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Benutzername: 
Igelmanu
Wohnort: 
Mülheim

Bewertungen

Insgesamt 997 Bewertungen
Bewertung vom 25.04.2017
Nur mal schnell das Mammut retten / Nur mal schnell Bd.1
Krüger, Knut

Nur mal schnell das Mammut retten / Nur mal schnell Bd.1


sehr gut

»Du düst hier also bei Eiseskälte im Wald rum, und weil du ausprobieren willst, wie lange es dauert, bis einem die Ohren abfallen, lässt du Mütze und Handschuhe zu Hause. Leider friert dir zuerst das Gehirn ein, weshalb du mit einem schlafenden Mammut zusammenstößt, das hier Urlaub von der Steinzeit macht. Du denkst dir nichts dabei, rufst aber Zoe und mich an, um uns das Loch in deiner Hose zu zeigen, richtig?«

Henry hat zwei gute Freunde, Finn und Zoe. Ohne die beiden hätte er das dicke Problem, über das er im wahrsten Sinne des Wortes gestolpert ist, sicher nicht in den Griff bekommen.
Eigentlich wünscht sich Henry ja seit ewiger Zeit einen Hund, nur leider lassen seine Eltern partout nicht mit sich reden. Als er nach einem erneut erfolglosen Überzeugungsversuch tränenblind durch den Wald rast, stolpert er über etwas, was nach genauer Untersuchung nur ein kleines Mammut sein kann. Und ganz offenbar ist es in Not, halb erfroren und sicher auch hungrig. Keine Frage, dass man ihm helfen muss. Nur wie? Die drei verstecken das Mammut erst mal in Henrys Zimmer und stehen in Kürze vor einem Berg von Problemen: Das haarige Baby frisst Hausschuhe und Mathehefte, müffelt ziemlich, ist ordentlich lebhaft, soll natürlich nicht entdeckt werden und gerät dann auch noch in Gefahr…

Ja, ich weiß, ich gehöre eigentlich nicht zur Zielgruppe dieses Buchs. Aber als ich es entdeckte, konnte ich nun mal nicht widerstehen. Und was soll ich sagen? Es macht einfach Spaß!
Die Idee ist wirklich klasse! Halbwegs logisch wäre es gewesen, wenn ein Junge, der sich sehnlichst ein Haustier wünscht, einen stromernden Hund zuhause einschmuggeln würde. Oder eine durchnässte Katze, ein aus dem Nest gefallenes Eichhörnchen, einen halbverhungerten Igel… Aber nein, es ist ein Mammut, genauer gesagt, ein Zwergmammut. Das ist so herrlich schräg, dass ich mich in die Idee gleich verliebt habe.
Beim Anblick der Zeichnungen war es dann vollständig um mich geschehen. Dieses Mammut ist so dermaßen niedlich und lustig, das muss man einfach liebhaben! Ein Riesenlob für die Illustratorin, sie hat’s wirklich raus!
Auch der Stil macht Spaß, ist humorvoll, phantasievoll, leicht sarkastisch und wird sicher auch bei jüngeren Lesern gut ankommen. Viele Themen, die in der Altersgruppe wichtig sind, finden hier zudem ihren Platz: Stress mit den Eltern. Freunde. Nette und verständnisvolle Omas. Ungeliebte Schulfächer. Und natürlich der Wunsch nach einem Haustier!

Fazit: Macht einfach Spaß und ist geeignet zum Selberlesen etwa ab 8 Jahren, früher schon zum Vorlesen und natürlich auch für Erwachsene, die dem Kind in sich etwas Gutes tun wollen.

»Der Blick meiner Mutter wandert stirnrunzelnd an der Decke entlang, und ich kann nur hoffen, dass sie nicht über Nacht gelernt hat, durch Wände und Decken zu gucken. Sonst würde sie jetzt wahrscheinlich ein außer Rand und Band geratenes Minimammut sehen, das gerade einen Blumentopf von der Fensterbank gefegt hat oder mit Anlauf gegen meine Zimmertür gesprungen ist.
Aber Leute, die durch Decken und Wände gucken können, sage ich mir, die gibt’s ja zum Glück nur in magischen Büchern oder in Fantasyfilmen.
Genauso wie Mammuts in Kinderzimmern.«

Bewertung vom 25.04.2017
Lena Halberg: London '05
Nybørg, Ernest

Lena Halberg: London '05


ausgezeichnet

»Geheimdienste sind Instrumente in der Hand von Leuten und man weiß nie genau, wer welche Interessen verfolgt. Menschen, die Bomben bauen, sind bloß Handlanger. In letzter Konsequenz sollten Sie sich fragen, wer von den Dingen am Ende profitiert.«

7. Juli 2005. London wird von mehreren Terroranschlägen erschüttert, die mittels Sprengstoff in verschiedenen U-Bahn-Linien durchgeführt werden und viele Opfer fordern.
In der Gegenwart ist die Journalistin Lena Halberg einer unglaublichen Story auf der Spur, bei der sie Gemeinsamkeiten zwischen dem Londoner Anschlag und diversen anderen findet. Niemand vor ihr hat da Zusammenhänge gesehen und als sie ihre Theorie verkündet, dass der verwendete Sprengstoff von demselben Bombenbauer hergestellt wurde, stößt sie auf Unverständnis und Ablehnung. Reaktionen wie diese haben Lena noch nie von Ermittlungen abgehalten und auch jetzt macht sie sich auf die Suche. Ihr Ziel: Der Bombenbauer und seine Auftraggeber. Schon bald muss sie schmerzhaft erfahren, dass sie einigen Leuten zu nahe gekommen ist. Und damit nicht genug: Sie findet Hinweise auf einen anstehenden Anschlag. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt…

Nach Paris '97 und New York '01 war ich auf den dritten Teil der Trilogie um Lena Halberg sehr gespannt. Und wieder hat sich die Lektüre gelohnt! Der Leser kann sich auf einen wirklich spannenden Thriller freuen, bei dem reale Ereignisse mit fiktiven gemischt und Verschwörungstheorien so eingebaut werden, dass sie realistisch erscheinen. Wieder einmal dreht sich alles um die hochbrisanten Verbindungen zwischen Politik, Geheimdiensten und der Rüstungsindustrie. Wer zuvor noch annahm, dass die Quelle jeden Terrors bei irgendwelchen Glaubenskriegern zu suchen ist, der kommt nach dem Lesen dieses Buchs zumindest ins Grübeln. Für mich stimmen hier Mix und Umsetzung und erzeugen bei mir ein „so-könnte-es-gewesen-sein“-Gefühl. Das mag ich!
Auch die Ermittlungsarbeiten sowie die Auflösung und der Schluss erscheinen logisch und schlüssig. Wenn man sich manches auch anders wünschen würde, aber so ist nun mal häufig die Realität.

Lena überzeugt als Charakter, sie ist eine starke Frau, die für ihre Ziele kämpft. Dabei kann sie keine Wunder vollbringen, zeigt Schwächen und Ängste und ist immer mal wieder auf Hilfe und Unterstützung angewiesen. Aber sie lässt sich nicht unterkriegen, gibt nicht auf. Und wenn sie sich am Ende des Buchs nach einer ruhigen Zukunft sehnt, kann ich mir irgendwie nicht vorstellen, wie sie das hinbekommen soll ;-)

Fazit: Ein toller Thriller! Spannend, packend, brisant. Da Trilogie dransteht vermute ich, dass keine weiteren Teile geplant sind. Eigentlich schade…

Die drei Bände können übrigens unabhängig voneinander gelesen werden und die Kenntnis der Vorgänger ist für das Verständnis von London '05 nicht notwendig.

Bewertung vom 08.04.2017
Baedeker SMART Reiseführer Rom

Baedeker SMART Reiseführer Rom


sehr gut

Das Buch beginnt mit einer Einführung über den geschichtlichen und kulturellen Hintergrund Roms. Angereichert mit schönen Bildern und ersten Eindrücken kommt man gleich in Stimmung :) Wenn man dann weiterblättert, geht es – logisch aufgebaut – mit allen Infos weiter, die die Ankunft in Rom betreffen, sprich Unterkunft, erste Orientierung, Nahverkehr, Taxis, die Standorte von Touristeninformationen, interessante Websites und ähnliches.
Gut angekommen, macht man sich daran, die Tage vernünftig auszufüllen. Die entsprechenden Tipps sind – wie ich finde – sehr gut dargestellt. Dem Prinzip der enormen Fülle in Kombination mit relativ wenig Zeit Rechnung tragend wird der Reiseführer in vier große Themenbereiche unterteilt: Das alte Rom, das Zentrum von Rom, der Norden von Rom und der Vatikan.
Die Idee ist nun, sich in einem dieser Bereiche von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit zu arbeiten. Damit wird zielloses Hin- und Herfahren (oder -laufen) vermieden und möglichst viel in der vorhandenen Zeit mitgenommen. Da es in jedem Fall unmöglich ist, alle wichtigen Dinge in einem Bereich innerhalb eines normalen Aufenthalts zu besichtigen, gibt es eine Grundeinteilung: „Top 10“, die wichtigsten Ziele bezogen auf ganz Rom, „Nicht verpassen!“ und „Nach Lust und Laune!“ In Kartenauszügen wird der Bereich mit den empfohlenen Zielen eingezeichnet und sogar ein Vorschlag gemacht, wie man die wichtigsten Punkte an einem Tag besuchen kann.
In Folge gibt es dann Infos zu den einzelnen Kirchen, Museen, Kunstwerken usw., teilweise sogar sehr detailliert und mit Bildern versehen. Auch Öffnungszeiten, Preise, Adressen und Webseiten fehlen nicht. Ergänzt wird das Ganze mit Tipps zu „kleinen Pausen“, Restaurantbesuchen, Shopping oder Möglichkeiten zum Ausgehen. Auch der Tatsache, dass man zwischen viel Hektik und Besichtigungen ein paar ruhige Momente brauchen kann, wird durch Abstecher in Parks entsprochen.
Man hat Kinder dabei? Der Reiseführer gibt Tipps, was man zwischendurch für den Nachwuchs einplanen kann und wo es leckeres Eis gibt. Wobei das sicher nicht nur die Kinder interessiert ;-)

Das Buch endet mit dem Teil „Praktisches“, der viele allgemeine Ratschläge und einen kleinen Sprachführer hat. Außerdem gibt es zwei umfangreiche Karten, eine fest im Buch und die andere zum Herausnehmen. Das finde ich prima, wir sind schließlich zu zweit unterwegs und so kann der eine das Buch nehmen und der andere die Einzelkarte. Ich fühle mich gut vorbereitet und freue mich auf den Urlaub!

An dieser Stelle setzt jetzt Teil 2 der Rezi ein. Mein Urlaub ist leider vorbei und ich hatte tatsächlich perfekte Tage. Der Reiseführer war unser ständiger Begleiter und hat uns mit vielen guten Tipps versorgt.
Von den vorgeschlagenen Tagesplänen sind wir zwar bereits am ersten Tag abgewichen, konnten uns aber mit Hilfe der Vorschläge und Karten sehr gut eigene Tagestouren stricken. Auch einige Tipps in Sachen Nahverkehr und Restaurantbesuche haben sich als gut erwiesen. Die angegebenen Preise z.B. für Eintrittsgelder stimmten allerdings fast nie, lagen allesamt höher als angegeben. Und ein empfohlener Fahrradverleih auf der Via Appia Antica sah so aus, als wäre seine Schließung nicht erst kürzlich, sondern bereits vor Jahren erfolgt. Da könnte eine kleine Aktualisierung nicht schaden.
Das Kartenwerk ist sehr schön übersichtlich und vor allem die herausnehmbare Karte hatten wir ständig zur Hand. Für mich persönlich war allerdings unverständlich, weshalb es die Caracalla-Thermen nicht in den Reiseführer geschafft haben, sie hätten es wirklich verdient. Und auch wenn vom Circus Maximus nicht mehr viel übrig ist, lohnt er doch eine Besichtigung und damit auch eine Erwähnung im Buch, die mir ebenfalls fehlte.

Fazit: Wirklich ein sehr schöner und hilfreicher Reiseführer und gut geeignet für den ersten Besuch in Rom. Für meinen nächsten Besuch werde ich mir allerdings noch einen weiteren Ratgeber mit erweitertem Angebot suchen.

Bewertung vom 08.04.2017
Die Nebenbei-Diät. Schlank werden für Zwischendurch
Lange, Elisabeth

Die Nebenbei-Diät. Schlank werden für Zwischendurch


sehr gut

»Die Nebenbei-Diät drängt sich deshalb nicht in den Vordergrund. Sie steigert den Genuss am guten Essen, weil sie keine quälenden Vorschriften macht. Vielmehr bietet sie für den Alltag praktische Entscheidungshilfen, die den Einkauf und die Zubereitung von Lebensmitteln erleichtern.«

Bei diesem Buch sprachen mich die Worte „Nebenbei“ und das Etikett „Stiftung Warentest“ auf dem Cover an, was bekanntlich eine vernünftige Aufklärung suggeriert. Tatsächlich gibt es reichlich Informationen, neben umfangreicher Warenkunde und ernährungswissenschaftlichen Grundlagen wird auch das Kaufverhalten untersucht.
Letzteres macht unter anderem den Unterschied zwischen diesem Ratgeber und anderen Ernährungsberatern aus. Die Marketing-Strategien der Lebensmittelmärkte werden unter die Lupe genommen, ausgelegte Fallen aufgezeigt. So erfährt der Leser, wie die Kaufatmosphäre im Supermarkt Diät-Pläne sabotieren kann und wie die Werbung „schwache Momente“ ausnutzt, indem Schokolade & Co. als Seelentröster und Anti-Stress-Mittel angepriesen werden. Ein Sich-Bewusstmachen dieser Strategien kann helfen, ihnen beim Einkauf leichter zu widerstehen, denn was erst mal im Einkaufswagen ist, landet letztlich auch auf dem Teller. Das Ganze gipfelt in der Aussage, dass, wer abnehmen will, mehr Wert auf Qualität als auf den Preis legen sollte. »Kauf halb so viel ein und iss doppelt so gut.«

Den Hauptteil des Buchs machen dann Tipps für das Einsparen von Kalorien und für die tägliche, gesündere Ernährung aus. Der Aufbau ist dabei sehr übersichtlich, auf einer Doppelseite werden bösen Figurkillern die guten Schlankmacher gegenübergestellt.
Auf der linken Seite steht jeweils die „schlechte“ Wahl, das verlockende Leckerchen, das man besser durch die Alternative auf der rechten Seite ersetzen sollte. Das ist manches Mal vernünftig, obwohl man, wenn man sich schon viel mit gesunder Ernährung beschäftigt hat, nicht viel Neues erfährt. Mal ehrlich: Die meisten wissen ja, dass der Snack, zu dem sie gerade greifen, nicht figurfreundlich ist. Und wer mir dann auf einer solchen Doppelseite erklären will, dass ich anstelle des schokoladigen Cremedesserts zum Nachtisch doch einfach einen Apfel essen soll, hat – meiner Meinung nach – das Problem nicht verstanden. (Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ich mag Äpfel und esse täglich mindestens einen davon.)

Ferner wird das Grundprinzip dargelegt, dass schon kleine Umstellungen langfristig (übers Jahr) zum Erfolg führen sollen. Das klingt gut, auch im Hinblick auf den gefürchteten Jo-Jo-Effekt. Ich frage mich nur, ob man tatsächlich durchhält, wenn sich die Anzeige auf der Waage lange Zeit überhaupt nicht bewegt. Für mich ist das immer ein Problem und der Gedanke „das bringt doch alles nichts“ einer, der sich sehr schnell einstellt.

Fazit: Wer sich noch nicht viel mit gesunder Ernährung befasst hat, bekommt hier einen guten Überblick samt ernährungswissenschaftlichem Grundkurs, der auch noch auf Marketingstrategien eingeht. Für mich persönlich hört sich das mit dem „Nebenbei“ aber einfacher ein, als es sein wird.

Bewertung vom 08.04.2017
Ein Tag im Alten Rom
Angela, Alberto

Ein Tag im Alten Rom


ausgezeichnet

»Dieses Buch hat zum Ziel, das Alte Rom anhand von Schilderungen über das Alltagsleben wiederauferstehen zu lassen, indem es sehr einfachen Fragen nachgeht: Wie war es, durch die Straßen zu gehen? Wie sahen die Gesichter der Menschen aus, die man dort traf? Was konnte man von den Balkonen aus sehen? Wie schmeckte das Essen? Welche Art Latein wurde auf der Straße gesprochen? Wie sahen die Tempel auf dem Kapitolshügel aus, wenn die ersten Sonnenstrahlen sie trafen?«

Wir befinden uns im Jahr 115 n. Chr., zur Zeit der Herrschaft von Kaiser Trajan. Das Römische Reich hat zu dieser Zeit seine größte Ausdehnung, Rom selbst mit fast anderthalb Mio. Einwohnern ist die bevölkerungsreichste Stadt der Welt. Alberto Angela, Naturwissenschaftler und Paläontologe, nimmt uns mit auf einen Ausflug in diese spannende Zeit, verfolgt gemeinsam mit dem Leser einen ganz normalen Tag im Zentrum des Römischen Reichs.

Dieses Buch hat mich wirklich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. Die Thematik fand ich immer schon interessant, stellte aber jetzt beim Lesen fest, wie viel Halbwissen ich scheinbar angesammelt hatte, wie vielen Irrtümern ich unterlegen war. Auf ganz leichte Art, quasi nebenher, wird mit diesem Buch Wissen vermittelt – und zwar nicht zu knapp!

Der Autor nimmt sich die unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten vor, mal ist man an der Seite eines reichen Mannes, mal an der eines Sklaven, wobei natürlich auch die gravierenden Unterschiede deutlich werden. Kein Themenbereich wird ausgelassen, von einfachen Dingen wie Kleidung, Hygiene, Ernährung angefangen bis hin zu Rechtsprechung, Bildung und Politik. Gemeinsam mit dem Erzähler, der als Besucher durch Rom spaziert, besucht man Thermen, Bankette und Tempel, verfolgt Gerichtsverfahren und Kämpfe im Kolosseum. Ergänzend werden dazwischen in Exkursen „Verblüffende Tatsachen“ berichtet. Auch diese lassen sich wunderbar leicht lesen, häufig auftauchende lateinische Begriffe werden zusätzlich im Anhang erläutert.

Fazit: Bei dieser faszinierenden Zeitreise wird Geschichte lebendig! Ich habe eine ganze Menge Neues erfahren und hatte viel Spaß beim Lesen. Der Autor hat noch weitere Bücher in dieser Art geschrieben, die sicher in nächster Zeit bei mir einziehen werden.

»In gewisser Weise wollte ich die Orte wie mit einer Fernsehkamera erkunden, so wie sie vor 2000 Jahren gewesen sein mussten, und dem Leser damit ein Gefühl vermitteln, als befände er sich in den Straßen des Alten Roms, als atmete er seine Gerüche und Düfte, träfe die Blicke der Menschen, träte in die Geschäfte ein, in die Häuser oder ins Kolosseum. Nur so kann man wirklich verstehen, wie es sich angefühlt hat, in der Hauptstadt des Römischen Reichs zu leben.«

Bewertung vom 08.04.2017
Der wahre Schimanski
Sprenger, Heinz

Der wahre Schimanski


sehr gut

Heinz Sprenger blickt auf über 45 Jahre Ermittlertätigkeit zurück. Während dieser Zeit war er jahrzehntelang in leitender Funktion tätig und unter anderem an der Aufklärung der Duisburger Mafiamorde beteiligt.

In diesem Buch erzählt er aus seinem Leben als Ermittler, berichtet von Fällen, die sich ihm im Gedächtnis verankerten, die für ihn aus verschiedenen Gründen von besonderer Bedeutung waren. Dazu gehören natürlich seine Anfänge, besonders „populäre“ Fälle wie die Duisburger Mafia-Morde, Kannibalen, Serienmörder, die sogenannten „Ehrenmorde“ und natürlich Fälle ermordeter Kinder. An dieser Stelle merkt man übrigens dem professionellen Ermittler an, wie nahe ihm diese Schicksale gegangen sind! Er ist daher auch Mitbegründer des Kinderschutz-Vereins RISKID.
Aber nicht nur Morde blieben ihm nachhaltig in Erinnerung, auch tragische Unglücksfälle, die er ebenfalls bearbeiten musste, haben ihren Platz im Buch. Zu den Opfern zählen hierbei – natürlich, leider – auch wieder Kinder. Furchtbar, was ein Ermittler da erleben und trotzdem dabei funktionieren muss!

Bei den Schilderungen wird deutlich, mit welch enormem persönlichen Engagement die Ermittler bei der Sache sind. Jederzeitige Einsatzbereitschaft, am Wochenende, in der Freizeit, ist völlig normal. Der Beruf kommt immer an erster Stelle, Familie und Privatleben sind nachrangig.
Auch bei der Arbeit selbst ist Flexibilität gefragt, wenn man zum Beispiel „mal eben“ ins Ausland fahren muss. Und Einfallsreichtum, wenn die Ermittlungen erfordern, dass man zeitweise in die Rolle eines Obdachlosen schlüpft oder die Aufsicht in einer Toilettenanlage übernimmt.

Rund 1.200 „Leichensachen“ sind pro Jahr allein in Duisburg zu bearbeiten, natürlich (zum Glück) nicht alles Tötungsdelikte, aber genau das muss in jedem Fall erst einmal festgestellt werden. Und dann beginnt die eigentliche Arbeit, die sich manchmal über Jahre hinziehen kann und nicht immer zum Erfolg führt. Manche Fälle bleiben ungelöst, bei manchen reichen zum Beispiel die Beweismittel nicht aus. Diese werden immer wieder hervorgeholt, lassen den Ermittler – wie man hier sieht – einfach nicht los.
Überhaupt hat mich die unglaubliche Geduld und Arbeitsintensität beeindruckt, mit der gearbeitet wird. Wie akribisch und extrem kleinteilig vorgegangen werden muss! Dafür muss man wirklich mit dem ganzen Herzen bei der Sache sein, sonst kann das nicht funktionieren. Die Schilderungen der schwierigen Ermittlungen im Rahmen der Mafia-Morde machen das ganz deutlich.

Heinz Sprenger nimmt kein Blatt vor den Mund und kritisiert, was seiner Ansicht nach nicht richtig läuft. Ob es um schlechte internationale Zusammenarbeit oder um seiner Ansicht nach falsche Gerichtsurteile geht, der „absolute Gerechtigkeitssinn“, den er einleitend der Figur des Horst Schimanski zugeschrieben hat, blitzt immer wieder auf.

Das Buch liest sich leicht und schnell. Wäre es ein Roman, würde ich den Stil als zu trocken kritisieren, zu diesem Buch aber passt er und betont im Gegenteil die Authentizität. Hier schreibt jemand, der sein Leben lang sachliche Berichte schreiben musste – das merkt man natürlich.

Leider wurde vieles nur kurz angerissen, Menge statt Ausführlichkeit. Abgesehen von den Mafia-Morden, denen ein größerer Umfang gewidmet wird, hat der Autor scheinbar mehr Wert darauf gelegt, dem Leser eine große Vielfalt an Fällen vorzustellen. Womöglich macht es auch einfach die Masse an Erinnerungen aus so vielen Dienstjahren, die ihn Schlag auf Schlag einen Fall nach dem anderen präsentieren lässt. Ich persönlich hätte aber von so manchen gerne mehr gelesen, die Hintergründe und Ermittlungen genauer mitverfolgt. Mir wäre es lieber gewesen, von weniger Fällen zu lesen und über die dafür mehr Infos zu erhalten. Und die weiteren Erinnerungen hätte er in ein zweites Buch verpacken können. Ich würde es sofort kaufen ;-)

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.04.2017
Küstenfluch / Theo Krumme Bd.3
Berg, Hendrik

Küstenfluch / Theo Krumme Bd.3


ausgezeichnet

»Ein Schatten hat sich über die Küste gelegt. Etwas Schlimmes ist passiert. Und es kann immer wieder geschehen.«

Nach einem Orkan ist ein vor über hundert Jahren vor der Küste Nordfrieslands gesunkenes Schiff wieder aufgetaucht. Während Touristen zu dem Wrack pilgern, sind Kommissar Krumme und seine Kolleginnen und Kollegen schwer beschäftigt, denn kurz hintereinander geschehen merkwürdige Todesfälle. Ohne erkennbaren Zusammenhang und Ermittlungsansatz tritt Krumme auf der Stelle, doch dann lernt er Jan kennen, einen kleinen Jungen mit sehr ungewöhnlichen und intensiven Alpträumen…

Der dritte Fall für Theo Krumme! Ich hatte mich sehr darauf gefreut und wurde nicht enttäuscht. Wie schon bei den ersten beiden Büchern platziert Hendrik Berg einen spannenden Krimi vor einer grandiosen Kulisse, lässt interessante und vielschichtige Charaktere auflaufen und sorgt für eine tolle Atmosphäre mit einem guten Schuss Mystery.
Letzteres ist normalerweise kein Ansatz für Krumme, den rational denkenden Ermittler mit vielen Jahren Berufserfahrung aus Berlin. Der deshalb auch bis zum Schluss nach einer logischen Aufklärung sucht. Nur, dass sich in Nordfriesland scheinbar nicht alles logisch klären lässt ;-)

Krumme ist für mich einfach ein sympathischer, natürlicher und authentischer Charakter. Er ist einfallsreich und erfahren, aber er hat auch Schwächen und macht Fehler. Das ist menschlich, so mag ich das! Den Umfang, der seinem Privatleben gewidmet wird, finde ich genau richtig dosiert, nicht zu viel und nicht zu wenig.
Seine neue junge Kollegin, die hier eingeführt wird, scheint ebenfalls ein vielversprechender Charakter zu sein, beim dem man noch einiges erwarten darf.
Erwähnenswert ist natürlich auch Harke, ein recht spezieller Charakter, der in den Vorgängerbänden bereits tolle Auftritte hatte und hoffentlich in keinem späteren Band fehlen wird!
Und nicht zu vergessen der kleine Jan! Ein liebenswerter Junge, mit dem man als Leser ordentlich mitfiebern muss.

Der Fall selbst ist wirklich und durchgehend spannend, sorgt für Überraschungen, falsche Fährten und wird vollständig erst im Epilog aufgelöst. Klasse!
Der Stil ist angenehm, liest sich flott und schafft es, die großartige Atmosphäre der Nordseeküste vor den Augen des Lesers entstehen zu lassen. Ich hätte am liebsten sofort meinen Koffer gepackt :)
Bleibt noch der Mystery-Teil. Ich bin eigentlich eher eine Anhängerin „realer“ Dinge, zu mysteriös darf es für mich daher nicht werden. Aber die Menge hier finde ich ok und die leicht gruseligen Momente, die es immer wieder gibt, gefallen mir sehr.
Vorkenntnisse sind übrigens nicht erforderlich, wer Band 1+2 nicht kennt, muss keine Verständnisprobleme befürchten. (Wird sich aber vermutlich nach dem Lesen dieses Buchs die Vorgänger vornehmen.) Ich für mein Teil fange jetzt schon mal an, mich auf Band 4 zu freuen ;-)

Fazit: Erneut ein gelungener, spannender und leicht mysteriöser Küstenkrimi mit toller Atmosphäre. Bitte mehr davon!

Bewertung vom 18.03.2017
Killerfrauen
Harbort, Stephan

Killerfrauen


sehr gut

»Ich muss, obwohl ich nicht will – und doch will. Sperrt mich ein, sonst passiert etwas!«

Sie sind ein (zum Glück) seltenes Phänomen der Kriminalgeschichte: Frauen, die nicht nur einmal töten, sondern wiederholt. Ohne großes Nachdenken fallen mir eine ganze Reihe von männlichen Serienmördern ein und ebenfalls die passenden Hintergründe und Motive. Kein Wunder, der Anteil der männlichen Täter liegt um ein Vielfaches höher als der der weiblichen. Aber es gibt sie, die mordenden Mehrfachtäterinnen. Stephan Harbort, Kriminalhauptkommissar und führender Experte für Serienmorde, hat sich ihrer hier angenommen…

Zum Thema Serienmörderinnen wurde bislang nur wenig Forschung betrieben, der Autor hat für seine Untersuchung alle Tötungen weiblicher Serientäter seit Ende des 2. Weltkrieges betrachtet. (Im Anhang gibt es dazu übrigens ein umfangreiches Tabellenwerk.) Wo es möglich war, hat er mit den Täterinnen persönlich gesprochen, Ausschnitte der Interviews finden sich im Text.
In diesem Buch stellt er sieben Fälle vor, die sich alle in der jüngeren Vergangenheit im deutschsprachigen Raum ereignet haben. Diese Fälle verbindet, dass der Täter eine Täterin ist, davon abgesehen sind sie aber sehr verschieden. Natürlich gibt es die „Klassiker“, wie die Tötung von Neugeborenen oder Patienten und auch die „Schwarze Witwe“ fehlt nicht. Darüber hinaus stellt Stephan Harbort aber auch Fälle vor, die mich in ihrer Art der Tatausübung überrascht haben.
Im Anschluss an jeden vorgestellten Fall folgt dessen Analyse. Welche Motive führten zu der Tat bzw. den Taten? Was für ein psychologisches Profil hat die Täterin? Welche Faktoren haben zu ihrer Entwicklung und zu den Tötungen beigetragen, finden sich Erklärungen? Und wäre es im Vorfeld möglich gewesen, die Taten zu verhindern?
Der Autor versucht sich jedem Fall objektiv zu nähern. Er steht nicht auf der Seite der Täterinnen, ist aber weit davon entfernt, sie einfach als Bestien zu bezeichnen. Die Fragen, die er bei seiner Betrachtung aufwirft, sind manchmal ganz schön unangenehm, denn zweifelsohne ist es leichter, einen Menschen einfach zu verteufeln, als die Frage nach einer Mitschuld des Umfelds und/oder der Gesellschaft zu stellen. Und viel lieber stellt man die Behauptung auf, dass man selber niemals zu einer solchen Tat fähig wäre, als dass man sich fragen lässt, ob nicht vielleicht, unter anderen Voraussetzungen, in einem anderen Umfeld auch in einem selber das Potential für einen Mord stecken könnte.
Zu den weiteren Ausführungen gehören noch allgemeine Fragen, wie die nach der Definition des Serienmords und der Versuch, männliche und weibliche Täter im Hinblick auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu vergleichen.

Ich habe das Buch mit großem Interesse gelesen, war manches Mal schockiert, wurde häufig nachdenklich. Keine einfache Lektüre, soviel ist klar. Zumal man das Buch nicht in dem Gefühl zuklappen kann, „nur eine Geschichte“ gelesen zu haben. Für mein Empfinden hätten die einzelnen Fälle und Analysen gerne noch umfangreicher behandelt werden können, die Komplexität würde das sicher hergeben.

Fazit: Gelungener Versuch einer objektiven Auseinandersetzung mit einem schockierenden Thema.

»Nicht übersehen werden darf indes, dass Serienmörderinnen in den allermeisten Fällen (weit) vor und nach den Tötungen durch ungewöhnliches Verhalten auffielen. Nur wollte oder konnte kaum jemand auf diese verklausulierten Hilferufe rechtzeitig reagieren und genauer hinsehen oder hinhören, selbst die engsten Bezugspersonen nicht. Insofern müssen die Verbrechen von Serienmörderinnen nicht nur als individuelles Fehlverhalten verstanden, sondern stellvertretend auch als Menetekel für die weiter fortschreitende Entfremdung innerhalb der Keimzelle unserer Gesellschaft gesehen werden: der Familie.«