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Benutzername: 
Xirxe
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Hannover
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 869 Bewertungen
Bewertung vom 11.08.2013
Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer
Capus, Alex

Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer


ausgezeichnet

Drei Menschen, drei Leben, drei Schicksale. Allen Dreien ist gemein, dass über ihr Leben nur recht dürftige Informationen vorliegen. Geblieben sind das Wissen um ihre Existenz und bei zweien ihre Werke. Doch was ihr Leben ausmachte, liegt im Dunklen. Es handelt sich um drei Personen, die heute weitestgehend vergessen sind: Felix Bloch, Physiker; Laura d’Oriano, Sängerin und Spionin; Emile Gilliéron sen. und jun., Maler und Zeichner. Eigentlich also vier Personen, doch die Gilliérons verschmelzen nicht nur aufgrund ihrer Namensgleichheit immer mehr zu einer Person während der Lektüre.
Hier nun beginnt das Reich des Schriftstellers. Capus hangelt sich an den wenigen bekannten Fakten entlang und füllt die Lücken mit seiner eigenen Phantasie. Da sie alle zur selben Zeit lebten, lässt er zudem stets die Möglichkeit im Raum stehen, dass sie sich irgendwann unter welchen Umständen auch immer einmal begegnet sind. Doch was verbindet diese Menschen ansonst? Zwei stammten aus der Schweiz, die dritte wurde durch Heirat Schweizer Staatsbürgerin. Und die Schweiz wurde ihnen allen zu eng. Zwar wussten sie alle nicht, was genau sie vom Leben wollten, dafür umso besser was es nicht sein sollte. Der Eine wollte blaue Jacken tragen, obwohl im Dorf nur schwarze geduldet wurden. Die Andere sollte ihre Unterwäsche nicht sichtbar für die Nachbarn aufhängen. Und der Letzte fühlte sich mit seiner Leidenschaft für Atomphysik alleingelassen. So verließen sie ihre Heimat und/oder Familien und lebten ihre Leben auf ihre eigene Art.
Dies mag sich nun nicht sonderlich spannend anhören, doch die Geschichten üben eine merkwürdigen Sog aus, der mich das Buch nur schwer aus der Hand legen ließ. Zum Einen liest es sich aufgrund der schönen Sprache Capus' wundervoll (einer meiner Lieblingssätze: 'Zwar fühlte er sich noch immer wie ein Eisbär, der auf einer kleinen Eisscholle der Kenntnis über einen Ozean des Unwissens trieb;'), zum Anderen bindet der Autor das damalige Zeitgeschehen wie selbstverständlich in die drei Biographien mit ein. So bleibt es nicht bei reiner Unterhaltung, sondern man erfährt auch viel Wissenswertes aus dieser Zeit.
Einfach schön!

3 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.08.2013
Kleine Tierkunde Ostafrikas
Drayson, Nicholas

Kleine Tierkunde Ostafrikas


sehr gut

Auch der zweite Band um Mr. Malik, seine Freunde und den vielgerühmten Asadi Club ist wieder einfach ein einziges Vergnügen. Keine Bange: Selbst wenn man den ersten Teil noch nicht gelesen hat, wird man sich ohne Weiteres schnell zurechtfinden. Wichtige Ereignisse werden nochmal kurz angerissen und erklärt und ich wette: Wenn Sie die 'Kleine Tierkunde Ostafrikas' gelesen haben, wollen Sie auch die Kleine Vogelkunde Ostafrikas lesen :-)
Im Mittelpunkt stehen vorerst freudige Ereignisse: die jährliche Safari des Clubs, die Mr. Malik wie gewohnt bis ins Detail vorbereitet incl. einer Überraschung sowie die Hochzeit Petulas, Mr. Maliks geliebter Tochter. Doch leider läuft nicht alles so reibungslos wie gewünscht, denn plötzlich bringen unerwartete Geschehnisse alles ins Wanken. Petulas Heirat scheint gefährdet, dem Club kommt das unersetzliche Maskottchen abhanden und nicht zuletzt droht ihm die Schließung.
Neben all diesen Wirrnissen werden außerdem ein lange zurückliegender Mord gelöst, die Korruptionsprobleme in Kenia angesprochen und das Rätsel um das gefährlichste Tier Ostafrikas geklärt, ganz zu schweigen von den zahlreichen Beschreibungen der Fauna Kenias. Und auch die von Mr. Malik hochverehrte Rose Mbikwa ist erneut dabei, wenn auch dieses Mal eher am Rande.
Nicholas Draysons Schreibstil harmoniert in wunderbarer Weise mit der Persönlichkeit seiner Hauptfigur Mr. Malik. Etwas zurückhaltend, immer überlegt und voller Interesse und Mitgefühl für seine Mitmenschen. Und nicht zuletzt ein feiner Humor, häufig gewürzt mit einer Prise Ironie.
Und warum trotzdem 'nur' vier Sterne? Eigentlich sind es viereinhalb, aber für die volle Zahl war es mir (trotz meiner romantischen Ader :-)) doch etwas viel Happy End am Schluss.

Bewertung vom 04.08.2013
Kleine Vogelkunde Ostafrikas
Drayson, Nicholas

Kleine Vogelkunde Ostafrikas


sehr gut

Ach, war das eine schöne Lektüre! Ein Hauptdarsteller, der zwar etwas lethargisch daherkommt, aber nichtsdestotrotz so symphatisch ist, dass er kaum von dieser Welt sein kann. Ein Wettstreit, der trotz des eher friedlichen Inhalts um Leben und Tod geht. Eine überwältigende Beschreibung der Vogelwelt Kenias, sodass es einem gerade zu in den Fingern juckt, sich das alles selber anzuschauen. Undundund - eine Geschichte, die einfach rundum glückselig und zufrieden macht :-)
Herr Malik, die Hauptperson dieses Romans, ist seit Jahren in Rose, die Leiterin der örtlichen Gruppe Nairobis der Vogelbeobachter verliebt. Gerade als er seine Schüchternheit überwindet und sie zum jährlichen Nairobi Hunt Ball einladen will, taucht ein Widersacher auf: Harry Khan, ein gutaussehender Lebemensch, kommt auf die gleiche Idee. Doch um Rose die Peinlichkeit zu ersparen, einen der Herren zu enttäuschen, wird ein Wettbewerb veranstaltet. Wer in einer Woche die meisten Vögel entdeckt, darf Rose zum Ball einladen. So harmlos es klingt, so gefährlichlich entwickelt sich das Ganze. Und ganz nebenbei wird einem die unglaubliche Vielfalt der Vogelarten Kenias vor Augen geführt nebst einer Vielzahl weiterer liebenswürdiger Mitwirkenden.
Dies mag sich - nun ja, nicht gerade nach einer wirklich fesselnden Geschichte anhören. Doch der Autor bringt noch eine Reihe von Nebenhandlungen mit ein, sodass man immer weiter, weiter, weiterlesen will. Und so geht es noch um Politik, Zivilcourage, Mitmenschlichkeit, Barmherzigkeit und einiges mehr.
Ein richtig schönes Leseerlebnis wie ein wunderbar lauer Sommerabend ;-) zu dem Nicholas Draysons Stil sicherlich dazu beiträgt. Etwas betulich, vielleicht auch altmodisch, aber voller Zuneigung und Wärme für seine DarstellerInnen incl. der Vögel und Kenia selbst. Einfach schön!

Bewertung vom 31.07.2013
Tradition und Konfusion SPD: Alle Macht den Profis
Grafe, Peter

Tradition und Konfusion SPD: Alle Macht den Profis


sehr gut

Angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl und der äußerst schlechten Prognosen für die SPD erinnerte ich mich an dieses Buch. Bereits 1991 erschienen, las der Autor Peter Grafe 'der alten Tante im Bonner Ollenhauer-Haus nach Strich und Faden die Leviten', wie es so schön in der damals in der ZEIT erschienenen Rezension hieß.
Grafe schildert treffsicher die Misere einer Partei, die schwer an ihrer Geschichte zu tragen hat und der es nur mit Mühen gelingt, daraus Vorteile zu schlagen. Die SPD hängt an ihren Traditionen, an ihrer Verbundenheit mit der Arbeiterklasse und den Gewerkschaften. Doch ist sie nicht in der Lage, deren schwindende Bedeutung in der Gesellschaft durch Mobilisierung neuer Wählerschichten zu kompensieren. Und so scheinen auch heute, mehr als 20 Jahre später, die Probleme noch immer die gleichen zu sein. Die Beschreibungen der unterschiedlichen Schwierigkeiten wie auch der allgemeinen politischen Situation wirken jetzt ebenfalls hochaktuell in Anbetracht der momentanen Verhältnisse. Einige Beispiele:
'Die Entwicklung neuer postmaterieller Bedürfnisse und zivilisatorischer Herausforderungen entziehen sich dem sozialpolitisch-kompensatorischen Politikmodell der SPD, dem von der Schwindsucht öffentlicher Haushalte längst enge Grenzen gezogen wurde.' (S. 40f)
'Der SPD fehlt also eine interne Streitkultur, die unterschiedliche Auffassungen in konstruktiven Bahnen ordnet.' (S. 89)
'Es ist Zweck der Politik, die Dynamik der gesellschaftlichen Entwicklung so zu steuern, dass die Gemeinschaft vor größeren Schäden bewahrt wird und jeder einzelne seine Entwicklungs- und Zukunftschancen hat.' (S. 102)
Tja, manchmal ändert sich weniger als man denkt...

Bewertung vom 29.07.2013
Tokio im Jahr null / Tokio Trilogie Bd.1 (6 Audio-CDs)
Peace, David

Tokio im Jahr null / Tokio Trilogie Bd.1 (6 Audio-CDs)


sehr gut

Was habe ich mich mit diesem Hörbuch schwer getan! Dreimal habe ich stets auf's Neue begonnen, die bereits gehörten drei, vier, fünf CDs nochmal laufen lassen, bis ich letzlich doch noch das Ende erreicht habe. Nicht dass dieses Buch schlecht wäre - ganz im Gegenteil! Aber die Vielzahl der handelnden Personen mit den für EuropäerInnen so ungewohnten Namen verlangen größte Aufmerksamkeit. Eine zu große Pause zwischen zwei CDs - und schwupps, hatte ich schon wieder keine Ahnung mehr, wer Misuko Mitsu war (oder so ähnlich). Dazu drei, vier parallel verlaufende Handlungsstränge; das fordert schon den bzw. die ganze/n ZuhörerIn :-)
Erzähler ist Inspektor Minami, der sich kurz nach dem Ende des zweiten Weltkrieges in Tokio auf die Suche nach einem Serienmörder macht, der immer wieder junge Mädchen missbraucht und umbringt. Tokio liegt in Trümmern, es herrscht bittere Not und die Menschen haben kaum genug zu Essen und Trinken um zu überleben. Der Autor beschreibt das Umfeld derart präzise und detailliert, dass man die armseligen Verhältnisse in denen die Menschen hausen, deutlich vor sich sieht. Dreckige Tatamis (Reisstrohmatten), verschlissene Vorhänge, immer nur kärgliche Portionen Reis, ein Ei wird zum Festmahl. Ein weiterer Erzählstrang bildet Minamis Beziehung zu Senchu, dem Boss des Schwarzmarktes, der Minamis Schlafmittelsucht für seine eigenen Zwecke zu nutzen weiss.
In diese chronologisch berichtete Geschichte brechen immer wieder Minamis Gedanken und Erinnerungen ein, die vornehmlich mit seinen Kriegserlebnissen in China zu tun haben. Sie verfolgen ihn und lassen ihn nicht zur Ruhe kommen, weder Tags noch Nachts. An ihm wie auch an seinen Kollegen sieht man, wie tief das Ehrgefühl im japanischen Volk verwurzelt ist. Die Kapitulation wurde als die größte Schmach empfunden ebenso wie der darauf folgende Aufenthalt der Siegermächte in Japan.
Manfred Zapatka trägt das Ganze als Inspektor Minami vor und auch wenn ich zu Beginn äußerst skeptisch war (es klang recht monoton) - er ist eine hervorragende Besetzung. Die Hoffnungslosigkeit, die Resignation, die Wut, aber auch die ständige mühevolle Beherrschung und Selbsterniedrigung gegenüber Ranghöheren: Zapatka vermittelt diesen permanenten Kampf höchst überzeugend.
Auch wenn dieses Hörbuch 'nur' als Krimi deklariert ist: Tokio im Jahr Null ist ein Sittengemälde der Zeit unmittelbar nach der Kapitulation - ungewöhnlich geschrieben und anstrengend zu hören, aber nichtsdestotrotz spannend und an die Nieren gehend.

Bewertung vom 29.06.2013
Hikeline Wanderführer Madeira
Brucker-Wischin

Hikeline Wanderführer Madeira


ausgezeichnet

Leider konnten wir nicht alle 50 vorgeschlagenen Wandertouren dieses Büchleins ablaufen, aber die sieben oder acht abgeschlossenen Ausflüge haben uns bereits einen umfassenden Eindruck geliefert.
Die Beschreibungen der Touren sind weitestgehend eindeutig, wobei gelegentlich benannte Wegmarkierungen fehlten, die wohl in der Zwischenzeit dem Zahn der Zeit zum Opfer fielen. Das jeweils beigefügte Höhenprofil ist nicht nur sehr aussagekräftig sondern ebenso hilfreich: Man kann detailliert sehen, was noch vor einem vorliegt. Auch für Familien mit Kindern sind Hinweise beigefügt: Ob mit oder ohne Kinderwagen geeignet, kinderfreundliche bzw. kindgerechte Wege usw.
Die Zeitangaben sind recht großzügig bemessen für einem strammen Wanderschritt, der einem jedoch eher selten gelingt, da man ständig stehen bleibt um die Aussicht zu genießen oder Photos zu machen. Und dann passt die angegebene Dauer exakt.
Auch die Aufmachung des Wanderführers ist ideal für unterwegs: Die Seiten sind beschichtet, sodass feuchtes Wetter ihnen nichts anhaben kann und durch die Spiralbindung besteht nicht die Gefahr, dass sich einzelne Seiten auf Dauer lösen können. Dazu kommt, dass die Größe so konzipiert ist, dass man das Büchlein ohne Schwierigkeiten in jede Jackentasche stecken kann.
Alles in allem ein wirklich gut durchdachter Wanderführer, aus dessen Reihe ich mir jetzt auch mal andere Ausgaben ansehen werde.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.06.2013
Rohvolution
Sandjon, Chantal

Rohvolution


sehr gut

Mit dem Begriff Rohkost verbindet mit großer Wahrscheinlichkeit der überwiegende Teil der Deutschen: Karotten, Salat und Obst. Zwischendurch ganz nett, aber ansonsten eher langweilig und öde. Satt wird man aber von etwas Anderem.
Chantal-Fleur Sandjon hat sich nun nicht weniger vorgenommen, als diese ZweiflerInnen und SkeptikerInnen mit ihrem Buch 'Rohvolution' vom Gegenteil zu überzeugen. Und das gelingt ihr auch ziemlich gut.
Zu Beginn werden gleich Vorurteile und Ängste aus dem Weg geräumt: Von wegen langweilig und zu wenig Nährstoffe. Alles ist drin und ökologisch korrekt zudem. Selbst satt wird man davon.
Der zweite Teil widmet sich den verschiedenen Vorteilen, die der Genuss von Rohkost so mit sich bringt, wobei dies nicht wenige sind. Vom Jungbrunnen zur Fitnesskost bis zum idealen Diätmittel, und dies sind bei Weitem noch nicht die einzigen Verdienste dieser offensichtlichen Wundernahrung.
Danach geht es mit dem Praktischen weiter: Beginnend mit allgemeinen Hinweisen zum Essen an sich werden die einzelnen Rohkostarten detailliert beschrieben sowie mögliche Bezugsquellen genannt. Auch Hinweise auf benötigte Gerätschaften und worauf man beim Kauf achten sollte, fehlen nicht.
Und dann geht's los: Wie steigt man ein? Es gibt ein 'Entgiftungsprogramm' über sieben sowie ein sogenanntes Lifestyle-Programm über 21 Tage mit Ratschlägen für die Zeit danach. Macht man weiter, wird also RohköstlerIn? Oder isst einfach mehr Rohkost aber ansonsten 'normal'?
Abgerundet wird das Ganze mit Rezepten, die von Smoothies über Salate bis hin zu Käsekuchen reichen. Und die sogar überaus lecker sind - zumindest die Sachen, die ich bisher probiert habe.
Das Einzige was mich störte, war die gelegentlich etwas zu euphorische Sprache: Superhelden-Nahrung, Karma-Food, sexy Bunny usw. Wen will die Autorin damit überzeugen bzw. anlocken?
Schön fand ich, dass Frau Sandjon trotz ihrer überschäumenden Begeisterung keinerlei Verbissenheit an den Tag legt. 'Alles kann, nichts muss' beschreibt wohl am besten ihre Auffassung. Ob 100% Rohkost oder nur eine Mahlzeit am Tag oder sogar nur ein Teil davon - jede/r nach seinem/ihrem Geschmack, denn gesund ist es allemal. So können sich wirklich alle angesprochen fühlen.
Fazit: Für Rohkost-EinsteigerInnen ist 'Rohvolution' sicherlich sein Geld wert; bereits erfahrene RohköstlerInnen werden jedoch vermutlich nicht allzu viel Neues entdecken.

Bewertung vom 19.06.2013
Der Erlöser / Harry Hole Bd.6
Nesbø, Jo

Der Erlöser / Harry Hole Bd.6


ausgezeichnet

Kurz vor Weihnachten wird ein Mitglied der Heilsarmee mitten in Oslo auf offener Strasse erschossen. Es gibt keinerlei Hinweise oder Indizien, wer der Täter ist oder warum diese Person ermordet wurde. Doch kurz danach wird klar, dass der Täter das falsche Opfer ausgewählt hatte, denn auf ein weiteres Mitglied der Heilsarmee wird mit derselben Waffe ein Anschlag verübt. Die Spuren führen zuerst nach Zagreb, doch von dort wieder zurück nach Oslo und man beginnt zu ahnen, dass auch in der Heilsarmee nicht alles eitel Sonnenschein zu sein scheint.
Harry Hole, Kriminalhauptkommissar, der die Trennung von Rakel, seiner großen Liebe, und deren Sohn Oleg nur mühsam zu verkraften schien, scheint dennoch langsam darüber hinweg zu kommen, ohne erneut dem Alkohol zu verfallen. Doch neue Unannehmlichkeiten sind im Anmarsch: Sein alter Chef Bjarne Mᴓller, der oft genug seine schützende Hand über Harry gehalten hat, wird nach Bergen versetzt und sein neuer Vorgesetzter, Gunnar Hagen, scheint ihm nicht allzu wohlgesonnen zu sein. Doch Harry kommt erstaunlich gut klar, was wohl auch an dem etwas tiefergehenden Flirt mit einer der Frauen aus der Heilsarmee zu liegen scheint.
'Der Erlöser' ist spannend wie alle bisherigen Harry Hole-Bücher mit einem erstaunlich stabilen Protagonisten, was seine Fans sicherlich freuen wird. Ebenso wie zuvor werden in diesem Band aktuelle gesellschaftliche Problemsituationen miteingeflochten, wenn auch nicht in der gewohnten Ausführlichkeit. Dennoch: Nichts scheint zu weit hergeholt, die Zusammenhänge wirken plausibel und glaubwürdig und auch das Ende um den Erlöser löst beim Lesenden eher Verständnis als Kopfschütteln aus. Jo Nesbᴓ ist mit dem neuen Band um seinen Helden wiederum ein wirklich gelungener Thriller geglückt und ich freue mich bereits auf das nächste noch zu lesende Buch.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.06.2013
Empört Euch!
Hessel, Stéphane

Empört Euch!


gut

Empört Euch! ist ein 15seitiger Aufruf gegen die Gleichgültigkeit, die in weiten Teilen unserer Gesellschaft grassiert. Der Autor, der sich zeit seines 93jährigen Lebens empört hat und auch Widerstand leistete, vermisst dies heute und fordert mit seiner kurzen Streitschrift seine MitbürgerInnen auf, sich auch heute zu entrüsten und einzusetzen ("Wenn man sich über etwas empört,..., wird man aktiv, stark und engagiert."). Er räumt ein, dass es in den jetzigen Zeiten schwieriger ist klar Stellung zu beziehen als im III. Reich, wo der Gegner offensichtlich war. Die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse sind komplexer, nicht jede scheinbar eindeutige Situation stellt sich als derart unstrittig heraus wie man es sich wünsche würde. Dennoch gibt es noch immer genügend Gelegenheiten die die Möglichkeit der Empörung bieten, wie Stéphane Hessel aufführt.
Ich habe mir wohl etwas zuviel von der Lektüre versprochen, denn Empörung allein bringt einen nicht automatisch weiter. Vielmehr erhoffte ich mir Impulse, wie ich und andere diese Empörung konstruktiv einsetzen könnten, sodass nicht nach der ersten Welle der Entrüstung gleich alles wieder verebbt. Wie könnte man die Aufregung nachhaltig kanalisieren? In Bahnen leiten um tatsächliche Veränderungen zu erreichen, ohne dass man gleich seinen Beruf und sein ganzes restliches Leben aufgeben muss? Fragen, die unmittelbar nach der Empörung kommen und noch immer nicht geklärt sind.

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