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Bibliomarie

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Insgesamt 1032 Bewertungen
Bewertung vom 10.01.2019
Der Papiermörder
Rademacher , Uwe

Der Papiermörder


gut

Eine Mordserie erschüttert Duisburg. Bereits vier Opfer wurden gefunden, es gibt keine Gemeinsamkeit, bis auf Papierstreifen im Mund der Toten, die Zeilen aus Novalis‘ Hymen an die Nacht zitieren und jeweils einen Hinweis auf die Tötungsart des nächsten Opfers geben. Zur Unterstützung der örtlichen Kriminalbeamten wird Jonathan Dawson, Sonderermittler des BKA und sein Team heranzogen. Das geht natürlich nicht ohne Reibereien ab. Vor allem, als Jonathan, der trotz seines englischen Namens Ur-Duisburger ist, mit seiner Jugendliebe Jessica Wald zusammentrifft, die zwischenzeitlich als Forensikerin arbeitet.
Der Autor beginnt seinen Debüt-Krimi mit hohem Tempo, das wird auch durch die Sprache deutlich. Er verwendet besonders zu Beginn viel Ruhrpott Slang. Da wird mit „Dat“ und „wat“ nicht gespart, man „is am machen“ und viele grammatikalische Besonderheiten mehr. Es gibt kauzige Zeugen, die dem Bild vom rauen und ehrlichen Pott-Bewohner entsprechen und die Bezüge zum Schimanski-Duisburg sind deutlich und absichtlich.
Im Lauf der Handlung relativiert sich das und der Fokus richtet sich ganz auf die kleinteilige Ermittlerarbeit des Profiler Teams. Das fand ich sehr spannend erzählt und da es Einschübe aus der Sicht des Täters gibt, ist der Leser den Ermittlern die entscheidende Ahnung voraus. Das hat für mich den Spannungsbogen noch einmal deutlich erhöht.
Die Figuren sind vielleicht ein wenig zu idealisiert und glatt geraten. Der örtliche Beamte, der wegen des angeblichen Kompetenzverlusts mauert und lästert, der Computernerd, der für Jonathan sich die Nächte um die Ohren schlägt um Details auf die Spur zu kommen, die Assistentin, apart, attraktiv und schlagkräftig – und nicht zuletzt Dawson selbst, der Gentleman Ermittler mit Vorliebe für Earl Grey und feinen Whiskeys.
Mehr als dreiviertel des Buches habe ich verschlungen und war auf die Lösung gespannt, aber dann schlich sich für mich ein Manko ein. Der Autor ist wohl der Versuchung erlegen und dehnt den Show Down ins Unendliche aus. Da waren einige Handlungstwist zu viel und unrealistisch und das schmälerte den Gesamteindruck deutlich und nahm der Geschichte viel vom Tempo.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.01.2019
Der Kommissar und das Biest von Marcouf / Philippe Lagarde ermittelt Bd.9
Dries, Maria

Der Kommissar und das Biest von Marcouf / Philippe Lagarde ermittelt Bd.9


gut

Auf der Vogelinsel Ile de Terre wird ein ermordetes Liebespaar gefunden. Ihnen wurde die Kehle durchschnitten und mit ihrem Blut eine geheimnisvolle Botschaft hinterlassen. Commissaire Lagarde, der seinen Ruhestand immer wieder unterbricht, wenn sein spezielles Wissen gefragt ist, übernimmt den Fall. Verdächtig machen sie die jeweiligen betrogenen Ehepartner der Toten, Ausflüchte und wacklige Alibis lassen Lagarde stutzen. Aber dann wird ein weiteres Liebespaar gefunden, auch hier gibt es betrogene Ehepartner und bei den Ermittlungen tauchen Verbindungen auf.

Maria Dries lässt ihren Ermittler in der malerischen Normandie ermitteln, es gibt viele schöne Landschaftsbeschreibungen und die Autorin verliert sich dabei manchmal in vielen unwichtigen Details. Das hemmt das Tempo und macht den Krimi eher behäbig. Die Erzählweise kam mir in diesem 9. Band der Reihe etwas hölzern vor. Ich vermisste den Esprit, den ich mit französischen Urlaubskrimis verbinde und den auch Frau Dries in früheren Büchern durchaus zeigte.
Ihre Figuren geraten ihr dieses Mal auch etwas theatralisch, bleiben aber trotzdem ziemlich farblos. Auch hier verlieren sich die Beschreibungen in unnötigen Details. Muss ich bei einer Zeugin auch gleich die Geschichte einer unglücklichen Ehe mitgeliefert bekommen? Hier soll wohl eine Spur zum Tatmotiv Untreue gelegt werden.

Ich habe das Gefühl, dass in den Krimis um Philippe Lagarde ein wenig die Luft raus ist. Die Konstellationen ähneln sich. Wenn der Commissaire zur Hilfe gerufen wird, weil die örtlichen Ermittler grade im Urlaub oder krank sind, wird ihm meist eine junge sympathische Berufsanfängerin zur Seite gestellt, der er als Mentor berufliche Tipps geben kann. Dazwischen darf auch seine Lebensgefährtin Odette auftreten und ihn in ihrem Sternerestaurant kulinarisch verwöhnen.

Dieser Band konnte mich leider nicht recht überzeugen und meine Bewertung tendiert eher zu 2,5 Sternen, die ich aus Reihentreue auf 3 Sterne aufrunde.

Bewertung vom 02.01.2019
Roter Rabe / Max Heller Bd.4
Goldammer, Frank

Roter Rabe / Max Heller Bd.4


ausgezeichnet

In der noch jungen DDR wird Max Heller zu einem ungewöhnlichen Fall gerufen. In der Untersuchungshaft haben sich zwei der Spionage verdächtigte Männer selbst getötet. Die Umstände erregen Hellers Misstrauen und bald sieht er sich in seinem Verdacht bestätigt. Doch er ermittelt unter erschwerten Bedingungen, er kommt mit seinen Untersuchungen dem Geheimdienst in die Quere. Der junge Staat ist immer mehr zum Schauplatz des beginnenden Kalten Kriegs geworden. Die Geheimdienste der Sowjetunion, das MfS und auch westliche Dienste haben ihre Finger im Spiel. Wie soll Heller ermitteln, wenn er kein Ergebnis erzielen darf?
Zudem scheinen die Gegner immer einen Schritt voraus. Hat Heller eine Spur, erleiden die Befragten bald danach tödliche Unfälle oder bringen sich um. So sterben seine Verdächtigten schneller, als Heller handeln kann. Das Klima des gegenseitigen Misstrauens hat auch seine Behörde und die unmittelbaren Kollegen erfasst. Kann man überhaupt noch jemandem trauen? Die Paranoia der um ihre Existenz ringenden DDR durchzieht die ganze Handlung. Max Heller ist selbst betroffen, ein Sohn lebt im Westen und lehnt die sozialistischen Ziele ab, der andere Sohn Klaus ist ein 100%iger, der den politischen Zielen auch familiäre Bande zu opfern bereit ist.
Karin Heller ist nach Köln gefahren um ihren Sohn und dessen kleine Familie zu besuchen, Max wartet auf ein Lebenszeichen von ihr und weist alle Andeutungen, dass sie nicht mehr zurückkommt, weit von sich.
Der Roman bringt auch ein Wiedersehen mit Alexej Saizev, dem jungen Russen, den Max schon gleich nach Kriegsende kennengelernt und bei einigen Fällen als fairen Gegenspieler kennengelernt hat. Doch Saizev hat sich verändert, er ist hart geworden und seine Handlungen sind für Max Heller undurchschaubar.
Der Krimi, der spannend, aber auch sehr verwickelt ist, tritt vor dem ausgezeichnet beschriebenen Zeitbild in die zweite Reihe. Goldammer schafft eine realistisch und minutiös gezeichnete Atmosphäre von Misstrauen und Ängsten. Die Schwierigkeiten des jungen Staats, der noch seinen Platz sucht und ganz unter der Beobachtung der Sowjetunion steht, sind allgegenwärtig. Immer häufiger schauen die Bürger neidvoll in den Westen, wo der Aufschwung schon in vollem Gang ist und kaum Versorgungsengpässe herrschen. So werden Beziehungen in BRD misstrauisch beäugt.
Ich konnte mich der Spannung und der Faszination dieses Kriminalromans nicht entziehen, auch wenn ich Schwierigkeiten hatte, die Verflechtungen immer ganz zu durchschauen. So sind mir auch einige Fragen und Details nicht ganz schlüssig aufgelöst worden. Der vierte Band der Reihe um Max Heller bekommt eine klare Leseempfehlung von mir.

Bewertung vom 28.12.2018
Schnee in Amsterdam
MacLaverty, Bernard

Schnee in Amsterdam


gut

Ein verlängertes Wochenende im winterlichen Amsterdam soll für Stella und Gerry ihre in Gewohnheit erstarrte Ehe etwas auflockern. Der einzige Sohn lebt in Übersee und jetzt im Ruhestand tritt die Unzufriedenheit mit ihrer Beziehung zu Tage. Ein Satz Stellas veranschaulicht dies: „ Wie gut, dass wir einander zum Ignorieren haben.“
Doch in der neuen Umgebung werden die tiefen Risse in ihrer Ehe deutlich, ist es eigentlich noch Liebe oder nur noch Gewohnheit, die die Beiden zusammenhält? Es ist nicht nur die eisige Kälte der Wintertage die dieses Buch durchzieht, mit jedem Satz spürt man auch die Kühle in dieser Ehe. Gerry ist Alkoholiker, obwohl beide wohl vermeiden, es auszusprechen. Aber es geht ihm nur noch um den nächsten Drink, den rechtzeitigen Nachschub und das heimliche Entsorgen von geleerten Flaschen. Auch wenn er es wahlweise nur einen Aufwärm-, Entspannungs-, oder Gute-Nacht-Schluck nennt. Stella mag es nicht länger ignorieren. Aber auch Stella ist nicht ehrlich, längst verfolgt sie für sich ein anderes Ziel und zieht Gerry nicht in ihre Überlegung ein. Eine tiefe Frömmigkeit ist ihr Rückzugsort, geprägt auch vom Religionskonflikt in Nordirland, mit dem Beide aufwuchsen und der auch ihr Leben entscheidend geprägt hat.
Es ist eine ganz einfach erzählte Geschichte, zwischen den Zeilen entwickelt der Autor ein ganzes Lebenspanorama. Aber in dieser Einfachheit liegt auch die große Kunst und die literarische Stärke. MacLavertys. Allerdings passiert es mir selten, dass mir die Protagonisten so fremd, ja sogar gleichgültig bleiben. Zunehmend empfand ich Stellas und Gerrys Gesprächsversuche als larmoyant. Das änderte sich auch nicht, als das große Lebensgeheimnis Stellas ans Licht kommt. Eine Begebenheit, die ihrem Leben eine ganz andere Richtung gab und mit deren Last sie nicht zurecht kommt.
Auch wenn ich die stilistische und sprachliche Kunst des Autors anerkenne, gepackt hat mich sein Roman nicht wirklich.
Das Buch bleibt zum Schluss offen – ob Stella und Gerry noch einen Weg finden, wer weiß? Einen kleinen Hoffnungsschimmer scheint es zu geben.

Bewertung vom 27.12.2018
Jahre aus Seide / Das Schicksal einer Familie Bd.1
Renk, Ulrike

Jahre aus Seide / Das Schicksal einer Familie Bd.1


gut

Ulrike Renks Familiensagas basieren häufig auf einer wahren Begebenheit. Das macht ihre Romane meist besonders intensiv. In ihrem neuen Buch „Jahre aus Seide“ ist es das Schicksal der jüdischen Krefelder Familie Meyer. Karl und Magda Meyer und ihre beiden Töchter Ruth und Ilse leben ein harmonisches Familienleben. Nach den schwierigen Jahren nach dem Ersten Weltkrieg geht es wirtschaftlich aufwärts. Man baut ein neues Haus in bester Krefelder Lage und die Zukunft verspricht wirklich Jahre aus Seide. Doch am Horizont ziehen bereits dunkle Wolken auf.

Sehr intensiv beschreibt die Autorin wie der Alltag der Familie immer häufiger durch das Erstarken der neuen Partei eingeschränkt wird. Erst nur durch gehässige Bemerkungen und Einschränkungen im kulturellen Leben, aber immer schneller dreht sich die Spirale der Gewalt. Die Meyers die sich als assimilierte Juden in erster Linie als Deutsche fühlen, die Synagoge höchstens zu den Feiertagen besuchen und auch keine koschere Küche pflegt, hoffen – wie viele andere auch – das dieser Spuk bald vorüber ist. Aber auch sie können die Augen nicht länger verschließen und denken über eine Auswanderung nach.

Dieser Teil der Geschichte hat mich sehr berührt, es ist oft das Alltagsleben ganz gewöhnlicher Leute, die die Gräuel der Nazis besonders deutlich machen. Deshalb hat mich das Buch auch erst in der letzten Hälfte richtig angesprochen.

Der erste Teil beschreibt sehr ausführlich und oft auch mit vielen netten, aber letztlich nichtssagenden Details das Leben einer erfolgreichen Familie. Dem harmonischen Familienleben wird viel Platz eingeräumt. Da wird ein Idyll geschildert, mit einer liebevollen Umwelt und Eltern. Das Hauptaugenmerk in diesem Buch, das als Beginn einer Trilogie angekündigt ist, liegt auf der älteren Tochter Ruth. Ein Mädchen, das oft allzu altklug dargestellt wird. Schon als 4-5 Jährige spricht sie druckreif und reflektiert. Selbst wenn ich berücksichtige, dass Ruth meist nur Erwachsenen Umgang hat, wirkt das aufgesetzt und unecht. Wir lesen von ihrer Kinderzeit, den Freundschaften mit den Nachbarskindern, von den ersten Schuljahren und später den Jahren auf dem Lyzeum, von den ersten schwärmerischen Verliebtheiten.

Da „Jahre aus Seide“ der erste Band ist, werden natürlich viele Personen und Handlungsstränge eingeführt, deren weitere Entwicklung offen bleibt und die wahrscheinlich erst wieder in der Fortsetzung aufgegriffen werden. Das ist zwar verständlich, hat mich aber trotzdem gestört.

Gestört haben mich auch die vielen Druckfehler im Buch. Es gab eine Namensverwechslung und Sätze, die durch seltsame Satzstellung oder Wortverwechslungen sinnlos scheinen. Ich finde, das darf einem aufmerksamen Lektorat in einem renommierten Verlag nicht passieren.

Ich lese die Bücher der Autorin ausgesprochen gern und die Australien- und die Ostpreußensaga habe ich verschlungen. Deshalb bin ich enttäuscht, dass mich die Geschichte einfach nicht zu fesseln vermochte.

Bewertung vom 26.12.2018
Das Café der kleinen Kostbarkeiten
Steinbach, Jan

Das Café der kleinen Kostbarkeiten


sehr gut

5 Jahre ist es her, dass Luise ihren Mann verlor. Ein Schlaganfall traf ihn und sie musste hilflos zusehen, wie die ärztliche Hilfe zu spät kam. In ihrer Trauer wurde sie von ihrem Sohn und seiner Familie aufgefangen, aber die anfängliche Fürsorge hat sich inzwischen zu einem subtilen Verlust über ihr eigenes Leben entwickelt. Einen Wunsch trägt sie schon lange mit sich: Luise und ihr Mann wollten einmal die Weihnachtstage in Lübeck verbringen, wo sie zusammen einmal einen wunderschönen Tag verbrachten. Diesen Wunsch durchzusetzen erweist sich als schwierig, ihr Sohn und ihre Schwiegertochter wollen sie nicht allein reisen lassen.

Aber Luise setzt sich mit einigen Ausflüchten durch und so steht sie nun im winterlichen Lübeck und sucht die Orte auf, die sie zusammen mit ihrem Mann schon einmal erlebt hat. Ihr Weg führt sie auch in das hübsche kleine Café des passionierten Bäckers Ludwig Johannsen. Backen ist auch für Luise eine Leidenschaft und sie findet eine verwandte Seele. Sie lebt auf und es scheint, dass die Weihnachtszeit ihren Zauber auch Luise und Ludwig nicht verfehlt.

Aber die Realität in Form von Sohn Jochen holt sie ein. Er will seine Mutter zurückholen, vor unüberlegten Entscheidungen schützen und ein neues Glück für sie scheint ihm ein Verrat an der Familie zu sein.

Natürlich darf es in dieser zauberhaften kleinen Geschichte ein Happy End geben. Es ist schließlich Weihnachten, da sind die Herzen offen für kleine Wunder. Es liegt sicher auch daran, dass ich diese Geschichte am Weihnachtstag gelesen habe und sie hat meine Stimmung getroffen. Es ist herzerwärmend erzählt, ein klein wenig sentimental, aber mit liebevoller Zeichnung der Figuren. Man wünscht Luise und Ludwig dieses Glück, vereint mit ihrer Leidenschaft für’s Backen und dem kleinen, romantischen Café in Lübecks Altstadt. Der Geschmack von Marzipan lag mir beim Lesen auf der Zunge.

Im Anhang gibt es sogar Luises und Ludwigs Rezepte für Weihnachtsgebäck, die zum Ausprobieren verführen.

Bewertung vom 23.12.2018
Das Geheimnis der letzten Schäferin
Maxian, Beate

Das Geheimnis der letzten Schäferin


gut

Nina ist eine bekannte Salzburger Haubenköchin mit eigener Kochshow im TV. Nun soll sie an einem Projekt teilnehmen:“ Kochen anno dazumal“, gedreht auf einem historischem Bauernhof in Niederbayern, da es ein Gemeinschaftsprojekt des bayerischen Fernsehens mit dem ORF ist. Der zweite Teilnehmer ist der Münchner Kollege Julian Leroy, den Nina wegen seines Auftretens in seiner Show und seines Rufs als Frauenschwarm nicht ausstehen kann.
Eine besondere Bedeutung hat, dass das kleine Dörfchen der Heimatort von Ninas geliebter Großmutter Lieselotte war und je mehr Nina sich in deren Geschichte vertieft umso mehr Familiengeheimnisse erfährt sie.
Die Geschichte fährt zweigleisig, die Geschehnisse um Nina rahmen die Lebens-und Liebesgeschichte von Lieselotte ein. Das ist eine wunderbare, sehr naturverbundene Rückblende in das Leben einer jungen Wanderschäferin, die trotz vieler Widerstände ihr Glück findet. Das erfährt Nina aus den liebevollen Erinnerungen ihres Großvaters und deren Vorbild und Liebe zum Kochen Ninas Berufswahl beeinflusst hat. Dieser Teil des Romans hat mir sehr gut gefallen und da hätte ich mir auch manchmal mehr Raum gewünscht um die weiteren Hintergründe der Familiengeschichte Lieselottes auszuleuchten, während sich dagegen manche, für mich unwichtige Nebenhandlung zu sehr in Details verliert. Gelungen war für mich die Atmosphäre der frühen Almwirtschaft eingefangen, überhaupt die bäuerliche Lebenswelt in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts wird sehr farbig und liebevoll beschrieben. Hier merkt man, dass auch die Autorin viel Wissen mitbringt.
Ich mag die Wien-Krimis von Beate Maxian sehr und habe auch dieses Buch gern gelesen. Es ist eine angenehme und flüssig erzählte Geschichte, die sich aber manchmal ein wenig ins Seichte verliert. Ganz besonders in den fast unvermeidlichen Liebeswirren zwischen Julian und Nina. Außerdem habe ich mich an vielen Wiederholungen gestört, wie der immer wieder thematisierte Ordnungsfimmel Ninas oder die mehrfach erläuterte besondere Liebe Liesls zu Schafen.
Meine Erwartungen an dieses Buch waren hoch und wurden nicht ganz befriedigt, nichts desto trotz war es eine untersame Geschichte.

Bewertung vom 18.12.2018
Die Abenteuer der Cluny Brown
Sharp, Margery

Die Abenteuer der Cluny Brown


sehr gut

Ein rechtschaffender Klempner, der seine Gewerkschaft hinter sich wusste, konnte einem Herzog ins Auge sehen, und ein Müllkutscher, der seine Gewerkschaft hinter sich wusste, konnte einem Handwerker ins Auge sehen. Herzöge hatten freilich gar keine Gewerkschaft und Mr. Porritt fand, dass sie nicht sonderlich selbstbewusst in Erscheinung traten.


Cluny Brown lebt als Waise bei Onkel und Tante. Sie ein frisches, nicht sonderlich hübsches Mädchen, das mit Neugierde in Zukunft schaut und auch die Grenzen ihrer kleinen Welt durchbrechen möchte, Das bereitet ihrem Onkel Sorgen: „Zu wissen wo man seinen Platz hatte war für Arnold Porritt die Grundlage für jegliches zivilisierte, vernünftige Leben. Wenn man sich an seine Klasse hielt, konnte man nichts falsch machen.“

Dazu gehört eben nicht, dass man ins Ritz geht um Tee zu trinken, nur um einmal zu erleben, wie sich das anfühlt. Deshalb wird Cluny auf’s Land geschickt um in einem Herrenhaus als Dienstmädchen zu arbeiten. Aber auch die Welt der Herrenhäuser ist in den 30iger Jahren des vorigen Jahrhunderts aus dem Tritt geraten. Es gibt nicht mehr die Dienstboten, die sich mit kargem Lohn und einem Kämmerchen begnügen, weil das ihre Welt ist und sie nichts anderes mehr kennen.

In Friars Carmel hält man die guten alten Zeiten hoch, was sich in Europa tut, nimmt man nicht wahr und dass Sohn Andrew einen Hausgast mitbringt, der als kritischer Schriftsteller Polen und später Deutschland verlassen musste, ist eher ein exotischer Umstand und eine willkommene Bereicherung des etwas öden Landlebens.

Cluny Brown und der Pole Belinski sind also die Außenseiter auf Friars Carmel, wenn in verschiedenen Bereichen des Landsitzes.

Margery Sharp war englische Erfolgsautorin, ihre Bücher wurden viel gelesen und auch verfilmt. Sie zeichnet ein farbiges Bild der englischen – immer klassenbewussten – Gesellschaft der Jahre zwischen den Kriegen und danach. Dabei bröckelt diese Ordnung schon längst und Sharp dokumentiert das feinsinnig und immer mit ironischem Unterton. Sie ist eine genaue Beobachterin und das spürt man an ihren Protagonisten. Das macht ihre Bücher auch heute wieder lesbar, besonders da der Eisele Verlag ihnen eine neue Übersetzung gönnt.

Die Erfolgsserie „Downton Abbey“ hat viel Interesse an dieser Zeit und diesem Gesellschafts- und Lebenskreis geweckt. „Die Abenteuer der Cluny Brown“ passt dazu.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.12.2018
Das Herrenhaus im Moor
Whitmore, Felicity

Das Herrenhaus im Moor


gut

Laura freut sich auf ihr Geburtstagsabendessen mit Frank, endlich hat er mal wieder Zeit für sie. Doch der Abend endet unschön und Laura fährt allein mit dem Zug nach Hause. In der Wut vergisst Laura eine Beobachtung: sie sah einen Schatten, der sich an Franks geparkten Auto zu schaffen machte.
An diesem verhängnisvollen Abend hat Frank einen tödlichen Unfall und Laura kann sich ihren letzten Streit nicht vergeben. Allerdings bemerkt sie auch Dinge, die zeigen, dass sie trotz 13 Jahre Ehe ihren Mann nicht richtig kannte. Sie findet Dokumente, die sie nach England führen und dort zu einem alten verfallenen Herrenhaus, das eine Verbindung zu Frank hat und Menschen, die Frank kannten, aber plötzlich verstummen, wenn sie sich als seine Witwe zu erkennen gibt.
Das „Herrenhaus im Moor hat“ alle Zutaten zu einem spannenden und geheimnisvollen Roman. Die Autorin hat das Stilmittel der Rückblenden gewählt und neben der gegenwärtigen Handlung führt jedes zweite Kapitel in die Vergangenheit. Lady Victoria Milton wird mit knapp 20 Jahren Waise und ein Onkel ihr Vormund, der aber nur seine eigenen Interessen im Sinn hat. Er will das Vermögen der jungen Adligen und wenn nicht freiwillig durch die Heirat mit seinem Sohn, dann hat er andere Mittel.
Familiengeheimnisse und Anleihen an den viktorianischen Schauerroman machen den Roman sehr fesselnd und geschickt gelingt es der Autorin fast jeden Zeitenwechsel mit einem Cliffhanger enden zu lassen, der mich zum Weiterlesen zwang. Dazu kommen die schönen Landschaftsbeschreibungen, die sehr gekonnt einfließen und eine düstere Stimmung erzeugen. Das erinnerte mich stellenweise an die Romane von Daphne Dumaurier.
Was mir nicht so gut gefiel, waren die Personenbeschreibungen, die fand ich allesamt eindimensional. Nie hatte ich das Gefühl einen Menschen aus Fleisch und Blut vor mir zu sehen. Dadurch wurden mir auch einige Handlungen nicht plausibel und ganz besonders Laura strapazierte meine Geduld. Sie hat eine Neigung zum Schockverlieben. Es reicht dann immer mal ein intensiver Blick in blitzende Augen. Wie sie durch Exmoor stolpert und das Geheimnis ihres Mannes und das der Lady Victoria löste, war mir doch recht überzogen.
Trotzdem ist der Roman ein richtig spannender Schmöker, wer sich an den genannten Punkten nicht stört, wird sich gut unterhalten.