Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Glüxklaus
Wohnort: 
Franken

Bewertungen

Insgesamt 612 Bewertungen
Bewertung vom 06.05.2020
Thirty (eBook, ePUB)
Bradley, Christina

Thirty (eBook, ePUB)


gut

Netter, aber banaler Frauenroman ohne viel Tiefgang

Bella Edwards hat die Nase voll von ihrem Londoner Singleben und ihrer Arbeit in der Werbebranche. Als sie eine Beförderung zum Senior Account Manager erhält, beschimpft sie in einer Kurzschlussreaktion erst ihren Chef und sucht dann Rat bei einer Hellseherin, die sich sehr kryptisch äußert, was Bellas Zukunft betrifft. „Irgendwas muss sich ändern“, denkt Bella und entschließt sich, spontan ihre Freundin Esther in New York zu besuchen. Dort lässt sie sich auf eine ungewöhnliche Herausforderung ein: Bis zu ihrem 30. Geburtstag in dreißig Tagen möchte sie noch 30 Dates erleben, um endlich den Einen zu finden.

„Thirty - 30 Tage, 30 Dates, um den einen zu finden“ wird aus Bellas Sicht erzählt. Autorin Christina Bradley schreibt witzig-spritzig, unkompliziert und flüssig. Hauptsächlich werden Bellas Dates geschildert, die die Geschichte ausmachen und voranbringen.

Protagonistin Bella ist wie viele Frauen ihrer Generation auf der Suche. Sie wird nachvollziehbar und verständlich charakterisiert. Auch wenn ich ihre Situation und die Probleme, die sie damit hat, genau nachempfinden konnte, war sie mir nicht immer hundertprozentig sympathisch. Mitunter agiert sie mir zu spontan, ist im Umgang mit anderen zu direkt und provoziert durch ihr unbedachtes Verhalten so einige Fremdschämmomente. Für Lacher sorgt sie aber durch ihre impulsive Art allemal. Außerdem kommt es zu ein, zwei Situationen, in denen die eigentlich oberflächlich wirkende Figur, plötzlich mehr Tiefe beweist und die Dinge recht treffend auf den Punkt bringt

Bradleys Roman ist meist unterhaltsam und kurzweilig zu lesen. Vor allem anfangs und im Mittelteil entwickelte die Handlung aber einige Längen und verliert sich in unbedeutenden Nebensächlichkeiten. Vermutlich sind dreißig Dates dann doch einfach zuviele, um den „roten Faden“ behalten zu können. Das Ende hält aber doch nochmal überraschende Wendungen bereit und der recht unerwartete Schluss hat mich mit den Schwächen des Romans etwas versöhnt.

Nette, „einfach gestrickte“ „Chicklit“ zur Ablenkung für zwischendurch, nachhaltig beeindruckt hat mich der Roman aber nicht.

Bewertung vom 30.04.2020
Anna & Anto
Zillgens, Gerlis

Anna & Anto


ausgezeichnet

Sei vorsichtig mit deinen Wünschen, sie könnten in Erfüllung gehen

Anna ist schon seit langem heimlich in Maxim, den besten Freund ihres Zwillingsbruders Anto, verliebt und wünscht sich sehr, ihm endlich näher zu kommen. Dann erfüllt sich ihr Wunsch aber auf völlig andere Weise als erhofft. Sie steckt plötzlich im Körper ihres Bruders Anto fest und der wiederum hat mit ihr Gestalt getauscht und ist nun Anna. So hatte sich Anna das nun nicht vorgestellt. Jetzt kann sie zwar mehr Zeit mit Maxim verbringen, muss dafür aber ein Junge sein und außerdem hat sie noch das blöde Babyprojekt ihres Bruders am Hals.

Gerlis Zillgens schreibt erfrischend, flüssig, gut verständlich und vor allen Dingen sehr witzig. Die Geschichte ist aus Anna Perspektive erzählt. Anfangs vergingen die Seiten wie im Flug. Kompliziert wurde es allerdings nach dem Körpertausch. Da war es dann nicht immer eindeutig, wer jetzt eigentlich wer ist, weil Körper und Geist ja nun nicht mehr zusammengehörten. Selbst Anna nannte ihren Bruder, der ja eigentlich nun Annas Gestalt hat, „Anto“. Logisch, dass da auch der Leser nicht immer hundertprozentig mitkommt und zunehmend verwirrt wird. Eine irritierende Herausforderung, die aber großen Spaß machte.

Anna ist vierzehneinhalb und steckt mitten in der Pubertät. Sie wird sehr authentisch und realistisch beschrieben, einfach total sympathisch. Als sie plötzlich im falschen Körper gefangen ist, empfand ich großes Mitleid mit ihr. Ihre Gedanken und Gefühle angesichts dieser absurden Situation waren für mich sehr einsichtig und stimmig. Durch den Körpertausch kommt sie ihrem Bruder Anto so nah wie nie. Denn wer kann schon von sich behaupten, den Körper eines anderen selbst einmal gehabt zu haben?
Die verschiedenen weiteren speziellen Figuren sorgen für viele saukomische Momente: Annas völlig überdreht Eltern, Mias überkritische Mutter, die indiskrete Biologielehrerin Frau Kleingedank-Mücke oder die ziemlich seltsame Oma, der Anna so vertraut wie niemandem sonst. Annas Bruder Anto bleibt dagegen sehr im Hintergrund und wirkt etwas blass.

In der Geschichten geht es nicht nur sehr verwirrend zu, sondern auch ziemlich spannend. Wie entwickelt sich Annas Beziehung zu Maxim? Wird jemand im näherem Umfeld erkennen, was los ist? Und wird sich am Ende alles in Wohlgefallen auflösen? Bis zum Schluss war „Anna und Anto“ sehr packend zu lesen und ich habe durchgehend mit Anna mitgefiebert und gelitten.

Ein Körpertausch unter Geschwistern!? Was für ein abstruser Gedanke! Am Anfang konnte ich mir nicht so recht vorstellen, wie aus der fast klamaukig wirkenden Grundidee eine stimmige Geschichte werden könnte. Ich kannte die Idee des Körpertauschs aus der Komödie „Big“ mit Tom Hanks. Gerlis Zillgens Körpertauschs-Abenteuer bleibt aber nicht an der skurrilen und lustigen Oberfläche. Im Verlauf drängten sich wirklich existenzielle Fragen auf: „Wer bin ich eigentlich wirklich?“ „Definiert nicht der Körper entscheidend unser Sein?“ Da ging es dann zwischendurch - zumindest in meinem Kopf- ziemlich philosophisch zu. Kein Wunder, dass sich beim Lesen so mancher Knoten im Gehirn bildete. Ein auf den ersten Blick wirklich ungewöhnliches originelles und witziges Kinderbuch, das ganz bewusst Klischees enthält, aber eben auch eines, das bei genauer Betrachtung viele Themen wie Sexualität, Liebe und Freundschaft berührt und dabei ganz schön zum Nachdenken anregt. Es ist eben nicht alles, wie es auf den ersten Blick scheint.

Bewertung vom 30.04.2020
Die kleinen Geheimnisse des Herzens (eBook, ePUB)
Anderson, Celia

Die kleinen Geheimnisse des Herzens (eBook, ePUB)


sehr gut

Nicht alles ist erklärbar- nettes modernes Märchen mit kleinen Schwächen

May Rosevere lebt in einem kleinen idyllischen Dorf in Cornwall und freut sich schon darauf, bald ihren 111. Geburtstag zu feiern. Von einer Bekannten wird sie genötigt, an einem ungewöhnlichen „Leihoma“-Projekt teilzunehmen und sich regelmäßig mit der 86-jährigen Julia zu treffen. Anfangs sind die beiden Damen nicht gerade begeistert von der Aussicht, Zeit miteinander zu verbringen, zumal sie Vorbehalte der jeweils anderen gegenüber haben. Die Gründe dafür liegen in der Vergangenheit. Julia leidet zudem noch immer sehr unter dem Tod ihres Manns Don und meidet ohnehin die Gesellschaft anderer. Die beiden Frauen raufen sich zusammen und beginnen schließlich doch, gemeinsam alte Briefe aus dem Nachlass von Don zu lesen. Schon bald finden sie daran Gefallen und nähern sich so einander an. Als Julias Erinnerungen zunehmend lückenhafter werden und sie gar fürchtet, dement zu sein, droht Mays unglaubliches Geheimnis, das sie all die Jahre sorgsam gehütet hat, ans Tageslicht zu kommen....

Der Roman ist in einem angenehmen, schön zu lesenden Erzählstil verfasst: Klar und anschaulich, aber auch ein wenig blumig und nicht unbedingt modern, so wie sich auch Großmütter ausdrücken könnten. Das passt sehr gut zum Inhalt, schließlich geht es auch hauptsächlich um ältere Damen. Die Kapitel sind aus der Sicht von May, Julia und später Julias Enkelin Emily geschrieben. Das sorgt für Abwechslung und gestaltet den Text interessant und kurzweilig.

Ich mag Cecilia Andersons Figuren May und Julia. Julia wirkt anfangs durch ihre Trauer etwas passiv, aber zum Ende hin wird sie trotz ihrer Erinnerungslücken immer tatkräftiger und zupackender. May hingegen scheint viel jünger als 110 Jahre . Sie ist alles andere als gutmütig, verhält sich mitunter fast ein wenig rücksichtslos und egoistisch. Der Kontakt mit Julia zwingt sie zum Nachdenken, sie zeigt schließlich Einsicht und ändert ihre Einstellung. Die besondere Dynamik, die aus der ungewöhnlichen Beziehung der zwei Charaktere entsteht, gefällt mir recht gut. Andere Figuren wie Julias Enkelin Emiliy oder Nachbar Andy wirken neben der alles „überstrahlenden“ Protagonistin May allerdings recht blass und oberflächlich.

„Die kleinen Geheimnisse des Herzens“ ist, was die Handlung betrifft recht stimmig und meist nachvollziehbar aufgebaut. Die Spannung steigert sich bis zum Schluss, das Ende kam für mich allerdings zu schnell und wirkte nicht nur überhastet, sondern auch vergleichsweise unspektakulär. Für mich hätte der Schluss ruhig noch etwas ausdifferenzierter und überraschender ausfallen können. Es bleiben für mich außerdem noch einige Fragen unbeantwortet.

Wie auf dem Klappentext angedeutet, ist der Roman „etwas anders“ als andere Bücher. Das trifft es zweifelsohne: Im Buch geht nicht alles hundertprozentig erklärbar und realistisch zu, aber gerade das macht die Geschichte so besonders und irgendwie „liebenswert“, eine Art modernes Märchen mit einer Prise Magie. Ich habe „Die kleinen Geheimnisse des Herzens“ jedenfalls trotz der kleinen Mängel genossen und fühlte mich gut unterhalten.

Bewertung vom 30.04.2020
Golden Cage. Die Rache einer Frau ist schön und brutal. (eBook, ePUB)
Läckberg, Camilla

Golden Cage. Die Rache einer Frau ist schön und brutal. (eBook, ePUB)


sehr gut

Es ist nicht alles Gold, was glänzt

Fayes Leben scheint nach außen ziemlich perfekt. Sie ist mit Jack Adelstein verheiratet, der Mitinhaber von Compare ist, einem der erfolgreichsten Unternehmen Stockholms. Die beiden sind in der Welt der Reichen und Schönen zu Hause und haben eine bezaubernde kleine Tochter. Doch der Schein trügt. Faye fühlt sich wie im Goldenen Käfig gefangen. Jack begehrt sie schon lange nicht mehr und bringt ihr nur noch Verachtung entgegen. Die Situation beginnt immer mehr zu eskalieren und gipfelt schließlich in einem Mord.....

Dass Camilla Läckberg schreiben kann, ist hinlänglich bekannt. Auch ihr erster Thriller liest sich sehr flüssig und gut verständlich. Die Autorin nimmt Fayes Perspektive ein, schreibt aus ihrer Sicht, zu jeweils unterschiedlichen Zeitpunkten. Hauptsächlich spielt die Handlung in der Gegenwart, aber mitunter stehen auch Fayes Erinnerung aus der Vergangenheit im Fokus. Stellenweise war für mich nicht ganz eindeutig, welche Situation in Fayes Leben aktuell geschildert wird, aber im Laufe der Geschichte wurde alles dann klarer und die einzelnen Handlungsstränge entwirrten sich zu einem einzigen.

Faye ist ein sehr interessanter Charakter, nach außen wirkt sie wie die perfekte Frau eines erfolgreichen Geschäftmanns. Aber nach und nach beginnt die Fassade zu bröckeln: Faye fühlt sich in ihrer Ehe gefangen und ist schon längst nicht mehr glücklich. Sie hat in der Vergangenheit schlimme Dinge erlebt und trägt das eine oder andere dunkle Geheimnis mit sich herum. Im Laufe der Handlung zeigt sich, dass noch viel mehr in Faye steckt als eine brave repräsentative Ehefrau, auch vor kriminellen Taten schreckt sie nicht zurück.....

„Golden Cage“ ist kein klassischer Thriller. Er kommt ohne viel Blutvergießen aus. Das eigentlich spannende an der Handlung ist Fayes Entwicklung: Wer ist Faye? Wie weit wird Faye gehen? Was hat sie zu verbergen? Läckbergs Roman ist packend und kurzweilig, solide Unterhaltung. Für mich kommt er aber nicht an die Qualität ihrer Krimis um Erika Falck und Patrick Hedström heran. Ich bin ein ausgesprochen großer Fan der Fjällbacka-Reihe. „Golden Cage“ hat mir die Wartezeit auf einen neuen Fall aus der schwedischen Provinz aber definitiv ein wenig verkürzt.

Bewertung vom 22.04.2020
Pandatage
Gould-Bourn, James

Pandatage


ausgezeichnet

Eine Kreuzung aus „About a Boy“ und „Ganz oder gar nicht“- Skurril, witzig und dabei sehr bewegend

Danny hat eine richtige Pechsträhne: Seine Frau starb vor etwa einem Jahr bei einem Verkehrsunfall, sein Sohn Will, der mit seiner Mutter im Auto saß, als diese starb, spricht seitdem kein Wort mehr, dann verliert der junge Mann auch noch seinem Job auf dem Bau und wird daraufhin von seinem Vermieter mit Gewalt bedroht, weil er die Miete für seine Wohnung nicht mehr aufbringen kann. Nachdem sich die Arbeitssuche als aussichtslos erweist, sieht Danny nur noch eine Lösung: Er besorgt sich ein Pandakostüm und beschließt, sein Geld als Tanzbär zu verdienen. Doch leider verfügt er über keinerlei tänzerische Fähigkeiten. Danny muss sich also dringend etwas einfallen lassen.....

„Pandatage“ liest sich sehr angenehm und flüssig. James Gould-Bourne schreibt ausgesprochen unterhaltsam und mit viel Humor.

Danny ist eine überaus sympathische Hauptfigur, für die es wirklich mehr als dicke kommt. Ein trauriges Unglück folgt dem nächsten. Doch der manchmal etwas naive, aber grundanständige und ehrliche junge Vater gibt nicht auf und lässt sich erst recht nicht unterkriegen. Er glaubt unerschütterlich an das Unmögliche, daher muss ihn jeder Leser einfach gernhaben.
Sohn Will kann einem ebenfalls nur Leid tun. Der sensible, intelligente Junge ist stark traumatisiert, vermisst seine Mutter sehr und wird zudem von einigen Mitschülern übel drangsaliert. Er weiß (noch) gar nicht, was er für einen außergewöhnlichen Vater hat, der wirklich alles für ihn tun würde. Besonders gut gefallen haben mir auch Dannys Kollege vom Bau, Ivan, der trotz seiner harten furchterregenden Schale ein Herz aus Gold hat und die schlagfertige, resolute Tänzerin Krystal. Die Geschichte besticht durch ihre interessanten, ungewöhnlichen, mitunter auch durchaus klischeebeladenen, aber dafür umso amüsanteren Charaktere.

„Pandatage“ ist eine wunderbar originelle, komische und ziemlich überdrehte, irgendwie typisch englische Geschichte, eine Kreuzung aus Nick Hornbys About a Boy und der britischen Komödie Ganz oder gar nicht. Eine Geschichte, die mitreißt und bis zum Schluss fesselt. Ein skurriles, absurdes, aber auch wunderschönes Märchen darüber, dass es sich lohnt, an sich zu glauben und nicht aufzugeben. Manchmal traurig, immer unterhaltsam, kurzweilig und mindestens genauso liebenswert wie ein knuddeliger Panda. Ein Feel-Good-Movie zum Lesen.

Bewertung vom 21.04.2020
Rendezvous in zehn Jahren
Pinnow, Judith

Rendezvous in zehn Jahren


sehr gut

Stimmungsaufheller zum Lesen und Abtauchen

Sommer 2011: Valerie hat sich gerade von ihrem Freund getrennt. Mit ihrer Schwester Anne verbringt sie ein paar Urlaubstage in Amsterdam. In einem Café kommt sie mit Ted, einem jungen Holländer ins Gespräch. Die beiden verstehen sich auf Anhieb, reden über sich und ihre Träume und verabreden, sich in genau zehn Jahren am gleichen Ort wiederzutreffen, um sich auszutauschen, wie sich ihre Leben entwickelt haben. Doch kaum haben sie sich voneinander verabschiedet, merken sie, dass sie sich auf den ersten Blick ineinander verliebt haben. Sie versuchen nun, sich wiederzufinden, haben jedoch außer dem Vornamen keine weiteren Informationen über den anderen. Das macht die Suche mehr als kompliziert. Aber vielleicht möchte das Schicksal ja auch noch ein Wörtchen mitreden?

Judith Pinnow schreibt sehr angenehm, locker und unverkrampft. Sie wechselt regelmäßig die Perspektiven und beschreibt sowohl Teds als auch Valeries momentane Situation recht ausführlich. Ich konnte bei der flüssigen Erzählweise gar nicht anders, als einfach ohne Pause weiterzulesen.

Ted und Valerie sind zwei sehr sympathische Protagonisten. Beide sind um die 30 und haben noch längst nicht das erreicht, was sie sich vom Leben erwarten. Valerie führt nach abgebrochenem Studium in München einen Waschsalon, träumt aber davon, am Meer zu leben. Der Amsterdamer Ted arbeitet im IT-Bereich, hat einen Sohn, von dessen Mutter er schon längst getrennt ist und liebt die Berge leidenschaftlich. So gegensätzlich ihre Vorlieben sind, so stark fühlen sie sich zueinander hingezogen. Mir sind beide sofort ans Herz gewachsen und ich habe ihnen ihr Happy-End sehr gewünscht.

Ted und Valerie denken ständig an den anderen, der unerreichbar scheint. Und nebenher läuft es bei den beiden alles andere als glatt. Während sie einander suchen, steht das Leben nicht still: Sie lernen andere Menschen kennen, gehen Beziehungen ein und müssen berufliche und weitere grundsätzliche Entscheidungen treffen. Ihr Leben ohne den anderen planen und führen...
Diese Herausforderungen und Entscheidungen werden so lebensnah und packend geschildert, dass der Roman bis zum Schluss nichts an Spannung verliert. Ich wurde dabei immer wieder von der manchmal nicht vorhersehbaren Handlung überrascht.

„Rendezvous in zehn Jahren“ ist ein wunderbar optimistischer Roman, ganz federleicht erzählt. Ich konnte während des Lesens perfekt abschalten und alles andere um mich herum für kurze Zeit vergessen. Ein echtes Seelentröster-Buch, Schokolade fürs Gemüt und das ganz ohne störende Kalorien.

Bewertung vom 21.04.2020
Das Dorf der toten Seelen (eBook, ePUB)
Sten, Camilla

Das Dorf der toten Seelen (eBook, ePUB)


sehr gut

Fesselnder Pageturner mit Gruselfaktor

Merkwürdige Dinge gehen 1959 in Silvertjän, einem Bergarbeiterdorf, vor, kurz nachdem die Grube geschlossen wird. Sämtliche Bewohner verschwinden spurlos, nur ein einziger Säugling bleibt im Dorf zurück und wird später lebendig aufgefunden.
Sechzig Jahre später: Alice hat an der Filmhochschule studiert und möchte gemeinsam mit einem Team aus vier weiteren Personen einen Film über den verlassenen, mysteriösen Ort drehen und dabei möglicherweise herausfinden, was damals wirklich geschah. Sie selbst hat ein persönliches Interesse, alles aufzuklären, denn die Familie ihrer Urgroßmutter war auch unter den Dorfbewohnern. Doch bald schon stellt sich heraus, dass es im verlassenen Dorf zu spuken scheint und die Filmer merken schnell, dass sie nicht alleine im Ort sind. Als sich Tone, ein Mitglied der Gruppe, verletzt und alle durch eine unerklärliche Explosion komplett von der Außenwelt angeschlossen werden, beginnt ein Wettlauf mit der Zeit...

Camilla Sten kann wie ihre Mutter Viveca zweifelsohne schreiben. Der Roman liest sich flüssig und gut verständlich. Die Geschichte ist aus der aktuellen Sicht von Alice geschrieben, es werden aber zwischendurch immer Kapitel eingeschoben, in denen ihre Urgroßmutter Elsa 1959 berichtet, was damals 1959 passiert. Dies macht den Roman sehr abwechslungsreich, interessant und mitreißend. Ein echter Pageturner!

Stens Charaktere befinden sich alle in einer Extremsituation: Alice, die früher unter starken Depressionen litt und sich gar umbringen wollte, Cutterin Emmy, Alices frühere beste Freundin- die Freundschaft zerbrach aber unter sehr unglücklichen Umständen-, die labile Tone, die ebenfalls persönlich mit dem Dorf verbunden ist und früher Elsa, die merkt, dass sich 1959 im Dorf schlimme Dinge ereignen, die sie nicht aufhalten kann. Jeder hat sein „Päckchen zu tragen“ und große Schwierigkeiten, mit seiner Lage umzugehen. Konfliktpotential wie z.B. Emilys und Alices gemeinsame Vergangenheit oder psychische Probleme der Beteiligten „lauert“ überall. Eine sehr interessante Figuren-Konstellation, die die ohnehin schon aufregende Geschichte noch fesselnder und faszinierender gestaltet.

Der Roman ist überaus dramatisch und spannend, voller Gänsehautmomente. Die Autoren schafft es bis zum Schluss, die Spannung immer weiter zu steigern. Am Ende gipfelt alles in einem atemberaubenden Finale. Die Auflösung ist nicht hundertprozentig logisch und realistisch, es bleiben Fragezeichen, ein kleiner Hauch von Mystik eben. Aber im Großen und Ganzen ist der Plot nachvollziehbar und verständlich.

Ein packender, mysteriöser Krimi-Thriller mit großem Gruselfaktor und Gänsehautgarantie, nichts für schwache Nerven, aber für alle, die hochspannende Unterhaltung mögen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das „Dorf der toten Seelen“ nicht das einzige Buch der jungen talentierten Autorin bleiben wird.

Bewertung vom 17.04.2020
Die Suche nach dem verschwundenen Dienstag / Der Zauber von Immerda Bd.1 (eBook, ePUB)
Valente, Dominique

Die Suche nach dem verschwundenen Dienstag / Der Zauber von Immerda Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Magisches Märchenabenteuer über das Anderssein

„Alle sind wichtig und werden gebraucht. Aber manche ziehen einfach ein wenig mehr Aufmerksamkeit auf sich als andere.“

Anemona lebt in Immerda und verfügt über magische Fähigkeiten. Doch mit diesen ist sie alles andere als zufrieden. Denn während ihre Schwester beispielsweise einen Pflug samt Esel alleine durch die Kraft ihrer Gedanken hoch heben kann, ist Anemona lediglich in der Lage, verschwundenen Dinge wiederzufinden. Doch gerade diese so unspektakulär wirkende Fähigkeit ist nun gefragt. Die berühmteste Hexe von ganz Immerda, Moreg Vaine, bittet Anemona um ihre Hilfe: Der letzte Dienstag ist komplett aus der Erinnerung der Leute verschwunden und Anemona soll herausfinden, wo der Tag abgeblieben ist. Das Mädchen begibt sich auf die Suche und damit beginnt ein aufregendes Abenteuer.

Dominique Valentes Geschichte ist zwar in klarer, verständlicher und anschaulicher Sprache geschrieben, anfangs musste ich mich aber erst ein wenig in die „zeitlosen“, dadurch etwas unmodern erscheinenden Formulierungen „einlesen“. Kinder ab neun, zehn Jahren können den Text sicherlich schon eigenständig bewältigen und werden an den oft humorvollen Darstellungen ihre Freude haben. Dabei motivieren die kleinen witzigen Illustrationen zusätzlich.

In Immerda leben unzählige unterschiedliche, teils magische Geschöpfe. Auf ihrer Suche lernt Anemona daher einige individuelle Charaktere kennen: Dunkelseher, Drachen oder Trolle....Begleitet wird sie z.B. von Oswald, einem Kobold in Katzengestalt. Sehr phantasievoll schildert die Autorin die einzelnen originellen Figuren. Obwohl die bescheidene, ängstliche Anemona anfangs unscheinbar wirkt und glaubt, nichts Besonderes zu sein, leistet sie im Lauf der Geschichte ganz und gar Beachtliches. Ihre Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit, Eigenschaften, die in Immerda sonst nicht viel wert sind, sind ihr dabei eine entscheidende Hilfe.

Es macht Spaß, in das magische Land „einzutauchen“ und sich ganz auf die Geschichte einzulassen. Immerda ist keine heile Hochglanzwelt. Mitunter geht es da recht düster und dreckig zu. Ein wenig verworren und nicht immer ganz logisch und stringent kam mir die Handlung manchmal schon vor, aber im Großen und Ganzen ist der Aufbau spannend und nachvollziehbar. Da Magie eine große Rolle spielt, dürfen für mich durchaus manche „Fragezeichen“ stehen bleiben.
„Der Zauber von Immerda- Die Suche nach dem verschwundenen Dienstag“ ist eben ein Märchen. Ein Märchen mit schöner Botschaft:
Alle Menschen sind unterschiedlich, Anderssein zu dürfen ist wichtig und bereichert. „Seltsame Menschen sind die besten von allen“, findet gar Moreg Vaine.

Auch diese zauberhafte Geschichte ist etwas anders und genau daher lesenswert. Denn nicht selten sind seltsame Geschichten die besten von allen.

Bewertung vom 14.04.2020
Die Frauen von Richmond Castle
Rees, Tracy

Die Frauen von Richmond Castle


gut

Nette, etwas belanglose Geschichte

Im Sommer 1925 feiert Ishbel Christina Camberwell, genannt Blue, im Garten ihres Elternhaus Richmond Castle, einem georgianisches Reihenhaus, mit Familien und Freunden ihren 21.Geburtstag und damit ihre Volljährigkeit. Ihr Vater Kenneth fordert - in ziemlich angetrunkenem Zustand- alle potentiellen Verehrer seiner schönen Tochter auf, mit einem anonymen Brief um Blue zu werben. Im nächsten Jahr am gleichen Tag werde Blues „Entscheidung für einen Anwärter“ verkündet. Blue interessiert sich jedoch mehr dafür, Schriftstellerin zu werden als einen Ehemann zu finden und ist daher über Kenneths Rede ziemlich verärgert. Außer diverser anonymer Briefe wird das nächste Jahr aber noch ganz andere, viel bedeutendere Ereignisse für Blue, ihren Vater Kenneth, Stiefmutter Midge, Schwester Merrigan und Delphine, die neue Freundin der Familie, bringen. Dabei kommt eine traurige Wahrheit aus der Vergangenheit ans Licht, die die Familie vor eine große Herausforderung stellt...

Tracey Reeses „Die Frauen von Richmond Castle“ liest sich gut verständlich, flüssig und unkompliziert. Die Sprache wirkt meistens authentisch und ich bekam beim Lesen einen recht guten Eindruck von Blues Leben im England der 20er Jahren, fühlte mich gar stellenweise in diese Gesellschaft hineinversetzt. Der zu häufige und penetrante Gebrauch der Anrede „Darling“ ging mir aber leider manchmal ziemlich auf die Nerven.

Die Frauen von Richmond sind nachvollziehbar, aber recht eindimensional und einfach gezeichnet: Blue ist herzensgut und etwas naiv, Midge fürchtet, ihrer Vorgängerin Audra, Kenneth verstorbener Ehefrau, nie das Wasser reichen zu können und immer nur die Nummer Zwei zu bleiben und Delphine bleibt - ebenso wie Vater Kenneth - ziemlich blass und farblos. Schön, dass die Camberwells, so gänzlich vorurteilsfrei, Delphine in ihrer Mitte aufnehmen und ihr helfen, sich vor dem gewalttätigen Ehemann zu schützen. Im wahren Leben wird der gesellschaftliche Unterschied aber vermutlich doch eine größere Rolle gespielt haben...

Die Geschichte war stellenweise interessant, unterhaltsam und angenehm zu lesen, ein schönes, nettes Märchen mit Tragik, aber wenig Tiefgang. Recht vorhersehbar und mit einigen Längen, so richtig gepackt hat mich der Roman nicht. Eine strafferer Erzählweise und eine größerer Konzentration auf das Wesentliche hätten für mich den Aufbau etwas stimmiger gemacht.

Insgesamt eine nette, etwas belanglose Geschichte mit einfach gestrickten Figuren, die durchaus für Ablenkung und Unterhaltung gut ist, aber danach ziemlich schnell wieder in Vergessenheit gerät.