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Dreieich

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Insgesamt 155 Bewertungen
Bewertung vom 06.02.2022
Der Gräber
Persson Winter, Fredrik

Der Gräber


gut

Verschenktes Potenzial
Das Buchcover fand ich sehr gut gewählt. Es transportiert eine unheilvolle, düstere Stimmung und der dunkle Keller mit dem Erdhaufen unterstreicht perfekt die Handlung.

In Göteborg fordert ein grausamer Serienmörder jedes Jahr am 6. November ein neues Opfer. Er gräbt sich durch die Erde in die Keller seiner Opfer und verschleppt sie mit sich hinab in die Tiefe. Der sogenannte „Gräber“ hinterlässt keine Spuren, die Polizei findet nur jedesmal ein Erdloch im Keller und Blutspuren der Opfer. Da die Leichen nie gefunden werden und auch sonst keine Spuren, tritt die Polizei seit Jahren auf der Stelle.
Da findet die Lektorin Annika Granlund ein erdverkrustetes Manuskript vor der Tür ihres Verlags, dessen Inhalt sie erschauern lässt. Es ist die schauerliche Autobiographie des vermeintlichen Serienkillers, des „Gräbers“, die viele Parallelen zum wahren Täter aufweist. Sie entscheidet sich schließlich das Manuskript zu veröffentlichen, um den Verlag vor dem Konkurs zu bewahren, nicht ahnend welche düsteren Geheimnisse sie an die Oberfläche befördert.

Ich fand das Cover und die Leseprobe sehr vielversprechend, leider wurden meine Erwartungen nicht ganz erfüllt, denn der Thriller wandelte sich im weiteren Verlauf immer mehr in einen Horrorroman mit Mysteryelementen. Über der gesamten Handlung liegt eine düstere und unheimliche Atmosphäre.
Die Story beginnt anfangs sehr spannend direkt am letzten Tatort der Gräbers. Sie wird aus verschiedenen Sichtweisen erzählt, zum einen aus der, der leitenden Ermittlerin Cecilia Wreede und zum anderen aus Sicht der Lektorin Annika. Später kommen noch Rückblicke aus Sicht des Schriftstellers Jan Apelgren der vor 6 Jahren spurlos verschwand hinzu. Jedes Kapitel startet zudem mit einem kurzen Auszug aus dem Manuskript, womit der Gräber selbst zu Wort kommt. Dies trägt sehr zur unheimlichen und düsteren Grundstimmung bei und verursacht so manche Gänsehaut.

Cecilia Wreede führt die Ermittlung zusammen mit ihrem Kollegen Jonas Andren und steht bereits zum 5. Mal an einem Tatort des Gräbers ohne Leiche und ohne Spuren. Doch leider fehlte mir bei diesem Strang eine richtige Ermittlertätigkeit. Außer ein paar Zeugenvernehmungen haben die beiden nicht viel ermittelt und standen dem Fall eher hilflos gegenüber. Beide Charaktere blieben mir zu blass.
Durch Annika Granlund erhält man interessante Einblicke in das Verlagswesen, aber auch ihre familiären Probleme nehmen einigen Raum ein. Das gerät im Mittelteil etwas langatmig. Sie will das Manuskript des verschollenen Schriftstellers Jan Apelgren unbedingt veröffentlichen, um den Verlag und damit ihren Job zu retten und damit ihren Traum vom eigenen Haus. Um das zu erreichen schreckt sie nicht davor zurück, ihn für tot erklären zu lassen. Sie war für mich auch keine Sympathieträgerin.

Der Handlungsverlauf war leider etwas vorhersehbar, aber im letzten Drittel steigerte sich die Spannung wieder bis zum Showdown. Etwas zwiespältig habe ich die eingefügten Horror- und Mysteryelemente empfunden. Sie deckten sich nicht mit meinen Erwartungen einer spannenden Jagd auf einen unheimlichen Serienkiller. Das Ende konnte mich leider nicht ganz überzeugen und für mich blieb einiges offen und auch unlogisch.

Für mich ist es ein Buch mit einem ungewöhnlichen Genremix, den ich aufgrund der Leseprobe so nicht erwartet hatte. Die geniale Idee, eines Serienmörders, der gleich einem Phantom in den Kellern seiner Opfer erscheint und diese mit sich nimmt, hat viel Potenzial, dass hier leider verschenkt wurde. Ich empfehle es daher eingeschränkt weiter und vergebe 3 von 5 Sternen.

Bewertung vom 23.01.2022
Thirteen / Eddie Flynn Bd.4
Cavanagh, Steve

Thirteen / Eddie Flynn Bd.4


ausgezeichnet

Herausragender Justizthriller
Dem New Yorker Strafverteidiger Eddie Flynn wird überraschend ein Job als Zweitanwalt im Team des Starverteidigers Rudy Carp angeboten. Dieser vertritt den prominenten Schauspieler Bobby Solomon, den Liebling Hollywoods, der verdächtigt wird, seine Frau und deren Liebhaber ermordet zu haben. Obwohl die Beweislast erdrückend ist, willigt Eddie ein, in den Fall einzusteigen, da er von der Unschuld Bobbys überzeugt ist. Bereits am ersten Verhandlungstag steigt Carp aus dem Fall aus und Eddie steht mit der Verteidigung allein da. Der Fall erscheint zunächst aussichtslos, bis Eddie sich in eigene Ermittlungen stürzt, unterstützt von der Ex-FBI-Agentin Harper. Schon bald beschleicht die beiden der Verdacht, dass Bobbys Schuldspruch Teil eines perfiden Plans des wahren Täters ist. Ein eiskalter Killer, der sich mit ihnen im Gerichtssaal befindet und noch lange nicht fertig ist.

Steve Cavanagh hat hier einen Thriller vorgelegt, der die Bezeichnung völlig zu recht verdient. Ich war total gefesselt von den ersten Seiten, bis zum wendungsreichen, nervenzerfetzenden Showdown. Die Idee, dass ein Serienkiller es in die Jury schafft, um seinen Fall vor Gericht „live“ zu verfolgen fand ich einfach genial umgesetzt. Man weiß zwar bereits zu Beginn, wer der wahre Mörder ist, das tut der Spannung aber keinen Abbruch. Erst kurz vor dem Ende wird enthüllt, hinter welchem Geschworenen er sich verbirgt.
Es gibt zwei Erzählperspektiven, einmal die von Eddie und dann die des Killers, die sich immer abwechseln. Beide sind gleichermaßen spannend, denn die eine versetzt den Leser in den Kopf des Killers und die andere lässt ihn den Prozess und die Ermittlungen der Verteidigung hautnah miterleben.

Ich fand die Charaktere sehr gut gezeichnet und besonders Eddie war mir sehr sympathisch. Vor seiner Karriere als Strafverteidiger war er tatsächlich Trickbetrüger, er kennt also auch die andere Seite des Gesetzes. Mit seinem Mentor, dem Richter Harry Ford, gelang es ihm die Seiten zu wechseln und sein Alkoholproblem in den Griff zu bekommen. Um Bobby zu helfen seine Unschuld zu beweisen, verzichtet er sogar auf eine zweite Chance mit seiner Familie.
Der Charakter des Serienkillers Kane ist in seiner unheimlichen Intelligenz, Skrupellosigkeit, Kaltblütigkeit und Brutalität und seiner Bereitschaft über Leichen zu gehen ein guter Gegenspieler für Eddie und sorgte damit immer wieder für Gänsehaut bei mir. Abgerundet wird sein bösartiger Charakter noch durch seine angeborene Schmerzunempfindlichkeit und die Fähigkeit andere perfekt zu imitieren. Im Verlauf des Buches erfährt man mehr über seine Vergangenheit und seine Beweggründe.

Der Prozess nimmt weite Teile der Handlung ein, ist aber genauso spannend erzählt, da er über zahlreiche Überraschungen und Wendungen verfügt. Die gesamte Handlung erstreckt sich über nur 5 Tage, das Erzähltempo ist damit sehr hoch und erfährt am Ende noch eine Steigerung. Nebenbei erfährt man viel über das amerikanische Rechtssystem mit einer Jury, die urteilt. Man erlebt die Auswahl der Geschworenen mit (zwischen den Kapiteln gibt es kurze Dossiers der Verteidigung zu jedem einzelnen) und auch die Korruption unter Cops spielt eine Rolle. Man spürt beim Lesen, dass der Autor (selbst Anwalt) weiß, worüber er schreibt.
Es ist bereits der 4. Band der Eddie Flynn-Reihe, man kann ihn aber trotzdem sehr gut unabhängig davon lesen.

Mein Fazit:
„Thirteen“ ist der beste Justizthriller, den ich in den letzten Jahren gelesen habe. Hier war alles vorhanden, was einen herausragenden Thriller ausmacht. Der genial erdachte Plot, spannend und temporeich umgesetzt und mit einigen Überraschungen und Wendungen hielt mich bis zuletzt in Atem.
Ich hoffe auf eine baldige Fortsetzung der Reihe. Absolut empfehlenswert!

Bewertung vom 10.01.2022
606
Fox, Candice

606


ausgezeichnet

Auf der Flucht
Candice Fox hat sich für ihren neuesten Thriller „606“ ein außergewöhnliches Szenario ausgedacht. Bei einem genial inszenierten Massenausbruch aus dem Hochsicherheitsgefängnis Pronghorn mitten in der Wüste von Nevada können 606 der gefährlichsten Killer, Psychopathen und Gewalttäter fliehen und verbreiten Angst und Chaos.

John Kradle, einer der Flüchtigen, steht im Mittelpunkt der Handlung. Er sitzt im Todestrakt von Pronghorn, für den Mord an seiner Familie. Die Flucht ist für ihn die letzte Chance endlich seine Unschuld zu beweisen. Seine Aufseherin Celine Osborne heftet sich jedoch sofort an seine Fersen und setzt alles daran, ihn wieder hinter Gitter zu bringen. Wegen ihrer Vergangenheit hasst sie Familienmörder abgrundtief und macht daher die Jagd auf Kradle zu ihrer persönlichen Mission. Unterstützung erfährt sie dabei von dem Exhäftling Keeps, der jedoch eigene Pläne verfolgt. Kradle und Osborne wurden mir mit fortschreitender Handlung immer sympathischer und ich habe mit beiden mitgefiebert. Grund dafür sind Einschübe, über die Vergangenheit der beiden, die ihren Charakteren Tiefe verleihen und ihre Handlungen nachvollziehbar machen. Besonders Celine macht eine deutliche Entwicklung durch, an deren Ende sie Ihren persönlichen Hass auf Kradle zurückstellt, seinen Fall schließlich objektiv betrachtet und seine Unschuld sogar in Erwägung zieht.
Neben der Haupthandlung gibt es noch kurze Episoden einzelner Häftlinge auf der Flucht, die die Geschichte insgesamt abrunden. Die dort eingeführten Nebencharaktere bleiben allerdings etwas blass und gerade die Nebenhandlung um den Häftling Raymond „Axe“ Ackerman hätte ich mir noch etwas detaillierter ausgearbeitet gewünscht. Dafür gibts aber keinen Punktabzug.

Candice Fox ist wieder einmal ein packender Pageturner gelungen, der die Spannung konstant auf hohem Niveau hält. Die Jagd auf die entflohenen Häftlinge, insbesondere Kradles Flucht und Geschichte sind mitreißend in Szene gesetzt. Mit Kradle und Osborne hat sie auch in „606“ wieder besondere Charaktere entworfen, die mich mitfiebern ließen. Dieser spannende Thriller ist ein Highlight zum Jahresende und bekommt von mir eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 08.12.2021
SCHWEIG!
Merchant, Judith

SCHWEIG!


sehr gut

Nicht so fesselnd wie erwartet
Esther besucht einen Tag vor Heiligabend ihre Schwester Sue, die seit ihrer Scheidung allein in einem abgelegenen Haus im Wald lebt. Sie will ihr ein Geschenk bringen und sich überzeugen, dass es ihr gut geht und sie ihre Medikamente nimmt. Sue fühlt sich von Esther und ihrem Kontrollzwang bedrängt und will sie schnell wieder loswerden. Esther will eigentlich auch schnell wieder zu ihrer Familie zurück, aber ein Schneesturm zwingt sie zu bleiben. Bei einer Flasche Wein werden schließlich Dinge gesagt, die besser ungesagt blieben und etwas in Gang gesetzt, das nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Mit weitreichenden Folgen…

Man merkt sehr schnell, dass in der Beziehung der beiden Schwestern einiges im Argen liegt. Durch die unterschiedlichen Ich-Perspektiven wird schnell deutlich, dass beide die gleiche Situation sehr unterschiedlich wahrnehmen. Als Leser wird man schnell unsicher, welcher Wahrnehmung man Glauben schenken soll. Ist Sue wirklich so labil, wie ihre Schwester glaubt und Esther tatsächlich ein dominanter Kontrollfreak? Und was hat sich tatsächlich in der Kindheit der beiden abgespielt?
In Rückblicken erfährt man nach und nach, wie es zu der toxischen Beziehung der Schwestern kam. Dadurch werden die Handlungen und Reaktionen der beiden verständlicher. In Einschüben kommt auch der Mann von Esther zu Wort und enthüllt Details ihres Familienlebens. Leider war mir keine der handelnden Personen wirklich sympathisch. Esther ging mir mit Ihrem dauernden „Schnecke“-sagen (Spitzname von Sue als Kind) irgendwann total auf die Nerven.

Ich hatte eigentlich ein packendes Kammerspiel mit den beiden so unterschiedlichen Schwestern erwartet, was sich zunächst leider als etwas schleppend erwies. Die Gespräche der Schwestern in der ersten Hälfte wirkten auf mich teilweise zäh, wohl auch dem Umstand geschuldet, dass durch die Perspektivwechsel vieles doppelt erzählt wurde. Im weiteren Verlauf gibt es aber unerwartete Wendungen und Enthüllungen, die auch die Spannungskurve steigen lassen. Ich musste meine Meinung über die Schwestern mehrfach korrigieren. Das Ende bietet dann noch einen unerwarteten Twist, der Gänsehaut verursacht und einen das Buch nicht so schnell vergessen lässt.

Insgesamt ein solider psychologischer Spannungsroman, der etwas Anlauf brauchte und dessen Ende mich noch einige Zeit beschäftigten wird.

Bewertung vom 01.12.2021
Meeressarg / Fabian Risk Bd.6
Ahnhem, Stefan

Meeressarg / Fabian Risk Bd.6


ausgezeichnet

Jagd auf Kim Sleizner
„Meeressarg“ ist bereits der 6. Band der Fabian-Risk-Reihe und es ist ratsam die Bände in der richtigen Reihenfolge zu lesen, da die Handlung darauf aufbaut.

Es beginnt bereits sehr spannend mit dem Prolog, in dem eine Kajakfahrerin eine Auto mit zwei Toten auf dem Meeresgrund im Hafen von Kopenhagen entdeckt. Der Fahrer entpuppt sich als hochrangiger Beamter, mit einer nackten Unbekannten auf dem Rücksitz. Die Ermittlung übernimmt Jan Hesk mit seinem neuen Team. Zunächst deutet alles auf Selbstmord hin, doch immer mehr Ungereimtheiten rücken den Polizeichef Kim Sleizner plötzlich in den Mittelpunkt der Ermittlungen. Auch die untergetauchte Expolizistin Dunja Hougaard ermittelt aus dem Untergrund heimlich gegen Sleizner, den sie verdächtigt, in den Fall verstrickt zu sein. Sie hofft endlich genug Beweise gegen ihn zu finden, um ihn aus dem Spiel zu nehmen. Doch dieser dreht den Spieß um und macht Jagd auf sie, indem er sie zur Fahndung ausschreibt. Fabian Risk steht diesmal nicht im Mittelpunkt, da sich die Handlung überwiegend in Kopenhagen abspielt. Er muss mit einem harten Schicksalsschlag klarkommen und spielt erst im letzten Drittel eine entscheidende Rolle.

Auch dieser Band entwickelte sich für mich sehr schnell wieder zu einem wahren Pageturner, den ich kaum zur Seite legen konnte. Ahnhem wechselt auch hier wieder virtuos zwischen den verschiedenen Handlungssträngen und treibt damit die Spannung immer höher. Man folgt gleichzeitig den Ermittlungen von Hesk, den Machenschaften von Sleizner und den heimlichen Ermittlungen von Dunja. In einem weiteren Handlungsstrang in Schweden erfährt man wie es Fabian Risk ergeht, nachdem er den Würfelmörder und seinen Kollegen Molander gefasst hat. Ein schwerer Schicksalsschlag, der seien Ehe gefährdet, führt ihn zu privaten Nachforschungen nach Kopenhagen und schließlich zu Sleizner, seinem Erzfeind.
In einem packenden Finale, dass mich völlig in den Bann gezogen hat, kommt es zum endgültigen Schlagabtausch zwischen Kim Sleizner, dem Inbegriff des Bösen und seinen Erzfeinden Dunja und Fabian.

Dieser 6. Band der Reihe hatte es in sich. Die Handlung war äußerst spannend und temporeich und das Finale nervenzermürbend. Kim Sleizner, dessen Machenschaften immer brutaler und abstoßender werden, läuft zur Hochform auf sorgte bis zuletzt für Nervenkitzel.
Für mich war das der bisher beste Band der Reihe und ich hoffe sehr, dass Stefan Ahnhem sie noch weiter führt. Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung für alle Kenner/Fans der Reihe.

Bewertung vom 06.11.2021
Abgetrennt / Paul Herzfeld Bd.3
Tsokos, Michael

Abgetrennt / Paul Herzfeld Bd.3


sehr gut

Spannender Abschluss der Herzfeld-Trilogie
„Abgetrennt“ von Michael Tsokos (Deutschlands bekanntestem Rechtsmediziner) ist der 3. und letzte Band der True-Crime-Serie um den Rechtsmediziner Dr. Paul Herzfeld.

Herzfeld ist wieder zurück in Kiel am Sektionstisch. Diesmal bekommt er es mit gestohlenen Leichenteilen zu tun, die im rechtsmedizinischen Institut auftauchen. Herzfeld ermittelt selbst auf eigene Faust und kommt dabei einem skrupellosen Täter gefährliche nah, der ihn in eine tödliche Falle lockt. Zudem taucht sein totgeglaubter ehemaliger Chef und Todfeind Prof. Schneider wieder auf, um seinen lange gehegten Racheplan endlich umzusetzen.

Von der Handlung war ich auch diesmal wieder sofort gefesselt. Kurze Kapitel mit ständigen Ortswechseln sorgen für ein hohes Lesetempo und es bleibt durchgängig spannend bis zum dramatischen und im wahrsten Sinne des Wortes explosiven Showdown in Bad Segeberg in einer ganz besonderen Location.

Tsokos erzählt wie schon in den beiden ersten Bänden sehr spannend und sachkundig. Er lässt auch hier wieder reale Fälle aus seinem Alltag als Rechtsmediziner in die Handlung einfließen, was alles viel realer und authentischer macht. Die Obduktionen sind wie gewohnt sehr detailliert und realistisch geschildert, selbst das Olfaktorische wird nicht ausgespart. Auch die Erklärung der Madenrinne im Sektionssaal sorgte bei mir für Gänsehaut.
Im Nachwort erfährt man welche wahren Fälle Tsokos in die Handlung mit aufgenommen hat.

Somit ist „Abgetrennt“ ein gelungener Abschluss der Herzfeld-Reihe und allen True-Crime-Fans und Lesern der Herzfeld-Reihe unbedingt zu empfehlen. Ich empfehle allerdings für den vollen Lesegenuss die Bücher in der richtigen Reihenfolge zu lesen.

Bewertung vom 22.10.2021
Ausweglos
Faber, Henri

Ausweglos


sehr gut

Solides Debüt
Henri Fabers Debüt „Ausweglos“ fiel mir durch das ausgefallene Cover und die vielen positiven Rezensionen auf. Ich war tatsächlich positiv überrascht über dieses gelungene Debüt, was nur kleine Schwächen hat.

Noah will nur die Wäsche vom Trockenboden holen, als ein Angreifer ihm ein Messer an die Kehle hält und ihn zwingt, ihn zu seiner Frau zu bringen. Noah führt ihn stattdessen mit einem Zweitschlüssel in die Nachbarwohnung, da er weiß, dass diese im Urlaub sind. Am nächsten Morgen erwacht er neben der brutal ermordeten Nachbarin. Der berüchtigte Ringfingermörder scheint zurück zu sein. Kommissar Elias Blom, der schon früher gegen den Serienmörder ermittelte, versucht alles um wieder an den Ermittlungen beteiligt zu werden. Aber kann er dem einzigen Zeugen Noah trauen?

Die verschiedenen Perspektiven, aus denen die Handlung erzählt wird, sind gut gewählt. Dies ist zum einen der ermittelnde Kommissar Elias, sowie der Verdächtige Noah und seine Frau Linda. Eingestreut sind auch Einblicke in den Täter. Die wechselnden Perspektiven geben gute Einblicke in die Handlungen und Gefühle der einzelnen Personen, die alle mit ihren inneren Dämonen zu kämpfen haben. Leider war mir keine Figur so richtig sympathisch.
Die hohe Spannung, mit der die Geschichte startet, kann leider nicht durchgängig gehalten werden. Dafür wurde ich auf den letzten 100 Seiten mit einigen unerwarteten Wendungen überrascht und entschädigt, wenn auch das Ende etwas konstruiert auf mich wirkte.
Zusammenfassend ist es ein gut konstruiertes, solides Debüt, bei dem noch etwas Luft nach oben ist. Auf jeden Fall die richtige Unterhaltung für verregnete Herbsttage auf der Couch.
Ich werde mir den Autor der Potenzial hat, auf jeden Fall merken.

Bewertung vom 19.10.2021
Morgen, Klufti, wird's was geben
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Morgen, Klufti, wird's was geben


sehr gut

Klufti im Weihnachtsstress
„Morgen, Klufti, wird’s was geben“ ist eine äußerst vergnügliche Weihnachtsgeschichte, die in 24 Kapiteln bzw. 24 Katastrophen die letzten zwei Tage bis Heiligabend im Hause Kluftinger beschreibt. Zur Weihnachtstradition bei Kluftingers gehören nicht nur Erikas legendäre Plätzchen, sondern auch das Aufstellen und Schmücken des Tannenbaums. Doch in diesem Jahr wird alles auf den Kopf gestellt, als sich kurzfristig Besuch aus Japan ankündigt und Erika unglücklicherweise beim Schmücken von der Leiter fällt und ins Krankenhaus muss.
Klufti ist also bei den Weihnachtsvorbereitungen ganz auf sich allein gestellt. Und damit nehmen die Katastrophen ihren Lauf…

Kommissar Kluftinger erwartet diesmal kein kniffliger Kriminalfall, dafür muss er die Weihnachtsvorbereitungen, für die sonst Erika zuständig ist, selbst übernehmen. Ob es das Schmücken des Baums ist, der Glühweinverkauf für den Frauenbund, bei dem er einspringen muss, oder der japanische Besuch. Wer Klufti kennt, weiß dass dabei eine Menge schiefgehen kann. Und so reiht sich eine Katastrophe an die nächste. Klufti lässt kein Fettnäpfchen aus. Ich musste so manches Mal schmunzeln oder laut lachen. Besonders amüsant waren die Unterhaltungen mit seinem japanischen Gast, in einem Mischmasch aus englisch und deutsch. Der ultimative Showdown kommt dann am Heiligen Abend…

Als Klufti-Fan der ersten Stunde war ich schon sehr gespannt auf die neue Weihnachtsgeschichte. Das nett gestaltete Büchlein mit 144 Seiten ist nicht ganz günstig aber es liest sich flott weg und kann durchaus auch als Adventskalender dienen und ist damit auch eine schöne Geschenkidee. Mir hat’s sehr gut gefallen und ich habe mich köstlich amüsiert.

Bewertung vom 07.10.2021
Die Verlorenen / Jonah Colley Bd.1
Beckett, Simon

Die Verlorenen / Jonah Colley Bd.1


ausgezeichnet

Pageturner mit starkem Protagonisten
Als Fan der Serie um den forensischen Anthropologen David Hunter war ich schon sehr gespannt auf Simon Becketts neue Thrillerserie und meine hohen Erwartungen wurden definitiv erfüllt.
Im Mittelpunkt steht Jonah Colley, der Mitglied einer bewaffneten Spezialeinheit der Londoner Polizei ist. Vor zehn Jahren geriet sein Leben aus den Fugen, als sein kleiner Sohn Theo spurlos verschwand. Damals brach auch der Kontakt zu seinem besten Freund Gavin ab. Doch nun meldet sich dieser überraschend und bittet Jonah um Hilfe. Als Jonah zum vereinbarten Treffpunkt kommt, einem verlassenen Lagerhaus am Slaughter Quay findet er die Leiche von Gavin und drei weitere, in Plastikplanen eingewickelte Tote. Bevor er reagieren kann, wird er angegriffen und schwer verletzt. Doch schon bald gerät er in den Fokus der Mordermittlung, denn die Polizei zweifelt an seiner Aussage.

Der äußerst spannende Thriller hat mich bereits mit den ersten Zeilen gefesselt und begeistert:
„Als Jonah das Blut roch, war ihm klar, dass er in Schwierigkeiten steckte.“
Der Spannungsbogen war konstant hoch und das Buch entwickelte sich schnell zu einem wahren Pageturner den ich kaum zur Seite legen konnte. Beckett hat außerdem für einige überraschende Wendungen gesorgt, die ich nicht vorhergesehen habe. Die düstere Atmosphäre, die über der gesamten Handlung liegt, sorgt für zusätzliche Spannung.
Jonah Colley ist wieder ein starker Protagonist, der schon einige Schicksalsschläge hinter sich hat und mir sofort sympathisch war. Seine Verletzungen, die er durch den Angriff im Lagerhaus erlitt, können ihn nicht von eigenen Ermittlungen nach dem Mörder seines Freundes abhalten, zumal es scheinbar Verknüpfungen zu dem Verschwinden seines Sohnes gibt. Er gerät immer wieder in gefährliche Situationen und dass die Polizei ihn verdächtigt, spornt ihn nur zusätzlich an. Der spannende und überraschende Showdown am Ende führt die losen Fäden zusammen und ich bin schon sehr gespannt, wie der nächste Band daran anknüpft.
Sehr gelungen fand ich auch das Cover, das die düstere Lagerhalle zeigt und die Atmosphäre, die einen erwartet sehr gut widerspiegelt.

Mein Fazit: Mit „Die Verlorenen“ ist Beckett ein fesselnder Auftakt seiner neuen Thrillerserie gelungen, der sich durch eine absolut spannende Handlung und einen starken Protagonisten auszeichnet. Ein echtes Lesehighlight für die kommenden Herbsttage.

Bewertung vom 27.09.2021
Der Sucher
French, Tana

Der Sucher


sehr gut

Trügerische Dorfidylle
Dies war mein erstes Buch von Tana French. Das düstere Cover und der Klappentext sowie die Ankündigung es wäre ihr bestes Buch hatten bei mir hohe Erwartungen geweckt, die letztlich leider nicht ganz erfüllt wurden.

Cal Hooper, ein Ex-Cop aus Chicago hat sich ins ländliche Irland zur Ruhe gesetzt. Die Dorfbewohner haben ihn scheinbar freundlich aufgenommen und er genießt die Ruhe während er sein baufälliges Cottage renoviert. Diese wird jäh durch das Auftauchen eines Kindes (Trey) gestört, dass ihn zuerst beobachtet und schließlich bittet das plötzliche Verschwinden seines großen Bruders aufzuklären. Die Suche, auf die er sich begibt, führt ihn in die dunkelsten Abgründe.

Tana Frenchs Erzählstil ist sehr atmosphärisch und ausführlich. Das führt dazu, dass man die Landschaft, die Charaktere und ihre Emotionen sehr gut vor Augen hat und fühlen kann. Allerdings hat es auch zur Folge, dass es fast 120 Seiten dauert, bis die Handlung richtig Fahrt aufnimmt, als Cal einwilligt für Trey das Verschwinden des Bruder zu untersuchen. Als Ex-Cop hat er natürlich nur eingeschränkte Ermittlungsmöglichkeiten, aber seine gezielten Nachfragen im Dorf stechen offenbar in ein Wespennest, mit weitreichenden Folgen für Cal und Trey. Er muss feststellen, dass die Dorfbewohner ihre eigenen Regeln haben, ebenso eine eigene Vorstellung von Recht und Gesetz. Die wahrhaft dunklen Abgründe, auf die er während seiner Suche stößt, lassen ihn am Ende daran zweifeln, ob das Dorf die richtige Heimat für ihn ist.
Gut gefallen hat mir die einfühlsame Schilderung von Trey, einem Kind aus einer sozial schwachen Familie, das nicht über das Verschwinden des für ihn so wichtigen großen Bruders, zu dem er aufschaute, hinwegkommt. Auch Cals Charakter war für mich sehr real und sympathisch gezeichnet und seine inneren Zweifel und Kämpfe gut nachzuvollziehen.

Wenn man zu diesem Buch greift, darf man keinen durchweg fesselnden und spannenden Krimi erwarten, den man kaum zur Seite legen mag. Es ist nunmal ein literarischer Krimi mit einem ausgefeilten Sprachstil, der eine gemächlichere Gangart anschlägt und der neben dem Kriminalfall auch das soziale Gefüge der Dorfgemeinschaft und ihre Regeln und Werte beleuchtet.
Die ersten 120 Seiten waren mir zu langatmig aber mit Beginn von Cals Suche nahm die Handlung endlich Fahrt auf und die unterschwellige Spannung zog mich in den Bann und ließ mich immer weiter lesen. Ich wollte unbedingt wissen, was mit Treys Bruder passiert ist. French sorgt noch für die ein oder andere überraschende Wendung und präsentiert ein Ende, dass mich überraschte, dass aber auch realistisch und glaubwürdig war. Ein bisschen fehlte mir noch, wie es mit Cal und Trey nach allem weitergeht, ein Epilog wäre daher schön gewesen.