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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Herry
Wohnort: 
Nalbach

Bewertungen

Insgesamt 69 Bewertungen
Bewertung vom 07.09.2022
Schlangen im Garten
vor Schulte, Stefanie

Schlangen im Garten


gut

Vorschriftsmäßig Trauern

„Schlangen im Garten“ ist ein sehr ungewöhnlicher Roman der Autorin Stefanie vor Schulte. Ihr Vorgängerroman „Junge mit schwarzem Hahn“ wurde 2021 mit dem Mara-Cassens-Preis für das beste deutschsprachige Debüt ausgezeichnet. Auf sehr surreale Weise nähert sich die Autorin dem Tabu Trauer. So überwacht ein Traueramt mit seinen Mitarbeitern die ordnungsgemäße Trauerarbeit von Hinterbliebenen.
Die Mutter und Ehefrau Johanne Mohn ist verstorben. Das „Traueramt“ hegt Verdacht, dass die Familie Mohn die Trauerarbeit verschleppt. Die Familie das sind Vater Adam, die wütende Linne (11), der heimgekehrte Student Steve (20) und der jüngste Sohn Micha (12). Sie möchten sich Johanne bewahren, so wird ihr Tagebuch nicht gelesen, sondern verspeist. Der Schreibstil ist ungewöhnlich und stellenweise abgehakt. Die Handlungen der Personen aus verschiedenen Perspektiven betrachtet meist skurril, teilweise märchenhaft und irreal. Für mich bleibt es ein Versuch Trauer literarisch zu fassen.

Bewertung vom 25.08.2022
Isidor (eBook, ePUB)
Kupferberg, Shelly

Isidor (eBook, ePUB)


sehr gut

Ein jüdisches Leben

Die Autorin Shelly Kupferberg ist 1974 in Tel Aviv geboren und in Westberlin aufgewachsen. Sie erzählt uns die Geschichte ihres Großonkels „Isidor“. Eigentlich hieß er Israel und wurde 1886 als eines von fünf Kindern eines Talmud-Gelehrten im bettelarmen Galizien geboren. In Wien hat er sich zum Doktortitel, Kommerzienrat, Berater des österreichischen Staates, Multimillionär, Opernfreund und Kunstsammler hochgearbeitet.

Er war fest davon überzeugt, dass niemand ihm etwas anhaben kann, noch nicht einmal die Nationalsozialisten. Er wird diesen Irrtum teuer bezahlen, da er den Absprung in ein sicheres Land verpasst. Sein Neffe Walter, der Großvater der Autorin, schafft die Flucht nach Palästina und so kann seine Enkelin Jahrzehnte später die Geschichte der Familie zu Papier bringen. Ihr Schreibstil ist recht nüchtern und sachlich, trotzdem berührt das Schicksal der Protagonisten den Leser.

Bewertung vom 03.08.2022
Wenn ich das kann, kannst du das auch!
Zervakis, Linda;Patrikiou, Elissavet

Wenn ich das kann, kannst du das auch!


sehr gut

Simpel kochen

Das Buch „Wenn ich das kann, kannst du das auch!“ ist eine persönliche Rezeptsammlung von Linda Zervakis. Die deutsch-griechische Nachrichtensprecherin und Fernsehmoderatorin erzählt hier von ihren Wurzeln. Mit vielen Fotos, die ihre Freundin Elissavet Patrikiou gemacht hat, beschreibt sie, wie sie sich während der Pandemie an das Abenteuer „Kochen“ gewagt hat. Die einfachen Rezepte sind angelehnt an die griechische und orientalische Küche, es gibt aber auch eine Currywurst und Kartoffelsalat sowie Backanleitungen. Das Sachbuch ist ein ideales Geschenk für Menschen, die gerade erst mit dem Kochen beginnen und/ oder nicht viel Zeit haben. Die können ihre ersten Versuche mit den Rezepten für jeden Tag starten, wie die „beste Bolognese“. Das Buch ist kein reines Kochbuch, sondern ein buntes Album aus Lindas Familien- und Privatleben mit simpel kochbaren Rezepten.

Bewertung vom 14.07.2022
Als das Böse kam
Menger, Ivar Leon

Als das Böse kam


sehr gut

Angst vor den Fremdlingen

„Als das Böse kam“ ist der erste Roman aus der Feder von Ivar Leon Menger. Dieser hat aber bereits einige Hörspielserien geschrieben. Das Cover des Buches bringt den Leser gleich an den Schauplatz der Geschichte, die wird dann aus der Sicht der 16-jährigen Protagonistin Juno in der Ich-Form erzählt. Mit ihren Eltern und ihrem jüngeren Bruder Boy lebt sie verborgen in einem Blockhaus auf einer Insel. Sie seien in großer Gefahr und niemand dürfte von ihrer Existenz wissen. Wenn eine Sirene ertönt, müssen die Geschwister im Keller Schutz suchen bis die Gefahr vorbei ist.

Die Auflösung kam für mich überraschend und zu früh. Die Eltern sind paranoid und die beiden Kinder taten mir leid. Der Schreibstil ist einfach und schlicht, aber der Thriller ist spannend erzählt, hat aber einige Längen und logische Fehler. Manche Fragen bezüglich der Hintergründe bleiben unbeantwortet.

Bewertung vom 09.05.2022
Freunde. Für immer.
McCreight, Kimberly

Freunde. Für immer.


sehr gut

Eine College-Clique

Das Cover des Buches „Freunde. Für immer.“ fand ich beim Betrachten mysteriös und es weckte die Neugierde auf den Inhalt. Was beobachtet die junge Frau wohl?

Das Buch hielt von der ersten bis zur letzten Seite die Spannung auf die Auflösung hoch, mit kleinen zwischenzeitlichen Längen. Jedes Mal, wenn ich mit sicher war, wie es ausgeht, trat eine der unvorhersehbaren Wendungen ein. Der Thriller ist gut lesbar und in Kapitel zu den einzelnen Charakteren auf verschiedenen Zeitebenen aufgeteilt. Man entwickelt aber keine Sympathie für die Probanden. Nichts schien die College-Freunde Jonathan, Derrick, Keith, Stephanie, Maeve und Alice trennen zu können – bis Alice sich aus Schuldgefühlen das Leben nahm oder doch nicht? Die Figur der Ermittlerin Detective Julia Scott bleibt relativ blass. Auch auf ihrer Vergangenheit liegt ein Schatten. Als Julia acht Jahre alt war, fand man die Leiche ihrer Schwester mit ähnlichen Verletzungen, von der Freundin, mit der sie damals unterwegs war, fehlt immer noch jede Spur.

Umso mehr überrascht die Auflösung der Story, es ist ein solider Thriller für eine längere Bahnfahrt oder als Urlaubslektüre geeignet.

Bewertung vom 26.04.2022
Tell
Schmidt, Joachim B.

Tell


ausgezeichnet

Tell- ein Pageturner

Schillers Wilhelm Tell war für mich Pflichtlektüre in der Schule. Anhand des Werkes lernten wir den klassischen Dramenaufbau kennen. Im Geschichtsunterricht gab es zusätzlich die Fakten zum Stoff.

Ich bin sehr beeindruckt, was Autor Joachim B. Schmidt aus dem Stoff macht. Aus dem klassischen Drama von Schiller wird ein moderner Plot. Durch den ständigen Perspektivenwechsel sehr flott erzählt. Mal aus der Sicht von Sohn Walter, mal von der Mutter, mal von den vielen anderen Charakteren, selten von Wilhelm Tell selber. Er schafft es auch hervorragend den Leser mitten in die düstere Bergwelt der Schweiz im finstersten Mittelalter zu versetzen.

Schmidt fügt der bekannten Story neue Elemente hinzu und ändert Handlungsstränge etwas ab. So wird aus dem machtgierigen Vogt Gessler ein zaudernder und zögerlicher Landesherr. Dazu baut Schmidt dessen Gefolgsmann namens Harras ein, der sich das mit dem Hut grüßen ausgedacht hat, da er die Bevölkerung so sehr verachtet.

Schmidts Tell ist eine moderne, vielstimmige und rasant erzählte Neuinterpretation der Schweizer Sage. Später in meiner Schulzeit kam noch die Lektüre von Max Frischs 'Wilhelm Tell für die Schule' dazu. Die Idee aus dem Stoff einen Thriller als Pageturner zu machen war genial und ist rundum gelungen. Das Buch von Joachim B. Schmidt darf nun bei mir zwischen Schiller und Frisch stehen...

Bewertung vom 25.03.2022
Das Leben, ein wilder Tanz / Die Polizeiärztin Bd.3
Sommerfeld, Helene

Das Leben, ein wilder Tanz / Die Polizeiärztin Bd.3


ausgezeichnet

Happy End

Das Leben, ein wilder Tanz ist der Abschluss der Trilogie „Die Polizeiärztin Magda Fuchs“ von „Helene Sommerfeld“. H. Sommerfeld ist das Pseudonym eines in Berlin lebenden Autoren-Ehepaars. Die Geschichte der ersten beiden Bände wird weitererzählt und so sind Jahre vergangen, seit der kleine Otto nach einem Familiendrama verschwand. Seiner älteren Schwester Elke gab Polizeiärztin Magda Fuchs, mittlerweile verheiratete Mehring, ein neues Zuhause. Damals schwörte sie sich, die Geschwister wieder zusammenzuführen. Mittlerweile hat die Polizei neue Ermittlungsmethoden. Kann sie Otto nach all den Jahren doch noch finden? Neben Magda stehen auch diesmal die Charaktere Celia und Doris im Mittelpunkt. Auch diese beiden haben sich glaubhaft weiterentwickelt. Obwohl die Haupthandlungsfäden zu einem guten und stimmigen Ende führen, bleibt doch noch so viel offen, dass es doch noch eine Fortsetzung geben könnte. Die Kombination aus historischer Präzision und leidenschaftlichen sowie glaubwürdigen Charakteren machen diesen dritten Band zu einem fesselnden Leseerlebnis.

Bewertung vom 25.03.2022
In einer stillen Bucht / Capri-Krimi Bd.3
Ventura, Luca

In einer stillen Bucht / Capri-Krimi Bd.3


sehr gut

Tod im Urlaubsparadies

"In einer stillen Bucht" ist bereits der dritte Kriminalroman in der Capri-Krimi-Reihe des Autors Luca Ventura. Dabei ist L. Ventura das Pseudonym eines Schriftstellers, der am Golf von Neapel lebt und somit aus nächster Nähe über die Menschen und die Region schreibt. Protagonist ist der Inselpolizist Enrico Rizzi, der mit seiner Kollegin Antonia Cirillo, die aus Norditalien nach Capri strafversetzt wurde, ermittelt. Der Schreibstil ist bildgewaltig und so fühlt man mitten hinein in das Dolce Vita versetzt. Neben der Landschaft und dem Klima nimmt die Beschreibung von Speisen und Getränken einen breiten Raum ein. Der Spannungsbogen nimmt erst in der zweiten Hälfte Fahrt auf und endet in einem überraschenden Finale.
Der ruhige Regionalkrimi mit viel mediterranem Lokalkolorit ist eine lesenswerte Urlaubslektüre.

Bewertung vom 14.03.2022
Zurück nach Übertreibling / Vikki Victoria Bd.1
Gray, Gloria;Felder, Robin

Zurück nach Übertreibling / Vikki Victoria Bd.1


sehr gut

Ganz anders

Das Cover mit Rindvieh, Edelweiß und Enzian lässt vermuten, dass es sich hier um einen weiteren bayerischer Regionalkrimi handelt, von denen es etliche gibt. Das ist aber ein Trugschluss, denn das Debut der Autorin Gloria Gray lässt mit diesem temporeichen Krimi humorvoll andere hinter sich und ist erfrischend anders. Dies machen besonders die unangepassten, schrägen Charaktere sowie mit der Figur Vikki eine sympathische, pragmatische und lebenskluge Protagonistin aus. Sie stammt aus Übertreibling in der tiefsten bayrischen Provinz und lebt jetzt als transsexuelle Künstlerin in München. Ihr Gegenspieler ist ihr früherer Peiniger und Schulkamerad Toni Besenwiesler, der behauptet sie sei schuld an seiner Verurteilung wegen Mordes. Während seiner langjährigen Haft versetzte er sie mit Drohbriefen und seiner angekündigten Rache in Angst und Schrecken. Aus der Perspektive von Vikki werden rund 48 turbulente Stunden geschildert in denen sie selbst die Klärung des Falles in die Hand nimmt. Die Geschichte macht mich neugierig auf Vikki Victorias zweiten Zwischenfall…

Bewertung vom 14.03.2022
Der große Fehler
Lee, Jonathan

Der große Fehler


sehr gut

Tödlicher Irrtum

Der historische Roman " Der große Fehler" des Autors Jonathan Lee besteht aus 33 Kapiteln auf 370 Seiten. Die Überschriften der Kapitel tragen jeweils die Namen der Tore des Central Parks. Die Erzählung beginnt mit dem Mord an Andrew Haswell Green in der Mittagsstunde am Freitag, dem 13. November 1903, vor seinem Haus. Die historische Figur war Rechtsanwalt und Stadtplaner, gilt als „Vater des Großraums New York“. Danach wird der Lebenslauf dieses Mannes mit gewaltigen, oft verschachtelten Sätzen erzählt, der das heutige NY aus Manhattan, Brooklyn, Staten Island (damals Richmond), Queens und der Bronx zusammenwachsen lies. Ohne ihn gäbe es keinen Central Park, kein Metropolitan Museum of Art, keine New York Library und keinen Bronx Zoo. Stück für Stück wird erzählt warum es zu seiner brutalen Ermordung im Alter von 83 Jahren kam. Das Buch kann eigentlich in keine Schublade gesteckt werden und ist auch nicht einfach zu lesen, es lohnt sich aber trotzdem.