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Bellis-Perennis
Wohnort: 
Wien

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Insgesamt 924 Bewertungen
Bewertung vom 23.03.2023
Die Kirschen in des Mörders Garten
Stein, Inka

Die Kirschen in des Mörders Garten


weniger gut

In den letzten Monaten sind einige Krimis, die im Umfeld von (Schreber)Gärten, spielen, herausgekommen. Verschiedene Städte, verschiedene AutorInnen - unterschiedlich Resonanz.

Dieser hier ist meiner Meinung nach nicht so recht gelungen. Es beginnt schon mit dem Titel, der ein wenig holpert: „Die Kirschen in DES Mörders Garten“. Beide Artikel weggelassen, klänge es ein wenig flotter „Kirschen in Mörders Garten“.

Doch nun zum Inhalt:

Marie Busch, Schlosserin und Metallkünstlerin, ist gerade auf dem Weg zu ihrer Tante Linde in den Kleingarten „Am Pappelwäldchen“, als eine tote Frau im hochwasserführenden Rhein entdeckt wird. Marie und Linde glauben, die Tote zu kennen, zumindest ihr Halstuch. Die Polizei in Person von KHK Raphael Hofmann nimmt den Hinweis nicht ernst. Ernst wird es erst, nämlich für Marie, als sich herausstellt, dass ihre Feile die Tatwaffe ist. Damit rückt Marie auf der Liste der Verdächtigen ein hübsches Stück nach oben. Holzmann versucht, das fehlende Motiv durch blöde Sprüche zu tarnen.

Wenig später wird bei einigen Kleingartenbesitzern eingebrochen. Es scheint, außer dem Geld aus der Vereinskasse, die bei Linde geparkt ist, nichts zu fehlen. Dann geht es Schlag auf Schlag! Auf einer (für mich) improvisierten Vereinssitzung, geht es hoch her. Linde wird als Säckelwartin abgewählt und Holger, ein Wichtigtuer, übernimmt den Job und verspricht den Kleingärtner das Blaue vom Himmel.

Am selben Abend bricht noch der Vereinsvorsitzende zusammen, wenig später fällt Linde von der Leiter und der Ausflug in Tulpenparadies wird zum finanziellen Fiasko. Alles nur Zufall?

Marie beginnt selbst zu recherchieren und deckt zahlreiche Ungereimtheiten auf.

Meine Meinung:

Mir hat der Krimi nicht wirklich gefallen. Er enthält ziemlich viele Klischees und merkwürdige Charaktere. Die Polizisten, allen voran Holzmann, der sich augenblicklich auf Marie einschießt. Auch Koray Levent vom LKA, der verdeckt ermittelt scheint ob seiner Geheimniskrämerei sonderbar.

Auch Maries Ehemann gehört, obwohl meisten abwesend, in die Kategorie Käuze. Die mehrfachen Erwähnungen seines Laufsports (Marathon!) ist für die Handlung unwichtig. Die Wiederholungen selbst, nerven. Wir, die Leserschaft, kann sich so etwas merken.

Ganz schräg finde ich, wie die Vereinssitzung abgelaufen ist. Ich kenne mich zwar im deutschen Vereinsrecht nicht aus, aber Fristen zur Einberufung einer Sitzung mit entsprechender Tagesordnung sollte die deutschen Kleingärtner wohl auch kennen. Eine Wahl per Akklamation (also per Handzeichen) kann in Österreich nur dann erfolgen, wenn VOR der Sitzung der Wahlvorschlag bekannt gemacht worden ist. Ebenso muss es Rechnungsprüfer geben, die die Vereinskasse prüfen usw. usw. - also Vereinsrecht ist nicht für schwache Nerven. Dass manchmal gemogelt wird, ist klar, aber so unprofessionell geht gar nicht.

Der Schreibstil wirkt auf mich stilistisch noch nicht ganz ausgereift. Der Krimi ist mäßig spannend und zieht sich für mein Dafürhalten ein wenig. Die detaillierte Beschreibung der Speisen (Schwarzwälder Kirsch versus Karottenkuchen mit Dinkelmehl) bringen die Handlung nicht weiter. (Ich nehme übrigens die Schwarzwälder Kirsch-Torte).

Für einen Cozy-Krimi fehlt ihm leider der Humor. Natürlich kann nicht jede Autorin eine Tatjana Kruse sein, die mit ihren humorvollen Krimis ihre Leser regelmäßig zum Wiehern bringt.

Fazit:

Einer der wenigen Fälle, in denen ein Krimi aus dem Haus Emons, das üblicherweise für packende Krimis steht, für mich persönlich ein Flop ist. Schade! Leider reicht es nur für 2 Sterne.

Bewertung vom 23.03.2023
Süßes wildes Wien
Rath, Alexandra Maria

Süßes wildes Wien


ausgezeichnet

Wien is(s)t anders - genascht wird, was in Wien wächst...


Nach „Wildes Wien: Gegessen wird, was in der Stadt wächst" erfreut uns Autorin Alexandra Maria Rath mit diesem Buch über Süßspeisen. Deren Zutaten wachsen zumeist in Wien. Gut, Schokolade leider nicht - aber sie wird in auch in Wien erzeugt.

Das Konzept des Buches ist ähnlich dem Vorgänger. Prachtvolle Fotos von ebenso prachtvollen historischen Gebäuden wie die Kuffner-Sternwarte, Schönbrunn, die Hofburg und der Narrenturm, der mit seinem Spitznamen „Gugelhupf“ nicht fehlen darf, sowie einige Kleinodien wie der Türkenschanzpark dürfen hier nicht fehlen. Zu jedem dieser Orte gibt es Wissenswertes zu lesen.

Was das mit den Süßspeisen zu tun hat?

Manche der Zutaten, wie zum Beispiel die Früchte des Maulbeerbaums, finden sich nur dort (Türkenschanzpark). Das Rezept zur Maulbeer-Joghurt-Torte (S.120) ist übrigens neben den Mini-Pawlowas (S. 62) mein Favorit. Dazu hat mich der wilde Affe gebissen und ich will unbedingt einen Maulbeerbaum im Garten. Aber, keine Bange: Man kann die Maulbeeren auch durch die viel leichter erhältlichen Brombeeren ersetzen.

Die Hustenzuckerl aus Tannenwipferl (also den feinen jungen Trieben der Tanne) hat meine Oma schon hergestellt. Wir sind dazu in den Wienerwald gefahren (mit Tramway und Bus) und haben verbotenerweise die hellgrünen Triebe gepflückt, denn die standen und stehen unter Naturschutz. Naturschutz steht übrigens bei der Autorin ganz weit oben. Nimm nur soviel, wie du auch wirklich essen kannst, nimm nur das, was du wirklich kennst (manches hat einen giftigen Zwillingsbruder) und achte auch die forstrechtlichen Bestimmungen (siehe S. 14).

Wusstet ihr schon, dass Zuckerl früher nur in Apotheken verkauft werden durften?

Wien gilt als lebens- und liebenswerteste Stadt der Welt. Vor allem ihre grüne Seite lockt zahlreiche Menschen hierher. Die kulinarische Vielfalt, vor allem bei Süßem ist Grund genug für Autorin Alexandra Rath den kleinen, verborgenen Schätzen der Kulinarik nachzugehen.

Die Fotos der Stadt und der köstlichen Süßspeisen sind vom Meisterspeisenfotografen Stefan Mayer in Szene gesetzt. Da läuft einem das Wasser schon beim Betrachten im Mund zusammen.

Fazit:

Abermals ein tolles Geschenk, diesmal für alle Naschkatzen unter den Einheimischen und Gästen. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Lese- sowie Nachmach-Empfehlung.

Bewertung vom 19.03.2023
Salzburger Abgründe / Dina Stassny Bd.1
Theiss, Jenna

Salzburger Abgründe / Dina Stassny Bd.1


ausgezeichnet

Dieser Auftakt zu einer neuen Krimi-Reihe hat es in sich.

Zunächst schwenkt die Autorin, die ich schon aus ihren Sissi-Krimis kenne nach Berlin, wo ein schwarz gekleideter Mann das Café stürmt, in dem Dina Stassny, eine Ermittlerin aus Salzburg sitzt, und erschießt eine Frau. Dina wollte eigentlich noch ein paar Tage in Berlin bleiben, doch angesichts des Ereignisse kehrt sie gleich nach Salzburg zurück und muss sich gleich, gemeinsam mit Adrian Billinger einem Mord in der Mozart-Stadt widmen:

Der ärztliche Leiter einer Salzburger Kinderwunschklinik wird erschlagen in seinem parkähnlichen Garten aufgefunden und wird nicht der einzige Tote bleiben.

Welches Motiv steckt hinter den Morden?

Meine Meinung:

Jenna Theiß ist ein fesselnder Krimi gelungen, der die Leser in so manchen Abgrund blicken lässt. Gut gefällt mir, dass rechtliche Aspekte einer Samen- bzw. Eizellenspende sehr subtil erklärt werden und auf die Unterschiede zwischen Österreich und Deutschland hingewiesen wird.

Geschickt werden Spuren gelegt und wieder verworfen. Die Story ist komplex und scheint ein wenig verworren zu sein. Doch langsam entwirren die Ermittler die Fäden.

Dabei entdeckt Dina Stassny, dass sie eine besondere Gabe hat, die sie bislang nicht recht einordnen konnte. Sie ist eine sogenannte Super-Recognizerin, also eine Person, die über eine herausragende Fähigkeit der Gesichts(wieder)erkennung verfügt. Diese Gabe ist in Österreich noch (?) aktenkundig, während der Berliner Kollege, der sie wegen des Anschlags betreut hat, ihr dazu gratuliert.

Die Charaktere sind gut herausgearbeitet. Natürlich darf ein missgünstiger Kollege auch nicht fehlen.

Der Krimi bleibt bis zu seinem Ende spannend und lässt sich sehr gut lesen. Ich habe mich gut unterhalten gefühlt.

Fazit:

Diesem fesselnden Auftakt zu einer neuen Krimi-Reihe aus Salzburg kann ich gerne 5 Sterne geben und hoffe auf eine baldige Fortsetzung.

Bewertung vom 19.03.2023
Die rebellische Pianistin. Das Leben von Johanna Kinkel
Maatman, Verena

Die rebellische Pianistin. Das Leben von Johanna Kinkel


ausgezeichnet

Johanna Kinkel zählt, wie so viele hochbegabte Künstlerinnen des 19. Jahrhunderts zu den fast Vergessenen. Die jungen, bürgerlichen Mädchen werden zwar gefördert, wenn es ums gefällige Musizieren und Malen von (Blumen)Bildern geht. Diese Begabungen dienen aber nur dazu, einen gut situierten Ehemann zu finden und ihn als „Zierde des Hausstandes“ zur Seite zu stehen.

Verena Maatman, deren Romanbiografie „Signorina Vivaldi“ ich schon mit Begeisterung gelesen habe, entreißt mit diesem Buch Johanna Kinkel dem Vergessen.

Wer ist sie nun, die Johanna?

Johanna Kinkel (1810-1858) wird als einziges Kind des Gymnasiallehrers Peter Mockel und seiner Frau Anna Maria in Bonn geboren. Die Begabung des Mädchens wird recht schnell sichtbar, die Sturheit auch: Johanna will Komponistin werden, ihr eigenes Geld verdienen und denkt gar nicht daran, zu heiraten.
Doch manchmal kommt es anders als man denkt und die fortschrittliche Frau heiratet Johann Paul Mathieux. Nach wenigen Monaten kehrt Johanna in ihr Elternhaus zurück und will die Scheidung von ihrem tyrannischen Mann. Die lässt natürlich auf sich warten und erst nach zähem Ringen ist sie ihn endlich los.

Mit ihrem zweiten Mann Gottfried Kinkel trifft sie es besser, hat vier Kinder mit ihm und muss ihn dann mit den revolutionären Gedanken, die 1848 zu seiner Verhaftung führen, teilen.

Meine Meinung:

Verena Maatman gelingt es vorzüglich, das Umfeld in dem Johanna aufwächst und später lebt, darzustellen. Es ist die Zeit nach den Napoleonischen Kriegen, die Zeit der Zensur, die Zeit in denen die Herrscher ihre Untertanen knechten, um ihre angekratzten Herrschaftsansprüche durchzusetzen - kurz, wir befinden und im Biedermeier und Vormärz. Die Menschen ziehen sich in ihre Wohnungen zurück und frönen der Musik und der Literatur. Aus so manchem literarischen Zirkel wird ein politischer.

Die Frauen haben nichts zu sagen, sind meistens hübscher Aufputz der Männer. Da fallen Frauen wie Bettina von Arnim, Rebecka Mendelsohn-Bartholdy, Fanny Hensel oder eben Johanna Kinkel auf. Johanna lernt diese Künstlerinnen in ihren Berliner Jahren kennen. Im Gegensatz von Fanny Hensel, deren Bruder Felix Mendelsohn-Bartholdy, ihre Werke nicht veröffentlicht sehen will, gelingt es Johanna, zahlreiche Musikstücke zu veröffentlichen. Einige davon werden später beinahe zu Revolutionsliedern.

Dass Frauen, die sich nicht der gängigen Lebensweise anpassen, ein schweres Leben haben, muss Johanna am eigenen Leib erfahren.

Autorin Verena Straatman zeichnet ein großartiges Bild dieser starken Frau, die sich aller Widerstände zum Trotz nicht unterkriegen lässt und Pläne schmiedet, ihren Mann Gottfried aus dem Gefängnis zu befreien.

Wenn ich den Diskussionen der Wiener Philharmoniker verfolge, die nach wie vor ein Dirigat einer Frau ablehnen, muss ich feststellen, dass sich im Musikbusiness seit 200 Jahren wenig verändert hat.

Fazit:

Dieser penibel recherchierten und grandios erzählten Romanbiografie muss ich 5 Sterne und eine unbedingte Leseempfehlung geben.

Bewertung vom 19.03.2023
Trügerische Toskana (eBook, ePUB)
Burmeister, Jens

Trügerische Toskana (eBook, ePUB)


gut

Als der Archäologe Ernesto Carnevale in der berühmten Piccolomini-Bibliothek von Siena in der eingemauerten Leiche einen Nachfahren einer berühmten toskanischen Dynastie vermutet, ist der Kölner Professor Josef Tiefenthal sofort zur Stelle, um den Fund zu begutachten. Tiefenthals Spezialität sind Mumien, besser gesagt Moorleichen. Mithilfe eines von ihm entwickelten Programmes zum DNA-Abgleich, soll festgestellt werden, ob der Tote wirklich eine Berühmtheit ist. Für Tiefenthal ist diese Reise auch Grund, seine Freundin, die Commissaria Stella Bernucci wiederzusehen.

Doch aus einem trauten Wiedersehen wird nichts, denn erstens wird ein rechtspopulistischer Politiker während einer Kundgebung erschossen und zweitens findet Tiefenthaler seinen Konkurrenten Carnevale tot in der Bibliothek. Dummerweise sind Tiefenthalers Fingerabdrücke auf dem Maurerhammer, mit dem Carnevale erschlagen wurde. Natürlich fällt der Verdacht auf den Deutschen und Stella Bernucci hat alle Hände voll zu tun, um Tiefenthaler zu entlasten und gleichzeitig den Mord an dem Politiker aufzuklären.

Für die Staatsanwältin scheint der Fall klar zu sein und Tiefenthaler wandert ins Gefängnis.

Meine Meinung:

Das ist mein erster Krimi von Jens Burmeister. Ganz warm bin ich weder mit dem Autor noch mit den Charakteren geworden.

Der Krimi wird als kulinarischer Kriminalroman angepriesen, was für mich den Kern der Sache nicht ganz trifft. Ja, es werden ein paar autochthone Spezialitäten erwähnt, es wird gekocht, aber sonst? Sonst geht es um die Arbeit der italienischen Kriminalpolizei, die wie eh und je unter Personalmangel leidet, weswegen die Commissaria im Fall ihres Freundes ermitteln darf. Allerdings fördert Stelle eher belastendes Material ans Tageslicht, als Entlastendes.

Interessant ist der Einblick in den Gefängnisalltag. Aber, ich habe einigen Zweifel, dass es hier wie beschrieben zugeht.

Nach einigen Wendungen, zu denen auch der Mord an Stellas Vorgesetzten gehört, wird ein überraschender Täter entlarvt.

Dass Tiefenthaler und Benucci gemeinsam ermitteln, stimmt so nicht. Tiefenthalers Beitrag zu den Mordfällen ist doch gering.

Der Krimi, der sich leicht und locker liest, macht Lust, in die Toskana zu reisen.

Fazit:

Leider hat mich dieser Krimi nicht ganz überzeugt, daher gibt es nur 3 Sterne.

Bewertung vom 19.03.2023
Über alle Gräben hinweg
Stephan, Cora

Über alle Gräben hinweg


gut

Dieser (historische) Roman rund um zwei Familien, die sich aufgrund der geopolitischen Lage eigentlich als Feinde betrachten müssten, zeigt, wie es gelingen kann, auch über zwei Weltkriege hinweg, Freundschaften zu pflegen.

Der oberschlesische Gutsbesitzer Ludwig von Sedlitz und der adelige Schotte Alexander Duff Brodie studieren gemeinsam an der Universität von Heidelberg. Die beiden verbindet eine tiefe Freundschaft, die das Grauen des Ersten Weltkriegs übersteht.

Jahre später besuchen ihre Söhne Liam Broedie und Alard von Sedlitz die Universität in Cambridge und gelten dort als seltsames Paar und als Außenseiter - ein Schotte und ein Deutscher. Die Freundschaft zwischen den Familien besteht weiter.

Als dann der Zweite Weltkrieg auszubrechen droht, versucht jeder für sich und doch gemeinsam, ihr Scherflein beizutragen, die Katastrophe noch zu verhindern. Liam im Auftrag des SIS, des britischen Auslandsgeheimdienstes und Alard als Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes. Wir wissen, wie die Bemühungen ausgegangen sind.

Meine Meinung:

Sprachlich ist das Buch ausgezeichnet. Die historischen Details sind penibel recherchiert. Dennoch bin ich nicht ganz von diesem Roman überzeugt.

Die Geschichte ist für mich ein wenig ungleichgewichtig. Die Geschichte der Väter ist für mich ein wenig zu dominant. Zahlreiche historische Details sind genau beschrieben.

In der Geschichte der Söhne wirken die Details dann deutlich gestrafft. Wir dürfen zwar gemeinsam mit Liam und Alard nach Spanien, in den Bürgerkrieg reisen, und die jüdische Journalisten kennenlernen, doch es hat den Anschein, die Autorin wäre aufgefordert worden, endlich zu einem Ende zu kommen. Diesen deutlichen Bruch finde ich schade.

Aus den Zutaten hätte ein wirklich mitreißender Roman werden können. Das ist leider nicht ganz gelungen.

Fazit:

Hat mich leider nicht ganz überzeugt, daher nur 3 Sterne.

Bewertung vom 19.03.2023
1923 - Kampf um die Republik (eBook, ePUB)
Reuth, Ralf Georg

1923 - Kampf um die Republik (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Dieses Sachbuch ist eines der vielen, die zur 100. Wiederkehr der Ruhrkrise von 1923 erscheinen.

Dem renommierten Historiker Ralf Georg Reuth gelingt es ausgezeichnet, dieses „Schicksalsjahr“ der jungen Republik Deutschland Revue passieren zu lassen.

Nach einem ausführlichen Vorwort spannt Reuth in neun Kapiteln gekonnt den Bogen über die schwierige Lage.

1. Jänner und Februar
2. März und April
3. Mai und Juni
4. Juni, Juli und August
5. August und September
6. September und Oktober
7. Oktober
8. Oktober und November
9. November und Dezember

Den Abschluss bildet die Vorschau auf die Jahre 1924 bis 1926.

Dabei zeigt er die Spannungen und Grabenkämpfe der beteiligten politischen Lager auf und gibt nicht nur Rückblicke in die Vergangenheit, in denen der Autor die Ursachen für das Jahr 1923 beleuchtet, sondern auch Ausblicke auf die kommenden Jahre von 1924 bis 1926.

Den Monaten September, Oktober und November sind gleich mehrere Kapitel gewidmet, da sich hier die Lage zuspitzt.

Meine Meinung:

Ralf Georg Reuth hat mit diesem Werk eine ziemlich umfassende Darstellung der Ereignisse geliefert, die er von mehreren Seiten betrachtet. Er spart weder die Rolle der Siegermächte und hier vor allem Frankreich aus, noch das Unvermögen der deutschen Politiker, sich auf einen zumindest kleinsten Nenner zu einigen. Über allem schwebt die dunkle Wolke des Kommunismus mit seinen brutalen Auswüchsen, vor denen man zurecht Angst hat, aber gleichzeitig die drohende Gefahr von rechts nicht oder nur wenig gefährlich erachtet.

Die großen geopolitischen Zusammenhänge sind sehr beschrieben, auch wenn das eine oder andere für den Leser ein wenig zu detailverliebt erscheint. Über die genauen Prozentzahlen von Wahlergebnissen kann getrost hinweg gelesen werden.

Fazit:

Diesem unglaublich spannend und interessant geschriebenen Buch über eine völlig verrückte Zeit in Deutschland gebe ich gerne 5 Sterne.

Bewertung vom 19.03.2023
Requiem (eBook, ePUB)
Loeser, Karl Alfred

Requiem (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Diese schier unglaubliche Geschichte ist symptomatisch für die Intrigen, die sich so oder so ähnlich in den 1930er-Jahren in Deutschland zugetragen haben.

Fritz Eberle, der 22-jährige Sohn des Bäckermeisters hat sich, angefeuert von der lieben Verwandtschaft, in den Kopf gesetzt, ein gefeierter Cellist zu werden, obwohl er weder Lust am Üben noch entsprechendes Talent hat. Doch die Zeiten stehen auf Sturm und man kann ungestraft Posten, die Juden innehaben, übernehmen.
Opfer des Möchte-gern-Cellisten ist der jüdische Cellist Erich Krakau, der am städtischen Symphonieorchester tätig ist. Krakau ist der letzte jüdische Musiker, denn die anderen haben die Stadt und das Land längst verlassen.

Eberle muss ausgerechnet Erich Krakau vorspielen, der Eberles Unvermögen natürlich sofort erkennt. Danach entspinnt sich eine Intrige, an der sich beinahe die ganze Stadt beteiligt. Krakau wird unter fadenscheinigen Gründen verhaftet.

Meine Meinung:

Dieser von Peter Graf entdeckte und bislang unveröffentlichte Roman von Karl Loeser ist eine besondere Lektüre, denn er enthält nicht nur eigene Erlebnisse des Autors, sondern nimmt tatsächliche Ereignisse des NS-Terrors vorweg. Das Werk ist VOR der Vernichtung der Juden geschrieben.

Der Roman erzählt nicht nur die Geschichte der Judenverfolgung, sondern auch den Aufstieg von Habenichtsen, Scharlatanen und Emporkömmlingen, die durch die Partei aufsteigen können.

Ich selbst habe noch eine Frau gekannt, die es von der Prostituierten zur Leiterin einer Wiener Jugendfürsorgeanstalt gebracht hat. Sie hat im Haus meiner Großmutter gewohnt und ich hatte als Kind immer Angst vor ihr.

Die Erzählung fesselt durch die gehobene Sprache und lässt das Kopfkino anlaufen. Der Spannungsbogen ist zu Beginn recht flach, wächst aber stetig an und bleibt letzten Endes bis zum Schluss sehr hoch.

Eindringlich schildert der Autor, wie Boshaftigkeiten im Kleinen funktionieren und letztlich zum großen Terror führen, weil jeder Angst hat.

Es ist Loesers Familie zu verdanken, dass dieser Roman, der ursprünglich „Der Fall Krakau“ nach Loesers Tod 1999 veröffentlich werden konnte. Denn der Autor hat ihn, neben anderen Werke, heimlich auf deutsch geschrieben und aus Angst in der neuen Heimat Brasilien als Jude erkannt und diffamiert zu werden, nicht veröffentlich.

Fazit:

Diesem bislang unveröffentlichten prophetischen Roman gebe ich sehr gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung. Der Familie Loesers muss man danken, dass das Werk das Licht der Öffentlichkeit erblicken durfte.

Bewertung vom 17.03.2023
Morgen und für immer
Meta, Ermal

Morgen und für immer


ausgezeichnet

Gleich vorweg: Diese Geschichte über Verrat, Familie und Flucht, die auf der Lebensgeschichte des Kajan Dervishi beruht, ist mein bisheriges Lesehighlight im Jahr 2023, auch wenn das Buch aufgrund der Grausamkeiten, die ein Staat seinen Bürgern aufbürdet, kaum zu ertragen ist.

Die Geschichte beginnt zur Zeit des Zweiten Weltkriegs in Albanien. Der Junge Kajan lebt mit seinem Großvater in einer bescheidenen Hütte, weil sich die Eltern dem Partisanenkampf gegen die Besatzer aus Nazi-Deutschland angeschlossen haben. Dort erscheint eines Tages Cornelius, ein desertierter Wehrmachtssoldat. Der Großvater versteckt ihn unter hohem Risiko. Kajan lernt von dem Deutschen das Klavierspielen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, die Eltern sind zurückgekehrt und haben aufgrund ihrer Verdienste zahlreiche Privilegien, wird Kajan zu einem gefeierten Pianisten. In Elizabeta findet er eine Seelenverwandte und seine große Liebe, die allerdings von seiner Mutter, einer 100% Anhängerin des Kommunismus, hintertrieben wird.

1962 reist er mit der Sondererlaubnis von Albaniens Diktator Enver Hoxha, nach Ostberlin. Von da an, gerät sein Leben völlig aus dem Ruder.

Meine Meinung:

Albanien ist den meisten von uns als Land der Bunker, der höchsten Anzahl von (gestohlenen) Mercedes-Limousinen pro Kopf, Mutter Teresa oder vielleicht noch durch die „Eingeschworenen Jungfrauen“ ein Begriff. Über die Geschichte des Landes wissen nur wenige Interessierte Bescheid. Mit diesem Buch, können einige Wissenslücken gefüllt werden. Besonders das Spitzelwesen, das der paranoide Diktator Enver Hoxha zur höchsten Perfektion gebracht und auch innerhalb der eigenen Familie gewütet hat, kommt hier deutlich zur Sprache.

Ermal Meta beschreibt in eindringlichen Worten, welchem Druck, welchem Horror die Menschen in Albanien ausgeliefert waren. Erst mit dem Ende des Kommunismus 1991 verschwindet die Geheimpolizei, die ähnlich wie Nicolae Ceaușescus „Securitate“ in Rumänien, die Menschen Albanien in Geiselhaft nimmt.

Der Schreibstil ist authentisch, beklemmend und manchmal ist es kaum zu ertragen, welchen Repressalien der erwachsene Kajan ausgesetzt worden ist. Vor allem, als der Leser letztlich erfährt, wer ihm das alles angetan hat.

Für Zartbesaitete ist das Buch wohl nichts, denn es zeigt, welche unfassbaren Gräuel ein Staat an seinen Bürgern verübt.

Fazit:

Diesem großartigen Roman, der unter die Haut geht, gebe ich 5 Sterne (mehr stehen ja leider nicht zur Verfügung) und eine absolute Leseempfehlung.

Bewertung vom 12.03.2023
Diva del Garda
Eigner, Katharina

Diva del Garda


sehr gut

Katharina Eigner, bekannt durch ihre beiden Salzburg-Krimis, hat nun den Schauplatz eines Verbrechens an den schönen Gardasee verlegt.

Rosina, eine Restauratorin, die sich in der Vergangenheit immer in Windeseile verliebt (natürlich in ein Windei), hat auch mit dem letzten Lover kein Glück, denn der bringt sie um ihr Haus. Allerdings lässt sie sich nicht entmutigen und residiert von nun an in einem schicken Wohnmobil. Freundin Cara, aus deren Perspektive der Krimi erzählt wird, ist eher das Gegenteil: vorsichtig und misstrauisch.

Nun stolpern die beiden über den Diebstahl eines wertvollen Bildes von Artemisia Gentileschi. Rosina leckt Blut und beginnt zu ermitteln. Dabei werden sie tatkräftig von einem Ex-Kardinal und einem Ex-Schweizer Gardisten unterstützt.

Die Polizei kann der Bestohlene, Signore Martinelli, nicht einschalten, da das Bild unbekannter Provenienz ist ...

Meine Meinung:

Dieser Krimi gehört fraglos in die Kategorie „Cozy-Crime“, denn wirklich ernsthaft ermittelt mit Polizei und so, wird hier nicht. Die Polizei ist nur eine Randerscheinung, die in Garda Strafzettel verteilt. Aber, das macht gar nichts, denn hier geht es um das Savoir Vivre in einer schönen Umgebung und, ja. um ein bisschen Liebe. Dazwischen wird, wie es sich in Italien gehört, gekocht und gespeist und das eine oder andere Gläschen Wein aus der Region gezwitschert.

Der Kriminalfall tritt ziemlich in den Hintergrund, was so manchen eingefleischten Krimi-Fan enttäuschen wird. Doch die sind ohnehin nicht unbedingt die Zielgruppe der Autorin. Locker, flockig und mit Humor vermittelt Katharina Eigner einige Kenntnisse über Kunstgeschichte.

Fazit:

Wer eine Geschichte in einer wunderschönen Umgebung mit Urlaubsflair und ein paar Herzerln in den Augen lesen will, ist hier richtig. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.