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Benutzername: 
Christina P.
Wohnort: 
Hamburg

Bewertungen

Insgesamt 1057 Bewertungen
Bewertung vom 24.09.2020
Ihr Königreich
Nesbø, Jo

Ihr Königreich


sehr gut

Geheimnisse einer Kleinstadt
Roy und sein jüngerer Bruder Carl wuchsen auf einem abgelegenen Hof im norwegischen Ödland auf, von seinem Vater scherzhaft ihr Königreich genannt. Vom Typ her sind die beiden grundverschieden. Roy, der Erzähler, ist introvertiert und würde alles, aber auch wirklich alles tun, um seine Lieben zu beschützen, während Carl sich als Teenager zum Sunnyboy des Ortes mausert und schnell lernt, andere für sich einzuspannen. Mittlerweile sind die beiden erwachsen und Carl kehrt mit seiner Frau als Businessman nach Norwegen zurück, um den Bewohnern seines Heimatdorfes ein Großprojekt schmackhaft zu machen. Im Laufe seiner Erzählungen, gespickt mit vielerlei Rückblenden, kristallisiert sich heraus, dass nicht nur die Brüder eine mörderische Vergangenheit haben, sondern auch der ein oder andere Dorfbewohner so seine kleinen Geheimnisse hat.

„Tu, was getan werden muss. Und tu es jetzt.“

Nach diesem Motto handelt Roy. Und damit ist nicht nur sein Job als Tankstellenbetreiber gemeint. Tatsächlich hat er eine bewegte Vergangenheit als Jugendschläger hinter sich. Und noch so einiges mehr. Erstaunlicherweise hat der Autor es geschafft, Roy als Ich-Erzähler trotz seiner teils brutalen Vorgehensweise so darzustellen, dass er dem Leser sympathisch wird, seine brutalen Handlungen gar nicht mehr so erschreckend wirken. Zumal er viele Handlungen nur deswegen begeht, um für seinen Bruder Carl da zu sein, mit dem ihn eine auf mich etwas aussergewöhnliche wirkende Bruderliebe verbindet. Und tatsächlich wirkte vielmehr Strahlemann Carl auf mich als der bösartigere Bruder, als der Wolf im Schafspelz, der keine Skrupel hat, die eigene Familie auszunutzen.
Angegeben ist das Buch als Kriminalroman und tatsächlich liegen einige Morde in der Vergangenheit der Brüder, welche der Dorfpolizist aufzuklären versucht. Da Roy nach und nach davon berichtet, was geschah, muss man als Leser jedoch keinerlei Vermutungen anstellen sondern erlebt vielmehr mit, wie die Brüder weiterhin ihre Weste versuchen, sauber zu halten. Dass auch andere Bewohner des Ortes keine weiße Weste tragen, erzählt Roy dann auch so nebenbei, so dass die Hauptpersonen des Ortes sich nach und nach angenehm komplex entwickeln. Deswegen würd ich das Buch eher als Roman mit kriminellen Handlungen bezeichnen.
Manchmal verwirrte mich das Verhalten der Brüder in jungen Jahren, welche nur ein Jahr Alterunterschied haben, was aber manchmal eher so wirkte, als sei Carl jünger, als er wirklich war. Wobei man nicht vergessen darf, dass Roys Sichtweise natürlich subjektiv ist und seine Interpretationen nicht immer korrekt sein müssen. Die Spannung ist gleichbleibend moderat, es gibt immer irgendwas, worauf man als Leser neugierig ist, ohne, dass es wirklich zu großen Spannungspeaks kommt. Vielmehr wurden immer wieder Hintergründe beleuchtet, welche an Roys Charakterentwicklung beteiligt waren.
Ein komplex aufgebauter Roman, eine Mischung aus Familiendrama und kriminellen Handlungen, welcher nur wenig mit einem klassischen Krimi gemein hat.

Bewertung vom 22.09.2020
Die Spur der Bücher (MP3-Download)
Meyer, Kai

Die Spur der Bücher (MP3-Download)


sehr gut

Bibliomantisches Prequel mit einigen Längen
„Bibliomantik, die: Das Vermögen, mittels eines Buches Magie auszuüben. Dies geschieht, indem der Bibliomant (Buchmagier) ein Seitenherz seines Seelenbuches spaltet.“
Mercy Amberdale ist eine geborene Bibliomantin. Ihr Job ist es, für reiche Auftraggeber wertvolle Bücher zu beschaffen wie Erstausgaben oder Bände, denen eine besondere Magie innewohnt. Nachdem einer dieser Aufträge dramatisch endet, verteufelt sie ihr bibliomantisches Talent und schwört sich, fortan ohne Magie zu leben. Doch der mysteriöse Tod eines Buchhändlers, der inmitten seiner Bücher verbrannte, ohne, dass das Papier rings um ihn herum auch nur angekokelt wurde, weckt nicht nur Mercys persönliches Interesse, sondern bringt sie schnell in tödliche Gefahr. Zeit, mit dem Schwur zu brechen?
Kai Meyers Welt der Bibliomantik war mir bisher neu, daher dachte ich, ich fange mit dem Prequel seiner Trilogie „Seiten der Welt“ an. Der Klappentext ließ auf eine Art Krimi mit bibliophilem Charakter schließen, was mich ziemlich reizte. Zunächst erlebt man Mercy und ihre Freunde jedoch rund 2 Jahre früher bei besagtem missglückten Einsatz, welcher auch die Freundschaft der jungen Clique zerbrechen ließ und Mercy dazu brachte, sich von ihrem bibliomantischen Talent abzuwenden. Und das ist so ein Punkt, der mich unter anderem an Mercy störte: Statt den Fehler bei sich zu suchen, gibt sie dem Talent die Schuld, welches sie lieber unterdrückt, statt sich der Wahrheit zu stellen. Auch ansonsten knobelt sie lieber alles mit sich aus und verrennt sich dadurch schnell mal in der ein oder anderen Sackgasse. Zwar ist Mercy intelligent und nicht auf den Mund gefallen, wenn sie etwas will, dennoch handelt sie manchmal ziemlich unüberlegt. Und dass sie so an ihrem Schwur festhält, selbst wenn sie oder jemand anders in Lebensgefahr schwebt, wollte mir nicht einleuchten.
Der erhoffte Kriminalfall entpuppte sich dann auch vielmehr als ein Aufhänger in die Welt und Historie der Bibliomanten, die Macht der „Adamitischen Akademie“ sowie erste Hintergründe über Mercys unklare Herkunft.
Sehr gefallen hat mir die bibliophile Atmosphäre des Romans, welche stets durch kleine Details durchklingt. Auch kamen erste bibliomantische Objekte vor, welche recht interessante Eigenschaften aufwiesen, allen voran der „Besserwisser“, der ein kleines Highlight des Romans für mich war. Aber auch die Origamis als papierne Haustiere gefielen mir. Als anstrengend empfand ich, dass die Handlung oftmals durch zähe Dialoge unnötig in die Länge gezogen wurde, was die Spannung wiederholt arg strapazierte. Zudem war mir Hauptprotagonistin Mercy mit ihrer Art an sich unsympathisch, was auf Dauer ebenfalls den Spaß an der Lektüre mindert. Deswegen gebe ich dem Roman 3,5 von 5 Punkten und hoffe auf eine spannendere Fortsetzung mit Mercy Amberdale.
Gelesen wird das ungekürzte Hörbuch von Simon Jäger. Auf faszinierende Art haucht er den verschiedenen Charakteren Leben ein und verleiht jedem von ihnen seine ganz besondere Stimme. Seine Art, das Buch vorzutragen, ist sehr gelungen und passt perfekt zur Handlung.

Bewertung vom 16.09.2020
Der falsche Preuße / Offizier Gryszinski Bd.1
Seeburg, Uta

Der falsche Preuße / Offizier Gryszinski Bd.1


ausgezeichnet

Überzeugende historischer Krimi zu Beginn der Kriminalistik
München 1894: Mit dem Preußen Wilhelm Freiherr von Gryszinski ist die neue Wissenschaft der Kriminalistik in der bajuwarischen Haupstadt eingezogen. Was dieser Londoner Romandetektiv eines britischen Schriftstellers kann, wollen die Münchener auch können, und haben Gryszinski deswegen als Fachmann der Kriminalistik aus Berlin für sich abgeworben. Und endlich kann der Sonderermittler der Königlich Bayerischen Polizeidirektion seinen geheimnisvollen Tatortkoffer einsetzen: An der Isar wurde eine Leiche gefunden, ein großer Mann mit Flügeln und ohne Gesicht. Daneben der Abdruck eines Elefantenfußes. Eine verzwickte Aufgabe, die umso mysteriöser wird, als sich die Preußen bei Gryszinski melden und ihn für ihre eigenen Zwecke einspannen. Denn der Hauptverdächtige steht bei den Preußen im starken Verdacht, schwerwiegenden Landesverrat begangen zu haben. Aber wäre doch gelacht, wenn Gryszinski nicht für die Bayern und die Preußen zugleich ermitteln könnte. Raffiniert genug ist er - und gerät schon bald in tödliche Gefahr.

„… ich bitte jeden Leser, daß er keine Wahrnehmung, die er gemacht hat, für unwesentlich halte.“ (Hans Groß: Handbuch für Untersuchungsrichter, Polizeibeamte, Gendarmen usw., 1. Auflage, 1893)

Dieser Roman hat mich wirklich positiv überrascht. Die Autorin lässt den Leser in eine Welt eintauchen, in welcher die Kriminalistik ihre ersten Schritte macht. Wilhelm Freiherr von Gryszinski ist mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn von Berlin nach München gezogen und somit in eine für ihn ganz andere Welt. Durch seine Vergleiche erfährt man die gesellschaftlichen Unterschiede der Preußen und Bayern in der damaligen Zeit, ebenso ist der Roman geschickt durchsetzt mit kleinen Details, welche mich beim Lesen die Atmosphäre miterleben ließen. Ob es nun die Menschen der unterschiedlichen Klassen, die Ess- und Trinkgewohnheiten, die Fahrzeuge oder andere historische Einzelheiten waren, alles bereicherte den Roman auf angenehme Weise, ohne an der Spannungskurve zu kratzen.
Sowohl der Ermittler selbst mit seiner Familie wie auch der Kriminalfall als solcher, der sich genaugenommen durch den Preußischen Auftrag in zwei Verbrechen aufteilt, konnten mich überzeugen. Gryszinski ist sympathisch, hat einen scharfen Verstand und kann sich flexibel den Gegebenheiten anpassen. Faszinierend sind auch die Zitate zu Beginn eines jeden Kapitels aus dem „Handbuch für Untersuchungsrichter, Polizeibeamte, Gendarmen usw.“ von Hand Groß, dem österreischischen Begründer der Kriminalistik und Gryszinskis Mentor im Roman. Zudem bekommt man im Laufe des Romans einige, zur damaligen Zeit moderne Untersuchungsmethoden mit. Und man erfährt, warum es wichtig ist, eine Bonbondose im Tatortkoffer zu haben.
Ein handwerklich sehr gut gemachter historischer Krimi, welcher sowohl vom Kriminalfall selbst wie auch mit seinem besonderen Flair der damaligen Zeit vollauf überzeugt.

Bewertung vom 10.09.2020
Wilde Hexen / Hex Files Bd.2 (eBook, ePUB)
Harper, Helen

Wilde Hexen / Hex Files Bd.2 (eBook, ePUB)


sehr gut

Magie-Mord bei Hexen-Castingshow
Nachdem mich der erste Band um die sympathische Hexe Ivy Winter, Naturtalent in magischen Runen sowie Bequemlichkeit, überaus begeistert hat, war ich natürlich gespannt, wie es weitergeht. Diesmal darf sie gemeinsam mit Winter einen brutalen Todesfall untersuchen, welcher in der Nähe der Dreharbeiten zur nächsten Staffel ihrer Lieblingssendung „Verwünscht“ stattfand.
Vergesst zuallerest den Klappentext! Natürlich ist Ivy nicht faul, sondern weiß einfach nur, wie man mit möglichst wenig Energieaufwand durchs Leben kommt. In den Fängen des Ordens ist sie auch nicht mehr, da die magische Verbindung zu Winter von ihrem Freund erfolgreich gelöst wurde. Und Zeit mit Winter würde Ivy zwar gern verbringen, nur geht er ihr leider seit ihrer ersten und bisher einzigen Liebesnacht erfolgreich aus dem Weg - und das seit einem Monat. Für Ivy unverständlich, weswegen sie beschließt, die Sache mal ein wenig voranzutreiben. Da kommt ihr Kommissar Zufall über den Weg gelaufen in Form des Heiligen Ordens der Magischen Erleuchtung, vielmehr dessen Oberhaupt mit Winter im Kielwasser, und bittet sie, als talentiertes Nicht-Mitglied des Ordens incognito ein wenig am TV-Set für sie zu spionieren, da der dringende Verdacht besteht, der Ermordete könne auf magische Weise ums Leben gekommen sein. Ivy ist zunächst Feuer und Flamme, hinter die Kulissen ihrer Lieblingssendung sehen zu dürfen, bei welcher mindertalentierte Hexen in einer Art Casting-Show gegeneinander antreten. Wenn sie sich da mal nicht zu früh gefreut hat…
Mir gefiel der zweite Teil nicht ganz so gut wie Band 1. Ivy ist natürlich mal wieder klasse und konnte mich wiederholt mit ihren aussergewöhnlichen Ideen begeistern. Aber diesmal macht sie vieles eher im Alleingang, hat mehr mit anderen Personen zu tun als mit Winter, so dass mir die Wortgefechte zwischen den beiden etwas fehlten. Ebenso kam mir der Humor ein wenig zu kurz, wenn ich zum Vergleich an Band 1 denke, bei welchem ich aus dem Lachen kaum mehr heraus kam. Ausserdem verstand ich nicht, warum Ivy sich diesmal vom Orden so ausnutzen lässt, zumal sie denen überhaupt nichts schuldig ist - wohl eher umgekehrt, wie wir wissen. Zwar sind Ivys Ermittlungen schlüssig und spannend, teilweise sogar gefährlich, doch die Charaktere um sie herum, aus denen sie die Verdächtigen herausfinden soll, bleiben leider größtenteils etwas flach. Das fand ich schade, da doch grad an einem TV-Set viele verrückte Charaktere anzutreffen sind, die ein wenig mehr hätten ausgereizt werden können.
Ja, auch der zweite Teil der Hex Files macht auf jeden Fall wieder Spaß und lebt vor allem durch Ivys unkonventionelle Art, die Dinge zu meistern. In puncto Humor und Schlagabtausch mit Winter kommt der Band allerdings nicht an seinen Vorgänger heran, dafür gibt es diesmal ein wenig Einblick in weitere Bereiche der Magie, von denen nicht alle harmlos sind.

Bewertung vom 07.09.2020
Die App - Sie kennen dich. Sie wissen, wo du wohnst.
Strobel, Arno

Die App - Sie kennen dich. Sie wissen, wo du wohnst.


ausgezeichnet

Ist dein smartes Leben wirklich sicher?
Fluch oder Segen? Hendrik und seine Verlobte Linda wohnen in einem smarten Haus. Alles wird von der modernen Software „Adam“ gesteuert - Licht, Heizung, Jalousien, Haustür, Raumüberwachung uvm. Dazu gibt es die bequeme App fürs Smartphone als Rund-um-die-Uhr-Service. Diese neue Technologie ist absolut sicher, ein Iris-Scan schützt zuverlässig vor Hackern oder anderen Zugriffen. Doch plötzlich ist Linda spurlos verschwunden, ohne jeglichen weiteren Hinweis. Von der Polizei nicht ernst genommen, sucht Hendrik verzweifelt Hilfe - und bekommt diese kurz darauf von einer Studentin, welche erstaunlich viel über die Anfälligkeit solcher Systeme weiß. Als die ermittelnden Beamten sich zudem plötzlich ziemlich auffällig verhalten weiß Hendrik bald nicht mehr, wem er noch trauen kann, um Linda wiederzufinden.
„Die App“ ist ein genialer Thriller mit einem brisanten Thema. Grad die modernen Annehmlichkeiten, die angeblich so smarten Anwendungen, scheinen eine Hintertür für Verbrechen zu bieten. Oder doch nicht? Gespannt verfolgt man Hendrik bei seinen Versuchen, die Wahrheit herauszufinden, während man als Leser parallel dazu Einblick in die Schicksale einiger Opfer erlangt. Und was man da zu lesen bekommt, ist ziemlich schockierend.
Durch die Einschübe der Opfer kam mir beim Lesen zwar schnell ein Verdacht, was hinter dem Verschwinden von Laura sowie weiterer Opfer stecken könnte. Unklar war jedoch die ganze Zeit über, wer alles hinter der ganzen Sache steckt und wie die Verbrechen aufgezogen wurden. Wiederholt war ich mir während des Romans nicht sicher, welchen der hilfreichen Personen zu trauen ist und wer stattdessen in die Sache involviert sein könnte. So bleibt der Thriller bis zum Schluss spannend und auf eine angenehme Art undurchsichtig, bis sich die Handlung zuspitzt und man die gefährlich Wahrheit erfährt - Überraschungen nicht ausgeschlossen. Okay, ein wenig war mir der Täter am Schluss zu redselig statt einfach mal zu handeln und sich selbst zu retten, aber das sei vor dem Hintergrund des wirklich gelungenen Romans verziehen.
„Die App“ - egal, ob du smarter Technologie vertraust oder diese verteufelst, hier erfährst du, was damit wirklich möglich ist. Mach dich auf mitreißende Lesestunden gefasst - ich jedenfalls konnte das Buch vor lauter Spannung nicht mehr aus der Hand legen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.09.2020
Edingaard - Gebieter der Schatten / Schattenträger-Saga Bd.1
Zeißler, Elvira

Edingaard - Gebieter der Schatten / Schattenträger-Saga Bd.1


gut

Spannende Idee, anstrengende Charaktere
Im Land Edingaard, in welcher die Magiebegabten nicht überall gern gesehen sind, macht sich Cassion auf, um die Abschlussprüfung seiner Magierausbildung zu bestehen. An seiner Seite der Pegasus-Hengst Creolar, welcher sich als begehrtes Raubtier stets vor den Augen der Jäger versteckt halten muss. Cassions Eltern halten große Stücke auf ihn, sind sie doch selbst berühmte Persönlichkeiten: Seine Mutter steht dem magischen Rat vor, während sein Vater als ruhmreicher Krieger gilt. Einzig die Seherin prophezeite frühzeitig, der junge Cassion werde noch ihr aller Untergang sein. Und tief in seinem Herzen befürchtet Cassion, dass diese Prophezeiung schon bald wahr werden könnte, denn er trägt eine dunkle Macht in sich, welche er nur mit Mühe unterdrücken kann. Und diese Macht, einmal freigelassen, ist tödlich. Während der junge Mann dabei ist, seine Aufgabe zu erfüllen, spitzen sich die politischen Intrigen eines mächtigen Mannes zu, dessen Ziel es ist, die Magie auszurotten. Und in diesem Trubel trifft Cassion auf eine junge Frau, die keine Erinnerung an ihr bisheriges Leben besitzt, aber wichtig für Cassions Schicksal zu sein scheint.
Die Schattenträger-Saga aus der High Fantasy Welt Edingaard spielt rund 20 Jahre nach den Ereignissen der Edingaard-Trilogie, kann jedoch unabhängig davon gelesen werden. Lernt man zunächst Cassion als einen in sich gekehrten jungen Mann kennen, der sich und seiner Magie selbst im Weg steht, wird schon bald klar, welch ungeheures Potential in ihm ruht. Eine Macht, welche dringend unter Kontrolle gebracht werden muss. Und vielleicht die einzige Möglichkeit ist, den beginnenden Kampf gegen den Mann zu gewinnen, der es sich zum Ziel gemacht hat, die Magie auszurotten.
Cassion konnte ich zunächst nicht einschätzen, er wirkte stets so, als würde er nicht aus sich herauskommen, als würde etwas in ihm schwelen, was ihn zu zerreißen droht. Als er im Lauf seiner Abenteuer auf verschiedene weitere Personen trifft, allen voran auf Kyana, die stark magiebegabte Frau ohne Erinnerungen, beginnen die Ereignisse auch schon bald, über seinen kopf hinauszuwachsen, so dass er sich oftmals nicht wirklich klug verhält, manchmal sogar schon anstregend. Das mag manchen nicht weiter stören, mir gefiel es auf Dauer weniger. Ebenso kam ich mit den zwischenmenschlichen Zwistigkeiten einiger weiterer Charaktere nicht klar, welche mir stellenweise zuviel wurden, zumal sie recht viel Raum einnahmen. Sowas nervt irgendwann. Sehr gut hingegen kristallisiert sich im Laufe des Romans heraus, wie die Stimmung im Volk gegen die Magier kippt. Ein Ziel, welches strategisch vom Feind von langer Hand vorbereitet wurde, auf mich aber auch wirkte, als würde das alles mancherorts etwas zu glatt laufen.
Ein wenig bin ich hin und hergerissen, wie ich das Buch am besten bewerte. Die Hintergründe, die Anfeindungen gegen die Magier sowie die diversen Intrigen, welche nach und nach angedeutet werden, sind schon interessant und bereiten den Leser auf bald anstehende Kämpfe vor. Weniger haben mir einige Charaktere gefallen bzw. deren Handeln, welches nicht immer stimmig war für die Charaktere. So wunderte es mich z. B., dass jemand Fragen ankündigte, welche er beantwortet haben wollte - und die dann einfach ausblieben. Und die Zwistigkeiten erwähnte ich bereits.
Für mich ist das Buch ein thematisch gelungener Start in ein bewegendes High Fantasy Abenteuer, jedoch mit einigen, in meinen Augen zu wenig stringenten Charakteren, welche mir manchmal zu anstrengend wurden, um noch Sympathien für sie zu hegen.

Bewertung vom 07.09.2020
Das Erbe der Macht - Die Chronik der Archivarin 2: Auf der Suche nach H. G. Wells (eBook, ePUB)
Suchanek, Andreas

Das Erbe der Macht - Die Chronik der Archivarin 2: Auf der Suche nach H. G. Wells (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Bedeutsame Reisen durch die Zeit
Erneut erhalten die Leser der Urban Fantasy Serie „Das Erbe der Macht“ Einblick in die Chroniken der Archivarin. Diesmal sind es die Geschwister Ally und Harry, die im kriegsgeplagten England von 1942 auf eine seltsame Apparatur stoßen: Die Zeitmaschine, mit welcher H. G. Wells kürzlich verschwand, ohne wieder aufzutauchen. Natürlich geschieht in dieser Serie nichts ohne Grund, und die folgenden Zeitreisen entpuppen sich immer mehr als wichtiger Baustein im Kampf gegen den momentanen Gegner aller Magier.
Ein Spin-Off, welches spannend ist von der ersten bis zur letzten Seite. Diesmal begibt man sich auf ein gemeinsames Abenteuer mit Ally und ihrem Bruder sowie auf die Suche nach dem verschollenen H. G. Wells. Einige Charaktere der Serie kommen ebenfalls vor, zudem gibt es Überschneidungen mit Szenen und Charakteren der Serie, so dass sich alles wunderbar in die Haupthandlung einfügt. Aha-Momente nicht ausgeschlossen. Neben dem Abenteuer selbst, dem Entdecken neuer Details sowie diversen Geheimnissen gefiel mir vor allem die Auflösung, welche Bedeutung dieses umfangreiche Abenteuer für die Serie hat. Lasst euch überraschen!
„Die Chronik der Archivarin 2“ ist ein genial-gelungenes Spin-Off der Urban Fantasy Serie „Das Erbe der Macht“ und spielt zwischen den Folgen 24 und 25.

Bewertung vom 05.09.2020
Die Gefangene von Golvahar
Bashardoust, Melissa

Die Gefangene von Golvahar


ausgezeichnet

Wunderschön wie ein persisches Märchen
Vor aller Augen verborgen lebt Soraya im Palast, während die Zukunft ihres Zwillingsbruders der Thron des Schahs ist. Ein grausamer Fluch besiegelte einst ihr Schicksal, ausgesprochen von einem Dämon, auf dass jede ihrer Berührungen anderen den Tod bringt. Als sie den charmanten Azad kennenlernt, scheint er ihr erhoffter Retter zu sein wie in den vielen Märchen, nur dass Soraya die zu errettende Prinzessin und der tödliche Dämon, vor dem sie gerettet werden muss, in ein und derselben Person ist.

Es war einmal und es war niemals...

Seit jeher wuchs Soraya mit der Erzählung auf, wie ein Dämon damals das erstgeborene Mädchen ihrer Mutter zur Strafe für eine ihrer Taten verfluchte. Um keine Schande über das Herrscherhaus zu bringen wird sie daher verborgen gehalten, bewegt sich im Palast durch Geheimgänge zwischen den Wänden von Raum zu Raum. Folgsam hat sich Soraya ihrem Schicksal ergeben und musste erleben, wie die wenigen Personen, zu welchen sie in ihrer Kindheit Kontakt hatte, nach und nach immer weniger Zeit für sie erübrigten. Bis sie zum einsamsten Menschen des Landes wurde. Daher ist es nur allzu verständlich, dass sie Vertrauen zu Azad fasst, der keine Angst vor ihrem Fluch hat und ihr helfen möchte, den tödlichen Fluch des Dämons zu besiegen. Tatsächlich gibt es einen Weg, doch dieser würde ihre Familie in Gefahr bringen. Eine Familie, welche sich jedoch in letzter Zeit kaum mehr um sie und ihr Seelenheil gekümmert hat. Und während Soraya mutig abtaucht in eine ihr bisher unbekannte Welt der Dämonen, muss sie feststellen, dass viele Personen um sie herum ihre jeweils eigene Wahrheit haben und Soraya gegenüber nicht immer ehrlich sind, wenn auch aus unterschiedlichen Motiven. Fortan muss Soraya nicht nur herausfinden, was andere wollen, sondern vor allem, was sie selbst will. Und wie sie ihre Ziele erreichen kann.
Wenn man diese Erzählung liest, taucht man quasi ein in ein fantastisches Abenteuer voller persischer Märchenelemente. Neben vielen kleinen Details sind es vor allem die Dämonen, welche der Story ihre besondere märchenhafte Atmosphäre verleihen. Die Protagonistin Soraya war mir sympathisch und ich empfand es als spannend, wie sie in dem Wirrwar aus Lügen versuchen musste, die Wahrheit herauszufinden sowie immer wieder bedeutsame Entscheidungen zu fällen, wie sie handeln und was sie glauben möchte. Tatsächlich konnte ich mit ihr mitfühlen: Jahrelang lebt sie so gut wie alleine und ihr Herz vereinsamt immer mehr, nur um dann festzustellen, dass sie in einem Netz aus Lügen gefangen ist. Auch bei den Dämonen blieb es bis zuletzt spannend, wer welche Ziele verfolgt und welche Aussagen wahr, welche eine Lüge sind.
Die Gefangene von Golvahar ist eine fantastische Erzählung über eine junge Frau, welche lernen muss, über sich hinauszuwachsen und Verantwortung zu übernehmen. Viele Elemente persischer Märchen machen die Erzählung dabei zu einem ganz besonderen Leseerlebnis.