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Piecewartenoch

Bewertungen

Insgesamt 76 Bewertungen
Bewertung vom 14.08.2021
Sanctuary - Flucht in die Freiheit
Mendoza, Paola;Sher, Abby

Sanctuary - Flucht in die Freiheit


sehr gut

Vali geht in die elfte Klasse der High School und möchte mit ihrer Mutter und ihrem kleinen Bruder Ernie eigentlich nur ein sicheres Leben in einer Kleinstadt Vermonts haben. Aber durch ein erschütterndes Ereignis verschärfen die USA ihre Anti-Migrationspolitik immer weiter, bis Valis Familie nichts anderes übrigbleibt als zu fliehen, wenn sie nicht voneinander getrennt werden möchten. Doch der Weg in die Freiheit ist voller Stolpersteine und Gefahren. Ob Vali es schaffen wird?
Bei „Sanctuary – Flucht in die Freiheit“ von Paola Mendoza und Abby Sher handelt es sich um ein Gedankenexperiment, das in einer dystopischen Zukunft das weiterführt, was 2016 angefangen hat: Was wäre, wenn man Trumps Mauer zwischen den USA und Mexiko zu Ende gebaut hätte? Was, wenn man den Trumpismus, der mit Ende seiner Amtszeit kein Ende gefunden hat, weiterdenkt? Das ist nicht nur interessant, sondern auch spannend gleichermaßen. Aber eben auch sehr gruselig. Wir haben hier ein erschreckendes Setting: Menschendiskriminierung und -verfolgung, Fremdenhass, Hetze, eine totale Überwachung und ein Land, das doch eigentlich oft als Sinnbild für Migration und Offenheit steht. Doch genau diese Zukunft, die unserer Gegenwart erstaunlich ähnelt, strahlt einen faszinierenden Nervenkitzel aus. Atmosphärisch herausragend wird die Geschichte unteranderem von dem gelungenen Schreibstil gestützt, der eingängig, der jüngeren Zielgruppe entsprechend, aber teilweise sehr elegant daherkommt. Doch neben dem Setting, dass das Buch vor allem prägt, muss ich die Figuren hervorheben, denn, oh boy, die sind phänomenal. Allen voran unsere Protagonistin Vali: Sie ist nicht nur sehr nahbar und sympathisch, sondern handelt klug und nachvollziehbar. Das strahlt viel Authentizität aus. Auch ihre Charakterentwicklung gestaltet sich als großer Wandel: In dieser gefahrvollen, unbeständigen Welt muss sie sich und ihren kleinen Bruder retten und wächst an der Verantwortung, die sie zu tragen, und den Entscheidungen, die sie zu fällen hat, stetig. Zu dem berührt ihre Geschichte, das, was ihr in der Vergangenheit und jetzt passiert, ungemein. Ich hatte ziemlich oft Mitleid mit ihr und in welcher Situation sie steckt. So etwas regt natürlich ungemein zum Nachdenken an. Denn wie auch im realen Leben geht es in der Geschichte um so wichtige Themen wie Fremdenhass, Intoleranz, Flucht, Heimatlosigkeit, Familie und Rassismus. Die Liste könnte ich noch ewig weiterführen, denn das Buch schafft es, all diese Themen anzusprechen, aber auf eine subtile Art und Weise. Oft werden die Dinge nicht beim Namen genannt, aber jede*r weiß, was gemeint ist. Mehr muss nicht gesagt werden.
Und in alle dem Chaos bekommt an richtig Angst um die Charaktere, die einem so schnell ans Herz wachsen und fragt sich, wie können Menschen nur so grausam sein. In solchen Momenten merkt man, dass dieses Buch ein Echo dessen ist, was in unserer gegenwärtigen Zeit passiert und die Fiktion weniger Fiktion ist, als man denkt.
Dabei war es für mich auch absolut kein Problem, dass es keinen Kampf gegen das System, wie in eher typischen Jugenddystopien, gibt. Im Gegenteil, das hätte ich als absolut skurril und lächerlich empfunden. Das hätte die ganze Ernsthaftigkeit und Aussagekraft herausgenommen. Denn wenn man in solch einer Position wie Vali ist, würde man sich da nicht eher völlig machtlos fühlen, als gegen diese Übermacht zu kämpfen, und flüchten?! Das wäre schon ziemlich unrealistisch.
Jedoch empfand ich das Buch als eine super Sommererfrischung mit Tiefgang. Bewegend, fesselnd, packend, spannend – ja, mir fallen bestimmt noch mehr Partizipien erster Ordnung ein. Aber was ich sagen möchte, ist: Lest dieses Buch! Es war ein aufregender Trip mit viel Gefühl und noch mehr Emotionen, bewegenden Schicksalen und anregenden Diskursen.
Von meiner Warte aus eine absolute Empfehlung!

Bewertung vom 27.07.2021
Bella Donna. Die Schöne von Florenz / Die Töchter Italiens Bd.1
Aurel, Catherine

Bella Donna. Die Schöne von Florenz / Die Töchter Italiens Bd.1


ausgezeichnet

Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?

Ende des 15. Jahrhunderts in Florenz ist es Simonetta Vespucci, eine junge Frau, die mit ihren überirdischen Zügen sogar die Aufmerksamkeit eines Medici auf sich längt. Selbst Botticelli verliebt sich in die Elfengleiche. Von der Affäre mit dem Bruder von Lorenzo de Medici belebt, möchte Simonetta sich nicht in die Rolle zwängen lassen, die ihr auferlegt wurde, sondern freier leben. Deshalb geht sie mit der alternden Kurtisane Cosima ein Bündnis ein, das sehr viel Kosmetik, aber schon bald Geheimnisse und Intrigen beinhaltet.

Die Geschichte rund um Simonetta, Cosima und Sandro Botticelli wird aus der wechselnden Perspektive der Figuren erzählt. Dabei stellt sich als geheimer Star des Buches aber vor allem der Schreibstil der Autorin heraus: Umwerfend elegant, mit schönen Vergleichen und Formulierungen erweckt Aurell die Illusion der florentinischen Straßen zum Leben. Mit einem für das Genre angemessenen Sprachstil wird die passende Atmosphäre erzeugt, die man benötigt, um sich so richtig in die Geschichte fallen lassen zu können. Diese kommt sehr authentisch daher, was ich als sehr wichtig für einen historischen Roman erachte, was sich daran zeigt, dass auftretende historische Persönlichkeiten gut dargestellt wurden, ohne dass man als Leser*in das Gefühl hatte, diese sei inadäquat ausgeführt. Leider sind mir da auch schon Negativerfahrungen passiert, weswegen ich sehr froh bin, dass sich das bei Bella Donna nicht wiederholt hat. Die Figuren sind vielschichtig und voller Emotionen und Gefühl. Ich mochte die Komplexität der Gefühlswelten unserer Charaktere besonders. Es hat viel Spaß gemacht mit ihnen mitzufühlen. Es gibt kein Schwarz und Weiß, kein Böse und Gut – das geht aus den unterschiedlichen Charakteren deutlich hervor. Man sollte zuerst hinter die Fassade eines Menschen blicken, bevor man über ihn urteilt. Dafür spricht auch die Charakterentwicklung, die die beiden Frauen durchmachen. Erst Stück für Stück realisiert der/die Leser*in und die Figur selbst, was alles in ihr steckt, wer sie wirklich ist und wonach sie sich sehnt.

Es geht viel um die Möglichkeiten der Frauen in dieser Zeit, die Freiheit und die Sehnsucht nach wirklicher Liebe. Auf eine interessante, fesselnde und intensive Weise behandelt die Autorin diese und mehr Themen.

Doch auch wenn die Charaktere sympathisch sind, das Setting großartig ist und ich die Einblicke in das damalige Kunsthandwerk inklusiver philosophischer Gespräche zwischen Leonardo da Vinci und Sandro Botticelli geliebt habe – der Geschichte fehlt es leider etwas an Spannung, unteranderem dadurch, dass den Großteil des Buches gar nicht ersichtlich ist, wohin die Geschichte möchte. Der rote Faden war doch recht fadenscheinig. Daher wirkt der Mittelteil recht lang, doch man wird mit emotionalen, wendungsreichen letzten hundert Seiten belohnt.

Mir hat das Buch phänomenal gut gefallen. Für die volle Punktzahl reicht es leider nicht, aber ich empfehle dieses Buch allen, die nach einem außergewöhnlichen Schreibstil suchen, der viele Verberststellungsnebensätze beinhaltet. Sprachlich auf einem hohen, aber angenehmen Niveau. Ich habe viel mitgelitten und die Szenen mit Sandro vollkommen genossen. Ein bisschen zeitgeschichtliches Wissen nimmt man auch aus dem Buch mit. Einfach ein fantastisches Buch mit viel Gefühl und Liebe zum Detail. Ich bin begeistert und freue mich riesig auf den zweiten Teil der Reihe. Um ehrlich zu sein, kann ich es kaum erwarten, wieder ein Buch der Autorin zu lesen!

Bewertung vom 05.07.2021
Sommernerdstraum
Franke, Cornelia

Sommernerdstraum


ausgezeichnet

Ruby, Merlin und Isabel gehen zum dritten Mal als Gilde der Weißen Rabe in den Sommerferien zum LARP, aber ihnen springt der vierte Mann ab. Kurzum bittet Ruby ihren Gamerkollegen Ben, mitzukommen. Nur blöd, dass Ruby plötzlich ein Kribbeln im Bauch spürt, wenn sie mit ihm zusammen ist. Und dann taucht auch noch ihr Exfreund auf, der ihr das Leben wirklich schwer macht.

Ruby ist fünfzehn Jahre alt und steht total auf diese eine Fantasybuchreihe, ihre Fanfiction dazu zu schreiben erfüllt sie am meisten. Aber in der Schule würde sie niemals zu ihrem Hobby stehen. Nur wenn sie ihre Rolle Lady Ruby beim LARP spielt, fühlt sie sich wie selbstsicher und stark.

Der fünfzehn-jährige Ben sitzt entweder mit seinen Gamerkumpels vor der Konsole und zockt oder mit Ruby im Klassenzimmer, aber noch nie hat er bei einem Live Action Role Play mitgemacht. Ohne Kostüm fällt er ganz schön in der Masse auf. Aber plötzlich schafft er es, dass sich um den Namenlosen Raben ein Mysterium webt, das jeder lüften möchte.

Mit „Sommernerdstraum“ hat Cornelia Franke die perfekte Sommerlektüre für Kinder und Jugendliche, sowie Junggebliebene geschaffen. Humorvoll und charmant kommt die Geschichte daher. Der lockere Schreibstil geht runter wie Öl. Einzig ein paar wenige Rechtschreib-/Grammatikfehler stören den Lesefluss leicht. Ansonsten führt uns Franke auf einen selten beschrittenen Pfad: Das kreative Setting sticht auf jeden Fall heraus – mit Ruby stürzen wir uns in ein Mittelalter-meets-Fantasy-Event, das Lust macht, ebenfalls teilzunehmen. Geliefert bekommt man eine komplexe Handlung mit mehreren Ebenen, doch leider war es für mich schwierig immer den roten Faden der einzelnen Ebenen beizubehalten, unteranderem dadurch das der Fokus mal bei der einen liegt und im nächsten Moment bei der anderen. Zu dem gibt es zu Anfang sehr viele Informationen, die ich erst einmal einordnen und verinnerlichen musste, aber um so weiter ich las, desto tiefer glitt ich in die Geschichte, tauchte förmlich ab. Ein Großteil dazu beigetragen haben die liebevoll gestalteten, vielschichtigen Charakter, die Seite um Seite sich unmerklich ins Herz schleichen. Besonders mochte ich auch die persönliche Entwicklung, die unsere Protagonistin Ruby durchläuft, denn zu Anfang merkt man, dass sie irgendwie festhängt in ihrem Leben. Apropos Charakterentwicklung, so sehr sich Ruby weiterentwickelte, so wenig schafft das Henrik, Rubys Exfreund. Ich finde es sehr schade, dass er, unser Troublemaker, sich gar nicht ändert, nicht einmal ein winziges Müh. Und die Liebe kommt natürlich auch nicht zu kurz, denn zwischen Ben und Ruby scheint sich etwas anzubahnen. Die Romanze zwischen den beiden fühlt sich herrlich authentisch an und lässt einen mitfiebern. Zu dem kommt, dass Franke auch viele Themen anspricht, unteranderem eben Mobbing, Unsicherheit und Freundschaftsverlust, die vielleicht nicht so episch klingen wie Mord, Verrat und Machtkampf, aber sicherlich viele Leser*innen im alltäglichen Leben genauso beschäftigen wie auch die Charaktere des Buchs. Übrigens kommen die ebenfalls genannten Themen so oder so ungefähr trotzdem in der LARP-Geschichte vor XD Also bekommt man von allem etwas! Sie werden aber alle spannend und einfühlsam erzählt.
Vor allem auf das Finale kann man sich freuen, das wird nämlich der Gipfel der Spannung und ist ziemlich unerwartet.
Noch als Leckerli für alle Spiele-, Serien- und Animefans gibt es viele kleine Referenzen, z.B. zu Sword Art Online – wenn das mal nichts ist.
Schlussendlich lege ich „Sommernerdstraum“ jeden ans Herz – es ist eine absolut gelungene Geschichte, der ich trotz ein paar Kritikpunkten wohlwollende fünf von fünf Hundeplüschtiere gebe.

Bewertung vom 24.06.2021
Plötzlich Geheimagentin! / T wie Tessa Bd.1
Scheunemann, Frauke

Plötzlich Geheimagentin! / T wie Tessa Bd.1


sehr gut

Ausgerechnet Tessa passiert es in gewohnter Chaosqueen-Manier den gesamten Personennahverkehr lahm zu legen. Dabei rettet sie der kleinen Maus Hector zwar das Leben, verpasst aber das Vorspiel für ihre Lieblingsband. Zu ihrem Glück wird das aber wiederholt. Und tatsächlich schafft Tessa es, mit ihrem Gitarrensolo als neues Mitglied in die Band aufgenommen zu werden. Nur schnüffelt Maus Hector, dass da was gewaltig faul an Gimme Four, der beliebten Schülerband, ist.

Tessa ist ein dreizehn Jahre alte Mädchen, das überhaupt nicht auffällt. Nicht einmal ihre Klassenlehrerin kennt ihren Namen. Aber sie spielt passioniert Gitarre und schwärmt nicht nur für Gimme Four, sondern auch für Timo, einem Jungen aus der zehnten Klasse.

Hector, die mongolische Rennmaus, möchte eigentlich seinen Flug nach Ulan Bator schaffen, um dringende Familienangelegenheiten in der inneren Mongolei zu klären, beschließt dann aber in seiner unendlichen Großzügigkeit in Hamburg zu bleiben und Tessa zu helfen.

"T wie Tessa - Plötzlich Geheimagentin" ist der Auftakt zu einer neuen Kinder/Jugendbuch-Reihe von Frauke Scheunemann.

Der abwechslungsreiche, mit Jugendsprache gepaarte Schreibstil kommt frisch und passend für die Zielgruppe rüber. Doch gefiel mir nicht, dass manchmal inhaltliche Aussagen in Dialogen oft wiederholt und Offensichtlichkeiten beschrieben wurden, ganz nach dem Motto des Overexplaining. Die Leser sind doch eigentlich aufmerksam und denken mit. Da hat sich das einfach überflüssig angefühlt. Wiederrum konnte mich der Humor absolut überzeugen – witzige Sprüche oder Situationen brachten mich immer wieder zum Lachen und Schmunzeln. Genauso einnehmend sind die Charaktere gestaltet. Mit ganz viel Charme wachsen sie einem ans Herz. Besonders unsere Protagonistin Tessa ist unheimlich sympathisch und stellt eine tolle Identifikationsfigur dar, mit der man miträtselt und -leidet. Aber unser heimlicher/offensichtlicher Star der Geschichte ist wohl Hector. Mal streitsüchtig, mal mutig, mal zum Anbeißen süß. Die Chemie zwischen unseren beiden Ermittlern stimmt einfach. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten geben sie ein absolutes Dreamteam ab. Aber auch ihre kleinen Kabbeleien sind herrlich mitanzusehen. Bei den beiden weiß man gar nicht, wer der Side Kick von wem ist ;). Gleich von Beginn an ist die Handlung spannungsgeladen: Sobald Hector ahnt, dass da etwas nicht stimmt, beginnt man zu rätseln, was wirklich hinter der Fassade der Bandmitglieder und der Managerin steckt. Und im Verlauf der Geschichte wird es immer turbulenter und mysteriöser. Aber trotz Kreativität und Spannung ist das Finale ziemlich vorhersehbar, macht deswegen aber nicht unbedingt weniger Spaß. Denn Spaß hat mir das Buch in einer extrem hohen Dosis verabreicht. Ich hab die Zeit mit Tessa und Hector absolut genossen und muss die beiden einfach nur weiterempfehlen. Wenn man schon etwas älter ist, sollte man wohl die eigentliche Zielgruppe im Hintergrund behalten, aber dem Abenteuer steht sonst nichts im Weg. Auf diesem erwartet euch nämlich Dramatik, Verbrechen, Verrat, Aufopferung, eine Prise romantischer Liebe, Witz und eine charismatische Maus, deren Sprachbegabung man nicht in Frage stellen sollte. Legt euch unbedingt einen Defibrillator bereit, sowie eine mongolische Rennmaus, die euch im Falle von zu viel Spannung ins Leben zurückholt. Trotz kleiner Schwächen konnte mich „T wie Tessa“ mitreißen und abholen. Ein gelungener Auftakt, der Lust auf mehr macht. Also ich sitze schon einmal im Zug zum nächsten Teil. Hoffentlich wird der nicht gestoppt, weil jemand in der Tür steckengeblieben ist.

Bewertung vom 11.05.2021
Something Pure (eBook, ePUB)
Scott, Kylie

Something Pure (eBook, ePUB)


weniger gut

Der Titel „Something pure“ lässt vermuten, dass die wahre und reine Liebe Gegenstand einer tiefgründigen und -gehenden Geschichte wird. Davon ist das Buch aber leider weit entfernt.

Doch worum geht es in diesem neuen Buch der New Adult-Veteranin Kylie Scott?

Alice ist 22 Jahre alt, hat einen erfolgreichen Collegeabschluss und steht in der Blüte ihres Lebens – oder wohl eher nicht: Um nicht arbeitslos zu sein, verdient sie sich in einer schäbigen Bar ihren Lebensunterhalt als Kellnerin, nicht gerade ihr Traumjob. Lichtblick bietet der attraktive Hilfskellner Beck, der sie mit Jane Austen-Zitaten und witzigen Sprüchen verzaubert. Doch es stellt sich heraus, dass Beck gar kein armer Schlucker, sondern Milliardär ist. Alice folgt Beck nach Denver, als dessen Vater verstirbt, und stößt dort auf die Elliot-Familie, die zur Zerreißprobe ihrer Liebe wird.

Klingt spannende, oder? Ist es aber eher weniger. Aber lieber erst einmal zu den positiven Seiten dieses Buches:

Kylie Scott besitzt einen überraschend guten, humorvollen Schreibstil, der mit seinem Witz die Geschichte locker und fließend rüberbringt. Ich musste oft lachen, viel kichern und ständig schmunzeln. Außerdem gefielen mir die meisten Charaktere auch ganz gut, selbst die, die man wohl eigentlich nicht so leiden sollte, waren mir sympathisch. Alice ist eine selbstbewusste, bodenständige, junge Frau und Becks Familienmitglieder und Freunde überzeugten mich ebenfalls. Nur unser großer Schmachtherr von Reichhausen höchstpersönlich brachte mein Herz nicht zum Schlagen. Mit Beck kam ich nicht richtig klar: Er blieb für mich ziemlich gesichtslos und clean.

Apropos, Herzen zum Schlagen bringen. Das Kennenlernen zwischen Alice und Beck findet bereits auf den ersten vierzig Seiten statt und von da an entwickelt sich die Beziehung rasant weiter – zu rasant. Es wird so schnell so ernst zwischen den beiden, dass ich das gar nicht nachvollziehen konnte. Während die ersten Dialoge vor Funken nur so sprühen, lässt sich jegliche Chemie zwischen Alice und Beck im weiteren Verlauf vermissen. In meinen Augen haben die zwei zusammen nicht funktioniert. Ich konnte mich einfach nicht für ihre Beziehung begeistern, denn:

(Und das bringt uns zu meinem größten Kritikpunkt an dem ganzen Buch)

Es gibt kaum Probleme und Hindernisse, die es zu bewältigen gilt, und wenn, dann sind die mit einem Fingerschnipsen aus der Welt geschaffen. Die Geschichte besitzt keinerlei Spannung. Und ohne Konflikte, die Spannung erzeugen, ohne Konsequenzen solcher, die in den Leser*innen Gefühle und Emotionen wachkitzeln, ist eine Geschichte recht belanglos und langweilig.

So schlimm sich das jetzt anhört, so schlecht fand ich das Buch gar nicht. Kylie Scott macht vieles richtig. Aber hätte man die ersten und letzten fünfzig Seiten genommen und die restlichen dreihundert weggestrichen, würde ich wohl mehr Spaß mit der Geschichte gehabt haben. Hätte die Autorin sich mehr Mühe mit der Handlung und weniger mit der Beschreibung von Markenklamotten gegeben, hätte das ein witziger, süßer, kurzweiliger Liebesroman werden können. So bleibt er aber oberflächlich und etwas für Zwischendurch.

Leider nur 2 von 5 roten Gucci-Handtaschen.


Es handelt sich um ein Rezensionsexemplar vom Lyx-Verlag, dies hat aber (offensichtlich) nicht meine Meinung beeinflusst.

Bewertung vom 23.04.2021
Golden Kamuy Bd.10
Noda, Satoru

Golden Kamuy Bd.10


sehr gut

Erst haben Sugimoto und Co. eine Hirde genommen, schon stehen sie vor der nächsten Herrausforderung: Shiraishi, unser Meisterausbrecher, wird von der 7. Division geschnappt. Nun gilt es ihn zu befreien - auch wenn man dafür unliebsame Hilfe in Anspruch nehmen muss.

Golden Kamuy von Satoru Noda ist ein recht spezieller Manga, der sicher nicht jeden anspricht. Ich würde ihn wohl eher Menschen empfehlen, die älter als sechszehn Jahre alt sind, da nicht nur gewalttätigere Szenen vorkommen, sondern auch eine gewisse Komplexität herrscht. Diese wird unteranderem durch die vielen Charaktere und Namen heraufbeschworen, die man sich erstmal merken muss. Man sollte aber auch ein gewisses Interesse am historischen Japan und der alten Kultur Hokkaidos mitbringen, die ausführlich beschrieben und dargestellt wird. Lernfaktor garantiert!

Außerdem glänzt der Manga mit detailierten Hintergründen und gut ausgearbeiteten Hauptcharakteren. Der passend verwendete Zeichenstil lädt auch zu vielen Lachern ein. Humor hat der Manga auf jeden Fall - und es macht gleich nochmal so viel Spaß durch die sympathischen, tiefgründigen Charaktere.

Leider kommt die Story in diesem Band nicht wirklich voran, weshalb ich über lange Strecken weniger interessiert gelesen habe, aber sobald die Action anfängt kann man sich nicht mehr losreißen und muss bis zum Ende lesen. Ein fieser Cliffhanger. Das Ende konnte mich auf jeden Falls wieder catchen und zum Weiterlesen überzeugen.

Wer Action, Einblicke in Kultur und ganz viel Spaß haben möchte, dem sei gesagt, dass man in Golden Kamuy fündig wird. Eine Top-Serie!

Bewertung vom 19.04.2021
Das Mädchen und der flüsternde Wald
Anderson, Sophie

Das Mädchen und der flüsternde Wald


gut

Janka wurde als Kleinkind im Wald gefunden und lebt seitdem mit ihrer Ziehmutter Mamotschka in dem südlichen Dorf umgeben von dem großen Schneewald. Schon immer hat sie gefühlt, dass sie nicht ganz dazu passt und verspürte den Drang nach ihrer Vergangenheit zu suchen. Nach einem schrecklichen Ereignis beschließt die zwölfjährige Janka fortzulaufen, in den Wald, aus dem sie gekommen ist.
Was soll ich sagen, die Beziehung zwischen mir und „Das Mädchen und der flüsternde Wald“ hatte einen steinigen Anfang. Das winterliche, russisch angehauchte Setting hat gepasst. Die Charaktere sind liebenswert. Die Handlung verheißungsvoll. Und doch fiel es mir schwer in die Geschichte hineinzukommen, immer wieder nach dem Buch zugreifen. Am Schreibstil lag es nicht, denn der passt zu der angestrebten Altersgruppe wie die Faust aufs Auge und bietet sogar wunderschöne Formulierungen und Aussagekraft für die Älteren. Die Charaktere, wie bereits angeschnitten, traf auch keine Schuld. Jankas bester Freund Sascha ist ein offener, warmherzige Junge, dessen Auftritte ich genossen habe. Anatoly, der grummelige Wanderer, der sich sonst durch das Unterholz des Schneewaldes schlägt und nur ab und zu mal bei Janka und Mamotschka vorbeischaut, um Janka eine Geschichte zu erzählen, ist ein herrlich komischer Kauz. Und Janka und Mamotschka sind einfach ein Herz und eine Seele und man spürt die Liebe wirklich zwischen den beiden. Ich konnte lange Zeit das Kind nicht beim Namen nennen. Das Motto war: Einfach stur weiterlesen, vielleicht wird’s ja besser.
Und irgendwann wusste ich, was mich störte: Janka sucht nach ihrer eigenen Geschichte und zu Beginn wissen weder Janka noch wir, die Leser*innen, was sich dahinter verbirgt. Doch Seite um Seite erfahren wir mehr – so weit so gut. Aber relativ schnell löst sich diese Mystifizierung rund um Jankas Vergangenheit. Durch die märchenähnlichen Geschichten und den Hinweis, dass in Geschichten immer ein wahrer Kern liegt, wirkt ihre Vergangenheit ziemlich offensichtlich. Mir hat da einfach das Subtile gefehlt, das längere Miträtseln und Theorien aufstellen. Dieser Teil der Geschichte war doch recht vorhersehbar.
Und dann mit einem Schlag, ungefähr ab der Hälfte, hatte ich ein völlig anderes Leseerlebnis. Auf einmal machte mir die Geschichte, nach einer dramatischen Wendung, unheimlich viel Spaß! Janka lernt auf ihrer Reise durch den Schneewald die schrägsten Charaktere kennen. Und einer davon ist das Jaga-Haus, neben Mäusefänger, Jankas Hauswiesel, mein absoluter Lieblingscharakter. Um Janka schart sich eine kleine Gruppe und gemeinsam wird sich in ein gefährliches Abenteuer gestürzt, bei dem es um Leben und Tod geht. Ich habe die Dynamik und das Gemeinschaftsgefühl der zusammengewürfelten Herde geliebt! Absolut herrlich und unschlagbar.
Ich mochte auch Jankas Charakterentwicklung und die Aussagen, die am Ende stehen. Es stehen viele wahre Worte in diesem Buch und ich kann mir gut vorstellen, dass es für Kinder wichtig ist, diese zu lesen und sich zu Herzen zu nehmen.
Anmerken möchte ich ebenfalls die wunderschöne Gestaltung des Buches, sowohl die Landkarte als auch die Vignetten, die das Buch sehr aufwerten. Und das Cover, das ein wahrer Augenschmaus ist. Aber was sage ich da, das sieht ja jeder auf den ersten Blick.
Zusammengefasst kann ich sagen, dass es sich um ein gelungenes Kinderbuch handelt. Die kleinen Makel werden die Zielgruppe sicher nicht weiter stören. Das Buch lädt dazu ein, auf ein großes Abenteuer voller Schnee, Natur und Tiere zu gehen. Diese Gelegenheit sollte man auf jeden Fall ergreifen. Es lohnt sich mit Janka durch den Schneewald zu ziehen – vielleicht aber für die einen mehr, für die anderen weniger. Probiert es aus!

Bewertung vom 18.04.2021
Isola
Fletcher, Brenden

Isola


sehr gut

Rook, eine Soldatin, zieht mit ihrer Königin durch weite Lande auf der Suche nach Isola, dem einzigen Ort, an dem es scheinbar möglich ist der Königins Fluch zu brechen. Denn diese hat sich in einen blauen Tiger verwandelt. Doch ohne der Königin auf dem Thron droht Rooks Heimatland Krieg.

"Isola" ist eine kanadische Fantasy-Comicreihe von Brenden Fletcher, Karl Kerschl und Msassyk. Der erste Band wurde erstmals Herbst 2019 auf deutsch veröffentlicht. Lange musste die Leserschaft auf die Fortsetzung warten, aber sie ist gekommen, mit noch eindrücklicheren Bildern als schon der erste Teil.

Rook und Olwyn sind immer noch auf der Reise nach Isola, dem Land der Toten. Dabei durchkreuzen sie unwirkliche Landschaften und begegnen düsteren Gestalten.

Mit klaren Zeichnungen und wunderschön koloriert schafft der Comic die passende Atmosphäre. Das Setting wirkt fantasievoll und frisch. Doch gerade die düstere Handlung gibt dem Comic die richtige Note - Isola richtet sich auf jeden Fall an ältere Jugendliche und Erwachsene, das merkt man dadurch.

Es handelt sich um einen untypischen Comic mit einer Welt, die aus einer ihr eigen Umwelt und Wesen besteht, die ihren ganz eigenen Regeln folgt. Und doch ist es mir nicht leicht gefallen, in die Welt von "Isola" einzutauchen. Zum einen ist es die kurze Lesedauer, zum anderen aber vor allem sind es die fehlenden Erklärungen. Es passiert unheimlich viel und man hat unheimlich viele Fragen, die aber nicht geklärt werden. Ich mag es, Welten nach und nach zu erkunden und verstehen zu lernen. Aber wir erfahren als Leser*in sowohl über die Charaktere als auch die Lebewesen, deren Kultur und Lebensraum extrem wenig. Viel muss man einfach als gegeben hinnehmen. Dadurch bleibt für mich die Welt immer distanziert, so fantastisch sie auch ist. Ich möchte ungedingt mehr von der atmosphärischen Geschichte, den rätselhaften Charakteren und dieser unvergleichbaren Fantasiewelt. Hoffentlich wird sich im nächsten Band mehr Zeit zum Erzählen gelassen.

Der Comic besticht aber am meisten mit dem umwerfenden Zeichenstil und dem Einfallsreichtum. Ich kann allen, die mal was außergewöhnlich anderes ab vom Mainstream lesen möchten, "Isola" allerwärmstens ans Herz legen.

Bewertung vom 07.04.2021
Spiele-Comic Abenteuer: Mystery (Hardcover)

Spiele-Comic Abenteuer: Mystery (Hardcover)


sehr gut

„Mystery“ ist ein Comic der besonderen Art. Wer bereits mit Pen and Paper-Rollenspiele vertraut ist, kann hier auch mal ganz allein und auf eigene Faust sich in ein Abenteuer stürzen. Für alle, die PnP nicht kennen, kein Problem, für die gilt dasselbe.

Das Konzept des Spielecomics kann man dank der klaren Aufmachung schnell durchschauen und die Einleitung und die Spielregeln schaffen ebenfalls einen guten Spielkomfort. Geeignet für Kinder und Jugendlich, wie auch für alle anderen, die etwas anderes ausprobieren möchten oder schon immer mal ein Superheld in Ausbildung werden wollte, denn…

In Chicago sind die Superschurken los. Die Verbrechensrate steigt unaufhaltbar. Und der einzige Weg für Mystery und seine Superheldenliga dem entgegenzuwirken, ist das Einstellen von angehenden Helden. Aber natürlich wird nicht jeder dahergelaufene Laie genommen. Somit begibt sich der Spieler auf den Pfad der Tugend, um den Kriminellen Kräften Einhalt zu bieten.

Der Spielecomic steckt voller lustiger Anspielungen, charmanter Dialoge und schräger Charaktere. Durch mehrere, im Comic verteilte QR-Codes, die man mit dem Smartphone einscannen kann, wird die Geschichte noch interaktiver. Die Zeichnungen der Charaktere und Umgebungen sind sehr schön. Wirklich ein kleiner Augenschmaus.

Wenn man sich richtig auf die Geschichte und die Spielmechaniken einlässt, macht der Comic super viel Spaß und beschäftigt einen für mehrere Stunden. Auch ist der Wiederspielwert sehr hoch, da es immer wieder neues zu entdecken gibt, was man vielleicht beim ersten Durchgang noch nicht gesehen hat.

Durch den Cliffhanger am Ende der Geschichte bekommt man gleich Lust weiterzuspielen und noch länger in dieser herrlich verrückten Welt zu verweilen. Eine absolute Empfehlung, wenn man seinen Alltag ein wenig aufpeppen möchte.

Bewertung vom 29.03.2021
Das Geschenk eines Regentages
Shinkai, Makoto;Nagakawa, Naruki

Das Geschenk eines Regentages


gut

Eines grauen Regentages wird Chobi von der jungen Frau Miyu in einem Karton am Straßenrand gefunden. Seither lebt der Kater bei seiner „Geliebten“ und genießt das Katzenleben, streift durch sein Territorium, hört sich Miyus Sorgen an und trifft viele andere tierische Seelen auf den Straßen der Stadt.
Diese und drei weitere Kurzgeschichten warten auf den Schöne-Literatur-Liebhaber, die durch die tierischen und menschlichen Figuren alle miteinander verbunden sind, sodass ein Gesamtbild in Harmonie entsteht. Makoto Shinkai und Naruki Nagakawa schaffen mit ihrem Buch „Das Geschenk eines Regentages“ ein interessantes Werk, das sowohl die Tiere als auch die Menschen zu Wort kommen lässt. Die anfänglich ruhige, entspannte Atmosphäre trügt – auch wenn sie den Großteil das Buch begleitet, spielen ernste Themen genauso eine Rolle und bringen Tiefe in die Momentaufnahmen der Leben der Lebewesen: Verlust oder das Einschlagen eines Irrweges, Kummer oder Aufopferung ohne Gegenleistung. Die Geschichten laden ein, sich genau über diese Dinge, die jeden beschäftigen, auszutauschen und nachzudenken.
Der Schreibstil umschließt diesen Mikrokosmos, den die Geschichten gesamtheitlich bilden, perfekt. Manche Zitate könnte man sich einrahmen und an die Wand hängen – einfach ausgedrückt. Es findet ein flüssiger Übergang von Katze zu Mensch und zurück statt.
Insbesondere die letzten zwei Kurzgeschichten konnten mich besonders emotional berühren und in ihren Bann ziehen. Und trotzdem lässt die Kürze der Geschichten nicht zu, dass man sich völlig fallen lassen kann. Mit gerade einmal zweihundertfünfzig Seiten und einer extrem großen Schrift gibt der Roman leider nicht viel her, außer ein paar weniger Stunden japanischer Kultur mit vielen Katzen. Leider blieb aufgrund der kurzen Zeit ein guter, aber doch relativ farbloser Eindruck zurück. Kurzweilig, ja. Aber nicht von langer Dauer.
Es ist ohne Zweifel ein besonderes Buch, das zeigen möchte, dass die Menschen die Tiere genauso in ihrem Leben nötig haben, das mit seiner Unaufgeregtheit den Leser entspannen und in ein anderes Land abschweifen lässt. Und doch konnte es mich nicht ganz überzeugen. Es wird sicherlich jedem Katzenliebhaber, der ich eindeutig nicht bin, gefallen, aber leider hat das das Buch bei mir nicht geschafft.