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Benutzername: 
dorli
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Berlin
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Insgesamt 878 Bewertungen
Bewertung vom 08.04.2015
Dunkle Havel
Pieper, Tim

Dunkle Havel


ausgezeichnet

Werder an der Havel, 1998. Sofie und Toni Sanftleben besuchen das Baumblütenfest. Das Paar scheint glücklich miteinander – doch nach einer Nacht am Havelufer ist Sofie verschwunden, alles was bleibt, sind ihre Kleider und ihr Ehering auf einem Bootssteg.

16 Jahre später. Toni hat nichts unversucht gelassen, um Sofie zu finden bzw. eine Antwort für ihr plötzliches Verschwinden zu bekommen. Er ist sogar Kriminalbeamter geworden, um intensiver nachforschen zu können. Doch auf eine wirkliche Spur ist er nie gestoßen.
Das ändert sich schlagartig, als Toni unter den Sachen eines Mordopfers ein verblasstes Foto von Sofie findet. Was hatte der ermordete Klaus Hartwig mit Sofies Verschwinden zu tun? Fieberhaft beginnt Toni mit den Ermittlungen…

„Dunkle Havel" liest sich flüssig und ist ein Krimi, wie ich ihn mag. Die Handlung hat mich von Anfang an gefesselt, Spannung wird rasch aufgebaut und bleibt durchgehend auf einem hohen Niveau. Ich konnte prima miträtseln und mitermitteln.

Tim Pieper versteht es außerordentlich geschickt, den Leser im Dunklen tappen zu lassen und an der Nase herumzuführen. Die Suche nach dem Mörder erweist sich als knifflig, die Suche nach Sofie kommt trotz der neuen Anhaltspunkte nicht wirklich voran. Falsche Fährten bringen nicht nur Toni, sondern auch den Leser immer wieder ins Grübeln.

Außerdem gelingt es Tim Pieper hervorragend, diesen Strudel aus Emotionen, den der Hauptkommissar im Verlauf der Handlung durchleben muss, an den Leser weiterzugeben. Ich habe mit Toni mitgelitten und konnte seine Verzweiflung über Sofies Verschwinden genauso spüren, wie seine Hoffnung, als er die neuen Hinweise findet.

„Dunkle Havel“ hat mich von der ersten bis zur letzten Seite fest im Griff gehabt - ein mitreißender Krimi, der durchweg spannende Unterhaltung bietet.

Bewertung vom 07.04.2015
Krabbenbrot und Seemannstod / Ostfriesen-Krimi Bd.1
Kuhnert, Cornelia;Franke, Christiane

Krabbenbrot und Seemannstod / Ostfriesen-Krimi Bd.1


ausgezeichnet

Neuharlingersiel. Es ist Winter in Ostfriesland. Auf einer Eisscholle im Hafenbecken liegt Klaas van Kerpen – tot! Ermordet, wie bald feststeht. Schnell ist ein Verdächtiger gefunden – Hauke Matthiesen soll den Chef der Krabbenpulfabrik auf dem Gewissen haben. Postbote Henner, Lehrerin Rosa und Dorfpolizist Rudi sind hingegen fest davon überzeugt, dass mit Hauke ein Unschuldiger im Wittmunder Gefängnis schmort. Das Ermittlertrio lässt sich selbst von der erdrückenden Beweislage nicht abschrecken und macht sich beherzt auf die Suche nach dem wahren Täter…

Das Autorinnen-Duo Christiane Franke und Cornelia Kuhnert hat sich als Handlungsort ein idyllisches Fleckchen an der Nordseeküste ausgesucht: Neuharlingersiel. Ganz wunderbar werden Land und Leute beschrieben, den ganzen Charme, den der kleine Küstenort zu bieten hat, haben die Autorinnen in dieses Buch gepackt. Schauplätze, Akteure und Stimmung wirken sehr echt und natürlich.

Christiane Franke und Cornelia Kuhnert erzählen den Krimi mit viel Pep und Schwung. Es geht in diesem Buch frisch, locker und lebhaft zu, die Autorinnen präsentieren hier ein munteres Ermittlertrio, das mir schnell ans Herz gewachsen ist.
Besonders Rosa ist voll in ihrem Element. Sie macht sogar vor einem Einsatz als Putzfrau nicht halt, um neue Beweise zu sammeln und nutzt den Klönschnack beim Friseur, um Neuigkeiten und Hintergründe in Erfahrung zu bringen.

Bei einer guten Tasse Tee oder auch leckerem Klötenkömgrog (ein Rezept dafür ist im Anhang des Buches zu finden) grübeln und beratschlagen die drei Detektive über Spuren und Hinweise, denn es gilt immer wieder, Tünkram von Wahrheit zu unterscheiden.

Auch wenn der Humor in diesem Krimi im Vordergrund steht, machen die Autorinnen vor den alltäglichen Problemen und Sorgen der Küstenbewohner nicht halt: Der Krabben-Preis-Krieg zwischen Fischern und Großhändlern ist nicht nur Grundlage für den Krimi, sondern auch in der Realität ein ernstes Thema. Die Krabbenfischer an der Nordsee bangen um ihre Existenz, sie müssen wegen der extrem fallenden Preise um ihr wirtschaftliches Überleben kämpfen.

„Krabbenbrot und Seemannstod“ ist ein rundum gelungener Küstenkrimi. Es hat mir großen Spaß gemacht, gemeinsam mit Rosa, Henner und Rudi auf Verbrecherjagd zu gehen.

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Bewertung vom 06.04.2015
Im Feuer
Lirot, Eva; Schlueter, Hughes

Im Feuer


sehr gut

Frankfurt/Main. Roger Cappell hat ein etwas merkwürdiges Hobby – er vertauscht ganz gezielt Koffer, weil er neugierig auf das Leben anderer Menschen ist. Dieses Mal schlittert er mit seiner Tauschaktion allerdings in ein actionreiches Abenteuer und durchkreuzt die unfassbaren Pläne eines asiatischen Milliardärs.
Liang Shé Tao hat einen Angriff auf die abendländische Kultur geplant und will die berühmtesten westlichen Kunstschätze vernichten…

„Im Feuer“ von dem Autorenduo Eva Lirot und Hughes Schlueter lässt sich sehr zügig lesen. Die Handlung hat mich von Anfang an gefesselt, Spannung wird schnell aufgebaut und bleibt durchgehend hoch.
Besonders gut gefallen hat mir, dass man dem Verlauf der Geschichte trotz mehrerer, zunächst anscheinend völlig voneinander unabhängiger Handlungsstränge, sehr gut folgen kann. Ich habe zu keiner Zeit den Überblick verloren und war stets mittendrin im Geschehen.

Hauptschauplatz ist Frankfurt am Main. Dieser Part der Geschichte ist rasant und actionreich. Gemeinsam mit Roger und Kim – die beiden lernen sich in der VIP-Lounge am Flughafen kennen – flieht man vor einem chinesischen Gangsta-Rapper und versucht dann dem Rätseln eines mit 666 Diamanten besetzten Dildos auf die Spur zu kommen.

In Paris im Louvre fallen Stephan Veith Unstimmigkeiten an der Krakelüre von da Vincis „Madonna in der Felsengrotte“ auf. Eine Entdeckung, die für Stephan ungeahnte Folgen haben wird.

Es gibt auch einen Handlungsstrang, der einige Jahre in der Vergangenheit spielt und dem Leser in Form von Tagebucheinträgen präsentiert wird. Dieser Teil entpuppt sich als dramatische Lebensbeichte – nicht nur die Geschichte, die der Tagebuchschreiber erzählt, ist spannend, auch das Spekulieren über die Zugehörigkeit dieses Parts zum restlichen Geschehen des Krimis macht Spaß.

Mir hat dieser Krimi sehr gut gefallen. Viele Überraschungen und Wendungen lassen keine Langeweile aufkommen, man wird durchweg prima unterhalten.

Bewertung vom 19.03.2015
Die Frauen der Rosenvilla
Simon, Teresa

Die Frauen der Rosenvilla


ausgezeichnet

Dresden. Nachdem Anna Kepler die alte Familienvilla liebevoll restauriert und gerade ihre zweite Chocolaterie in der Altstadt eröffnet hat, möchte sie jetzt auch den zur Rosenvilla gehörende Garten in neuem Glanz erstrahlen lassen. Beim Anlegen eines Beetes stößt sie auf eine vergrabene Schatulle, die neben zahlreichen Erinnerungsstücken auch eine Vielzahl loser Blätter enthält, herausgerissen aus unterschiedlichen Tagebüchern…

In „Die Frauen der Rosenvilla“ erwartet den Leser eine geheimnisvolle Familiengeschichte über mehrere Generationen mit interessanten Charakteren und rätselhaften Verwicklungen.

Teresa Simon schickt ihre Protagonistin auf spannende Entdeckungsreise und lässt die wechselvolle Geschichte der Schokoladendynastie Klüger/Kepler für Anna und den Leser mittels der gefundenen Tagebuchseiten Revue passieren. Man kann dabei die schönen, heiteren Momente ebenso spüren, wie die Ängste, Sorgen und Hoffnungen der Akteure.

Die Autorin baut durch die Geheimnisse, die sich in und um die Rosenvilla ranken, eine tolle Spannung auf. Man wird hineingezogen in einen Strudel aus vergangenen und aktuellen Geschehnissen und während man Anna durch ihren turbulenten Alltag begleitet, werden die zurückliegenden Ereignisse Stück für Stück ans Tageslicht befördert.

Eine besondere Herausforderung an den Leser stellt Teresa Simon, indem sie die Geschichte nicht chronologisch erzählt, sondern munter zwischen den Generationen hin und her springt. Es ist daher vorteilhaft, sich beim Lesen einen kleinen Stammbaum anzulegen, um den Geschehnissen besser folgen zu können.

„Die Frauen der Rosenvilla“ ist ein rundum gelungener Roman. Ich konnte bis zum Schluss mit Anna mitfiebern und wurde durchweg bestens unterhalten.

Bewertung vom 18.03.2015
Waidwund
Stadler, Max

Waidwund


ausgezeichnet

Ein bayrisches Dorf unweit der tschechischen Grenze. Hier regiert Großbauer Hans Nübler rücksichtslos und nur auf seinen Vorteil bedacht – bis ihm jemand auf übelste Weise den Garaus macht.
Während Polizist Peter Leitner und sein Kollege Scholtyssek die Kripo Regensburg bei der Mördersuche als Ermittler vor Ort unterstützen und die Dorfjugend mit Tim Novak als Ideenschmied engagiert eigene Wege geht, um ihren Idealen Nachdruck zu verleihen, verschwindet Xaver Nübler im fernen Afrika spurlos…

Auf diesen Krimi aufmerksam geworden bin ich durch den Titel, denn der Begriff „waidwund“ war mir nicht bekannt. Mittlerweile bin ich schlauer: waidwund ist Jägersprache und bedeutet, dass ein Tier durch einen Schuss in die Eingeweide schwerstverletzt wird. Es geht in diesem Krimi also um die Jagd? Ja, geht es - aber das ist noch lange nicht alles…

Max Stadler hat einen angenehm zügig zu lesen den Schreibstil. Dank der detaillierten Beschreibungen und ausführlichen Schilderungen kann man dem Geschehen trotz der drei zunächst weitestgehend voneinander unabhängigen Handlungsstränge sehr gut folgen.
Ganz hervorragend gelungen sind dem Autor die Beschreibungen der Handlungsorte - ich konnte mir die Schauplätze sowohl in Bayern wie auch in Afrika sehr gut vorstellen. Auch die jeweilige Atmosphäre ist rundum stimmig.

Die Ermittlungen in dem Kriminalfall gestalten sich als schwierig. Es gibt zahlreiche Motive und noch mehr mögliche Täter, denn Hans Nübler hat sich im Dorf wie ein mieser König aufgeführt und ist mit seinem Verhalten und seinen egoistischen Plänen für die Region vielen Mitmenschen auf die Füße getreten.
Auch Polizist Leitner macht aus seiner Abneigung gegen die Großbauern-Sippe keinen Hehl. Er sagt, was er denkt und kuscht vor niemandem. Das macht ihn äußerst sympathisch. Besonders gut gefallen hat mir, dass Max Stadler Leitner mit einer großzügigen Portion an schwarzem Humor ausgestattet hat.

„Waidwund“ ist ein Krimi, der nicht nur spannende Unterhaltung bietet und zum Miträtseln einlädt, sondern der auch auf die Probleme und Missstände an den jeweiligen Schauplätzen aufmerksam macht. Es geht in diesem Krimi um Menschen, die verhindern wollen, dass unsere Welt waidwund zugrunde geht. Manche wollen einfach nur aufrütteln und auf die Missstände aufmerksam machen. Andere wollen sich an den Übeltätern rächen. Wollen mittels Selbstjustiz für Gerechtigkeit sorgen und gehen dabei eiskalt und brutal vor. „Waidwund“ ist spannend, tiefgründig, gesellschaftskritisch – absolut lesenswert.

Bewertung vom 17.03.2015
Skarabäus und Schmetterling
Büchle, Elisabeth

Skarabäus und Schmetterling


ausgezeichnet

Elisabeth Büchle wartet in „Skarabäus und Schmetterling“ mit einem tollen Mix aus Abenteuer, Spannung, Romantik und Humor auf. Der Aufbau der Handlung hat mir sehr gut gefallen. Die Autorin hat die auf unterschiedlichen Zeitebenen spielenden Abenteuer von Sarah und Rahel nicht miteinander vermischt, sondern erzählt deren mitreißende Geschichten nacheinander.

Der Roman beginnt mit einem kurzen Ausflug in das Jahr 1327 v. Chr. nach Ägypten. Hier begegnet man Schöne Sonne und Wüstensturm, die sich gemeinsam auf den Weg an den See Genezareth machen, eine reich verzierte Truhe im Gepäck...

Dann folgt ein Zeitsprung in das Jahr 1922. Dieser erste Teil des Romans spielt fast ausschließlich in Ägypten. Gemeinsam mit Sarah Hofmann und deren Ziehmutter Lady Alison Clifford geht es von England aus nach Luxor. Alison ist eine sehr sympathische, reiche, abenteuerlustige, verwitwete Adlige, die es sich in den Kopf gesetzt hat, Howard Carter und dessen Ausgrabungsstätten zu besuchen.
Mit detailreichen Beschreibungen und ausführlichen Schilderungen zeichnet Elisabeth Büchle ein sehr spannendes Bild rund um die Ausgrabungen im Tal der Könige. Man kann die aufgeregte Stimmung aller Beteiligten sehr gut spüren, als Howard Carter das Grab Tutanchamuns entdeckt. Auch Luxor und besonders das Hotel „Winter Palace“ werden von der Autorin hervorragend in Szene gesetzt.
Wirklich genießen können die zurückhaltende Sarah und die quirlige Alison ihren Aufenthalt nicht, denn es kommt zu einigen mysteriösen Unfällen und Anschlägen – hier tut sich eine sehr verzwickte Geschichte auf, denn jeder der Akteure scheint so seine Geheimnisse zu haben. Immer wenn es für Sarah brenzlig wird, ist einer ihrer Reisebekanntschaften zur Stelle. Doch meinen Andreas Sattler und Jacob Miller es ehrlich? Oder sind die beiden gefährlich?
Elisabeth Büchle versteht es äußerst geschickt, den Leser in ein raffiniertes Verwirrspiel zu ziehen. Man weiß irgendwann nicht mehr, wer mit seiner Geheimniskrämerei eigentlich Gutes im Sinn hat und wer Böses im Schilde führt.

Nach einem weiteren Zeitsprung ins Jahr 2011 lernt man Rahel Höfling kennen. Sie ist Praktikantin im Neuen Museum in Berlin und wird plötzlich mit dem Vorwurf konfrontiert, verbotenerweise im Besitz von Tutanchamun-Artefakten zu sein. Nicht nur der auf Rahel angesetzte Europol-Mitarbeiter Duke Taylor verfolgt die junge Frau, auch Unbekannte machen Rahel das Leben schwer. Da ist es gut, dass sie sich auf ihre Freunde Emma und Daniel Ritter sowie auf ihren früheren Klassenkameraden Falk Jäger verlassen kann.

Die Schauplätze des zweiten Teils sind vor allem Berlin und England. Die Handlung ist ähnlich dramatisch wie im ersten Teil, wird aber um einiges actionreicher. Gejagt von den Unbekannten begibt sich Rahel mit ihren Freunden auf eine aufregende Flucht. Auch hier schafft es Elisabeth Büchle, den Leser an der Nase herumzuführen, denn die Drahtzieher der Überfälle auf Rahel bleiben bis zum Schluss im Dunklen.

Elisabeth Büchle verleiht ihren Figuren schnell eine Persönlichkeit, die Akteure werden allesamt lebhaft und facettereich dargestellt, selbst kleinste Nebenfiguren wirken nicht oberflächlich, sondern bereichern die Szenerie außerordentlich. Besonders begeistert hat mich Falk Jäger. Wann immer er die Bühne betritt, sorgt er mit seiner guten Laune und vielen frechen Sprüchen für beste Unterhaltung.

„Skarabäus und Schmetterling“ ist ein großartiger Roman, der mit zahlreichen Überraschungen für spannende Lesestunden sorgt. Vor allen Dingen das Miträtseln und Spekulieren über die Identität der Übeltäter hat mir riesigen Spaß gemacht.

Bewertung vom 16.03.2015
Januskinder
Richmann, Marcus

Januskinder


ausgezeichnet

Zürich. Die neun Monate alte Jacqueline Schöllhorn wurde entführt, doch der Entführer meldet sich nicht, eine Lösegeldforderung bleibt aus. Wenige Tage später findet ein Obdachloser das kleine Mädchen tot auf einer Baustelle. Sie ist verdurstet. Kurz darauf wird im Hinterhof eines Restaurants zwischen Müllsäcken die Leiche eines zweiten Kleinkindes gefunden – Identität unbekannt. Hat derselbe Täter ein zweites Mal zugeschlagen? Eine fieberhafte Spurensuche beginnt - der Druck auf die Ermittler wächst, als ein weiteres Kind entführt wird…

„Januskinder“ ist bereits der 3. Fall für Maxim Charkow - für mich war dieser Einsatz in Zürich der erste, den ich mit dem russischstämmigen Chefermittler erleben durfte.
Auch ohne Kenntnis der ersten beiden Bände war ich schnell mit den Akteuren und ihren Eigenarten vertraut und hatte zu keiner Zeit das Gefühl, dass mir wichtige Informationen fehlen würden.

Maxim Charkow ist ein emotionaler Ermittler. Sehr aufbrausend, wenn es um die grausamen Taten geht, hat er auch eine melancholische Seite. Bei seinen Ermittlungen geht er äußerst sorgfältig und objektiv vor. Besonders beeindruckt hat mich der Mittvierziger mit seinem guten Gespür für seine Mitmenschen und seiner Fähigkeit, sich schnell auf eine gegebene Situation einzustellen.

Zunächst scheinbar gänzlich voneinander unabhängige Handlungsstränge wachsen nach und nach zusammen. Während Charkow und sein Team versuchen, den Tätern auf die Spur zu kommen und in verschiedenen Richtungen ermitteln, stellt Psychologin Gabriela Goldsachs - neben ihrer Arbeit für die Polizei - Nachforschungen zu einer Patientin an, zu der sie einfach keinen Zugang findet. Man spürt beim Lesen, dass sowohl die polizeilichen Ermittlungen wie auch Gabrielas Recherchen zusammenhängen müssen, aber man bekommt den verknüpfenden Faden einfach nicht zu packen – ein sehr verzwickter, äußerst spannender Fall!! Man kann durchweg sehr gut Miträtseln und Mitgrübeln und wird dann am Ende von den grausamen Hintergründen fast erschlagen.

Neben Prostitution, Menschenhandel und Kindesmissbrauch greift Marcus Richmann ein düsteres Kapitel der schweizerischen Sozialgeschichte auf – fürsorgerische Zwangsmaßnahmen. Ein Thema, das mir bisher nicht bekannt war und mich einfach sprachlos macht. Menschenrechtsverletzungen auf Behördenentscheid - und das bis in die späten Jahre des 20. Jahrhundert. Personen, deren Lebensweise nicht den gängigen Vorstellungen von Moral und Ordnung entsprach, wurden zu unfassbaren Maßnahmen verurteilt, von Zwangsabtreibungen über Fremdunterbringungen bis hin zur Einweisung in Heime, Heil- oder Strafanstalten und das für die Betroffenen ohne ein gerechtes Verfahren oder die Möglichkeit, sich zu den Vorwürfen zu äußern.

Die möglichen dramatischen Auswirkungen und Folgen solcher Maßnahmen hat Marcus Richmann mit einer fesselnden Krimihandlung verwoben. „Januskinder“ ist ein mitreißend erzählter Krimi, der mir ein paar sehr spannende Lesestunden beschert hat.

Bewertung vom 05.03.2015
Die Todesgeigerin
Walz, Paul

Die Todesgeigerin


ausgezeichnet

Trier. Sieglinde Strabetz wacht mitten in der Nacht auf. Die alte, alleinlebende Frau hat das Gefühl, jemand wäre in ihrer Wohnung. Kurz darauf ist sie tot. Erst vier Monate später wird ihre mumifizierte Leiche gefunden…

„Die Todesgeigerin“ ist bereits Johannes Lichthaus’ 3. Fall - für mich war dieser Einsatz in Trier der erste, den ich mit dem sympathischen Kommissar und seinem Team erleben durfte. Auch ohne Kenntnis der vorhergehenden Bände habe ich die Akteure gut kennengelernt und hatte zu keiner Zeit das Gefühl, dass mir wichtige Informationen fehlen würden.

Paul Walz beginnt diesen Krimi mit einem ergreifenden Prolog. Bevor die alte Dame von ihrem Angreifer ermordet wird, erfährt der Leser ihre Gedanken. Sie erzählt von der Einsamkeit und dem Alleinsein, von der Anonymität in ihrem Wohnblock und man fragt sich als Leser gleich, wie vielen Menschen es wohl ähnlich geht wie Sieglinde Strabetz, wie viele zurückgezogen und ohne jeglichen Kontakt zu ihren Mitmenschen leben.
Sieglinde Strabetz hatte ein Schlupfloch gefunden: Das Internet. Ein Senioren-Chat, der ihr Ablenkung und eine Fluchtmöglichkeit aus der Isolation bietet - ein kleiner Lichtblick, der ihr zum Verhängnis werden sollte…

Das Raubmörder-Pärchen Tekki und Dave hat es sich zur Aufgabe gemacht, einsame, alte Menschen von ihrem „Leid“ zu befreien und aktive Sterbehilfe zu leisten. Natürlich ohne zu fragen, ob die alten Menschen diese Unterstützung überhaupt wollen. Das Vertrauen ihrer Opfer erschleicht das Duo sich in Senioren-Chatrooms, geschickt horchen sie die Teilnehmer aus, denn nur gut betuchte Rentner ohne Angehörige sind ihr Ziel.

Obwohl Paul Walz den Leser nicht lange im Dunklen tappen lässt und ruckzuck die Identität der Mörder präsentiert, bleibt die Spannung durchgehend auf einem hohen Level, denn die Ermittler drohen zu scheitern – nach einem missglückten Einsatz wollen sich partout keine neuen Hinweise auftun. Außerdem hinken Lichthaus und Co. der rasanten Entwicklung in der Cyberwelt hinterher und können in diesem Bereich mit den raffinierten Tätern einfach nicht mithalten.

Ein weiteres spannendes Thema ist neben der Internetkriminalität die forensische Linguistik. Es hat mich fasziniert, wie man durch die Analyse von Wortschatz, Satzbau, Grammatik, Rechtschreibung und Zeichensetzung einem Täter auf die Schliche kommen kann.

Zusätzlichen Schwung bekommt der Krimi durch das lebhafte Privatleben der Ermittler, besonders Lichthaus’ Familienleben ist mit einigen Hochs und Tiefs gespickt - das lockert die Krimihandlung auf und macht das gesamte Geschehen noch authentischer.

„Die Todesgeigerin“ ist ein fesselnder, angenehm zügig zu lesender Krimi, der nicht nur spannende Unterhaltung bietet, sondern den Leser durch die aktuellen Themen zum Nachdenken ermuntert.

Bewertung vom 25.02.2015
Das Erbe der Madame Dupont
Hammers, Iris

Das Erbe der Madame Dupont


gut

Lyon. Helen Ruben ist mit ihrer Familie neu in der Stadt. Während ihr Mann Gregor vollauf damit beschäftigt ist, seine Position in der neuen Firma zu festigen und Sohn Max in der neuen Schule schnell Anschluss findet, gestaltet sich der Alltag für Helen zäh. Ihr liegt die Sprache nicht und es fällt ihr schwer, neue Bekanntschaften zu schließen. Das ändert sich, als Helen ihre Nachbarin Jeanne Dupont kennenlernt. Jeanne teilt Helens Leidenschaft fürs Kochen, ihre Neffen Paul und Maurice sind sogar Inhaber des angesagtesten Restaurants in der Stadt. Die Frauen freunden sich an und Helen lernt den charismatischen Maurice kennen, nicht ahnend, wie gefährlich der Mann für sie und ihre Familie werden soll…

Der Klappentext von „Das Erbe der Madame Dupont“ verspricht ein sinnlich-spannendes Leseerlebnis und hat mich eine geheimnisvolle Familiengeschichte rund um ein exklusives Gourmetrestaurant erwarten lassen.

Leider konnte mich die Geschichte nicht durchweg begeistern. Anfangs war ich noch gespannt darauf, wie Helen und ihre Familie sich in Lyon einleben werden und was Helen erwartet, als sie einen Kochkurs in dem Restaurant von Jeannes Neffen belegt – doch die Handlung bleibt recht oberflächlich, eine geheimnisvolle Spannung wollte nicht aufkommen. Ungefähr ab Mitte des Buches wurden einige Geschehnisse für mich nicht mehr nachvollziehbar. Besonders Jeanne, die ich als sehr sympathische und unkomplizierte Frau kennengelernt habe, wartet plötzlich mit einem unverständlichen Verhalten auf. Hinzu kommt, dass der Verlauf der Geschichte immer vorhersehbarer wird, so dass das Ende für mich keine wesentlichen Überraschungen mehr im Gepäck hatte.

Auch das Drumherum um die eigentliche Geschichte hat mir gefehlt. Gerne hätte ich mehr von Lyon „gesehen“ und noch lieber hätte ich dem Gourmetkoch Paul bei der Zubereitung der herrlich klingenden Speisen über die Schulter geschaut. Beide Themen kommen bedauerlicherweise viel zu kurz.

Mehrere Rückblenden in die Jahre 1968 bis 1983 haben es in sich – die Autorin erzählt von dem Schicksal zweier Jungen, die mit ansehen müssen, wie ihr gewalttätiger Vater ihre Mutter über Jahre schwer misshandelt und missbraucht. Diese Abschnitte sind mitreißend, weil man ständig darauf lauert, dass endlich jemand dem Vater das Handwerk legt.

„Das Erbe der Madame Dupont“ hat mich anfangs gut unterhalten, hat mir aber leider nicht das spannende Leseerlebnis beschert, dass ich erwartet hatte.