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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
LadyNinily
Wohnort: 
Nürnberg

Bewertungen

Insgesamt 76 Bewertungen
Bewertung vom 30.07.2019
Harz
Riel, Ane

Harz


ausgezeichnet

Liv ist ein ganz besonderes kleines Mädchen.
Sie liebt ihre Eltern, ihren Zwillingsbruder und den angrenzenden Wald. Denn dort erschlägt sie nachts die Tiere, die sie zuvor mit Pfeil und Bogen erlegt hat - denn im Dunkeln fühlt man keine Schmerzen, sagt Papa.

Die Geschichte von Liv’s Vater Jens ist dabei eng mit ihrer eigenen verflochten und fast schon tragischer Mittelpunkt dieses Buches. Geplagt von Verlustängsten und getrieben von einem extremen Sammelbedürfnis, entwickelt Jens immer krankhaftere Verhaltensweisen, die sich die kleine Liv natürlich bei ihrem Vorbild abschaut. Dass die Großmutter zu Weihnachten mit einem Kissen erstickt wird, ist dabei nur die Spitze des Eisbergs.

Der Leser erlebt diesen Horror hauptsächlich durch die noch unschuldigen Augen von Liv. Deren Gedanken sind typisch kindlich eher sehr simpel, so etwas wie einen „Mord“ kennt sie nicht und demnach ist auch Omas Ableben für sie einfach nur bizarr normal. Solche Vorkommnisse durch Liv’s unbedachte Perspektive zu durchleben, verleiht dem Buch einen ganz eigenen, unglaublich großartigen und befremdlichen Gänsehautfaktor.


Fazit
Ich würde dieses Buch nicht als einfachen Thriller abtun. Es ist vielmehr eine dramatische Familiengeschichte, die kuriose Grausamkeiten und tragische Schicksale aus der Sicht einer eigentlich unschuldigen und reinen Seele erzählt – und damit ein wahrlich erfrischendes Leseerlebnis!

Bewertung vom 30.07.2019
Wir von der anderen Seite
Decker, Anika

Wir von der anderen Seite


ausgezeichnet

In "wir von der anderen Seite" begleitet man die erfolgreiche Drehbuchautorin Rahel, die dem Tod gerade noch mal so ein Schnippchen schlagen konnte und sich nun auf einer turbulenten Odyssee befindet, die sich ironischerweise als ihr eigenes Leben entpuppt.
Man sollte dabei eigentlich meinen, nachdem man gerade aus dem Koma erwacht ist, bleiben einem die verhassten Probleme, die der Alltag sonst so mit sich bringt, erspart - aber Fehlanzeige. Nicht nur, dass irgendetwas in der Beziehung zu ihrem Langzeitpartner mehr als "nur ein bisschen" falsch läuft, auch das Konto ist plötzlich überbelastet und ihr eigenes Herz scheint ihr den Krieg erklärt zu haben.
In diesem ganzen Chaos verliert Rahel aber nie ihre unglaublich liebenswürdig-sarkastische Art und lässt den Leser in einem steten Wechsel mit ihr lachen und mit ihr weinen – manchmal auch beides.

Auf Rahels Reise, sich selbst „auf der anderen Seite“ wiederzufinden, begegnet man neuen Freunden, alten Bekannten und amtierenden Feinden, die das echte Leben kaum authentischer hätte zeichnen können. Das Buch ist entwaffnend charmant und bietet einen rücksichtslos ehrlichen Einblick, wie verwirrend es sein kann, einfach nur zu leben, wenn man schon auf der anderen Seite war.


Fazit

"Wir von der anderen Seite" ist ein durch und durch charmantes Buch. Man leidet und liebt und beides sowohl mit einem lachenden, als auch mit einem weinenden Auge. Denn man schließt nicht nur die bissig-fröhliche Rahel ins Herz, sondern auch viele ihrer kleinen und großen Weggefährten. Für mich, die normalerweise keine Romane in diesem Genre liest, ein absolutes Highlight.

Bewertung vom 08.07.2019
Die Liebe des Schwarzmagiers
Regen, Beatrice

Die Liebe des Schwarzmagiers


ausgezeichnet

John steht regelmäßig auf der Bühne – als waschechter Magier. Dass er aber wirklich fähig ist, Magie zu wirken, scheinen seine ahnungslosen Fans sich nicht einmal zu erträumen. Denn John stammt aus einer anderen Zeit, in der sich die Welt noch im Mittelalter befindet und Magier wie er, eher gefürchtet als geliebt werden.
In dieser Welt ist auch der Schwarzmagier John nicht gerade für seine gutmütige Seele und seine Barmherzigkeit bekannt. Er ist kaltblütig, stolz und sein Zorn kann gerne mal ein paar Menschenleben auslöschen. Nur für seine Partnerin Diana lässt John sich dazu herab, ab und zu etwas Gnade walten zu lassen. Wo John allerdings kalt und kalkulierend ist, ist Diana impulsiv und zuweilen auch etwas anstrengend.

Aber „Die Liebe des Schwarzmagiers“ ist bei weitem nicht so sanft und romantisch, wie der Titel im ersten Moment vielleicht versprechen mag. Auch wenn Liebe die primär treibende Kraft für die Geschehnisse ist, werden im Hintergrund gleichzeitig noch viel finsterere Pläne geschmiedet. So gibt es auch die ein oder andere Szene, die nichts für schwache Nerven und/oder Mägen ist. Getreu dem Mittelalter, wird auch mal bösartig-vergnügt gefoltert und gequält.
Diese Abschnitte sind allerdings so explizit und eindringlich geschrieben, dass selbst mir, als Fan von Hardcore Horror und Thrillern, stellenweise ziemlich schlecht wurde. Aber selbst wenn einem diese Szenen zu heftig sind, lohnt sich das weiterlesen allemal! Denn man erlebt die Geschichte zwar primär aus der Sicht von John und Diana, dennoch werden auch immer wieder andere Perspektiven eingestreut. Das führt zu unerwarteten Wendungen, raffinierten Täuschungen und Charakteren, die man so in der Literatur eher selten trifft.

Fazit
„Die Liebe des Schwarzmagiers“ ist ein unglaublich starkes Debüt, das ich am ehesten als Dark Fantasy Roman bezeichnen würde. Auch mit weit über 600 Seiten kommt hier niemals Langeweile auf. Obwohl bewusst nicht alle losen Enden verknüpft werden, wird man als Leser doch mit einem absolut beeindrucken Story Konstrukt konfrontiert, das einen erstaunt und mit offenem Mund zurücklassen wird.

Bewertung vom 03.07.2019
Invydia
Alice, T. K.

Invydia


sehr gut

Grundsätzlich glaubt Sam ja nicht an so etwas verrücktes wie das Schicksal. Denn dafür ist unsere Protagonistin eigentlich viel zu abgebrüht und bodenständig. Sie ist nie um eine schnippische Bemerkung verlegen und lockert somit spielerisch den ein oder anderen angespannten Augenblick auf. Aber Sam ist nicht nur humorvoll, sondern bedingt durch ihre Kindheit auch noch sehr scharfsinnig und raffiniert. Es gibt keine Situation, in der sie Beweggründe, Personen und Motive nicht hinterfragt – manchmal im Stillen, manchmal aber auch frei heraus. Unsere Protagonistin ist alles andere als eine arme Jungfrau in Nöten, obwohl auch sie ihre Fehler und Schwächen hat.

Mir gefällt der Schreibstil der Autorin in diesem Buch äußerst gut. Er vermittelt beachtlich viel „Charakter“ und macht Sam für den Leser erst so richtig lebendig. Denn die ist SO frech, dass ich immer wieder über ihre Bemerkungen schmunzeln musste. Gleichzeitig scheinen ihr eine Trillion Gedanken durch den Kopf zu rasen, was dazu führt, dass sich sehr viel der Geschichte durch ihren inneren Monolog abspielt.

Ich hätte mir aber gewünscht, dass das Buch noch 50 bis 100 Seiten länger gewesen wäre. Einfach, weil ich das Konzept dieser Welt und ihre Figuren super interessant fand und ich gerne noch tiefer eingetaucht wäre. Ich wäre gerne länger mit Sam an so manchem Ort verweilt und hätte gerne noch dem ein oder anderen tiefgründigen Gespräch gelauscht.
Natürlich handelt es sich bei diesem Buch aber um einen Einzelband und damit ist es selbstverständlich, dass die Welt und ihre Figuren nicht bis aufs kleinste Staubkorn runtergebrochen werden. Aber für mich hätte dieses Universum definitiv das Potential, noch mehr zu sein und/oder in Zukunft zu werden.

Da das Buch ja wie oben erwähnt eine alleinstehende Geschichte ist und in der Ich-Perspektive erzählt wird, lernt man leider auch alle übrigen Charaktere nicht so gut kennen. Man kann sich zwar sehr schnell von jeder Figur ein Bild machen und kann jedem Namen auch spezifische Eigenschaften zuordnen, aber mir waren die Beziehungen in der ein oder anderen Situation zu oberflächlich, um als Leser wirklich mitfühlen zu können.

Fazit
Insgesamt würde ich Invydia als eine Mischung aus Young Adult und Urban Fantasy beschreiben. Man begleitet eine junge Frau auf ihrem magischen Weg durch eine postapokalyptische Welt, die den Leser aber auch mit der ein oder anderen Grundsatzfrage konfrontiert. Diese Geschichte will zwar primär unterhalten, aber auch zum Nachdenken anregen und das gelingt sehr gut. Gerade das Ende hallt noch lange nach.
Man darf sich mit „Invydia“ also definitiv auf ein paar magische Lesestunden freuen.

Bewertung vom 25.06.2019
Er will sie sterben sehen
Mola, Carmen

Er will sie sterben sehen


sehr gut

In „Er will sie sterben sehen“ verfolgt man die Ermittlungen rund um den Mord an einer jungen Frau - unter anderem durch die Augen einer Spezialeinheit der spanischen Polizei. Die ist für viele „Normalo“ Polizisten schon fast so etwas wie ein Mythos und scheint sich am meisten darüber zu definieren, dass ihre fünf Mitglieder eben alle ziemlich eindrucksvolle Ermittler sind.

Kopf der Einheit ist Inspectora Elena Blanco. Elegant, tough, bisweilen etwas kalt, aber trotz ihres besorgniserregenden Alkoholkonsums eine höchst intelligente Kommissarin, die auch die kleinsten Hinweise und Spuren entdeckt. Unterstützt wird sie von Chesca, die in gleichen Teilen verrückt und kaltherzig ist, Orduño, einem attraktiven und besonnen Hünen, Buendía, der den Part des kautzig-liebenswürdigen Gerichtsmediziners übernimmt und Mariajo, der IT-Expertin, die gerne Enten ins Netz setzt, um sich darüber zu amüsieren, wie leichtgläubig die Menschheit ist. Abgerundet wird das ganze durch „den Neuen“, Zárate, ein „gewöhnlicher“ Polizist, der sich natürlich erst als würdig erweisen muss.

Man erlebt die Geschichte aber nicht nur durch die Perspektive der oben genannten Personen, es werden auch immer wieder Kapitel eingestreut, die die Sichtweisen von anderen Beteiligten darlegen. Das klingt zwar unglaublich anstrengend, allerdings sind diese Kapitel wirklich spärlich gestreut und liefern jedes Mal interessante Informationen. Da die Kapitel dazu auch noch sehr kurz gehalten sind (sage und schreibe 78 auf 447 Seiten), entwickelt sich die Geschichte in einem flotten Tempo und kann eine konstante Spannung aufrecht erhalten. Langatmige Abschnitte sucht man hier vergebens.

Soweit war ich auch wirklich begeistert von dem Buch, doch dann kam das letzte Viertel und was soll ich sagen? Manche Charaktere werden sich leider etwas untreu und schlüpfen in allzu klischeebehaftete Rollen. Die Puzzelteilchen fügen sich einfach ETWAS zu gut zusammen, um glaubwürdig zu sein. Das Ende ließ sich einfach nicht ohne Augenrollen hier und da lesen. Auch wenn ich so viel Happy End-Klischeegesülze eigentlich nicht leiden kann, zieht sich da noch ein sehr viel finsterer Teil der Geschichte durch das Buch, der mich auch die nächsten Teile lesen lassen wird.

Fazit
Auch wenn dieser Thriller ein paar mehr, ein paar weniger große Schwächen aufweist, war er doch eine bemerkenswert gute Lektüre. Ich kann nicht anders, als Ähnlichkeiten zwischen diesem Team und dem von Smoky Barret aus der Feder von Cody McFadyen zu erkennen, man schließt sie einfach alle irgendwie ins Herz. Ich kann nur hoffen, dass im nächsten Band etwas weniger Klischees verwurstet und etwas mehr mit der Originalität der Charaktere gearbeitet wird.
Wäre das Ende nicht so stumpfsinnig gewesen, hätte dieses Buch auch locker 5 Sterne von mir erhalten, so sind es aber leider nur 3,5.

Bewertung vom 22.06.2019
Das raunende Wrack
Korb, Markus K.

Das raunende Wrack


ausgezeichnet

„Das raunende Wrack“ ist eine Komposition von 21 äußerst unterschiedlichen Kurzgeschichten, die den Leser mit einem bunten Konfetti aus menschlichen Abgründen, bizarren Situationen und skurrilen Charakteren konfrontieren.

Diese Geschichten wollen aber weit mehr, als Sie bloß unterhalten. Sie möchten Sie zum Grübeln bringen, Sie erschrecken, schockieren und ab und zu werden sie Sie sogar zum Lächeln bringen.
Natürlich gibt es die ein oder andere Erzählung, die einfach nur schaurig-schön ist und Sie mit einem wohligen Gefühl des Grauens zurücklassen wird.
Einige der Geschichten, die Ihnen hier begegnen, sind aber zweifellos durch und durch böse. Sie nehmen Sie an der Hand, zeigen Ihnen fröhlich unvorstellbare Schrecken und treiben Sie gleichzeitig lächelnd an Ihre Grenzen.
Andere sind hingegen traurig, melancholisch oder gar hoffnungsvoll. Diese erinnern daran, dass es auch in größter Finsternis einen Funken Licht gibt. Aber Achtung: sobald sie in der Dunkelheit zwei Funken bemerken, stehen die Chancen gut, dass Sie gleich gefressen werden.
Lassen Sie sich davon nicht einlullen und bleiben Sie stets wachsam. Ab und zu werden Sie auf eine Geschichte treffen, die all Ihr Vertrauen und Ihre Glutgläubigkeit mit einem Vorschlaghammer zertrümmert, bis nichts mehr davon übrig ist.

Natürlich wissen Sie nie, was sich hinter der nächsten Erzählung verbirgt und ich werde es Ihnen garantiert nicht verraten. Das eigene Unwissen macht diese Sammlung erst zu einem puren Vergnügen und das möchte ich Ihnen natürlich nicht nehmen.


Fazit
Wenn Ihr Herz für Kurzgeschichten aus der Feder von Richard Matheson, H.P. Lovecraft, Edward E. Benson oder Forbes Bramble schlägt und sie nachts gerne mal zur Sicherheit ein Licht brennen lassen, wären Sie gewiss begeistert von der Gänsehaut, die Ihnen hier beim Lesen langsam mit kalten, knochigen Händen in den Nacken kriecht.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.05.2019
Hexentochter / Clans of London Bd.1
Grauer, Sandra

Hexentochter / Clans of London Bd.1


ausgezeichnet

Meinung
In „Clans of London“ begegnet man (unverhofft) einer ganzen Menge an Charakteren, die scheinbar nur so mit Klischees gefüttert wurden:
Zunächst wäre da unsere Protagonistin Caroline.
Durch ihre harte Kindheit in diversen Pflegefamilien und Heimen, ist sie zu Beginn eine recht starke Persönlichkeit, nie um eine sarkastische Bemerkung verlegen und vollkommen selbstständig. Doch sobald ein mysteriöser Magier ihr Herz erobert, wird sie zum jammernden Schoßhündchen, das scheinbar nichts mehr allein auf die Reihe kriegt und ein paar schöne Stunden mit SO einem Sixpack sind natürlich sehr viel wichtiger, als der eigene, nahende Tod. Ganz abgesehen davon, dass sie natürlich so extrem außergewöhnliche Fähigkeiten besitzt, dass die ganze Welt sie tot sehen will – wer hätte an diesem Punkt denn damit gerechnet?
Aber selbstverständlich darf auch das perfekte Gegenstück zu unserer Protagonistin nicht fehlen: ihre beste Freundin und Mitbewohnerin Megan. Die sprudelt geradezu vor quirliger Lebensfreude, ist immer perfekt gestylt und auf keiner Party sind die Jungs vor ihr sicher. Dabei ist sie immer loyal, schließt jeden in ihr großes Herz und ist als Nichtmagierin gern bereit zu glauben, dass Caroline eine Hexe ist.
So auch Ash und Henry, Sprösslinge – wie könnte es anders sein – zwei verfeindeter Hexenclans.
Ash, attraktiver, als legal sein sollte, der geheimnisvolle und mysteriöse Frauenheld, der aber natürlich eigentlich gar keiner ist und ein riesengroßes, weiches Hundewelpen Herz besitzt.
Henry, gutherzig, charmant und der sanfte der Gruppe. Etwas eigenbrötlerisch, da niemand seinem Voodoo über den Weg traut, der aber trotzdem immer sofort seine Hilfe anbietet – aber eben unter Anwendung seines Voodoo.
Hatte ich schon die bösen, bösen Clanoberhäupter erwähnt, die sich in finsterer Nacht bei Kerzenschein treffen, um in ihren altertümlichen Kutten fiese Mordkomplotte zu schmieden?
Dass die liebe Caroline dann zumindest Schlösserknacken und mit einer „illegalen App“ Sicherheitssysteme lahmlegen kann, macht den Kuchen auch nicht mehr fett, sondern das ganze eher unfreiwillig komisch.

Dabei scheinen es gerade diese Klischees zu sein, die dem Leser die Figuren lebendig machen sollen, denn ansonsten findet man kaum Charakterbeschreibungen (natürlich abgesehen von Carolines traumhaftem Teint, ihren schokobraunen Locken und Ashs Körper, der einem Unterwäschemodell würdig wäre). Auch die Szenen und Dialoge, in denen neue Personen eingeführt werden, wirken wahnsinnig gestelzt, als wäre das Seitenkontingent für Liebesszenen draufgegangen und man müsse solche Begegnungen nun im Sprint hinter sich bringen: „Hallo Caroline, gib mir mal deine Hand, du stirbst an deinem 18 Geburtstag. Tschüssi!“

Die Geschichte dümpelt dabei auch sonst ohne großen Spannungsbogen so vor sich hin, während man keinerlei Beziehung zu irgendeinem der Charaktere aufbauen kann – es könnte mir wahrlich nicht noch egaler sein, ob irgendeines dieser vier wandelnden Klischees am Ende überlebt.
Man wird aber zum Glück alle paar Kapitel, zwischen der ganzen Knutscherei und den Beziehungsdramas, daran erinnert, dass ja eigentlich Carolines Leben bedroht ist, was unterdessen offenbar nicht nur der Leser, sondern scheinbar auch die Protagonisten immer mal wieder vergessen. „Caroline stirbt in wenigen Tagen“ wird dabei eher zu „Caroline hat eine 2 in Mathe, ihr Schnitt ist ruiniert, oh nein!“. Selbst die eigentlich große Enthüllung am Ende, die viel Potential für einen großen „WOW“ Moment hatte, ist absolut vorhersehbar und wurde von mir nur noch mit einem müden Schulterzucken zur Kenntnis genommen.


Fazit
Leider fehlt „Clans of London“ einfach etwas besonderes (und zwar sehr viel davon), um sich aus der Masse an YA (Young Adult) Fantasy hervorzutun.

Bewertung vom 07.05.2019
Auris / Jula Ansorge Bd.1
Kliesch, Vincent

Auris / Jula Ansorge Bd.1


gut

Ich hatte am Anfang wahnsinnige Probleme, in die Geschichte zu finden. Es ist zwar sehr schön, wenn es einen raschen Einstieg gibt und sofort Spannung aufkommt, aber ich habe mich eher gefühlt, als würde ich in einem Rennauto durch eine Fußgängerzone rasen, während ich einem Künstler die Gesichter der Passanten beschreiben soll.
Alles passiert so abrupt, dass Ereignisse und Charaktere skurril und unnahbar wirken und man verzweifelt Sinn und Zusammenhang sucht. Während manche Charaktere nur noch skurriler werden, wird man zumindest mit der Protagonistin im Verlauf der Geschichte warm und fiebert bei ihren Ermittlungen mit. Dadurch erhält sich zumindest ein recht konstanter Spannungsbogen aufrecht.

Das ganze Story Konstrukt wirkt dabei auch sehr liebevoll ausgetüftelt und die einzelnen Stränge verzwickt gesponnen, aber ich hatte als Leser das Gefühl, dass man ein bisschen zu wenig Informationen erhält, um das alles verstehen und nachvollziehen zu können. Dadurch wird eine Geschichte mit viel Potential leider sehr oberflächlich und verwirrend. Hier hätte es vielleicht Sinn gemacht, das Buch um 50 Seiten zu verlängern und noch das ein oder andere genauer zu erklären.
Das Buch wartet am Ende dann mit einer großen Wendung auf, die mir super gefallen und für mich einiges gerettet hat. Ich liebe es, wenn Autoren es schaffen, den Leser einzulullen und in Sicherheit zu wiegen. Das ist hier definitiv gelungen. Allerdings passiert auf den wenigen Seiten am Ende dann SO viel, was man (noch) nicht in den richtigen Zusammenhang bringen kann, dass die Begeisterung durch die eigene Verwirrtheit etwas gedämpft wird.
Gleichzeitig bleibt die Geschichte aber auch recht offen, was natürlich zum Kauf des nächsten Bandes anregen soll, mich aber – gepaart mit den obigen Kritikpunkten – eher zweifelnd zurücklässt. Es fehlen mir persönlich einfach zu viele Informationen: warum unser Antagonist nun eigentlich unser Antagonist ist, warum X passiert ist und was eigentlich Y soll. Die ledigliche Bemerkung, DASS es so ist, stellt mich einfach nicht zufrieden.

Fazit
Ich bin insgesamt noch immer etwas ratlos und unschlüssig. Die Geschichte war spannend und hat mir gut gefallen, aber es gab eben auch einige Dinge, die mich gestört haben. Ich würde das Buch als eine Art „literarisches Fast Food“ bezeichnen: es liest sich spannend und schnell, geht aber nicht genügend in die Tiefe und lässt den Leser somit nicht zu 100 % zufrieden zurück.
Ich würde dem zweiten Band zwar eine Chance geben, aber nicht zwingend vorbestellt zum vollen Kaufpreis.