenstände gekauft, die später die prachtvollen Paläste in Pawlosk und Gattchina schmücken würden. Kapitel 5, Die Grand Tour, berichtet ausführlich über diese Reise. Im Kapitel 14, Nachkriegsjahre, regiert die Kaisermutter an der Seite ihres ältesten Sohnes Alexander I und frönt ihrer Liebe zur Kunst. Viele bekannte Name fallen: Schukowskij, Karamsin, Puschkin, Krylow, etc. Die damit einhergehenden Details wie kleine Geschichten sind bemerkenswert wie aufschlussreich.
Maria Fjodrowna war auch selbst eine geschickte und begabte Künstlerin. Ihre Zeichnungen, die Arbeiten in Jaspis, z.B. Kamee von Katharina II als Minerva, die Goldmedaille für Alexander I, und natürlich Pawlowsk als Kunstwerk deren Bilder im Buch enthalten sind, liefern einen überzeugenden Beweis dafür.
Nicht nur die Geschichte Russlands wird in diesem Werk beleuchtet, auch viele Ereignisse der europäischen Geschichte und v.a. der Kulturgeschichte sind mit hineingeflossen. Es wird klar, dass die Geschichte Russlands seit Jahrhunderten mit der Geschichte der gesamten Europa eng verwoben ist. Auch die vielen Ehen der Kaiserkinder mit den Söhnen und Töchtern der europäischen Regenten haben diese Bunde gefestigt.
In dieser Biografie wird ein bewegendes, ereignisreiches Leben einer außergewöhnlichen Frau vor Augen geführt, faktengetreu und unterhaltsam zugleich. Es ist dicht erzählt, wirkt aber nicht überladen. Der historische Stoff, mit vielen Quellenangeben belegt, wurde geschickt mit spannenden Details und z.T. Anekdoten ausgeschmückt, sodass die Lektüre mich vollends in ihren Bann geschlagen hat und am Ende denken ließ: Was für eine Frau, was für ein Leben! Zehnfache Mutter, die die Hälfte ihrer Kinder sterben sah, Kaisermutter, Politikerin, Mäzenin und selbst eine anerkannte Künstlerin, und last but not least die Erschafferin vom späteren Weltkulturerbe Pawlowsk.
Ich habe die Zeit mit diesem Buch sehr genossen. Diese Biografie wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben. Ich lese gerne auch weitere Werke der Autorin und vergebe die wohl verdienten 5 Sterne.

Bewertung vom 17.05.2015
Tödliche Sure (eBook, ePUB)
Thorberg, Wolf

Tödliche Sure (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Es fängt mit einem kleinen, alten Afghan-Teppich an, den Herr Eschenbach, ein erfahrener Teppichhändler, im Iran für eine Million Euro kauft und nach Deutschland einführt. Der Teppich soll eine geheime Botschaft enthalten, die die Welt verändern wird. Herr Eschenbach will die Botschaft entziffern, aber er kommt nicht dazu. Erst passieren seltsame Dinge: Er wird in seinem Umkreis als verrückter Paranoiker abgekanzelt, seine Frau will eine Scheidung und spätestens als er von der Bildfläche plötzlich verschwindet, wird es ernst. Scheich Tabrizi, im englischen Exil mit seinem Hof lebend, hat großes Interesse an dem Teppich und scheut keine Kosten und Mühen, auch die Menschenleben nicht, um den Afghan in die Finger zu bekommen, denn von der geheimen Botschaft verspricht er sich schon einiges, u.a. eine Sensation in der islamischen Welt und die Macht. Die Kanzlei, die Eschenbach kurz vor seinem Verschwinden beauftragt hat, übergibt die Sache an Margarete Pfennig, eine junge, aufstrebende Anwältin. Und Grete legt los.
Entführung, Folter, Mord auf der spannenden Jagd nach dem sagenumwobenen Teppich, uvm. erwartet den Leser der Tödlichen Sure. Man ist immer mitten drin, nicht nur wenn die Ermittler nach und nach die Situation erkunden und ihre oft waghalsigen wie gefährlichen Aktionen durchführen, auch im Reich Tabrizis bekommt man einschlägige Einblicke in seine Machenschaften.
Dabei werden die aktuellen Themen der heutigen Gesellschaft faszinierend wie realistisch dargeboten: Umgang mit den Kindern der Einwanderer, Rolle der Frau im Okzident wie im Orient, Vertrauen, Freundschaft und Liebe sind in den Erzählteppich gekonnt hineingewoben worden und weisen sowohl eine sehr gute Recherche wie auch ein tiefes Verständnis der behandelten Themen auf.
Gerade dabei sehe ich Parallele zum Krimi aus Amsterdam „Das Büro der einsamen Toten“ von Britta Bolt. Dort spielen die Kinder der Migranten aus dem Orient auch eine große, ja tragende Rolle. In beiden Romanen (Bolt, Thorberg) wird gezeigt, wie orientierungslose Jugendliche zu Mördern mutieren, ohne, dass sie solche Karriere von sich aus anstreben oder sich so etwas wünschen.
Die Geschichte an sich ist leicht: es wird, mitunter gefährlich und rasant, nach dem alten Teppich gejagt. Es gibt dabei feinen Humor und ein gutes Stück Ironie, viele lebenskluge Beobachtungen und gelungene Sätze, sowie realistische Darstellungen der von Islam geprägten, wie der westlichen Gesellschaft.
Die beiden Ermittler, F. und Grete, habe ich sehr gerne durch ihre Abenteuer begleitet – es wird u.a. nach England und Iran gereist- und ich würde gerne wieder von den beiden und ihren Abenteuern hören.
F. ist schon ein Schmuckstück vom Ermittler. Ein promovierter Philosoph, gleichzeitig ein Yogalehrer, der als Privatdetektiv gearbeitet hat und doch noch den letzten Fall auf Gretes Drängen annimmt.
Grete erscheint ihr Bürojob doch etwas zu Dröge, da jagt sie viel lieber mit F. den Geheimnissen des alten Teppichs nach. Dass dies auch im Interesse von ihrem Mandanten, wie der Kanzlei geschieht, passt schon ganz gut.
Die Professorin Rank-Kühnemann, Inhaberin des Lehrstuhls Orientalistik und Islamwissenschaften an F.s Uni, hat mir auch sehr gut gefallen. Sie begleitet F. bei seinen Ermittlungen im Iran, sorgt u.a. dafür, dass das Geheimnis der letzten Sure gelüftet wird, die Botschaft an die Nachkommen gelangt und ein Desaster verhindert wird.
Die Handlung ist spannend. Mal temporeich, mal langsamer, mal romantisch oder humorig angehaucht.
Die Sprache ist schön klar und leicht zu lesen.
Die Idee an sich, wie ihre Auflösung mit der dazugehörigen Botschaft, finde ich hervorragend. Die Umsetzung und die Komplexität der Themen ist sehr gut gemeistert worden. Insgesamt gesehen, gefällt mir das Werk viel besser, als die hochgejubelten Bemühungen mancher bekannter Bestsellerautoren.
Fazit: Ich halte den Roman für sehr gelungen. Daher vergebe ich die wohl verdienten 5 Sterne und eine uneingeschränkte Leseempfehlung.