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Benutzername: 
vielleser18
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Hessen
Über mich: 
Ich lese querbeet, am liebsten aus den Bereichen Historisch, Krimi/Thriller, Frauen und Fantasy

Bewertungen

Insgesamt 831 Bewertungen
Bewertung vom 10.02.2016
Neringa
Moster, Stefan

Neringa


sehr gut

Dies Buch wird aus Sicht eines namenlosen Protagonisten erzählt. Nur einmal wird erwähnt, er trüge den gleichen Namen wie ein gesteinigter Märtyrer, heißt er also Stefan ? Das gesteinigte passt auch zu dieser Geschichte, denn steinige Wege, ein steiniger Beruf und eine steinige Zeit ziehen sich durch die Erzählung.

Aber wieder zum Anfang. Als der 50jähirge Protagonist, der aus Mainz stammt, aber beruflich in London lebt, eines Tages spontan in eine Kinovorstellung geht, sieht er in einer Szene am Mont-Saint-Michel, die in ihm eine Gedanken- und Erinnerungsflut auslöst.

Die Erzählung springt - genau wie seine Gedanken- zwischen seiner einesamen Jetzt-Zeit, seinen Erinnerungen an seinen Großvater Jakob (der jahrelang als Pflasterer gearbeitet hat), aber auch an seine eigene Kindheit und Jugend hin und her.
Man muss manchmal sehr genau lesen, in welcher Zeit man sich gerade befindet.

Unser Protagonist fängt in London auch an seine Umwelt genauer zu betrachten. Allen voran seine Putzfrau, die jeden Dienstag seine Wohnung und seine Wäsche sauber macht. Bisher war er meist an der Arbeit, hat ihr nur das Geld auf den Tisch hinterlassen. Nun aber lernt er Neringa kennen und vor allem fängt er an sich Gedanken um und über sie zu machen.

Diese Geschichte, aus der ich-Perspektive erzählt, ist eine Abrechnung mit der Vergangenheit, eine Besinnung auf die familären Wurzeln, aber auch auf sich selbst.

Din Geschichte wurde sprachgewaltig erzählt.

"Die Formel lautete vielmehr: Wenn ich etwas wollte, verließ ich die Spähre der Demut und maßte mir an, was mir nicht zustand. Und wenn ich etwas wollte, was den Wünschen eines anderen widersprach, verursachte ich ein Problem. Dann war ich kein guter Mensch mehr und hasste mich deswegen". /Zitat, S. 69

Diese Einstellung, diese Unterdrückung von Wünschen, dieses sich nicht äußern können, staut Aggressionen bei ihm auf, führt ihn zum Therapeuten, lässt ihn bindungslos altern. Nun mit 50 macht er sich Gedanken über sich und seine Wurzeln.

Auch wenn man gerade in der Mitte des Buches ab und an ins Zweifeln gerät, weil man nicht weiß, wohin uns der Autor mit dieser Geschichte führen möchte, klärt es sich, wenn man am Ende angekommen ist, der Autor rundet das Bild ab und schließt den Kreis der Erzählung.

Es ist eine ruhig erzählte Geschichte, die trotz kleiner Längen überzeugend erzählt wurde .
Viele Fragen werden angesprochen, die man sich in der MItte des Lebens wohl alle so selber stellen kann. Ein Blick auf die Vergangenheit, war sie wirklich so glorreich? Hatten unsere Vorfahren ein besseres Leben ? Was ist heute wichtig ?Auf diese Spuren begibt sich der Protagonist, kramt seine Erinnerungen hervor und versucht mehr heraus zu finden. Doch auch die Fragen der Zukunft werden gestellt. Was bleibt von einem selbst ? Gerade dann, wenn man wie der Protagonist keine Kinder in die Welt gesetzt hat ? Wofür lebt man ? Für die teure Uhr am Handgelenk ? Für das finanzielle Polster, angelegt in Aktienpaketen ?
Was bedeutet Heimat ? Was bedeutet der Einzelne ?
Es sind die Fragen nach den Spuren der Vergangenheit und den eigenen Spuren.

Man muss das Buch erst zu Ende lesen um feststellen und beurteilen zu können, auf welche (manchmal steinige) Wege uns der Autor mitgenommen hat. Es ist ihm jedenfalls gelungen diese Geschichte authentisch, präzisse und sprachlich gekonnt zu erzählen.

Bewertung vom 10.02.2016
Das Haus des Windes
Erdrich, Louise

Das Haus des Windes


ausgezeichnet

Joe lebt mit seiner Familie in einem Indianerreservat in North Dakota. Es ist das Jahr 1988, Joe ist 13 und schwärmt für Star Treck-The Next Generation. Er und seine Freunde sind eigentlich noch Kinder, an der Schwelle zum Erwachsen werden, Joe beginnt für seine Tante Sonja zu schwärmen. Doch dann kommt ein Sonntag, der nicht nur sein Leben völlig umkrempelt. Joe´s Mutter kommt von einem Ausflug nicht zurück. Als sich Joe und sein Vater auf die Suche begeben, kommt sie ihnen entgegen. Traumatisiert und verletzt. Vergewaltigt. Zum Täter macht sie keine Angaben, sie spricht nicht mehr, isst nicht, zieht sich zurück. Wer hat ihr das angetan ?
Joe macht sich mit seinen Freunden auf die Suche ......

Luise Erdrich hat sich gekonnt in die Haut des 13jährigen versetzt. Joe ist inzwischen erwachsen und erzählt von diesem besonderen Jahr, dass nicht nur ihn verändert hat. Erzählt chronologisch und mit einem ruhigen Erzählfluss.
Im Vordergrund steht natürlich die Verbrechersuche, aber auch viele Momente drehen sich um Joe und seine Freunde, die begonnen haben sich für das andere Geschlecht zu interessieren. Sie erleben das Jahr 1988 mit all ihrem Drang der Neugierde, dem Hunger und mit dem Ehrgeiz um Gerechtigkeit.
Die Autorin lässt uns aber auch Einblick haben in das Leben in einem Reservat und über althergebrachte Geschichten. Dabei lernen wir in den Nebenrollen viele Menschen kennen, die das Leben rund um Joe prägen und so manch eine Szene wird hierbei sehr humorig erzählt und das lockert das ganze - auch dramatische - Geschehen auch wieder gekonnt auf.
Es geht vor allem um die Rechte der Indianer bzw. um die unterschiedliche Rechtssprechung die in den USA herrschen. Es gibt Stammesrechte und Bundesrechte, es zählen die Orte auf denen ein Verbrechen statt gefunden hat und das entscheidet wie und ob ein Verbrechen bestraft werden kann.
Und es geht um das unterschiedliche Ansehen, so erlebt der Leser mit, wie diskriminierend Joe z.B. im Krankenhaus behandelt wird.

Es ist eine ruhige Erzählart, man erlebt diesen Sommer mit und da passiert nicht jeden Tag etwas neues, da erlebt Joe z.B. auch einfach nur glückliche Tage mit seinen Freunden und muss abends miterleben, wie sich seine Familie verändert hat.
Langweilig wird es kaum, wechseln sich doch die Situationen, der Humor mit der Spannung, die pubertierenden Gedanken mit der indianischen Geschichte gekonnt ab.
Aber erst am Ende kommt noch einmal richtig Dynamik in die Geschichte.
Mit vielen Gedanken schießt man hinterher das Buch, auch im Nachwort zeigt die Autorin die Ungerechtigkeit noch einmal auf. Hoffen wir, dass es zu einem Umdenken und zu einer anderen Rechtssprechung führen wird.

Bewertung vom 06.02.2016
Ein guter Tag zum Leben
Genova, Lisa

Ein guter Tag zum Leben


ausgezeichnet

Joe ist 44 und mit Leib und Seele Polizist in Boston. Er ist verheiratet und Vater von vier erwachsenen Kindern. Alles ist bestens, er ist glücklich. Doch dann fangen die ersten Probleme an. Sachen, die ihm aus der Hand gleiten, Wutausbrüche und Probleme in den Knien. Zuckende Beine. Als seine Frau ihn endlich überreden kann, zum Arzt zu gehen, ahnt er nichts schlimmes. Doch die Diagnose wirft nicht nur sein Leben durcheinander, sondern auch das seiner Kinder. Die Diagnose ist hart : Chorea Huntington. Eine dominate Erbkrankheit, die er mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % weiter gegeben hat.


Für mich war es das erste Buch von Lisa Genova, obwohl ich schon viel von ihren Bücher gehört habe. "Still Alice" ist sogar schon verfilmt worden. Die Autorin setzt sich in ihren Büchern immer mit verschiedenen Krankheiten auseinander. Diesmal hat sie der mir bis dato fast unbekannten Krankheit Huntington ein Gesicht gegeben. Eine Krankheit, unter der in Deutschland etwa 10.000 Menschen leiden.
Am Beispiel einer Familie, den O´Brians, lässt sie uns nicht nur teilhaben an den Auswirkungen der Krankheit, sondern vor allem mit den psychischen Problemen, die dadurch ausgelöst werden.
Soll ich mich testen lassen ? Da Huntigton eine Krankheit ist, die ausgelöst wird durch ein Gendefekt, lässt sich schon früh herausfinden, ob man betroffen ist. Die Krankheit selber bricht erst in "den besten Jahren" aus, meistens zwischen 25 und 45.

Weder kitschig, noch zu emotional, dennoch sehr unter die Haut gehend, schildert Lisa Genova am Beispiel dieser Familie, die ersten Anzeichen, die Veränderungen, aber auch die anderen Probleme, die diese Krankheit verursacht. Sie erzählt aus Sicht des Vaters Joe und abwechselnd auch von der jüngsten Tochter Katie. So bekommt der Leser Einblick in die Gedanken und Gefühle zweier Generationen. Interessant sind auch immer wieder die fachlichen Einschübe, Erklärungen zur Krankheit, die die Autorin vor manche Abschnitte gesetzt hat.

Ausführlich und ergreifend schildert sie am Ende noch im Nachwort, wie sie für dieses Buch recherchiert hat.

Fazit:
Eine Geschichte, die unter die Haut geht und einer seltenen, aber schlimmen Krankheit ein Gesicht gibt. Lesen !!!

Bewertung vom 31.01.2016
Der goldene Sohn
Gowda, Shilpi Somaya

Der goldene Sohn


ausgezeichnet

Anil kommt aus einem kleinen indischen Dorf, er ist der Älteste der fünf Geschwister und wird schon früh von seinem Vater in das alltägliche Leben herangeführt, besonders wenn es um die Schiedsversammlungen geht, die sein Vater leitet. Denn Anils Weg zur Nachfolge seines Vaters ist eigentlich vorherbestimmt. Doch seine Eltern fördern ihn, so daß er Medizin studieren kann und für seine praktischen Jahre Erfahrungen in Dallas sammeln kann. So macht sich der junge Inder auf in eine ferne, für ihn fremde Welt.

Zurück lässt er auch Leena, eine Freundin aus Kindertagen. Auch Leenas leben scheint vorherbestimmt. Ihre Eltern suchen für die junge Frau einen aussichtsreichen Heiratskandidaten. Das ist nicht einfach, vor allem, da sie wenig MItgift zahlen können.

Die Autorin, Shilpi Somaya Gowda, ist in Kanada aufgewachsen, doch ihre Eltern kommen aus Mumbai. Sie hat mich schon mit ihrem ersten Buch " Die geheime Tochter" überzeugen können und hat mich gefangen genommen, mit ihrem Erzählstil und mit ihrer Geschichte.

Auch diesmal sind es die verschiedenen Welten, Indien und die UsA, die in dieser Geschichte aufeinander prallen. Es geht um die verschiedenen Kulturen - wie das indische Dorfleben doch so ganz anders verläuft als das amerikanische Großstadtleben. Es geht um - das schon längst verbotene - Mitgiftgebaren in Indien, genauso wie Ausländerfeindlichkeit in Amerika. Es geht um Familenbande, um die Tiefen und Anstrengungen, die es bedeutet als Arzt in Ausbildung zu sein, um Entscheidungen, um Verluste, um Kämpfe um und mit Patienten.
Es geht auch um Demütigung, Ausnutzung, um entsetzliche Abhängigkeiten.
Es geht aber auch um Freunde, um Liebe und um das schöne Leben, egal auf welchem Kontinent.

Die Autorin erzählt wechselseitig von Anil und Leena, sie schreibt in einem mitreissenden Erzähl- und Schreibstil, so dass wir mitfühlen und mitleiden, aber uns auch mitfreuen können. Sie hat mich begeistert, hat mich in eine fremde Welt entführt .

Fazit:
Ein wundervolles Buch, dass nie langweilig wird und am Ende noch überrascht. Überzeugend, authentisch, beeindruckend.

Bewertung vom 15.01.2016
Ich fliege mit zerrissenen Flügeln
Müller, Raphael

Ich fliege mit zerrissenen Flügeln


ausgezeichnet

Raphael Müller, Jahrgang 1999, hatte schon im Mutterleib einen Schlaganfall. Erst nach etwa 8 Monaten, bei der U5, wurde die Diagnose bekannt, auch die Schwere, die die Beeinträchtigung mit sich bringen würde.
Auch heute kann Raphael nicht sprechen und sitzt im Rollstuhl. Doch wer von seinen körperlichen Gebrechen auf geistige Schwäche tippt, der liegt mehr als falsch.
Ich darf hier seine Mutter zitieren:
" Er besitzt die Weisheit eines 80jährigen, den Verstand eines Erwachsenen, die Emotionen eines Jugendlichen und den Körper eines Babys".

Lange konnte Raphael nicht mit seiner Außenwelt kommunizieren, anfangs verständigte er sich nur mittels Fingerzeichen, doch schon im Vorschulalter eignete er sich selbständig das Lesen, Schreiben und Rechnen an. Mithilfe einer Technik, die sich "Gestütztes Schreiben" nennt, kann er sich mit Hilfe seiner Mutter oder seiner Schulbegleitung verständigen. Dadurch kann er sich mitteilen, kann er seine Gedichte, seine Gedanken, seine Romane in Worte fassen.
U.a. sind auch bereits zwei Bände seiner Fantasygeschichte um die Zwergenzwillinge Asa und Gasa im Buchhandel erhältlich.


Raphael ist nicht nur körperbehindert, er ist auch Autist und Epileptiker, aber auch Autodiktat und Genie und hat dadurch eine ganz andere Sicht auf "unsere" Realität. Er beschreibt es in seinem Buch so, als würden wir Menschen alle in einem Haus leben, die meisten schauen durch ein Fenster nach vorne auf die Straße, während andere nach hinten hinaus in den Garten schauen.
Jeder hat eine andere Sicht, sieht eine andere Realität, dennoch ist die eine nicht schlechter als die andere, nur anders.

In seinem Buch "Ich fliege mit zerrissenen Flügeln", dass er bereits 2013 geschrieben hat, erzählt er von seinem Werdegang, seinen frühkindlichen Erinnerungen, seiner Schullaufbahn, seinen Auszeichnungen und Erfolgen, seinen Gedankenflügen, aber auch von seinen Schmerzen und seinen schlechten Tagen. Vor allem aber lässt er uns teilhaben an seinem festen Glauben, seinem Mut, seinem Wissen und vor allem an seinen berührenden Gedichten.

Er schreibt in einem Gedicht vom 29.05.2010
".......Wenn man dem Anderssein eine Chance gibt,
wenn man nicht einfach flieht,
wenn man einen Sinn in allem sieht,
und dankbar ist, trotz allem, was geschieht,
dann, ja dann ist es gut so, wie es ist......"

oder aus einem Gedicht vom 02.12.2007 betitelt mit "Der Zaun",
schreibt er am Ende:
".....Es sind die wahren Zäune wohl
in den Herzen und Köpfen der Menschen verborgen.
Morgen, so hoffe ich,
werde diese Zäune niedergerissen,
dann haben Gedanken freien Lauf,
und das Leben auch!"

Es ist ein Buch, das ganz anders ist, als ich anfangs dachte. Ein Buch, durch das ich nicht nur die Geschichte Raphaels kennen lernen durfte, sondern dass eindringlich nicht nur mir klar macht, dass man niemanden unterschätzen sollte, dass man nicht nur nach Schein und Sein beurteilen darf, dass man hinterfragen sollte und vor allem niemanden ausgrenzen darf. Weder Behinderte, noch Alte, noch sonst einen Menschen.
Daher fordert Raphael vehement und zu Recht mehr Inklusion statt Ausgrenzung.
Trotz aller Schmerzen und großen körperlichen Einschränkungen hat er den Blick fest nach vorne gerichtet, bleibt fest in seinem Glauben und denkt positiv. In unserer meist gesunden, ach so schnelllebigen Zeit, wo wir oftmals wie blind durch unseren Tag stolpern, ist seine Geschichte ein großer Ansporn für Veränderungen.

Bewertung vom 06.01.2016
Die Nacht schreibt uns neu
Atkins, Dani

Die Nacht schreibt uns neu


sehr gut

Emma ist mit ihren zwei besten Freundinnen auf dem Rückweg von ihrem Junggesellinnenabschied, als ein schrecklicher Unfall alles zunichte macht. Amy, die auf dem Beifahrersitz saß, wird aus dem Auto geschleudert und stirbt. Emma selbst überlebt nur, weil ein anderer Autofahrer anhält und sie aus dem Auto befreit. Der Retter ist Jack, ein überaus gut aussehender Amerikaner, der in der Nähe wohnt um für ein neues Buch Recherche zu betreiben.

Die Hochzeit mit Richard wird verschoben. Emma, die seit dem fortgeschrittenen Demenzstadium ihrer Mutter wieder bei ihren Eltern wohnt, ist nicht nur zur Tode betrübt über den Verlust ihrer Freundin, sondern sie beginnt in Jack mehr zu sehen, als ihren Retter.
Spielt dabei nur das Adrenalin und die überstandene Gefahrensituation eine Rolle ? Oder nur Jack´s blendendes Aussehen ? Dabei ist es doch gerade Richard, der bestens in ihren Freundeskreis integriert ist, der sich auch liebevoll um ihre Eltern kümmert und immer zur Stelle ist, wenn man ihn braucht.
Emma kennt sich selbst nicht mehr.
Doch dann macht sie eine überraschende Entdeckung, die alles ändert.


Dani Atkins hat einen sehr lebendigen Schreibstil. Man kann sich durch sie gut mit Emma identifizieren. Die Autorin rückt in der personalen Erzählform Emma in den Focus, durch sie bekommt der Leser das Geschehen mit. Ihre Zerrissenheit, ihre Tage und Wochen nach dem Unfall, ihr Leben.

Nicht nur die Liebe ist ein zentrales Thema dieses Romans, sondern auch die Verantwortung gegenüber der Familie (hier explizit den Eltern) und vor allem die Demenzkrankheit (der Mutter) mit all ihren Auswirkungen.

Unterbrochen wird die Erzählung immer wieder von kurzen Abschnitten, bei dem es um zukünftiges geht. Übertitelt werden diese Abschnitte mit "Das Ende - Erster Teil", "Das Ende - Zweiter Teil" etc. Dennoch wird dadurch bis zum Ende nichts verraten. Nur dass es um eine Hochzeit geht kann man erraten, aber nicht, wen Emma nun schließendlich heiratet.

Der größte Teil der Geschichte ist meist sehr vorhersehbar. Der Anfang hat mich berührt, der mittlere Teil hat sich für mich etwas gezogen, da fiel es mir schwerer dran zu bleiben, dafür hat die Autorin am Ende doch auch wieder unerwartete Wendungen eingebaut, die mich am Ende teilweise auch wieder überrascht haben.

Fazit:
Eine gut geschriebene Romanze mit teils vorhersehbaren Wendungen.

Bewertung vom 05.01.2016
Sterbegeld / Emilia Capelli und Mai Zhou Bd.3
Winter, Judith

Sterbegeld / Emilia Capelli und Mai Zhou Bd.3


ausgezeichnet

Sterbegeld ist der dritte Roman um das Frankfurter Ermittlerduo Emilia Capelli und Mai Zhou (nach Siebenschön und Lotusblüte).
Ich kenne aber die ersten beide Bände nicht und bin trotzallem gut zurecht gekommen, auch wenn ich mich anfangs etwas in die Personen hineinarbeiten musste. Alle Fälle sind in sich abgeschlossen.

In Sterbegeld geht es um eine grausige Tat, eine vierköpfige Familie wird brutal und kaltmütig ermordet. Darunter auch die zwei Kinder. Der Fall liegt schon acht Monate zurück, aber der Strafverteidiger des in U-Haft sitzenden Verdächtigen beginnt die Untersuchung wieder ins Rollen zu bringen.
Doch das ist nicht der einzige Fall, den die so verschiedenen Ermittlerinnen bearbeiten müssen. Nach dem Tod eines Kollegen in einer Sondereinheit, wird immer mehr klar, dass es in dieser Abteilung einen Maulwurf geben muss. Em und Mai sollen nun herausfinden, wer von ihren Kollegen ein falsches Spiel spielt. Nicht ungefährlich für die beiden.

Judith Winter hat es geschafft, mich in diese Geschichte hineinzuziehen, ich habe mit gerätselt, mit gefiebert und obwohl ich die beiden Vorgängerbände nicht gekannt habe, bin ich schnell warm mit den beiden Ermittlerinnen geworden, die so unterschiedlich sind wie Tag und Nacht.
Es sind mehrere Erzählstränge, die die Autorin zu einem spannenden Psychoplot zusammen verwebt hat. Durch die abwechselnden Erzählebenen bleibt es spannend und ich konnte das Buch spätestens ab der Mitte nicht mehr aus der Hand legen, man muss einfach immer weiter lesen.
Ihr Erzählstil ist sehr lebendig und dadurch fühlt man sich im Geschehen mittendrin, ich konnte mir alles sehr lebhaft vorstellen.

Auch das Ende hat mich überrascht, dennoch ist alles logisch aufgebaut.

Ein spannender Psychothriller, vom Anfang an bis zum Schluß.

Bewertung vom 29.12.2015
Die Todgeweihte
Müller, Titus

Die Todgeweihte


sehr gut

Basel 1348. Jährlich wechseln sich zwei Familien mit dem Bürgermeisteramt ab. In diesem Jahr steht Konrad von Bärenfels der Stadt vor. Dieser ist hochverschuldet, wie viele andere Familien auch, verschuldet bei der jüdischen Minderheit. Konrad hat Pläne, düstere Pläne...
Sein Sohn Thomas, genannt Tam, hat sich in die Jüdin Saphira verliebt. Und sie sich in ihn. Doch ihre Liebe darf nicht sein, ist doch eine Verbindung zwischen dem Katholiken und der Jüdin verboten. Als Tam seinen Freund Christian mit einem Brief zu Saphira schickt, ahnt er nicht, dass dies der Anfang vom Ende ist....

Titus Müller hat mich mit dieser Geschichte mitgenommen in eine ferne, vergangene Zeit. Dabei hat er viele historische Fakten verwoben, hat sie mit Leben und (erfundenen und historischen) Personen gefüllt und sie spannend erzählt.

Es geht hauptsächlich um die drei jungen Personen, Tam, Saphira und Christian, doch auch die Ränke von Tams Vaters, Konrad von Bärenfelse (eine historische Figur übrigens) haben einen großen Raum.
Alle sind sehr unterschiedlich dargestellt, Tam, eher schüchtern und ein Kopfmensch, Saphira, zu leichtgläubig, Christian , einer der nur seinen Spaß möchte und sich viel zu wenig Gedanken um die Folgen macht und Konrad, der buchstäblich über Leichen geht, um des eigenen Vorteils wegen.
Hinzu kommt eine Zeit in Basel, die geschichtsträchtig ist. Ich möchte nicht zu viel verraten, damit die Spannung erhalten bleibt, aber die Stadt hat in dieser Zeit so einiges erlebt. Diese historischen Fakten hat Titus Müller geschickt mit seinen Protagonisten verknüpft.

Ich habe mich mit dieser Geschichte gut unterhalten gefühlt, ist es dem Autor doch gelungen, sie lebendig zu erzählen, ich konnte mich dadurch in diese nicht leichte Zeit hinein versetzen.
Immer neue Wendungen auch in der Liebesgeschichte erhöhten die Spannung und lange war der Ausgang der Geschichte nicht vorher zu sehen.
Und am Ende punktet der Autor auch noch mit einem Nachwort, das die historischen wahren Begebenheiten aufführt.