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mimitatis_buecherkiste
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Krefeld

Bewertungen

Insgesamt 611 Bewertungen
Bewertung vom 19.09.2024
Zorniges Herz / Kate Burkholder Bd.15
Castillo, Linda

Zorniges Herz / Kate Burkholder Bd.15


ausgezeichnet

Polizeichefin Kate Burkholder steckt mitten in den Vorbereitungen zu ihrer Hochzeit, als sie zu einem ungewöhnlichen Tatort gerufen wird. Ein amischer junger Mann wurde auf eine besonders grausame Weise getötet, eine unbekannte Person hat ihn mittels einer Armbrust brutal ermordet. Erste Ermittlungen ergeben, dass der getötete Amische Aden Karn überall beliebt war, niemand hat ein schlechtes Wort zu sagen über ihn. Kurz darauf stößt Kate auf ein verstörendes Detail, das den Fall in eine völlig andere Richtung bringt.

„Vage nahm er wahr, wie die Armbrust auf den Boden gestellt und die Spitze eines Stiefels in den Fußbügel geschoben wurde, er hörte das Quietschen der Bogensehne beim Spannen und das Einrasten der Sehne in den Abzugsmechanismus.“ (Seite 10)

Das vorliegende Buch ist bereits der fünfzehnte Teil der Buchreihe mit Chief Kate Burkholder und die Serie hat für mich immer noch nichts von ihrer Faszination eingebüßt. Die Fälle sind immer gleichermaßen interessant wie verstörend, auch der aktuelle Fall ist brutal, abstoßend und ekelhaft, es ist wirklich erstaunlich, was Menschen in der Lage sind ihren Mitmenschen anzutun.

Der Prolog schmiss mich mitten ins Geschehen rein, gnadenlos schilderte er das grausame Tötungsdelikt, ersparte mir kein einziges Detail, und legte den Weg frei für eine Story, die spannend, unterhaltsam und voller überraschender Wendungen gewesen ist. Chief Burkholder hat das Herz auf der richtigen Seite, ist immer professionell und objektiv, und lässt sich nicht beirren, wenn sie das Gefühl hat, dass eine Geschichte nicht vollständig auserzählt worden ist. Viele verblüffende Einzelheiten kamen ans Licht, schlimme Taten und rücksichtslose Handlungen wurden enthüllt. Bis zum Schluss habe ich mitgefiebert und wurde noch auf den letzten Seiten überrascht von dem Ausgang, den der Fall genommen hat. Ein großartiger Thriller, der mich darin bestätigt, warum dies eine meiner Lieblingsreihen seit vielen Jahren ist. Lesenswert!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.09.2024
In den Farben des Dunkels
Whitaker, Chris

In den Farben des Dunkels


ausgezeichnet

„Patch wusste, dass er kämpfen konnte, nur nicht gegen sein eigenes Schicksal.“ (Seite 493)

Patch verhindert an einem heißen Sommertag die Entführung eines Mädchens, der unbekannte Täter verletzt Patch und nimmt ihn mit. Unendlich viele Stunden verbringt er in völliger Dunkelheit, Trost und Hoffnung gibt ihm lediglich Grace, die ihm im Dunkeln Geschichten erzählt und mit ihren Worten eine Welt erschafft, die er nie vergisst. Seine beste Freundin Saint indessen lässt nichts unversucht, Patch zu finden, sie setzt Himmel und Hölle in Bewegung und das eigene Leben aufs Spiel. Als Patch endlich befreit wird, ist dies erst der Anfang einer jahrzehntelangen Suche nach der Wahrheit, der Liebe und der einen Person, die einfach nicht zu finden ist. Nichts wird mehr so, wie es vorher war, aber das heißt nicht, dass es besser wird.

„Jetzt wusste sie, dass sie in Schwierigkeiten steckte. Nicht die Art von Schwierigkeiten, deretwegen sie von Lehrern angeschrien wurde oder die ihre Großmutter verzeihen konnte, sondern solche, über die man in der Zeitung las und über die in den Nachrichten berichtet wurde. Solche, von denen man sich niemals wieder erholt.“ (Seite 85)

Die ersten beiden Bücher von Chris Whitaker mit den Titeln „Von hier bis zum Anfang“ sowie „Was auf das Ende folgt“ waren bereits Highlights für mich, mit dem vorliegenden Buch aber hat der Autor wahrlich ein Meisterwerk geschaffen. Der Mix aus Roman, Liebesgeschichte, Drama, Tragödie und Thriller übertraf bei weitem meine Erwartungen und katapultierte sich in meine private Liste der Top Ten der letzten Jahre, wenn nicht sogar darüber hinaus. Dieses Buch wird für mich für immer unvergesslich bleiben.

„Nichts ist wirklich dunkel, wenn Farben in der Welt sind.“ (Seite 485)

Die mehrere Jahrzehnte umfassende Story hat mir unbeschreibliche Lesestunden geschenkt, mich zittern, bangen und durchleben lassen, was den Figuren zugestoßen ist. Dabei habe ich nicht nur Patch ins Herz geschlossen, auch Saint mit ihrer Zähigkeit, ihrem Durchhaltevermögen und der ungebrochenen Liebe zu ihrem besten Freund hat mich erobert im Sturm. Die weiteren Charaktere waren so phantastisch ausgearbeitet, dass ich das Gefühl habe, sie selbst seit Jahren zu kennen. Das Schicksal einer jeden Person hat mich berührt, an vielen Stellen fast schluchzen lassen, wenn das nächste dramatische Ereignis dazu führte, dass es eng wurde und das Schicksal gnadenlos zuschlug. So viel Drama, so viel Liebe, das ist einfach nur grandios!

14 von 14 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.09.2024
Frau Putz
Hoch, Julia

Frau Putz


ausgezeichnet

Kerstin Wischnewski ist selbstständige Reinigungsfachkraft, allerdings hat sie in letzter Zeit viele Aufträge verloren. Eine Kollegin unterbreitet ihr das Angebot, einige Stammkunden von ihr zu übernehmen, da sie selbst sich zur Ruhe setzen will. Diese Stammkundschaft ist sehr speziell, ob es nun die gutbetuchte Dame mit dem Mops namens Richard III ist, oder der Künstler, der selbst nie in Erscheinung tritt und seltsame Arbeitsanweisungen in schriftlicher Form hinterlässt; Kerstin ist darauf bedacht, es jedem recht zu machen. Die Kunden indessen nehmen keine Rücksicht und immer wieder fragt sich Kerstin, woran das liegen mag.

„Kerstin war diese ganzen Wörter für ihre Berufsbezeichnung dermaßen leid: Reinigungsfee, Putzfee, Putzfrau, Putze, Perle. Warum taten sich die Menschen mit einer vernünftigen Bezeichnung so schwer? Sie sagte zu einem Mathematiklehrer auch nicht Vorrechner oder zu einer Postbotin Briefeeinschmeißerin oder zu einem Dachdecker Ziegelpuzzler. Fühlten sich die Leute dabei besonders originell? Wieso konnten sie ihr nicht ein kleines bisschen zeigen, dass ihre Arbeit wichtig war?“ (Seite 96)

Sehr selten lese ich lustige Bücher, ich bin einfach nicht der Typ für seitenlange Heiterkeit. Dieses Buch aber hat mich durchgehend begeistert, denn so amüsant es zu lesen war, hatte die Geschichte durchaus einen ernsten Hintergrund. Kerstin ist einsam, Kerstin ist nicht reich, am schlimmsten aber für Kerstin ist, dass sie oft unsichtbar ist und es, wenn es nach den meisten Kunden geht, auch bleiben soll. Das macht etwas mit einem Menschen, das geht nicht spurlos an einem vorbei. Ganz wunderbar hat Julia Hoch das in einen Roman verpackt, der mich am Ende das Buch mit einem Lächeln zuklappen lässt und zum Nachdenken bringt. Lesenswert!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.09.2024
Ein Mann der Tat
Russo, Richard

Ein Mann der Tat


sehr gut

In der Kleinstadt North Bath passiert nicht viel, ihre Einwohner stolpern mehr oder weniger durchs Leben, am Abend trifft man sich in einer der Kneipen auf einen Absacker oder auch zwei. An diesem Memorial-Day-Wochenende ist aber allerhand los: nicht nur stürzt Chief Raymer ohnmächtig in das Grab von Richter Flatt, es stürzt auch noch ein Gebäude ein und eine Giftschlange entwischt. Man könnte sagen, es ist der ganz normale Wahnsinn in einer nicht ganz so normalen Stadt.

Beim vorliegenden Buch handelt es sich um den zweiten Teil der North Bath-Trilogie und ich würde empfehlen, mit dem ersten Band anzufangen. Im zweiten Teil werden zwar viele Dinge wiederholt und erklärt, für den Gesamtzusammenhang reicht dies meiner persönlichen Meinung nach aber nicht. Dazu kommt, dass der Trilogie-Auftakt mit dem Titel „Ein grundzufriedener Mann“ einfach phänomenal war, sodass man sich um ein tolles Lesevergnügen bringen würde, läse man ihn nicht.

Ich habe mich sehr auf ein Wiedersehen mit der Kleinstadt North Bath und ihren Einwohnern gefreut. Zehn Jahre sind zwischenzeitlich vergangen, einige lieb gewonnene Charaktere waren nicht mehr da, andere kamen und gingen, aber mein absoluter Favorit Sully war zum Glück noch munter, wenn auch gesundheitlich etwas angeschlagen. Leider nahm er nicht ganz so viel Raum ein, wie ich es mir gewünscht hätte, und auch sonst ist ein bisschen von der Faszination verschwunden, weil Russo sich für meine Begriffe zu oft in unwichtigen Situationen verheddert hat. Manche Gedankengänge der ein oder anderen Person waren etwas konfus, andere Ereignisse so unbedeutend, dass ich mich fragte, wo der Sinn dafür war, diese in die Geschichte einzubauen. An manchen Stellen zog es mich gar nicht zum Buch, was ich schade fand, denn den Vorgänger konnte ich seinerzeit kaum aus der Hand legen, weil er so unfassbar spannend gewesen ist.

Das letzte Drittel entwickelte sich zu meiner Zufriedenheit, denn plötzlich kam Leben in die Bude, stellenweise wurde es fast ein Thriller, weil es so kriminell war. Aufregend und turbulent ging es zu, Böses geschah, Menschen wurden verletzt, andere wuchsen über sich hinaus und ich war froh, dass gewisse Dinge nicht endgültig waren. So wurde es zwar kein Highlight, aber doch noch ein Buch, dass zwar langsam in die Gänge kam, aber letztendlich wirklich lesenswert war.

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.09.2024
Mord unterm Reetdach / Kristan Dennermann ermittelt Bd.1
Weißmann, Eric

Mord unterm Reetdach / Kristan Dennermann ermittelt Bd.1


gut

Der Immobilienmakler Kristian Dennermann erhält den Auftrag, das Anwesen des Sylter Urgesteins Hinnerk Petersen zu verkaufen. Am Tag der ersten Besichtigungen wird Petersen vermisst gemeldet und kurz darauf von Dennermann im Garten seines Anwesens ermordet aufgefunden. Einer der Söhne des Verstorbenen drängt auf sofortigen Verkauf, aber Dennermann wird misstrauisch. Wer ist Julia, für die im Tiefkühlschrank von Petersen ein wertvoller Ring versteckt wurde, und hat der Tote wirklich eine Prostituierte in seinem Haus empfangen? Je mehr Dennermann nachforscht, desto näher scheint er dem Täter zu kommen, der sich bald auf den Immobilienmakler selbst konzentriert.

Der erste Krimi des selbstständigen Immobilienmaklers Eric Weissmann hat mir unterhaltsame und stellenweise vergnügliche Lesestunden beschert. Seine Beschreibungen der Insel Sylt, der Immobilien und Bewohner entlockte mir des Öfteren ein Lächeln, auch wenn es zuweilen etwas skurril und übertrieben wurde, was die Geschehnisse anbelangt. Ein wenig fehlte mir insgesamt der Ernst und auch das Tempo hätte an vielen Stellen etwas angezogen werden können, denn durch die sehr langsame Herangehensweise konnte bei mir leider nicht so recht eine Spannung entstehen. Dennoch war es ein lesenswerter, eher gemütlicher Krimi, der noch ausbaufähig ist.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.09.2024
Signum / Stormland Bd.2
Lindqvist, John Ajvide

Signum / Stormland Bd.2


ausgezeichnet

Kurze Zeit nach Abschluss der Ermittlungen in den Mittsommer-Morden entschließt sich Kim Ribbing, den berüchtigten Schockdoktor Martin Rudbeck zu kidnappen, nachdem diesem mit gesetzlichen Mitteln nicht beizukommen war. Er redet sich ein, dass er auf keinem Rachefeldzug, sondern auf der Suche nach Antworten sei, und die von ihm angewandten Methoden notwendig, um den verhassten Mann zum Sprechen zu bringen. In einem Moment der Unachtsamkeit geschieht etwas Unerwartetes, weitere Personen werden involviert und schon bald gibt es Probleme, deren Lösung nicht so einfach scheint.

„Es gab trotz aller Widrigkeiten schöne, unschuldige Dinge auf dieser Welt, zu denen man ohne Furcht, verletzt zu werden, eine Beziehung aufbauen konnte. Und es gab Menschen, die verletzten und töteten, einfach weil sie es konnten und Lust darauf hatten. Weil ihnen gerade danach war. In diesem Moment, als er in die glänzenden, leblosen Augen des Rehs schaute, beschloss Kim Ribbing, Dr. Martin Rudbeck zu entführen.“ (Seite 10)

Beim vorliegenden Buch handelt es sich um den zweiten Teil der sogenannten Mittsommer-Trilogie, zum Erscheinen des ersten Buches noch Stormland-Trilogie genannt. Es macht meiner Meinung nach keinen Sinn, diesen Teil zu lesen, ohne den vorherigen zu kennen, beide Bücher bauen aufeinander auf und die Handlung geht fast ohne Unterbrechung weiter. Diese Rezension ist vollkommen spoilerfrei, was beide Teile angeht.

Startete der Auftakt der Trilogie noch mit einem großen Knall, so ging es hier zu Beginn und auch im Folgenden eher ruhig, stellenweise sogar fast gemächlich zu. Kim, Julia und Astrid bekamen jeweils viel Platz im Buch, aber auch aus dem ersten Teil bekannte Personen im Bereich der Polizei nahmen viel Raum ein. Dies hat mich zu Beginn etwas irritiert, weil ich auf einen Thriller eingestellt war, aber schon nach wenigen Kapiteln entwickelte die Geschichte einen fast unwiderstehlichen Sog und es zog mich in jeder freien Minute nach Stockholm zurück.

Der ungewöhnliche Aufbau mit Sprüngen in der Tageszeit trug zur eher gemäßigten Spannung bei, was ich aber nicht schlecht fand, denn es wurde trotzdem kriminell und wirklich interessant; an ungewöhnlichen Einfällen mangelte es jedenfalls nicht. Ich war gespannt darauf, welchen Ausgang diese verzwickte Geschichte nehmen würde und wurde nicht enttäuscht. Insgesamt ein etwas zurückhaltender mittlerer Teil, der mich dennoch voller Ungeduld und großer Vorfreude auf den Abschluss warten lässt.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.09.2024
Selma Merbaum - Ich habe keine Zeit gehabt zuende zu schreiben
Tauschwitz, Marion

Selma Merbaum - Ich habe keine Zeit gehabt zuende zu schreiben


ausgezeichnet

„Erinnern heißt, die Flamme am Brennen zu halten, und nicht, die Asche zu verwahren.“ (Seite 12)

Am 05. Februar 2024 wäre Selma Merbaum 100 Jahre alt geworden, wäre sie nicht im Alter von gerade mal achtzehn Jahren in dem deutschen Zwangsarbeitslager in dem Dorf Mychailiwka (russisch: Michailowka) gestorben. Ihr Werk, das mittlerweile zur Weltliteratur zählt, umfasst 57 Gedichte, die sie mit einem Füller auf einzelne Seiten geschrieben, zu einem Album gebunden und auf dem Weg zur Deportation einem Bekannten zugesteckt hatte. „Blütenlese“ nannte sie das Büchlein, das sie ihrem Freund Leiser Fichman, ihrer großen Liebe, schenken wollte.

„Ich möchte leben.
Ich möchte lachen und Lasten heben
und möchte kämpfen und lieben und hassen
und möchte den Himmel mit Händen fassen
und möchte frei sein und atmen und schrein.
Ich will nicht sterben. Nein!
Nein.
Das Leben ist rot,
Das Leben ist mein.
Mein und dein.
Mein.“
(Auszug, Seite 259)

Die deutsche Schriftstellerin Marion Tauschwitz hat eine umfassende Biografie über die rumänische deutschsprachige Dichterin geschrieben, ergänzt durch zahlreiches Fotomaterial und Gedichte der viel zu früh verstorbenen jungen Frau. Diese ist gleichermaßen interessant, wie erschütternd, die umfassende Recherche hierzu verdient meinen vollsten Respekt. Die Gedichte haben mein Herz berührt; erwachsen und reif sind diese, mal melancholisch, mal lebendig und lebensfroh. Ein Buch, das ich gerne empfehle. Gegen das Vergessen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.09.2024
Das Buch der Schwestern
Nothomb, Amélie

Das Buch der Schwestern


ausgezeichnet

Als Nora und Florent sich kennenlernen, schlägt Amor buchstäblich zu, die beiden werden unzertrennlich, brauchen niemanden außer sich. Als ihre Tochter Tristane auf die Welt kommt, wird diese zwar geliebt, aber nicht beachtet, lediglich versorgt. Ihr größter Wunsch ist ein Geschwisterchen, sodass ihre Eltern ihr eine Schwester schenken, bevor sie fünf Jahre alt ist. Tristane kümmert sich ab da um Laetitia, die Schwestern geben sich gegenseitig Wärme, Geborgenheit und Liebe. Diese Beziehung wird auf den Prüfstand gestellt, als Tristane nach Paris zieht, um zu studieren.

„So wurde Laetitia in die Fülle geboren, wohingegen Tristane sie mit viereinhalb erst kennenlernte. Laetitia wusste nicht, dass das Herz verhungern kann, Tristane konnte das nie vergessen. Gleichzeitig mit ihrer Liebe erwuchs eine Kluft zwischen ihnen: Laetitia würde nie Angst haben, nicht geliebt zu werden, Tristane für immer und ewig.“ (Seite 41)

Was für eine außergewöhnliche Geschichte über Familie, Freundschaft und vor allem die Liebe. Ein bisschen crazy, ein wenig ins phantasievolle rutschend, aber immer herzerwärmend, freundlich und klug. Die Beziehung der Schwestern zueinander, aber auch die zu ihrer Cousine sowie Tristanes Zuneigung zu deren Mutter, die ihre Tante war, war so besonders, dass es eine Freude war, dem beiwohnen zu dürfen. Viele schlaue Sätze gab es im Buch, kluge Worte und auch die ein oder andere gesellschaftliche Kritik. Ich hätte gerne mehr gelesen über die Schwestern, aber auch in der Kürze gab es Erlebnisse genug. Wunderbar!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.09.2024
Am Himmel die Flüsse
Shafak, Elif

Am Himmel die Flüsse


ausgezeichnet

„Wir formen aus unseren Träumen größere oder kleinere Gegenstände. Gefühle, die wir zwar haben, aber nicht akzeptieren, versuchen wir durch Dinge auszudrücken, die wir erschaffen - darauf vertrauend, dass sie uns überleben und etwas von uns durch die Schichten der Zeit transportieren, so wie Wasser den Fels durchsickert.“ (Seite 560)

Im Winter des Jahres 1840 kommt am Ufer der Themse ein Kind zur Welt, es ist Arthur, König der Abwasserkanäle und Elendsquartiere genannt. Er wird in Armut und Elend hineingeboren und besitzt eine besondere Gabe, die zugleich ein Fluch sein wird. Im Jahr 2014 spaziert die neunjährige Narin mit ihrer Großmutter am Ufer des Tigris entlang, wo sie, in ein weißes Kleid gekleidet, mit heiligem Wasser aus dem Lalis-Tal getauft werden soll, als die Bulldozer kommen, die sie und die restliche Taufgesellschaft vertreiben. Zaleekhah wiederum hat eine schmerzhafte Trennung hinter sich, mit ihren wenigen Habseligkeiten geht sie im Jahr 2018 am Ufer der Themse entlang zu dem von ihr gemieteten Hausboot. Diese drei Personen haben auf den ersten Blick nichts gemeinsam, aber doch verbindet sie eine Geschichte über viele Jahrhunderte hinweg.

Elif Shafak hat einen Roman geschrieben, zu dem sie von tatsächlichen Ereignissen und historischen Figuren inspiriert worden ist. Die Anmerkungen am Ende des Buches hierzu sind sehr interessant und die Quellenverweise hilfreich bei der Suche nach den wahren Geschehnissen, da diese natürlich zur Geschichte angepasst wurden und oft zeitlich anderweitig anzusiedeln sind. Ich ziehe den Hut vor der Leistung der Autorin, denn die Recherchen für das vorliegende Werk müssen gewaltig gewesen sein.

„Die Heimat ist dort, wo die geliebten Menschen sind, aber das gilt auch umgekehrt. Die, die du liebst, sind deine Zuflucht, dein Schutz, dein Land und, wenn es schlimm kommt, dein Exil. Du wirst ihnen folgen, wohin sie auch gehen.“ (Seite 322)

So viele Jahrhunderte und Jahre Arthur, Narin sowie Zaleekhah trennten, so viele Gemeinsamkeiten fanden sich im Laufe des in fünf Abschnitte aufgeteilten Buches zwischen den Zeilen und auch in den Sätzen wieder. Die Jahre mit Arthur versetzten mich in ein London, das laut, dreckig und mit Gerüchen angefüllt war, die ich aufgrund der bildlichen Schreibweise von Elif Shafak förmlich riechen konnte. Narins Großmutter wiederum schaffte es mit ihren Sagen, Märchen und Fabeln, die sie ihrer Enkelin zuflüsterte, dass ich mich in eine andere Welt, eine wie aus der Sammlung Tausendundeine Nacht, versetzt fühlte, obwohl beider Schicksal für mich mit dem Jahr 2014 begann. Die Wissenschaftlerin Zaleekhah brachte mir ihr Wissensgebiet näher, ich weiß nun unter anderem, dass Wasser vielleicht ein Gedächtnis hat, und dass wir Menschen viele Flüsse begraben haben, sodass diese heute in Vergessenheit geraten sind. Diese und viele andere, äußerst interessante und mir bis dato unbekannte Dinge saugte ich auf wie ein Schwamm während ich durch die Seiten fast geflogen bin.

Viele Themen fanden sich im Buch wieder, manche waren schwer zu ertragen, zum Beispiel als es um das Schicksal der Eziden ging. Die Passagen über den Ende des 19. Jahrhunderts am Tigris verübten Genozid waren die verstörendsten und emotionalsten im Buch. Aber natürlich gab es auch schöne Momente, Zeiten, die informativ sowie unterhaltsam waren, Dinge, die erstaunlich und herzerfrischend gewesen sind. Poetisch, mit einer bildhaften Sprache hat mich Elif Shafak entführt in eine andere Welt, hat mir Orte gezeigt, die phantastisch waren, mich auf Einzelheiten aufmerksam gemacht, die bisher für mich alltäglich waren und nun in einem neuen Licht erscheinen. Ich bin glücklich darüber, dass ich dabei gewesen bin. Wunderbar und lesenswert.

10 von 10 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.08.2024
Eine Leiche zum Frappé
Wälde, Tina

Eine Leiche zum Frappé


sehr gut

Panagiotis Polychroniadis, kurz Pana genannt, führt ein Café in Paphos, einer Stadt an der Südwestküste der Mittelmeerinsel Zypern. Ute ist kürzlich nach Paphos ausgewandert, hat eine Scheidung hinter sich und lernt Pana auf dessen Silvesterparty kennen. Als eines Tages ein Pick-up auf dem Bürgersteig vor dem Café mit einer Leiche auftaucht, ist die Aufregung groß. Hauptkommissar Yannis Polychroniadis, ein Cousin Patas, führt die Ermittlungen, ist dabei aber nicht sonderlich erfolgreich, sodass sich Pana selbst an die Aufklärung des Falles macht.

Der erste Zypern-Krimi von Tina Walde ist eine wunderbar leichte Sommerlektüre, bei der ich immer wieder das Gefühl hatte, selbst auf der Mittelmeerinsel zu sein. Der Cosy-Krimi glänzt durch humorvolle Momente, ein sommerliches Inselflair und enthält zur Abrundung eine Liebesgeschichte. Zu Beginn lernen wir die Akteure kennen, deswegen dauert es ein wenig, bis es kriminell wird. Da es sich beim vorliegenden Buch um den ersten Teil einer Reihe handelt, ist dies vonnöten, um ein Gespür für die Personen und das Leben auf der Insel zu entwickeln. Die Geschichte hat mir viel Spaß gemacht und ich freue mich auf ein Wiedersehen im sonnenverwöhnten Zypern.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.