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CM94
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Bielefeld

Bewertungen

Insgesamt 885 Bewertungen
Bewertung vom 12.09.2022
Wie pflanze ich ein Einhorn? / SAMi Bd.22
Morrisroe, Rachel

Wie pflanze ich ein Einhorn? / SAMi Bd.22


ausgezeichnet

Wir haben den SAMi-Bären ganz neu und dieses Buch ist für uns das zweite Buch, was wir mit dem Bären lesen. Zur Qualität des Bären habe ich eine separate Bewertung für das Starterset geschrieben, dies soll also nicht mehr Bestandteil dieser Rezension sein. Kurz gefasst kann ich dazu aber nochmal kurz zusammen, das wir begeistert davon sind, wie unkompliziert das Handling ist und wie schön die Qualität des Bären.

Zum Inhalt: Die kleine Sally will ihrer Oma ein ganz besonderes Geburtstagsgeschenk kaufen. Im magischen Blumenladen kauft sie daher Einhorn-Samen- perfekt für Oma. Doch Sally muss leider feststellen, dass sie vielleicht zu viele Samen ausgesät hat, als es in Omas Haus vor Einhörner nur so wimmelt.

Ich bin mal wieder sprachlos, wie wunderschön und hochwertig gestaltet diese Kinderbücher zu SAMi sind. Die Illustrationen sind einfach herzallerliebst und wirklich schön kindgerecht. Das Buch ist wunderbar bunt und einfach ganz toll anzusehen. Also auch einfach nur das Durchblättern ist schon ein echtes Highlight.

Die Story ist ein bisschen verrückt, aber irgendwie absolut so, wie Kinder nun mal denken. Ich hab das Buch mit meinem Neffen gelesen und für ihn war das alles absolut logisch und nachvollziehbar. Gemeinsam haben wir die wundersamen Pflanzen im Blumenladen bestaunt und über die chaotischen Einhörner gelacht. Die Sprache ist sehr kindgerecht und daher auch schon für jüngere Leser geeignet. Der Hit für meinen Neffen war das bunte Kackhäufchen, dahin mussten wir immer wieder zurückblättern.

Uns gefällt das Buch sehr gut und wir werden weitere aus der SAMi-Reihe bestellen.

Bewertung vom 12.09.2022
Die Filiale / Laura Jacobs Bd.1
Etzold, Veit

Die Filiale / Laura Jacobs Bd.1


sehr gut

Nachdem ich „das Loft“ gelesen hatte, war ich begeisterter Anhänger von Veit Etzold und habe mich sehr auf „Die Filiale“ gefreut. Das Cover finde ich, auch der Farbgestaltung geschuldet, ein bisschen beunruhigend. Vor allem weil es erstmal nichts mit dem Thema Bankfiliale zu tun hat. Aber das ist nun mal Geschmackssache. Veit Etzold hat hier einen realitätsnahen Plot geschaffen, der so oder so ähnlich jedem einzelnen von uns passieren könnte. Ob das Buch wirklich ein Thriller ist, darüber kann man streiten, ich würde es vermutlich eher Finanzkrimi nennen.
Zum Inhalt: Laura ist Bankangestellte und eigentlich recht zufrieden mit ihrem Job und ihrem ruhigen Leben. Doch plötzlich hält sie ein Schreiben ihrer Bank in der Hand, dass sie und ihr Mann aus dem Haus, das sie von Bank mieten, ausziehen müssen. Laura ist erschüttert, schließlich haben sie an dem Haus einiges auf eigne Kosten renoviert. Sie sucht krampfhaft nach Möglichkeiten das Haus zu behalten und merkt dabei erst viel zu spät, wen sie sich damit zum Feind macht. Denn die Bank, so scheint es, will die Häuser unbedingt verkaufen und ist bereit, alle notwenigen Schritte dafür zu gehen.
Ich mag die Struktur des Buches, die sehr übersichtlich und gut nachvollziehbar ist. Die Kapitel stellen die einzelnen Wochentage dar, sodass die Handlung nur knapp eine Woche umreist. Die Unterkapitel geben dann die unterschiedlichen Handlungsorte wieder, sodass Teile der Handlung parallel verlaufen. So kann man gut am Ball bleiben und kommt vor allem auch am Anfang direkt gut in die Handlung rein.
Das Thema Finanzen finde ich persönlich ja etwas trocken und hier im Buch wird zwischenzeitlich viel mit Fachbegriffen und Diskussionen zum Thema Geldanlage, Aktien-Trading und den Bezug zum Dark Web um sich geworfen. Es wird zwar versucht, die Themen für den Leser knapp und verständlich aufzuschlüsseln, ich muss aber gestehen, spätestens beim Thema Dark Pool hab ich den Anschluss verloren. Das tut prinzipiell der Geschichte keinen Abriss, weil man die Handlungen um Laura auch so verstehen kann, aber ich fand die Passagen dadurch auch einfach anstrengend zu lesen.
Was mir richtig gut gefallen hat, ist die Schikane, der Laura sich ausgesetzt sieht, nachdem sie sich gegen den Bescheid der Bank stellt. Das ist fantastisch beschrieben und war sehr beunruhigend zu lesen. Die unterschwellige Feindseligkeit von Seiten der Bank kommt da sehr gut durch und hat mir beim Lesen großen Spaß bereitet. Auch wie Laura, unter Aufsicht eines befreundeten Polizisten, die Grenzen der Legalität auslotet, um für sich selbst Gerechtigkeit zu schaffen, ist wirklich spannend und toll zu lesen.
Das Buch ist ein Auftaktband und endet mit einem echt fiesen Cliffhanger, sodass ich sehr gespannt bin, wie die Geschichte wohl fortgesetzt wird, denn an sich war der „Fall“ für mich abgeschlossen. Wer auf einen rasanten und vielleicht blutigen (weil in der Beschreibung ein Mord angeteasert wird) Thriller hofft, ist hier aber fehl am Platz. Es ist aber ein sehr kurzweiliges Buch zum Thema Finanzkriminalität.

Bewertung vom 12.09.2022
In your words / Catching up with the Carters Bd.2
Schaper, Fam

In your words / Catching up with the Carters Bd.2


sehr gut

„Catching up with the Carters- in your words“ ist der zweite Band einer Reihe über den Nachwuchs einer Reality TV Familie. Und obwohl man den ersten Band nicht unbedingt gelesen haben muss, da es in diesem Buch hauptsächlich um einen anderen Spross der Familie geht, so würde ich es doch empfehlen, um die Zusammenhänge besser zu verstehen.

Zum Inhalt: Alice Gold ist Journalistin. Wobei, eigentlich wäre sie gerne Journalistin, verdingt sich allerdings als Klatschreporterin. Als ihr die Kündigung droht, bekommt sie eine letzte Chance. Sie soll Reality Star Hadrian Carter aufspüren und eine Enthüllungsstory über seinen Weggang aus der Show schreiben. Doch das ist leichter gesagt als getan. Und noch schwerer wird die Situation, als sie plötzlich Zuneigung für Hadrian empfindet.

Das Buch hat wieder eine sehr schöne Aufmachung, die auch gut zum ersten Band passt. Die Geschichte wird abwechselnd aus den Perspektiven von Hadrian und Alice erzählt, die als Ich-Erzähler fungieren. So wird viel von der inneren Zerrissenheit der beiden Protagonisten offenbart. Ich fand, dass dieses Buch deutlich mehr Tiefe hatte als der erste Band, was mir gut gefallen hat. Beide Protagonisten haben ihr emotionales Päckchen zu tragen und leiden mehr oder weniger unter einer Identitätskrise. Dazu kommen alltägliche, sehr nachvollziehbare Probleme, was die Figuren sehr nahbar macht.

Verpackt wurde die Story in einer Art Schnitzeljagd durch die USA, was ich sehr unterhaltsam fand. Besonders die Chats zwischen Hadrian und Alice haben mir sehr gut gefallen und waren stilistisch toll ins Buch integriert. Im Ebook war manchmal schlecht ersichtlich, wann die Chatnachricht endete.
Tatsächlich kommt das Buch genau wie Band 1 wieder mit einem familiären Drama daher, besonders auf der Seite von Alice. Schade fand ich allerdings, dass der Konflikt und dessen Eskalation nur angedeutet und nicht aufgelöst wurden. Ich hätte mir da zum Abschluss eine Konfrontation oder so gewünscht.

Das Buch lässt sich wieder sehr schön lesen, auch wenn die Nebencharaktere im Vergleich zu Buch 1 diesmal sehr blass bleiben. Eine solide Fortsetzung, die genau wie eine Realityshow Lust auf mehr macht.

Bewertung vom 12.09.2022
Das siebte Mädchen
Willingham, Stacy

Das siebte Mädchen


ausgezeichnet

„Das siebte Mädchen“ ist eins dieser Bücher, die von außen erstmal gar nicht so spektakulär daherkommen, mich inhaltlich aber absolut aus den Socken hauen. Ich glaube, dass mich selten ein Debüt so sehr gepackt und begeistert hat, wie dieses Buch.

Zum Inhalt: Chloe Davis hat das Trauma ihrer Kindheit, dass ihr Vater ein Serienmörder ist, der auch ihre Freundin ermordet hat, überwunden indem die als Psychologin anderen hilft. Doch 20 Jahre nach der Mordserie ihres Vater verschwindet wieder ein Mädchen. Zufall? Dass Chloe das Opfer kannte wirft Fragen auf und schürt ihre Ängste, dass es eine Mordserie geben könnte.

Also erstmal finde ich die Haptik des Taschenbuchs total toll. Die Oberfläche fühlt sich sehr angenehm an und der Einband ist beim Umblättern sehr nachgiebig, ohne dass sich Leserillen bilden.

Protagonistin Chloe dient als Ich-Erzählerin der Geschichte. Die gesamte Handlung wird aus ihrer Perspektive erzählt. Was ich stilistisch toll gemacht finde ist, wie Erinnerungen und Gegenwart ineinander übergreifen, Geschehnisse überlappend erzählt werden und Handlungsepisoden wie Gedankenblitze in den Fließtext eingefügt werden. Das gibt dem Buch eine sehr interessante Struktur, die auch dazu dient den Leser zu verwirren und zu täuschen.

Gemeinsam mit Chloe versucht der Leser also zu entschlüsseln, wer der aktuelle Täter ist und wie das ganze mit den Ereignissen von vor 20 Jahren zusammenhängt. Dabei werden verschiedene Verdächtige präsentiert, Chloe selbst wirkt aber auch häufiger unglaubwürdig und paranoid, sodass man ihren Anschuldigen nicht blind glauben kann.

Der Titel spoilert meiner Meinung nach schon ein bisschen von der Handlung. Ich habe mir ziemlich schnell einiges zusammenreimen können, auch wenn ich auf den Plottwist am Ende in keinster Weise gefasst war. Das Buch ist fantastisch geschrieben, durch die Erzählperspektive sehr plastisch und detailreich und hat mich wirklich in seinen Bann gezogen. Atemlose Spannung, wie ich sie selten erlebe. Einfach grandios.

Bewertung vom 07.09.2022
The Girl in the Love Song / Lost Boys Bd.1
Scott, Emma

The Girl in the Love Song / Lost Boys Bd.1


sehr gut

Mit Emma Scott und mir ist das so eine Sache. Ich mag ihr Bücher, aber nicht alle sind unbedingt so meins. Auch mit "The girl in die Love Song" habe ich mich anfangs ziemlich schwer getan. Dyas Cover kommt wunderschön romantisch verspielt daher. Ich mag die zarten Rosatöne und die Blumenranken. Der Titel hat absolut neugierig gemacht, denn welches Mädchen hat sich nicht schon mal gewünscht, dass es in einem Song um sie geht?!

Zum Inhalt: Violet und Miller sind von ihrem ersten Treffen beste Freunde. Dabei könnten sie unterschiedlicher nicht sein: Violet wohnt in einem schicken Haus, will Medizin studieren und hat ein geordnetes Leben. Miller ist quasi obdachlos, als sie sich das erste Mal treffen und träumt davon, mit Musik Karriere zu machen. Trotzdem fühlen sich die beiden direkt verbunden. Und obwohl beide mit der Zeit spüren, dass da mehr ist, wollen sie ihre Freundschaft nicht gefährden, dabei ist sie das Mädchen in seinen Love Songs.

Millers Schicksal, besonders zu Anfang, hat mich ja echt fertig gemacht. Ich hatte das Gefühl, das Schicksal hat ihm einfach immer wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber gleichzeitig liebe ich gute Geschichten über Underdogs, die zu den Helden ihrer eigenen Story werden. Das ist immer total inspirierend. Für mich war Miller auch der absolute Protagonist dieser Geschichte und der Charakter über den ich das meiste Lesen wollte. Besonders auch seine Freundschaft zu den Lost Boys war einfach großartig. Die drei sind absolut bezaubernd und ich freue mich schon drauf, auch die anderen beiden besser kennenzulernen.

Bin ja großer Fan davon, wenn sie sich in diesen Teenieromanzen quasi schon im Kindergarten ineinander verlieben und dann endlich zusammen kommen. Hier fand ich tatsächlich die Zeitsprünge etwas zu viel des Guten, weil dazwischen immer so wahnsinnig viel verloren geht, von dem ich gerne gelesen hätte. Außerdem fand ich hier das ewige Hin und Her, "sie lieben sich, aber sie wollen ihre Freundschaft nicht gefährden" ein bisschen ermüdend. Es steht quasi schon fast mit Beginn des Buches fest, dass die beiden sich lieben und zusammen gehören. Das ganze Drama dazwischen dient eigentlich nur dazu, dass das Buch nicht nach 150 Seiten vorbei ist.

Ansonsten lässt sich nur sagen, das Buch ist wieder toll geschrieben und ich bin super in Story reingekommen. Die Geschichte ist quasi nur noch verfolgen. Und besonders die letzten 50 Seiten haben mir dann auch wieder richtig gut gefallen.

Für mich nicht das beste Buch von Emma Scott, die Reihe werde ich wohl aber trotzdem weiterverfolgen. 3,5 Sterne von mir.

Bewertung vom 02.09.2022
Die Vergessene
Slaughter, Karin

Die Vergessene


sehr gut

Karin Slaughter ist für mich eine absolute Thriller-Queen. Ich liebe ihre Bücher und habe mich entsprechend sehr gefreut, als „Ein Teil von ihr“ als Netflix-Serie rauskam. Nun gibt es ein Wiedersehen mit Protagonistin Andrea Oliver. Das sollte aber niemanden abhalten, der Band 1 nicht gelesen. Alles was man an Vorwissen braucht, wird in diesem Buch erneut zusammengefasst.

Zum Inhalt: 1982 wird die schwangere Emily Vaughn auf dem Weg vom Schulball nach Hause brutal zusammengeschlagen und erliegt später ihren Verletzungen. Der Fall wird nie aufgeklärt, genauso wie die Vaterschaft ihres Kindes. Vierzig Jahre später wird Andrea Oliver verdeckt auf den Fall angesetzt. Und das hat einen guten Grund: der Vater von Emilys Kind, könnte auch ihr eigener Vater sein. Und der sitzt im Gefängnis und wartet auf seine Berufungsanhörung.

Für einen Karin Slaughter Thriller hatte ich das Gefühl, dass dieses Buch sehr langsam und ruhig startet. Die Geschichte wird in zwei Handlungsebenen erzählt, die 1982 und in der Gegenwart spielen und beide den Fall Emily Vaughn beleuchten. Dabei empfand ich besonders die Episoden aus Emilys Alltag sehr eindringlich und berührend. Was sie durchmachen musste ist mir direkt unter die Haut gegangen und das Mädchen tat mir unglaublich leid.

Andrea Oliver ist eher unnahbar, das habe ich schon bei „Ein Teil von ihr“ so empfunden. Im Gegensatz zum ersten Band ist sie aber weniger unsicher und tritt deutlich selbstbestimmter auf. Der Fall hat für sie eine große persönliche Komponente und zudem ist es ihr erster Fall als Marshalls, sie versucht also alles besonders korrekt zu machen. Oft tat sie mir aufgrund der hinterwäldlerischen Gehässigkeiten leid. Zur Seite steht ihr zum Glück der liebenswürdige, leicht kauzige Bible, den ich direkt ins Herz geschlossen habe.

Für meinen Geschmack war der Mittelteil etwas zäh, da sich die Ermittlungen wirklich ziehen und zwischendurch nicht wirklich was passiert. Gegen Ende nimmt das Buch wieder rasant an Fahrt auf und überzeugt mit einer überraschenden Auflösung des Falls. Generell ist der Fall logisch konstruiert und wird schlüssig rübergebracht. Es gibt ein paar Nebenschauplätze, die ich nicht unbedingt gebraucht hätte, die die Handlung aber zusätzlich ausschmücken.

Insgesamt ist es nicht meine Lieblingsreihe von Karin Slaughter, wer aber bereits Teil 1 mochte, dem kann ich dieses Buch nur ebenfalls ans Herz legen.

Bewertung vom 02.09.2022
Jahre mit Martha
Kordic, Martin

Jahre mit Martha


ausgezeichnet

„Jahre mit Martha“ war für mich ein echter Glückstreffer. Denn das Buch ist einfach eine Wucht. Es ist wundervoll geschrieben, erzählt nicht nur von einer ungewöhnlichen Liebe, sondern auch vom Erwachsenwerden und dem Leben als Migrant in der der Bundesrepublik. Es ist ein Buch, über Begegnungen, die das Leben nachhaltig beeinflussen, über Erwartungshaltungen und das Zurückgewiesen werden. Und es klingt noch lange nach, nachdem man es aus der Hand gelegt hat.

Zum Inhalt: Jimmy, der eigentlich Željkos Draženko Kovačević heißt, und das Kind bosnischer Einwanderer ist, verliebt sich im Alter von 15 Jahren in die gut 20 Jahre ältere Martha. Sie ist Professorin in Heidelberg, er das Kind ihrer Putzfrau. Und trotzdem zieht es die beiden zueinander hin. Martha eröffnet Jimmy eine Welt der Bücher und der Kultur und nimmt ihn auf eine Art ernst, die er bisher nicht kannte. Die beiden bleiben über die Jahre in Kontakt, entwickeln sich zueinander hin und entfernen sich voneinander. Was bleibt ist eine prägende Zeit.

Die Geschichte umreißt einen jahrzehntelangen Zeitrahmen, die Übergänge in der Geschichte sind fließend, es werden hauptsächlich Schlüsselerlebnisse aus dem Leben von Jimmy erzählt. Dieser erzählt aus der Ich-Perspektive seine Erlebnisse, wie er Martha kennenlernte, wie sich ihre Wege kreuzten und verloren, wie sie einander wiederfanden und aufgaben. Er erzählt vom sozialen Aufstieg und dem Scheitern, von familiären Werten und der Suche nach der eigenen Identität. Die Erzählung wirkt wie eine Erinnerung, so als würde Jimmy uns Geschichten und Anekdoten aus seinem Leben erzählen. Die Wortwahl ist pointiert, man merkt Jimmy sein Bildungsniveau und die Liebe zu Worten, die er mit Zeitungen und Büchern kultiviert hat, an. Für den Leser ergibt sich daraus eine sprachlich versierte, clevere Erzählung, die ich beim Lesen sehr genossen habe.

Das Buch ist nicht einfach eine komplizierte Liebesgeschichte, wie man vielleicht auf den ersten Blick vermuten mag. Es geht viel um Herkunft und Heimat, um das Gefühl der Zugehörigkeit und das Leben als Migrantenkind. Jimmy will sich nicht mit dem Leben, das seine Eltern sich aufgebaut haben, abfinden. Er strebt nach höherer Bildung, nach Zugehörigkeit zu den kultivierten Kreisen der Gesellschaft, in denen sich Martha und auch sein Literaturprofessor an der Uni, bewegen.

Das Buch lässt sich wunderbar und flüssig lesen, die Ereignisse werden teilweise fast schon romantisch verklärt beschrieben, es erzeugt eine intime Atmosphäre, die zum Verweilen und Reflektieren einlädt. Es hat stellenweise was von einem Coming-Of-Age, lässt sich aber nicht in eine Schublade pressen. Für mich ein unerwartetes Highlight, bei dem ich gerne noch länger verweilt hätte. Ein Wahnsinns-Buch, das man lesen sollte.

Bewertung vom 02.09.2022
Ich verliebe mich so leicht
Le Tellier, Hervé

Ich verliebe mich so leicht


gut

Ein berühmter Name auf einem Buchcover ist immer eine gute Werbung, so auch bei „ich verliebe mich so leicht“ von Hervé Le Tellier, der mit einem Buch „Die Anomalie“ einen riesigen Erfolg gelandet hat. Auch das Cover mutet wieder ansprechend an, weckt in mir Sehnsucht und Fernweh und macht neugierig auf die Geschichte. Ich habe das Hörbuch gehört und war überrascht, dass das Vorlesevergnügen nur knappe 1,5 h umfasste; also eher Kurzgeschichtenformat hatte. Dafür erscheint mir der Preis ziemlich happig, wie ich zugeben muss. Trotzdem empfand ich die Geschichte als sehr kurzweilig, an „Die Anomalie“ reicht es aber definitiv nicht heran.

Zum Inhalt: ein 50-jähriger Mann reist von Paris nach Schottland, um dort seine zwanzig Jahre jüngere Geliebte zu besuchen. Liebestrunken, wie er ist, malt er sich die Begegnung in allen Farben aus. Die Angebetet scheint allerdings wenig erfreut zu sein, ihn anzutreffen. Sie hat ihn nicht eingeladen, schlimmer noch, verbringt sie ihre Zeit vor Ort lieber mit einem anderen Mann. Bedeutet das das Ende der Beziehung und der Geschichte?

Der auktoriale Erzähler dieses Buches hat mir richtig gut gefallen. Er spricht den Leser direkt an, adressiert ihn und wirkt dadurch wie ein plastischer Erzähler, jemand der mit im Raum steht, die Protagonisten beobachtet und über sie erzählt. Das fand ich irgendwie erfrischend und für diese Kurzgeschichte gut geeignet. Die Stimme des Vorlesers fand dich sehr angenehm, sie hat auch feine Untertöne gut rübergebracht, wirkte an den passenden Stellen schelmisch und hat viel zum Unterhaltungswert beigetragen. Die beiden Hauptcharaktere bleiben durch diese Art der Erzählung relativ unnahbar und blass, sie werden auch nicht mit Namen angesprochen, sondern immer nur mit „unser Held/unsere Heldin“.

Die Liebesgeschichte selbst wirkt sehr verkappt: ein Mann, der seiner Gespielin hinterherreist. Diese, so hat er scheinbar selbst bereits erkannt, begann sich ab dem Punkt zurückzuziehen, wo sie ernste Gefühle bei ihm wahrnahm. Er selbst ist zudem sehr auf sich selbst und seine Bedürfnisse fixiert, rechtfertig damit, sich seiner einstigen Geliebten quasi aufzudrängen und ist schlussendlich enttäuscht, wenn die ob seiner großen Gesten nicht vor Liebe zergeht. Und dann trifft unser Held auch noch eine potenzielle andere Liebeskandidatin.

Bevor die Geschichte richtig beginnen konnte, war sie quasi auch schon vorbei. Gut, der Handlungsstrang von Held und Heldin in Schottland war eigentlich auch durch, warum also diese unglückselige Begegnung weiter in die Länge ziehen. Das nimmt dem Buch halt aber auch die Tiefe. So bleibt es eine kurzweilige Kurzgeschichte. Kann man lesen, keine Frage, man verpasst aber nichts, wenn man es nicht tut. Für den Preis kann ich nicht zu einem Kauf raten.

Bewertung vom 01.09.2022
Auf See (MP3-Download)
Enzensberger, Theresia

Auf See (MP3-Download)


gut

Ich liebe Dystopien, deswegen dachte ich, dass diese doch sehr realitätsnahe, beunruhigend realistische Dystopie für mich genau das richtige sein könnte. Mit dem Cover kann ich ehrlich gesagt nichts anfangen, im Buchladen wäre ich da einfach drüber weggegangen. Vielleicht war für mich der Lesezeitpunkt einfach nicht der richtige, aber ich bin nicht so richtig an das Buch herangekommen und die Geschichte wirkte eher ernüchternd auf mich. Ich habe das Hörbuch gehört und werde vielleicht wenn es Zeit ins Land gegangen ist, nochmal einen Versuch mit dem Buch starten.

Zum Inhalt: Yada lebt in einer kommunenartigen Gemeinschaft einer selbstgegründeten Seestadt mitten in der Ostsee, die ihr Vater ins Leben gerufen hat. Diese isolierte Zone soll ihre Bewohner vor dem Chaos einer zusammenbrechenden Gesellschaft und dem Ende der freien Welt bewahren. Doch an der Umsetzung hapert es und die Insel zerfällt mit den Jahren. Yada macht die Entdeckung, dass der Rest der Welt vielleicht gar nicht so verloren ist, wie es ihr immer vorgemacht wurde.

Das Thema fand ich an sich erstmal unglaublich spannend und einfach sehr nahbar, weil es bei uns quasi um die Ecke spielt. Weltuntergang, freie Staatenbildung, Anarchie, Dystopie- ich liebe es. Ich hatte allerdings bei diesem Buch das Gefühl, dass das Thema Dystopie und Weltenchaos schnell in den Hintergrund gedrängt wurde und einer extravaganten Familiengeschichte Platz gemacht hat, was ich so nicht erwartet hatte. Yada ist die Protagonistin, die auch in der Ich-Perspektive erzählt. Ihre Erzählstränge werden aber immer wieder von Helena, einer Künstlerin und selbstgeschaffenen Prophetin, unterbrochen. Für mich hat das den Lesefluss gestört und tatsächlich Spannung rausgenommen. Ich muss mich nach dem Perspektivenwechsel immer wieder kurz neu orientieren.

Ich weiß nicht, ob es am Hörbuch lag, Theresia Enzensberger liest ihr Buch selbst. Die Erzählwiese ist sehr nüchtern gehalten, was mir anfangs auch gut gefallen hat, die Sprechtonus wirkte auf mich nach einiger Zeit aber dann doch sehr monoton und ermüdend, sodass ich nicht länger am Stück hören konnte und dadurch auch immer wieder auf der Geschichte geworfen wurde. Der Twist der Geschichte war eigentlich schon vorhersehbar, über die Umsetzung des ganzen bin ich auch Tage nachdem ich das Buch beendet habe, immer noch sehr unschlüssig.

Das Buch konnte mich als Hörbuch leider nicht fesseln. Vielleicht passt dieses Buch auch einfach nicht in meinen Lesealltag und ich muss mir nochmal eine ruhige Woche nehmen, um mich dem ganzen anders anzunähern. Da das Buch auf der Longlist für den Buchpreis steht, muss ja was dran sein. Ich war allerdings ziemlich ernüchtert und würde es daher erstmal auch nicht weiterempfehlen.

Bewertung vom 01.09.2022
Zehn Jahre du und ich
Hughes, Pernille

Zehn Jahre du und ich


sehr gut

„Zehn Jahre du und ich“ hat so ein richtig kitschiges Cover. So richtig Romcom-kitschig, dass man eigentlich schon weiß man zu erwarten hat, nämlich einen Katherine Heigl Film im Buchformat. Und was soll ich sagen- genau so war es. Das Buch ist eine klassische Romcom in Stile Enemies to Lovers und sie hat mich zum Lachen, zum Weinen und zum Verzweifeln gebracht. Dieses Buch war eine echte Achterbahnfahrt.

Zum Inhalt: Becca und Ally sind beste Freundinnen seit Kindertagen. Und auch nachdem Ally David gefunden hat, dem Becca nichts abgewinnen kann, bleiben die beiden eng verbunden. Bis Ally stirbt und sich plötzlich alles ändert. Das sollte das Ende von Beccas und Davids Geschichte sein, aber es gerade erst der Anfang. Denn Ally hat einen Plan für die beiden.

Die Charaktere sind einfach fantastisch ausgearbeitet und Becca und David sind so richtige „Typen“, bedienen das eine oder andere Klischee und wirken einfach wahnsinnig plastisch. Zu Anfang vielleicht nicht unbedingt sympathisch, dafür fand ich beide zu eigensinnig, aber mit dem Verlauf der Geschichte lernt man beide schätzen und lieben. Auch wenn es mit David bei mir länger gedauert hat, nachdem er ziemlich zu Anfang einen saublöden Kommentar in Beccas Richtung bringt, der einfach so typisch Macho ist, dass ich ihn kurz mal richtig ätzend fand.

Die Geschichte bewegt sich sehr geschmeidig zwischen humorvollen, bissigen und emotionalen Episoden und hat von allem etwas. Es wird gelacht, geweint, getrauert, geliebt, gehasst und gehofft. Und bei mir als Leser ist wahnsinnig viel davon angekommen, was ich so überhaupt nicht erwartet hatte. Natürlich alles wahnsinnig idealisiert, dass der Plan der toten Freundin so 1a aufgeht und das Leben ihrer zwei liebsten Menschen sich in genau den Bahnen bewegt, die sich sich erhofft hat. Aber für diese Vorhersehbarkeit liest man ja teils auch solche Bücher.

Abgesehen davon, dass das Buch thematisch halt absolut nichts neues war, hat es mich sehr gut unterhalten und sich fantastisch lesen lassen. Starke 4 Sterne.