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Sikal
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Österreich

Bewertungen

Insgesamt 1155 Bewertungen
Bewertung vom 18.01.2020
Kissinger über Kissinger
Kissinger, Henry;Lord, Winston

Kissinger über Kissinger


ausgezeichnet

Weltpolitik kurz zusammengefasst

Winston Lord konnte diese „Oral History“ mehr durch Zufall entstehen lassen, als das er dieses geplant gehabt hätte. Und genau dieser Zufall hat ein Buch entstehen lassen, welches als Pflichtlektüre für agierende und zukünftige Politiker gelten sollte.

Das Wesentliche nicht aus den Augen lassen, Ziele setzen und diese konsequent verfolgen und vor allem die Diplomatie und nicht die Waffengewalt an vorderster Stelle. Diese Einstellung zeichnet die Politik des Henry Kissinger aus. Auch wenn er sich nie selbst als Politiker sah. Die Brennpunkte der Welt lagen zu Kissinger Zeit in Vietnam, in China oder im Nahen Osten. Aber auch der kalte Krieg verlangte immer wieder nach seinem beherzten Denken – oder besser gesagt, die gerade agierenden Staatsmänner verlangten danach.

Kissinger, der für mehrere führende amerikanische Politiker tätig war, versuchte die Probleme zu lösen und den jeweiligen Präsidenten zu unterstützen. Die politische Gesinnung des jeweils Machthabenden spielte dabei eine untergeordnete Rolle. Gerade das Unterordnen der politischen Richtung dürfte dabei einige der größten politischen Erfolge hervorgebracht haben. Die Beendigung des Vietnamkrieges konnte gelingen weil eben keine strikte Parteilinie gefahren wurde. China konnte durch die Arbeit von Kissinger in die Weltpolitik einbezogen werden und der dadurch scheinbar auftretende Bruch mit Russland wurde bereits im Vorfeld erkannt und diplomatisch untergraben.

Wie Kissinger selbst all diese Flächenbrände als die sie von der Öffentlichkeit wahrgenommen wurden oder werden heute sieht und wie er sie damals beurteilte, erläutert der Autor auf knapp 180 Seiten. Er greift dabei auf Interviews zurück, die der immer wieder über längere Zeit mit dem geschichtsträchtigen Interviewpartner machen durfte.

Was wir in der heutigen Zeit aus diesen Zeilen lernen können, wäre für viele Politiker heute von großer Wichtigkeit – Politik für die Menschen zu machen und nicht für die Partei sollte wieder an erster Stelle stehen. Kissinger ist dies mit viel Einsatz und Mut immer wieder gelungen – „seinen“ agierenden politischen Machthabern die richtigen Fakten zu liefern, um die richtigen Entscheidungen treffen zu können.

Gerade diese Fakten und daraus folgenden Ziele werden heute dem Parteiziel untergeordnet. Wer weiß wo wir heute stehen würden, hätte Kissinger zu seiner Zeit nicht den nötigen Weitblick aufgebracht. 5 Sterne

Bewertung vom 18.01.2020
Der Geschmack Europas
Wieser, Lojze

Der Geschmack Europas


ausgezeichnet

Die kulinarische Reise geht weiter

Schon die ersten Bücher dieser Reihe entzogen sich dem Genre eines klassischen Kochbuches – und genau das soll auch das aktuelle Werk nicht sein. Es handelt sich um ein Journal zum Nachlesen einer ORF-Sendereihe. Aber keine Angst, auch wenn man dem Fernsehen nichts abgewinnen kann, ist dieses Buch keine Fehlinvestition.

Den Titel „Bestes Kochbuch Europas“ hat das erste Buch der Reihe nicht unverdient erhalten – und dieser Linie bleibt der Verlag treu. Ein Kochbuch, bei dem nicht die Rezepte im Mittelpunkt stehen sondern die Geschichten um die Speisen herum. Um Menschen und Länder, um Rohstoffe und deren Anbau und nicht zuletzt um deren Zubereitung dreht sich alles in diesen Werken.

Auch dieses Buch entstand beim Dreh einer Fernseh-Kochdokumentation als Nachlesewerk – eben als Journal. Das Buch ist eine Inspiration für die Sinne. Man spürt den Geschmack der beschrieben Speisen fast auf der Zunge – nicht weil man hier ein Rezept liest, sondern weil man hier Geschichten präsentiert bekommt und in diese eingebunden wird.

Wer kennt das nicht, man sitzt im Urlaub am Meer oder in den Bergen und genießt die Speisen die serviert werden. Die laue Luft oder der raue Bergwind lassen das Essen besonders mild, fein rauchig oder herzhaft kräftig schmecken. Zuhause nachgekocht, fehlt dem Essen diese besondere Note – es fehlt das Drumherum …

Dieses „Drumherum“ zeigt dieses Buch – es lässt die Leser eintauchen in die (nicht nur kulinarische) Welt der Rezepte. Land und Leute erzählen Geschichten, die es erst möglich machen, den Geschmack Europas auch zu verstehen. Man wird versetzt in die Gedankenwelt der Köche, wird Akteur in der Küche eines Landes, in dem man vielleicht noch nie war und das Essen beginnt selbst eine Geschichte zu erzählen. Aber um aus den Geschichten rund um das Essen die Rezepte auferstehen zu lassen, braucht es schon ein wenig Fantasie. Hier werden keine Patentrezepte abgeliefert nach dem Motto - so viel hiervon und so viel davon, umrühren und für so lange in den Ofen. Die Rezepte muss sich der Leser erarbeiten – oftmals auch zwischen den Zeilen. Kochanfängern werden dann eher die Geschichten ins Auge fallen. Aber warum nicht nach einer Geschichte kochen?

Und diese Geschichten finden sich zur Genüge – und „Der Geschmack Europas“ wird sich vielleicht in der eigenen Küche ebenso oft ändern wie auf Reisen – auch hier schmecken die einfachsten Speisen von Land zu Land – ja sogar von Ort zu Ort unterschiedlich.
Und diese kulinarische Vielfalt ist es was die europäische Küche zu dem macht, was sie ist und von vielen anderen Küchen der Welt unterscheidet. 5 Sterne

Bewertung vom 18.01.2020
Janis Joplin. Nothing Left to Lose
George-Warren, Holly

Janis Joplin. Nothing Left to Lose


sehr gut

Eine Hommage an eine großartige Künstlerin

„Mach keine Kompromisse mit dir selbst. Du bist alles was du hast.“

Die Autorin Holly George-Warren gilt als angesehene Chronistin der amerikanischen Musikgeschichte und u.a. als Expertin von Country- und Folksmusic. Sie hat bereits mehrere Musikbiografien geschrieben und hier mit dem Schmöker „Janis Joplin – Nothing Left go Lose“ eine sehr persönliche über diese Künstlerin veröffentlicht.

Die meisten bringen Janis Joplin (1943 – 1970) wohl mit dem spektakulären Woodstock in Verbindung. Doch da gibt es so viel mehr, was sich zu erzählen lohnt. Über ihr Aufwachsen, ihre Zerrissenheit, über die Entdeckung der Musik für ihr Leben und in weiterer Folge ihren Aufstieg, ihre Rückschläge. Die schwierige Beziehung zu ihrer Familie, ihr exzessives Leben, aber vor allem geht es um die Leidenschaft, mit der sie ihre Musik lebte - wobei die Autorin auch mit diversen Mythen aufräumt.

George-Warren gibt mit viel Empathie, teilweise mit einem Hang zur Melancholie einen Einblick in ein außergewöhnliches Leben. Für ihre Recherchen zog sie private Dokumente hinzu, untermalte mit Erzählungen von Zeitzeugen und hat zusätzlich noch viele Fotos eingebunden. So wird die Atmosphäre dieser Zeit gut eingefangen. Teilweise waren wir die Erzählungen du detailliert, da hätte etwas Straffung gut getan.

Ansonsten ein tolles Buch für Musikinteressierte und Janis-Fans. Ihre wohl einzigartige Stimme und ihr Sound bleiben uns in Erinnerung. 4 Sterne

„Du bist nur das, womit du dich zufriedengibst!“

Bewertung vom 16.01.2020
Dakar
Jessner, Werner

Dakar


sehr gut

Eine Rezension vor dem Hintergrund des Todes von Paulo Goncalves – Dakar-Fahrer seit 2006

Sturz bei Kilometer 276 auf der 7. Etappe der Rallye Dakar. Ein Urgestein der Rallye verunglückt tödlich. Ungefähr zur selben Zeit, als ich beginne, diese Rezension zu schreiben. Ohne Kenntnis des tödlichen Vorfalls…

39 Sieger hat die Rallye Dakar bereits hervorgebracht – der vierzigste ist bereits unterwegs.

Werner Jessner hat in diesem Buch nicht nur die Geschichte der Rallye aufgezeichnet, sondern dieses Buch vielmehr der Motoradlegende Hein Kinigadner gewidmet. Ist es doch aus der ursprünglichen Idee einer Biografie für die Motoradlegende hervorgegangen. Seit 2003 beschäftigt sich der Journalist und Motoradfahrer mit der Rallye Dakar. Bilder und Geschichten wurden von ihm selbst zusammengetragen und in diesem Buch sorgfältig zusammengestellt.

Man mag über Rallyes oder Motorsport im Allgemeinen denken wie man will – vor allem in Zeiten des Klimawandels und den Gefahren des Motorsports. Aber worum geht es den Fahrern wirklich? Ist es die sportliche Herausforderung oder ist es eine Geisteshaltung?

Von rund 140 Starten kommen zwei Drittel ins Ziel – keine allzu geringe Zahl bei Anbetracht der Strapazen, welche die Fahrer auf sich nehmen. Die meisten der Fahrer sind Privatfahrer. Sie stellen sich diesem Unterfangen also freiwillig – nicht weil sie von einem Sponsor oder Konzern dazu angehalten werden. Geht es also darum, dabei gewesen zu sein?

Diese Fragen lässt der Autor die Fahrer selbst beantworten und gibt dem Leser damit einen Einblick in die Beweggründe der Fahrer. Und diese Gründe sind höchst unterschiedlich – aber auch die Gründe, warum die Fahrer auf manchen Strecken nicht fahren oder vielleicht das Jahr 2020 zur Gänze auslassen.

Die Bilder zeigen aber nicht nur die schönen Momente der Rallye – Motoräder die scheinbar schwerelos über Dünen manövriert werden – sondern auch die ganze Härte des Rennens. Motorradfahrer, die sich überschlagen; Fahrer, die mit schweren Blessuren gerade noch ins Ziel kommen; aber auch solche die es nicht schaffen. Mehr als 60 Tote hat die Rallye – darunter nicht nur Fahrer. Wo bleibt also der sportliche Wert, wenn jedes Jahr einige Menschen ihr Leben lassen? Auch diese Frage wird von den Fahrern beantwortet oder ergibt sich aus den Schilderungen des Autors. Und oftmals sagen ja Bilder mehr als Worte – und so sprechen die Bilder für sich und ziehen den Leser in den Bann einer Rallye, die sich rational nur schwer erklären lässt.

Am Ende des Buches werden vom Autor ergänzend noch die Maschinen der Teilnehmer beschrieben und die Ergebnislisten der Rennen abgebildet. Man kann dieses Buch vor dem Hintergrund der Verletzten und Toten mit gemischten Gefühlen betrachten oder einfach die Bilder und Emotionen auf sich wirken lassen.

Nach den letzten Seiten wird jeder für sich entscheiden müssen, wo der sportliche Nutzen dieser Rallye liegt oder ob es sich hier um eine Veranstaltung handelt, die besser nicht mehr durchgeführt werden sollte.
Dieses Buch gibt uns zumindest die Möglichkeit, dazu unterschiedliche Perspektiven zu sammeln. 4 Sterne

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.01.2020
Wer nicht schreibt, bleibt dumm
Schulze Brüning, Maria-Anna;Clauss, Stephan

Wer nicht schreibt, bleibt dumm


ausgezeichnet

Ein wichtiges Buch

Viele Eltern (und auch Lehrer) können ein Lied davon singen, dass Kinder immer größere Probleme mit der Schrift haben. Wem dies nicht bewusst ist, muss nur in diverse Schulklassen einen Blick werfen und wird dann mit der traurigen Realität konfrontiert. Wenn man der Autorin Glauben schenken darf, hat die Hälfte der Jungen und ein Drittel der Mädchen Probleme mit der Schrift. Was dies in weiterer Folge nach sich zieht, versucht die Autorin zu analysieren und auf die Wichtigkeit hinzudeuten.

Dass eine Handschrift automatisiert sein muss, um zielführend eingesetzt zu werden, versteht sich von selbst. Eine einfache Notiz sollte nicht gleich zu einer Belastung führen. Doch in unserem digitalen Zeitalter ist man generell versucht, schnell am PC, Tablet oder Smartphone zu dokumentieren – was natürlich nicht förderlich für ein ordentliches Schriftbild ist.

Anfangs erfährt man einiges über die Geschichte der Schrift und deren Entwicklung, was für mich durchaus interessant zu lesen war. Spannender werden dann aber die verschiedenen Schriftbilder und Fallbeispiele sowie die Auswirkungen der fehlenden Handschrift. Wichtig finde ich, dass man sich mal bewusst macht wie viele verschiedenen Arten an Schrift man erlernen kann. Dass das Erlernen der Schreibschrift eine Herausforderung für die Lehrkräfte und Schüler darstellt, ist klar. Welche Probleme auftreten können, wird hier ebenfalls aufgeschlüsselt. Nicht nur die motorischen Fähigkeiten sind hier gefordert, vor allem das „Wie-schreibe-ich-einen-korrekten-Buchstaben“ will erlernt (und geübt) werden. Des Weiteren wird auf die kognitiven Belange und die motorischen Fähigkeiten eingegangen.

Die Lehrerin und Autorin Maria-Anna Schulze Brüning erstellt in Eigeninitiative Studien und beobachtet seit vielen Jahren die Verschlechterung der Schreibkompetenz. Gemeinsam mit dem Journalisten Stephan Clauss wird hier auf ein kostbares Kulturgut hingewiesen und welche Konzepte man anwenden kann, um letztendlich zu einem brauchbaren Ergebnis zu kommen. Die beiden Autoren fordern in dem Buch, Schluss mit Experimenten zu machen, sondern Kindern Freude am Lernen zu ermöglichen.

Das Buch sollte als Pflichtlektüre bei Lehramt-Studenten eingesetzt werden, damit in Zukunft Kinder wieder die Chance gegeben wird, eine ordentliche Handschrift zu erlernen. 5 Sterne

Bewertung vom 12.01.2020
Schörle, Martin

"Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten" und "Einladung zum Klassentreffen"


sehr gut

Herrlicher Humor

Der Autor Martin Schörle hat hier zwei Theaterstücke geschrieben, die sehr unterschiedlich sind. Jedes für sich ist humorvoll und eine interessante Leseerfahrung, denn wann liest man schon mal ein Theaterstück außerhalb der Schule.

Im ersten Teil „Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten“ führt Hans Fredenbek einen Monolog über sein Beamtendasein, das mittlerweile sein gesamtes Leben umfasst. Er verstrickt sich in seinem Gedankengewirr über statistische Erhebungen, Radiergummis, Aktenzeichen, Abläufe, Randgruppen, Zwangsgemeinschaften, Frauen (auch seiner) und vielem mehr. Ähnlich einem Kabarett taucht Fredenbek von einem Thema ins nächste, wobei auch hier der Humor nicht zu kurz kommt und ich mehrmals laut auflachen musste. Ob dieses Schwadronieren ein Körnchen Wahrheit zum Beamtentum in sich hat oder überzeichnet diesen Büroalltag darstellt – hm? Auf jeden Fall sind einige Passagen glaubwürdig oder entsprechen zumindest dem Klischee, das sich Außenstehende aufgebaut haben. „Geahnt habe ich das. Geahnt!“

Der zweite Akt nimmt uns mit zu einer „Einladung zum Klassentreffen“ und wie es kommen kann, dass man vom eigentlichen Thema abschweift. Als Leser wird man Zeuge eines Telefongespräches zwischen Marina und Carsten, die in der Schulzeit eine Liebesbeziehung hatten. Carsten organisiert nun nach 20 Jahren ein Klassentreffen und meldet sich bei Marina, um diese einzuladen. Doch während des Telefonats wird kaum über das Klassentreffen gesprochen, sondern über die gemeinsame Zeit, das Leben seit der Schule, die Schicksalsschläge, Verwicklungen und die Gefühle in der Gegenwart. Da Marina während des Telefonats in einem Zugabteil sitzt, gibt es natürlich einige Zuhörer und „Wohlgesinnte“, die der Story mit Interesse und guten Ratschlägen folgen. Als Leser schwankt man zwischen Lachen und Weinen und erkennt wie nah Humor und Tragik im Leben beieinander liegen.

Obwohl den meisten Rezensenten das zweite Stück ansprechender erscheint, hat mich dieser Schlagabtausch nicht so unterhalten wie Fredenbek, der einen Mega-Applaus verdient und auf wiederholtes Lesen hoffen darf. 4 Sterne

Bewertung vom 11.01.2020
Das vermessene Ich
Suchert, Vivien

Das vermessene Ich


sehr gut

Das digitale Leben hat uns fest im Griff

Die Autorin Dr. Vivien Suchert ist promovierte Psychologin und beschäftigt sich unter anderem mit den psychologischen Aspekten und individuellen Folgen von gesellschaftlich relevanten Themen. Mit ihrem Buch „Das vermessene Ich“ (erschienen im Ecowin-Verlag) beschäftigt sie sich durchaus kritisch mit der Digitalisierung, die wir in unser Leben gelassen haben und der wir mehr Vertrauen schenken als uns gut tut.

Die neuesten Apps, Fitnesstracker, die unumstößliche Smartwatch, das Smartphone (am besten 24 Stunden am Körper getragen) und und und … Wir finden immer wieder eine neue Möglichkeit, um Technik und Elektronik zuzulassen und unseren „digitalen Fußabdruck“ zu erweitern. Welche Gefahren sich hinter dieser Datenlawine verstecken, blenden wir gekonnt aus. Die negativen Aspekte werden zur Seite gerückt.

Was bedeutet es, wenn wir unsere Stimmungen, unser Wohlbefinden, unser Schlafverhalten, unsere Kalorienzufuhr, unser Bewegungsmuster digital vermessen? Die Autorin hinterfragt kritisch und zum Teil mit einem Augenzwinkern, welche Muster wir hinterlassen, welche Risiken damit verbunden sind und – können wir Glück wirklich messen?

Als Gegenspieler nimmt sie ihren Freund Henry, der als Datenfreak immer über den neuesten Trend und das „Must-Have“ informiert ist und ausprobiert. Diese Diskussionen zwischen Henry und der Autorin sind humorvoll und lockern das Thema auf.

Ein durchaus interessanter Einblick, der uns wieder mal das Thema „Big Data“ vorführt und uns bewusst macht, wie groß der Einfluss bereits ist, den die digitale Welt in unserem Leben hat. Doch sind wir nicht mehr als die Summe unserer Daten? 4 Sterne

Bewertung vom 11.01.2020
Der lachende Kontinent
Dörries, Bernd

Der lachende Kontinent


ausgezeichnet

Von Angola bis Uganda

„Zu jedem Land gibt es ein paar Dinge, die man wissen sollte: Historisches oder Skurriles, dazu die Zahl der chinesischen Restaurants, … es wird immer etwas fehlen, Putsche oder Revolution bleiben unerwähnt. Dafür beschreibt das Buch hoffentlich einiges, was sonst fehlt, wenn wir über Afrika reden: Freude und Normalität, Gastfreundschaft und die Kunst der Improvisation. Es wird nicht immer gelacht, aber erstaunlich oft.“

Eine Hommage an einen Kontinent, der uns über die Medien als „Entwicklungsland“ vermittelt wird. Der Autor Bernd Dörries zeigt in seinem Buch „Der lachende Kontinent“ (erschienen bei Terra Mater), dass es ein Land abseits von Krieg, Hunger und Gefahren gibt und wir unseren Blick nur darauf lenken müssen.

Der Autor und Journalist Bernd Dörries hat auf seinen Reisen durch 34 afrikanische Länder einen faszinierenden Kontinent entdeckt, der abseits der Klischees einiges zu bieten hat. Diesen Einblick zeigt er uns mit Länderporträts von Angola bis Uganda. Dabei durfte ich viel Neues und Interessantes entdecken, was ich so nicht erwartet hätte.

Anfangs findet man bei jedem Porträt eine Landkarte mit der Positionierung des jeweiligen Landes, damit man sich auch orientieren kann. Ein kurzer Steckbrief gibt einen Überblick über Einwohnerzahl, Wirtschaftswachstum, Unabhängigkeit (seit wann), Anzahl der chinesischen Restaurants, Nationalgericht, was man gesehen haben sollte, was man wissen muss und worüber das Land redet.

Die hier zu findenden Informationen sind durchaus interessant, doch die Geschichten, die der Autor über das jeweilige Land zu erzählen weiß, sind umso faszinierender, da man davon nur sehr selten hört oder diese wohl auch zu wenig wahrnimmt.

Beispielsweise ist die größte Kirche der Welt die Basilika Notre-Dame-de-la-Paix und steht an der Elfenbeinküste oder hat The Gambia eine etwas eigenwillige Auffassung von einer „Kehrmaschine“. Außerdem gilt Nigeria als erfolgreichste Scrabblenation der Welt und das größte Filmfestival des Kontinents wird in Burkina Faso abgehalten. Und wer hätte gedacht, dass ausgerechnet ein Österreicher das größte Schigebiet Afrikas in Lesotho baut.

Die Begeisterung des Autors für diesen Kontinent ist spürbar, doch er lässt auch die negativen Details nicht zur Gänze aus: Korruption, Krankheiten, Not, Dürre, der chinesische Einfluss, den bitteren Nachgeschmack der Kolonialisierung.

Diese Reise durch Afrika hat mir nicht nur die Augen geöffnet für Ungewöhnliches, Einzigartiges, Besonderes – es hat mir gezeigt, dass es lohnt, die Perspektive zu verändern, um einen anderen Blickwinkel auf einen beeindruckenden Kontinent zu bekommen. 5 Sterne und eine Leseempfehlung für diese Tour.

Bewertung vom 06.01.2020
Können wir die Welt verstehen?
Gaßner, Josef M.;Müller, Jörn

Können wir die Welt verstehen?


ausgezeichnet

Durch das Labyrinth Physik

Zwischen der Scheibe von Nebra, zur String- oder Quantenfeldtheorie liegen einige Jahrhunderte – ja sogar Jahrtausende. Was die beiden gemeinsam haben und wohin uns die Richtung der Forschung führt, erfahren wir von den beiden Autoren auf eindrucksvolle Weise.

Wenn Harald Lesch für ein Buch das Vorwort schreibt und uns am Schluss seiner Gedanken mitteilt, dass es sich um ein „wundervolles Meisterwerk“ handelt, ist die Erwartung beim Leser entsprechend hoch. Wird dieses Buch ebenso leicht leserlich sein wie die Ausführungen, die wir von Harald Lesch kennen oder ist es vielleicht nur für ihn – mit seinem Hintergrundwissen – ein Meisterwerk?

Wir beginnen vor ungefähr 4000 Jahren mit der Scheibe von Nebra und arbeiten uns in 12 Kapiteln auf über 650 Seiten hin bis zur Stringtheorie. Einiges ist bekannt, vieles vollkommen neu – immer aber baut das Unbekannte auf Bekanntem auf. Somit erweitert der Leser sein Wissen sukzessiv von Seite zu Seite, von Kapitel zu Kapitel.

Das Beste daran ist jedoch, wenn ich etwas nicht verstehe (was bei dieser Materie nicht verwunderlich ist), ziehen sich über das ganze Buch hindurch Hilfen. Diese bestehen aus QR-Codes, die immer wieder auf zusätzliches Material im Internet verweisen. Ist es also wirklich möglich, die Welt zu verstehen? Auch für einen unbedarften Laien wie mich?

Naja, ganz so einfach ist es dann doch wieder nicht. Auch wenn der Inhalt sehr plausibel aufgebaut ist, so wird es spätestens bei der Quantentheorie doch sehr kompliziert – oder wie der Name schon sagt theoretisch…

Dennoch habe ich das Gefühl, nach der Lektüre dieses Werks wieder ein Stück weiter gekommen zu sein mit meinem Verständnis über die Welt und deren Aufbau. Von den kleinsten Teilchen der Strings bis zum Makrokosmos, der uns täglich umgibt und für uns auch wahrnehmbar scheint.

Dieses Werk ist jedoch sicher nicht eines, welches man liest und danach ins Regal stellt, um es dort verstauben zu lassen. Der Aufbau und die bereits erwähnten QR-Codes machen es möglich, dieses Buch als umfassendes Nachschlagewerk zu nutzen.

Und so macht es dieses Buch möglich immer wieder einen Schritt weiter zu kommen – und vielleicht kann auch ich eines Tages die Welt verstehen. 5 Sterne

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.01.2020
Gebrauchsanweisung für das Leben in der Postmoderne
Hillert, Andreas

Gebrauchsanweisung für das Leben in der Postmoderne


sehr gut

Wie lebt man in der heutigen Zeit?

Der Autor Prof. Dr. phil. Dr. med. Andreas Hillert ist Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie. Mit dieser Gebrauchsanweisung für das Leben in der Postmoderne versucht er unterschiedliche Perspektiven auf das gegenwärtige Leben aufzuzeigen.

Wie funktioniert das Leben im „Hier und Jetzt“? Welche Strategie kann ich für mich übernehmen? Wie kann ich „ganz ich selbst“ sein? Wo stehe ich gerade und welches Ziel verfolge ich? Bin ich selbst der Gestalter meines Lebens oder lasse ich mich treiben? Viele dieser Fragen (und noch einige mehr) werden in dem Buch gestellt und für viele findet man ganz einfach Lösungsvorschläge.

Der Autor schafft es durch Fallbeispiele und einfache Erklärungen Licht ins Dunkel zu bringen. Denn die theoretischen Ansätze sind nicht einfach zu lesen und erfordern Konzentration und zum Teil mehrmaliges Lesen eines Absatzes.

Das Buch ist in 12 Kapitel strukturiert und gibt einen weitläufigen Überblick über diese gegenwärtige Epoche. Zu Beginn werden Grundbegriffe erläutert, Epochen im Überblick betrachtet, Fragen an die Postmoderne gestellt bevor man mit der Identität in der Postmoderne konfrontiert wird. Anschließend reflektiert man das Postmoderne Individuum und die Gesellschaft, stellt Werte und Ziele in den Fokus. Die Kapitel 9 bis 12 beschäftigen sich mit einer Gebrauchsanweisung für postmoderne Performer, „Kunden, Konsumenten und Anspruchsberechtigte“, häufig gestellte Fragen werden beantwortet und Vorschläge für Problemlösungen und Strategien, um glücklich sein zu können, angeboten.

Teilweise war der Text mit Humor gewürzt, was mir sehr gut gefallen hat. Auch die vielen Fallbeispiele finde ich gut eingebunden. Doch häufig war der Text für Laien schwierig zu lesen und hat mich teilweise gefordert. Alles in allem ein interessantes Thema. 4 Sterne