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MaWiOr
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Halle

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Insgesamt 3579 Bewertungen
Bewertung vom 18.03.2022
Frühlingsgefühle
Tschechow, Anton Pawlowitsch

Frühlingsgefühle


ausgezeichnet

Der große russische Schriftsteller Anton Tschechow (1860-1904) ist vor allem als Dramatiker und Novellist bekannt – z.B. „Die Dame mit den Hündchen“ oder „Ein bekannter Herr“. Mit seinem fast realistischen Erzählstil hat er das Leben und die Menschen in der russischen Provinz beschrieben und gilt heute einer der bedeutendsten Autoren der russischen Literatur.

Die Diogenes-Band versammelt eine Auswahl von Geschichten, die um das Thema Liebe kreisen. Humorvoll und mit viel Menschenkenntnis verewigt er die „Frühlingsgefühle“. In der Geschichte „Seelchen“ ist es Olenjka, die ehemalige Tochter eines pensionierten Kollegienassessors, die, nachdem sie zweimal verwitwet ist, sich liebevoll um einen jungen Gymnasiasten kümmert. „Der schwarze Mönch“ ist eine philosophische Novelle, die von einem Wissenschaftler erzählt, der über das Mittelmaß seiner Umgebung hinauswachsen will. Sein Größenwahn treibt ihn jedoch in den Wahnsinn. In „Der Literaturlehrer“ verliebt sich der junge Lehrer Wassiljitsch in die 18-jährige Manjussja. Nach der Hochzeit wird das Eheglück jedoch von Krankheit und Tod eines Freundes überschattet. Wassiljitsch beginnt sich zu fragen, ob es neben seiner kleinen, vertrauten Welt nicht noch eine andere, eine aufregendere Welt gibt, die er kennen lernen muss.

Fazit: Eine wunderbare Auswahl von 22 Geschichten, die sowohl das Frühwerk wie auch das Spätwerk des Schriftstellers repräsentieren. Sehr empfehlenswert.

Bewertung vom 18.03.2022
Cranach

Cranach


ausgezeichnet

In der Vergangenheit gab es bereits mehrere Cranach-Ausstellungen. Die Ausstellung „Cranach – Die Anfänge in Wien“ schließt jedoch eine Lücke, denn sie beleuchtet die künstlerischen Anfänge dieses Ausnahmekünstlers. Diese Anfänge liegen, wie bei vielen seiner malenden Zeitgenossen, über weite Strecken im Dunklen. Bevor Lucas Cranach d. Ä. (1472–1553) seine Karriere als Hofmaler der sächsischen Kurfürsten in Wittenberg antrat, wirkte er um 1500 in Wien und schuf hier seine bekannten frühen Werke. Aus der dieser Frühphase ist jedoch nur eine verschwindend geringe Anzahl von Arbeiten bekann, die sich heute zumeist in Winterthur und Wien befinden.

Im Hirmer Verlag ist der Begleitkatalog zu dieser bemerkenswerten Ausstellung erschienen, der sich mit seinen Beiträgen von renommierten Kunstwissenschaftler*innen vorrangig dieser frühen Schaffensperiode Cranachs widmet. Dabei ist anzunehmen, dass Cranach bereits als selbständiger Meister nach Wien kam, der hier schon prominente Aufträge erhielt. Einige Essays widmen sich auch Cranachs künstlerischen Wurzeln.

Im Katalogteil werden die Ausstellungswerke sehr detailliert mit Textbeiträgen vorgestellt. Außerdem gibt es zahlreiche Gemäldeausschnitte. Der reich illustrierte Katalog stellt nahezu sämtliche Werke der Wiener Zeit vor.

Bewertung vom 18.03.2022
Zeitzuflucht
Gospodinov, Georgi

Zeitzuflucht


sehr gut

Georgi Gospodinov (Jg. 1968) ist einer der großen bulgarischen Schriftsteller, der zuerst als Lyriker auftrat, in den letzten Jahren aber mit seiner außergewöhnlichen Prosa auf sich aufmerksam machte. Mit seinem ersten Roman, dem „Natürlichen Roman“ (1999), der in über zwanzig Sprachen übersetzt wurde, wurde er schnell über die Landesgrenzen hinaus bekannt.

Nun liegt mit „Zeitzuflucht“ sein letzter Roman in deutscher Übersetzung vor. Er wurde bereits mit dem Premio Strega Europeo ausgezeichnet. Die Hauptfigur der Handlung ist die Zeit in der Person des Flaneurs Gaustine, der durch die Zeit reist. Die Vergangenheit ist sein Metier, daher errichtet er in Zürich eine „Klinik für Vergangenheit“, in der jede Etage einem vergangenen Jahrzehnt zugeordnet ist. Hier sollen Alzheimerpatienten ihre verblassenden Erinnerungen wieder auffrischen können. Doch plötzlich interessieren sich auch „gesunde Menschen“ für die Einrichtung. Ist die Vergangenheit für sie eine Zuflucht?

Fazit: Ein bemerkenswerter Roman, der sich mit Fragen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auseinandersetzt … und damit mit unserem alltäglichen und zukünftigen Dasein. Dieser Problematik angepasst ist der eindringliche und realistische Erzählstil.

Bewertung vom 16.03.2022
»Mit einem zarten Flügelschlag«

»Mit einem zarten Flügelschlag«


ausgezeichnet

Schmetterlinge sind faszinierende Geschöpfe, sie erfreuen uns mit ihrer Zartheit und ihrer Farbenpracht. Geheimnisvoll ist ihre Metamorphose, eine Verwandlung von der Raupe in die Puppe und von der Puppe in das geflügelte Insekt. Der aus der Puppe schlüpfende Schmetterling war daher immer ein Sinnbild für die vom Körper befreite Seele.

Kein Wunder also, dass Dichter*innen schon immer diese Faszination in Verse schmiedeten. Der vorliegende Reclam-Band versammelt eine Auswahl der schönsten Schmetterling-Gedichte. Die Palette der Autor*innen recht dabei von Heinrich Heine über Rainer Maria Rilke und Theodor Storm bis zu Hilde Domin. Auch Humorvolles von Wilhelm Busch oder Joachim Ringelnatz ist dabei. Der sehr schön gestaltete Inselband ist zudem mit historischen (meist ganzseitigen) Farbabbildungen von Schmetterlingen ausgestattet. Die Auswahl besorgte Eberhard Scholing, der auch ein kurzes, informatives Nachwort verfasste.

Bewertung vom 16.03.2022
»Die Königin der Blumen«

»Die Königin der Blumen«


ausgezeichnet

Seit Jahrtausenden haben Rosen eine besondere Bedeutung für den Menschen. Sie sind Symbol für Unschuld, Schönheit, Lebenskraft – und für die Liebe. Die Rose ist daher die Königin der Blume und hat von jeher Dichter*innen zu Gedichten angeregt. Der vorliegende Reclam-Band präsentiert eine vielfältige Auswahl von Rosen-Lyrik.

Die Palette reicht von Johann Wolfgang Goethe („Heidenröslein“) über Heinrich Heine und Rainer Maria Rilke bis zu Ingeborg Bachmann oder Eva Strittmatter. Da schwärmt Christian Morgenstern „Von den heimlichen Rosen“ oder Karl Krolow vom „Rosenzauber“. Knapp fünfzig Rosen-Verse versammelt der Reclam-Band, ausgewählt von Eva Hoff-meier, die in ihrem Nachwort etwas näher die historische und botanische Bedeutung der Rose beleuchtet. Ursprünglich stammt sie aus China, wo schon vor 5000 Jahren Rosengärten angelegt wurden. Fazit: Ein sehr ansprechender Band zum Verschenken, der mit zahlreichen (ganzseitigen) historischen Rosenabbildungen verschiedener Künstler*innen liebevoll ergänzt wird.

Bewertung vom 16.03.2022
»Du gehst so stille«

»Du gehst so stille«


ausgezeichnet

„Der Mond ist aufgegangen / Die goldnen Sternlein prangen“ von Matthias Claudius ist wohl eines der bekanntesten deutschen Gedichte. Es ist aber nicht das einzige Mondgedicht der deutschsprachigen Lyrik. Vor allem in der Romantik war dieses lyrische Thema häufig vertreten, aber auch Lyriker des 20. Jahrhunderts ließen sich von „Bruder Mond“ immer wieder inspirieren.

Der Reclam-Band bringt eine Auswahl von rund vierzig lyrischen Mondverehrungen von Christian Felix Weisse (1726-1804) bis zu Ulla Hahn – darunter so namhafte AutorenInnen wie Johann Wolfgang Goethe, Heinrich Heine, Annette von Droste-Hülshoff, Theodor Storm, Ricarda Huch oder Joachim Ringelnatz. Ergänzt wird die Lyrikauswahl von über vierzig ganzseitigen Abbildungen von Gemäldereproduktionen, die ebenfalls den Mond als Motiv haben. Hier findet man so bekannte KünstlerInnen wie Caspar David Friedrich, Ernst Ludwig Kirchner, Paul Klee, Vincent van Gogh oder Paula Modersohn-Becker.

In ihrem Nachwort beleuchtet die Herausgeberin Henriette Weizenkamp die menschliche Faszination des Mondes von den alten Ägyptern und Babyloniern bis in die Gegenwart. Neben der Vielseitigkeit an Gedichten und Farbabbildungen punktet der Reclam-Band auch mit einer äußerst gediegenen Ausstattung.

Bewertung vom 16.03.2022
Lenin auf Schalke
Sander, Gregor

Lenin auf Schalke


ausgezeichnet

„Sander du musst in den Westen“, mit diesen Worten seines besten Freundes Schlüppi beginnt die Reise von einer goldenen Pommesbude in Ostberlin nach Gelsenkirchen. Also landet Sander im Ruhrgebiet, dort wo der Westen arm ist. Dort erlebt er Ähnliches, was er nach der Wende in seiner Heimatstadt Stralsund erlebt hat. Die Region ist längst kein florierender Industriestandort mehr, vielmehr ist Arbeitslosigkeit das beherrschende Thema. Selbst der Traditionsverein Schalke 04 ist nur noch zweitklassig und drückt ein gewaltiger Schuldenberg.

Mit offenen Augen bemerkt Sander die Wunden der Region und beschreibt sie schonungslos. Er lernt die Befindlichkeiten der Menschen kennen, erfährt etwas von den Einwanderungsphasen der Nachkriegszeit und von der AfD, die auch hier Fuß gefasst hat. Manchmal gleitet der Roman in eine dokumentarische Erzählweise ab, was aber die realistische Sichtweise des Autors unterstreicht. Fazit: Kurzweilig, humorvoll und doch sehr lebensnah. Empfehlenswert!

Bewertung vom 16.03.2022
Die Herzog August Bibliothek
Burschel, Peter

Die Herzog August Bibliothek


ausgezeichnet

Die Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel ist eine der ältesten unversehrt erhaltenen Bibliotheken der Welt. Sie wurde im Jahre 1572 durch den Herzog Julius zu Braunschweig-Lüneburg gegründet und durch Herzog August dem Jüngeren (1579-1666) wesentlich erweitert. Das heutige Bibliotheksgebäude wurde 1883 bis 1887 im Stil eines florentinischen Palazzo errichtet und ersetzte die baufällige berühmte Bibliotheksrotunde des 18. Jahrhunderts. Heute ist es eine moderne Forschungsbibliothek von internationalem Rang und beherbergt über ein Million Bände.

Der reich illustrierte Inselband beschreibt in sechs Kapiteln die wechsel- und glanzvolle Geschichte der Bibliothek, die auch wesentlich von ihren Direktoren geprägt wurden. Darunter befanden sich solche berühmte Persönlichkeiten wie Gottfried Wilhelm Leibniz, Gotthold Ephraim Lessing oder Paul Raabe. Die vorliegende Darstellung hat der jetzige Direktor Peter Burschel verfasst, der auf besondere Sammlungen der Bibliothek – wie die Künstlerbücher – etwas näher eingeht. In seinem Epilog wirft der Autor auch einen Blick in die Zukunft der Bibliothek mit den Herausforderungen der Digitalisierung. Zahlreiche historische Abbildungen von der Innenarchitektur oder von besonders wertvollen Originalen ergänzen diesen Überblicksband, der sicher ein Ansporn zum Besuch der Bibliothek ist. Fazit: Ein schöner und sehr informativer Inselband.

Bewertung vom 16.03.2022
Gartenreich Wörlitz
Vahland, Kia

Gartenreich Wörlitz


ausgezeichnet

Der Entschluss des Fürsten Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (1740 – 1817), in Wörlitz eine ausgedehnte Gartenanlage nach englischem Vorbild zu schaffen, machte die bis dahin unbedeutende Stadt zu einer Weltangelegenheit. Heute ist das Gartenreich von Wörlitz Weltkulturerbe und lockt jedes Jahr Tausende von Besuchern an, die hier Erholung, Anregung und Bildung suchen.

In dem Inselband lädt die Kunsthistorikerin Kia Vahland zu einem Streifzug durch die Ge-schichte und die Gegenwart des Gartenreichs ein. Die Wörlitzer Schloss- und Parkanlagen bestehen aus fünf Gartenanlagen auf insgesamt 112 ha Fläche, die sich um den Wörlitzer See schmiegen. Darüber hinaus gibt es weitere idyllische Seen und Kanäle, die man über Brücken, Fähren und Gondeln überqueren kann. Mittelpunkt der Anlage ist das Wörlitzer Schloss, das als Gründungsbau des Klassizismus in Deutschland gilt. Weitere sehenswerte Bauten sind z.B. das Gotische Haus, die Villa Hamilton, der Floratempel, der Venustempel oder die Synagoge. Alle Sehenswürdigkeiten werden von der Autorin kurz historisch und kunstgeschichtlich näher betrachtet. Die zahlreichen Farbabbildungen vermitteln außerdem einen optischen Eindruck. Fazit: Das Gartenreich Wörlitz ist zu jeder Jahreszeit einen Besuch wert.

Bewertung vom 15.03.2022
Die schönsten Märchen
Bechstein, Ludwig

Die schönsten Märchen


ausgezeichnet

Ludwig Bechstein (1801-1860) war neben den Brüdern Grimm der zweite bedeutende Sammler und Herausgeber deutscher Volksmärchen. Über 150 Märchen gehen auf Bechsteins Bearbeitungen und Sammlungen zurück. Zu seinen bekanntesten Märchenversionen gehören beispielsweise „Der kleine Däumling“ oder „Aschenbrödel“. Seine Märchenbücher sind in zahlreiche Sprachen übersetzt worden. Im Vergleich zu den Grimms Märchen sind Bechsteins Märchen oft kindgerechter (braver) und nicht so grausam.

Der sehr schön gestaltete Inselband (Großformat) bringt eine Auswahl von neunzehn Bechstein-Märchen – von „Schwan, kleb an“ (eine Version der „Goldenen Gans“) über „Das Märchen vom Schlauraffenland“ und „Die vier klugen Gesellen“ bis zu „Des kleinen Hirten Glückstraum“. Die Märchen sind durch farbige (teilweise ganzseitige) Abbildungen von Markus Lefrancois wunderbar illustriert. Fazit: Ein märchenhaftes Geschenk nicht nur für Märchen-Freunde.